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Autor Thema: Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?  (Gelesen 149075 mal)

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Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #120 am: 10. August 2011, 14:21:25 »
RR-E-ft
Wenn ein Vertrag u.a. folg. Formulierung aufweist:
\"Änderungen des Vertrages und zusätzliche Abmachungen bedürfen der
Schriftform.\"
Frage:Können dann die in §§ 1-10 vereinbarten Vertragsbestandteile ein-
seitig durch das FVU geändert werden gem § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV?
Grundsätzlich sind doch m.E. alle Fernwärmeverträge \"Sonderverträge\",
da z.B.    -die Wasserdurchflussmenge in l/Stunde
               -Vertragsbeginn und Vertragsende müssen
doch individuell festgelegt werden.Kein Vertrag ist wie der andere.Auch
können individuelle,vertragliche Vertragsanpassungen vorgenommen werden(z.B. die Wasserdurchflussmenge).
Oder können solche Verträge auch Tarifverträge sein?

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #121 am: 10. August 2011, 14:33:02 »
Zitat
Original von sternenmeer

Grundsätzlich sind doch m.E. alle Fernwärmeverträge \"Sonderverträge\",

Wie das denn?

Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
BGH VIII ZR 66/09 Rn. 24, juris:

Eine Differenzierung zwischen Tarifabnehmer- und Sonderkundenverträgen soll dabei nach dem Willen des Verordnungsgebers - abgesehen von den Fällen des § 1 Abs. 2, 3 AVBFernwärmeV - nicht erfolgen, weil es im Gegensatz zum Strom- und Gassektor bei der Fernwärme keine gesetzlichen Regelungen über unterschiedliche Tarifgestaltungen gibt (vgl. BR-Drucks. 90/80, abgedruckt bei Witzel/Topp/Witzel, aaO, S. 238; vgl. ferner Büdenbender, aaO S. 67).

In Umsetzung dieses Ziels sieht § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV vor, dass bei sämtlichen Verträgen, in denen vom Versorgungsunternehmen vorformulierte Allgemeine Versorgungsbedingungen verwendet werden, automatisch und unterschiedslos die in §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV getroffenen Regelungen Bestandteil der mit Wärmekunden abgeschlossenen Versorgungsverträge werden, sofern nicht die in § 1 Abs. 2, 3, § 35 AVBFernwärmeV genannten Ausnahmen eingreifen. Der Abschluss von Sondervereinbarungen, die nicht den Vorgaben der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV genügen, ist daher nur bei den nach § 1 Abs. 2 AVBFernwärmeV vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommenen Industriekunden (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO, vgl. ferner für die gleich lautende Vorschrift in § 1 Abs. 2 AVBWasserV Senatsurteil vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358, 359 f.) und daneben - also auch bei Haushaltskunden - nur dann möglich, wenn das Versorgungsunternehmen einen Vertragsabschluss zu abweichenden Bedingungen anbietet und der Kunde ausdrücklich mit diesen abweichenden Bedingungen einverstanden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV).

Die zitierte jüngste  höchstrichterliche Rechtsprechung zeigt doch wohl deutlich , dass nicht alle Fernwärmeverträge zugleich Sondervereinbarungen darstellen, die auf einer ausdrücklichen Einverständniserklärung des Kunden gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV beruhen.

Sofern ein Vertrag die Regelung enthält: \"Änderungen des Vertrages und zusätzliche Abmachungen bedürfen der Schriftform.\" liegt wohl eine Abweichung zu § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV vor, so dass es sich bei einem solchen Vertrag wohl nur um eine Sondervereinbarung handeln kann.

Eine solche Sondervereinbarung kann nicht konkludent abgeschlossen werden, § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV.

Ein konkludent geschlossener Vertrag kommt durch Energieentnahme zustande, wodurch der Vertragsbeginn feststeht. Zum konkludenten Vertragsabschluss eines Fernwärmevertrages durch Energieentnahme siehe u.a. BGH VIII ZR 138/05.
Er muss nicht zeitlich befristet sein, ist dann eben ein zeitlich unbefristeter Vertrag, der ordentlich kündbar ist.

Wie sollte denn auch sonst durch Energieentnahme konkludent ein Vertrag geschlossen werden, auf den die §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV kraft Gesetzes unmittelbare Anwendung finden (einschließlich § 4 AVBFernwärmeV)?

Wer als Kunde eine Sondervereinbarung möchte, muss eine solche abschließen und dafür gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV ausdrücklich sein Einverständnis erklären.

Wie es sich bei einer Sondervereinbarung mit einseitigen Änderungen verhält, wurde umfassend ausgeführt.

Zitat
Original von RR-E-ft

Der umfassende Vorbehalt der einseitigen  Leistungs- und Bedingungsneubestimmung verstößt regelmäßig gegen § 307 BGB, weil für den Vertragspartner des Verwenders bei Vertragsabschluss nicht absehbar ist, wann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfange nachträglich Änderungen eintreten können (BGH KZR 10/03 unter II. 6, XI ZR 55/08 Rn. 38, VIII ZR 162/09).

Zitat
Original von RR-E-ft

Bei einer Sondervereinbarung kann eine entsprechende Klausel, wonach die Vertragsbedingungen zu nicht genannten Zeitpunkten, unter nicht genannten Vorasussetzungen in nicht geregelten Umfange, nachträglich einseitig abgeändert werden können, selbst gegen § 307 BGB verstoßen und unwirksam sein, so dass auch darauf gestützte einseitige Vertragsänderungen unwirksam sind.

Ob die Änderungen in Sondervereinbarungen deshalb unwirksam sind, ist für einen Kunden, der selbst nicht aufgrund einer solchen Sondervereinbarung beliefert wird, aus o. g. Gründen belanglos.

Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #122 am: 10. August 2011, 16:00:14 »
RR-E-ft
Meine Meinung (nur Sonderkunde) beruht auf der Tatsache,dass nicht wie
bei Strom oder Gas die Ware in unbegrenzter Menge geliefert werden kann,
sondern jeder Kunde muss eine individuelle Vereinbarung auf vertragli-
cher Basis mit dem Versorger treffen,nach der der Mengenbegrenzer so eingestellt werden muss,dass höchstens eine bestimmte Wärmemenge
in Liter pro Stunde durchfliessen kann (Kapazitätsplanung des Heizkraft-werkes und Grundpreis).
Wenn ich Sie recht verstehe,gibt es (o.Industrieuntern,Sondervertr.) im
Rahmen der AVBFernwärmeV folgende Vertragsverhältnisse:

1.\"Norm-Sondervertrag\" gem § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV
2.Sonstige FW-Verträge nach § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV

Wie ist dann ein Vertragsverhältnis einzuordnen,von dem Sie w.o. ge-
sagt haben,es liege eine Sondervereinbarung vor (aber nicht § 1 Abs. 3)?
Wie ist es zu bewerten,wenn eine solche Regelung in allen standardisierten
Verträgen eines Satzungsgebietes enthalten ist? Sind dann alle Verträge
Sonderverträge?

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #123 am: 10. August 2011, 16:02:50 »
Meine Auffassung stützt sich auf die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere zum konkludenten Vertragsabschluss durch Energieentnahme einerseits und zum Erfordernis eines ausdrücklichen Einverständnisses für den Abschluss einer Sondervereinbarung andererseits. Eine Sondervereinbarung hat demnach nur der Kunde, der eine solche ausdrücklich abgeschlossen hat, § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV (BGH VIII ZR 66/09 Rn. 24).  

Für Verträge, die keine Sondervereinbarungen sind, gelten die §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV (einschließlich § 4 AVBFernwärmeV) unmittelbar kraft Gesetzes.

Zitat
In Umsetzung dieses Ziels sieht § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV vor, dass bei sämtlichen Verträgen, in denen vom Versorgungsunternehmen vorformulierte Allgemeine Versorgungsbedingungen verwendet werden, automatisch und unterschiedslos die in §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV getroffenen Regelungen Bestandteil der mit Wärmekunden abgeschlossenen Versorgungsverträge werden, sofern nicht...

...eine Sondervereinbarung abgeschlossen wurde, die etwas abweichend regelt, deren Abschluss jedoch nur dann möglich ist, wenn ein ausdrückliches Einverständnis des Kunden vorliegt.


Zitat
Der Abschluss von Sondervereinbarungen, die nicht den Vorgaben der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV genügen, ist daher nur bei den nach § 1 Abs. 2 AVBFernwärmeV vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommenen Industriekunden (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - VIII ZR 37/86, aaO, vgl. ferner für die gleich lautende Vorschrift in § 1 Abs. 2 AVBWasserV Senatsurteil vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358, 359 f.) und daneben - also auch bei Haushaltskunden - nur dann möglich, wenn das Versorgungsunternehmen einen Vertragsabschluss zu abweichenden Bedingungen anbietet und der Kunde ausdrücklich mit diesen abweichenden Bedingungen einverstanden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV).

Kunden mit Sondervereinbarung und Kunden ohne Sondervereinbarung werden auf verschiedenen vertraglichen Grundlagen beliefert und sind deshalb nicht miteinander vergleichbar.  

Es ist alles gesagt.

Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #124 am: 10. August 2011, 20:25:30 »
RR-E-ft
Vielen Dank für Ihre grosse Bereitschaft einem mit dem Fernwärmerecht
Kämpfenden weiterzubringen.Die letzten Urteile des BGB haben offensicht-
lich nicht alle noch offenen Fragen klären können.
Hier zum Abschluss noch ein Zitat des Rechtsreferendars der AGFW NORMAN FRICKE:
\"In der Strom- und Gasbranche hat der Gesetzgeber mit den Tarifordnungen
ein eigenständiges Preissystem geregelt.Dieses System gibt klare Grund-
sätze bei der Preisgestaltung vor.Insoweit ist der Spielraum weiter einge-
schränkt.
Hier(Fernwärmewirtschaft) gibt es schon gar keine Unterscheidung zwischen Tarif- und Sonderver-
tragskunden.
   VIELMEHR SIND ALLE VERTRÄGE GRUNDSÄTZLICH INDIVIDUELL AUSZU-
   HANDELN\".
Was nun?Alle Klarheiten sind beseitigt.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #125 am: 10. August 2011, 20:34:59 »
Kollege Norman Fricke (AGFW) ist doch mittlerweile auch schon längst Assessor jur., hat seine Referendarzeit weit hinter sich gelassen.

Man wäre ja wohl zu gern mal mit dabei, wenn ein allein durch Energieentnahme konkludent geschlossener Fernwärmelieferungsvertrag gerade individuell ausgehandelt wird. :D

Denn siehe da, bereits oben zitiert.

Zitat
Original von RR-E-ft
Für den konkludendenten Vertragsabschluss eines Fernwärmelieferungsvertrages siehe insbesondere BGH, Urt. v. 15.02.06 VIII ZR 138/05

Zitat
BGH VIII ZR 138/05 Rn. 15 f., juris

Die Rechtsprechung hat von jeher an einen Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten im Bereich der Energielieferung keine hohen Anforderungen gestellt.

Grundsätzlich ist in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ein Vertragsangebot in Form einer sogenannten Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages zu sehen, das von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Durch diesen Rechtsgrundsatz, der in § 2 Abs. 2 AVBEltV/AVBGasV/AVBWasserV/AVBFernwärmeV lediglich wiederholt ist, wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden; dabei soll ein vertragsloser Zustand bei Energielieferungen vermieden werden (Senatsurteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 95/03, NJW-RR 2004, 928, unter II 2 a, m.w.Nachw.).

Für die Fernwärmeversorgung gelten insoweit entgegen der Ansicht der Revision keine Besonderheiten. Zwar fehlt es, anders als bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas, an einer verbindlichen Bundestarifordnung sowie allgemeinen Tarifpreisen und der normativ vorgegebenen Unterscheidung zwischen Tarif- und Sonderkunden.

In § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV ist deshalb - ebenso wie in § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBWasserV - jedoch vorgeschrieben, dass die Versorgung zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen erfolgt, wenn der Vertrag ohne Einigung über den Preis durch schlüssiges Verhalten zustande kommt (Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Bd. 2, AVBFernwärmeV § 2 Erläuterung).

Im Übrigen hat der Senat im Bereich der Versorgung mit Elektrizität auch in Fällen, in denen sich die Abnahmebedingungen nicht nach einem festen Tarif des Versorgungsunternehmens, sondern nach einem im Einzelfall abzuschließenden Sonderabnahmevertrag bestimmen, entgegen der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 BGB angenommen, dass Versorgungsunternehmen und Sonderabnehmer regelmäßig nicht im vertragslosen Raum handeln wollen, wenn sie sich etwa über den Strompreis nicht einig sind, aber gleichwohl Strom liefern und abnehmen.

Andernfalls würden sich die erbrachten und zu erbringenden Leistungen nur nach den Bereicherungsvorschriften (§§ 812 ff. BGB) beurteilen, die für die Abwicklung der von beiden Parteien gewollten und faktisch bereits bestehenden Dauerbeziehung ungeeignet sind. Der Senat ist deshalb auch in diesen Fällen davon ausgegangen, dass ein Sonderabnahmevertrag zustande kommt (Senatsurteil vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 1777 = WM 1983, 341, unter I 3 a) und dass der Strompreis gegenüber dem Sonderkunden von dem Versorgungsunternehmen in entsprechender Anwendung der §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (Senatsurteil vom 19. Januar 1983, aaO).

Irgendwer hatte dann wohl noch die Idee, dass individuell ausgehandelte Verträge dann eher nicht in Betracht kämen, wenn der Versorger eine Monopolstellung einnimmt und deshalb dem Diskriminierungsverbot unterliegt. Manche wollten daraus sogar herleiten, dass ausnahmslos alle Kunden zu den gleichen Bedingungen beliefert werden müssten, obschon dies wohl ersichtlich rechtlich unmöglich ist, § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV.

Offline sternenmeer

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« Antwort #126 am: 12. August 2011, 09:35:54 »
Zitat (BGH v.  6.04.2011,Az.:VIII ZR 66/09,Rn. 24)
\"Der Abschluss von Sondervereinbarungen,die nicht den Vorgaben der §§ 2-34 AVBfernwärmeV genügen,ist daher.........nur dann möglich,wenn das
Versorgungsunternehmen einen Vertragsabschluss zu abweichenden Be-
dingungen anbietet und der Kunde ausdrücklich mit diesen abweichenden
Bedingungen einverstanden ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2,Abs. 3 Satz 1 AVBFern-
wärmeV).\"
Daraus folgt m.E. für Verträge nach § Abs. 1 Satz1 AVBFernwärmeV-dies
sind m.E. mindestens 98 % aller FW-Verträge:

-in diesen Verträgen dürfen keine Sondervereinbarungen enthalten sein,
die den gesetzlichen Rahmen der AVBFernwärmeV überschreiten,
-wenn solche vorhanden sind,unterliegen sie nicht dem gesetzlichen
 Schutz der §§ 305 ff. BGB,sondern sind unwirksam oder
-der gesamte Vertrag ist rechtswidrig,weil er der AVBFernwärmeV wider-
spricht.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #127 am: 12. August 2011, 14:05:31 »
Zitat
Original von sternenmeer
Daraus folgt m.E. für Verträge nach § Abs. 1 Satz1 AVBFernwärmeV-dies
sind m.E. mindestens 98 % aller FW-Verträge:

-in diesen Verträgen dürfen keine Sondervereinbarungen enthalten sein,
die den gesetzlichen Rahmen der AVBFernwärmeV überschreiten,
-wenn solche vorhanden sind,unterliegen sie nicht dem gesetzlichen
 Schutz der §§ 305 ff. BGB,sondern sind unwirksam oder
-der gesamte Vertrag ist rechtswidrig,weil er der AVBFernwärmeV wider-
spricht.

Ich hatte es so verstanden, dass eine Sondervereinbarung mit Nicht- Industriekunden jedenfalls nur dann vorliegen kann, wenn der Kunde wirksam audrücklich in deren Abschluss eingewilligt hatte, § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV.

Im Übrigen hat man es - bei Nicht- Industriekunden -  regelmäßig mit Verträgen zu tun, auf welche die Bedingungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV (einschließlich § 4 AVBFernwärmeV) kraft Gesetzes unmittelbare Anwenung finden, § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV.

Es mag Versorger geben, die ausschließlich alle Fernwärmekunden aufgrund von Sondervereinbarungen beliefern, weil eben alle Kunden ausdrücklich in den Abschluss einer solchen eingewilligt hatten und mit keinem Kunden konkludent ein Vertrag abgeschlossen wurde.

Es mag andere Versorger geben, die ihre Kunden ausschließlich zu den Bedingungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV beliefern, weil sie nie jemandem den Abschluss einer Sondervereinbarung wirksam angeboten hatten.

Welchen Anteil die einen oder die anderen Verträge an der Gesamtheit bestehender Fernwärmeverträge haben, kann nicht beurteilt werden.
Die genannten mindestens 98 Prozent haben wohl keinerlei gesicherte Grundlage. Die behauptete Folgerung kann nicht nachvollzogen werden.

Offline sternenmeer

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« Antwort #128 am: 12. August 2011, 16:20:24 »
Meine o. Schätzung beruht auf der Tatsache,dass bei Vertragsabschluss
der eher unwahrscheinliche Fall vorliegt,dass der FW-Versorger einen Ver-
trag nach der AVBFernwärmeV UND einen Vertrag nach § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV angeboten hat und der FW-Kunde sich ein Vertragsverhältnis aussuchen konnte.
(Witzel,Zitat:\"....In der Praxis haben derartige Sonder-AVB keine Bedeu-
tung erlangt.\")
Es ging mir nur um die Feststellung,dass Sondervereinbarungen oder
Sonder-Klausel nur im Rahmen des § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV möglich
sind.
Sollten sie im Rahmen eines Versorgungsverhältnisses gem. § 1 Abs. 1
AVBFernwärmeV vereinbart worden sein,dann sind sie unwirksam bzw. der
gesamte Vertrag ist unwirksam.Gem. des o. zitierten Urteils findet die
Kontrolle nach §§ 305 ff. bei den §§ 2-34 AVBFernwärmeV nicht statt.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #129 am: 12. August 2011, 17:24:27 »
Jede Sondervereinbarung, also jeder Vertrag der inhaltlich von den Bestimmungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV abweicht, erfordert das ausdrückliche Einverständnis des Kunden, § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV.
Ohne ausdrückliches Einverständnis des Kunden kommt also eine Sondervereinbarung schon nicht zustande!

Besteht keine Sondervereinbarung, so gelten für Verträge mit Nicht- Industriekunden die §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV unmittelbar kraft Gesetzes, § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV.

Und diese unmittelbar kraft Gesetzes geltenden Regelungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV unterliegen dann allein deshalb, weil es sich um die gesetzliche Regelung handelt, keiner Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB (vgl. BGHZ 100, 1).

Eine Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB kann deshalb wohl nur Sondervereinbarungen betreffen.

Offline sternenmeer

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« Antwort #130 am: 12. August 2011, 18:04:42 »
RR-E-ft
 Mit allem einverstanden.
Nur sollte noch erwähnt werden,dass § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV (bei Ver-
tragsabschluss,nicht später) erfordert,dass
-eine Vielzahl von vorformulierten FW-Verträgen vorliegen müssen,
-ein zusätzl. Vertragsangebot gem. § 1 Abs. 1 AVBFenwärmeV vorgelegen
  haben muss,
-der FW-Kunde dieses letzte abgelehnt hat und sich für das Vertragsange-
 bot mit den abweichenden Bedingungen (Sondervereinbarungen) aus-
 drücklich einverstanden erklärt hat.

Wie sind aber Allgemeine Versorgungsbedingungen,die den gesetzlichen
Rahmen der §§ 2-34 AVBFernwärmeV in einem Vertragsverhältnis gem.
§ 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV überschreiten,rechtlich einzustufen,da eine
AGB-Kontrolle nicht möglich ist?

Offline RR-E-ft

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« Antwort #131 am: 12. August 2011, 21:46:20 »
Nicht ersichtlich, warum Lesefrüchte nochmals Erwähnung bedürfen sollten.

Denkbar, dass ein Formular- Fernwärmeversorgungsvertrag inhaltlich nicht von den Bedingungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV abweicht, jedoch darüber hinaus auch noch weitere AGB enthät, so dass diese weiteren AGB wohl der Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB unterliegen können, wenn sie denn gem. § 305 Abs. 2 BGB selbst überhaupt wirksam in den konkreten  Vertrag einbezogen wurden. Die wirksame Einbeziehung erfordert bei einem Vertragsabschluss unter Abwesenden regelmäßig, dass der Kunde die entsprechenden AGB vor Vertragsabschluss ausgehändigt bekam und bei Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden war.  Bei einem konkludenten Vertragsabschluss durch Energieentnahme ist es mit einer wirksamen Einbeziehung gem. § 305 Abs. 2 BGB denkbar schwierig.

Nicht offensichtlich, welche Rolle das ggf. für eine Berufung vor dem OLG Stuttgart spielen könnte/ sollte.

Offline sternenmeer

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« Antwort #132 am: 14. August 2011, 09:16:52 »
Wenn ein Fernwärmevertrag eine Klausel beinhaltet,

\"Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages rechtlich unwirksan sein
oder werden,so bleibt der Vertrag im übrigen gültig.Die Vertragsparteien
verpflichten sich für diesen Fall,die ungültigen Bestimmungen durch rechts-
gültige Vereinbarungen zu ersetzen,die ihnen im wirtschaftlichen Erfolg
möglichst nahe kommen.\"

ist dann eine Kündigung gegen den einzigen Protestler bei einer gerichtlich
festgestellten gesetzwidrigen Preisänderungsklausel i.S.d. § 19 GWB
\"sachlich gerechtfertigt\"?
Dieser einzige Protestler hat immer seine Bereitschaft zu einer vertraglichen
Änderung dieser rechtswidrigen Klausel bekundet.

Offline sternenmeer

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« Antwort #133 am: 14. August 2011, 10:55:30 »
RR-E-ft-Zitat:\"Wer als Kunde eine Sondervereinbarung möchte,muss eine
solche abschliessen und dafür gem. § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV ausdrücklich
sein Einverständnis abgeben.\"
D.h. aber auch,eine Klausel eines Versorgungsvertrages nach § 1 Abs. 1 ist
allein an den §§ 2-34 AVBFernwärmeV zu messen.Verlässt diese den ge-
setzlichen Rahmen, so ist sie rechtswidrig und damit unwirksam.Eine
Überprüfung nach AGB-Recht findet hier nicht statt.

Offline sternenmeer

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« Antwort #134 am: 14. August 2011, 17:50:48 »
Sorry.beim Zitat muss es natürlich heissen:\".....dafür gem. § 1 Abs. 3 ausdrücklich....\".

 

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