Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH  (Gelesen 98821 mal)

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Offline RR-E-ft

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Original von PLUS

Das allgemeine AGB-Recht und das allgemeine Vertragsrecht sind offensichtlich nicht hinreichend und auch die Juristen sind damit nicht in der Lage, um die Verbraucher vor aufwändigen und unzähligen Gerichtsverfahren zur Feststellung der Billigkeit im Grundversorgungsbereich zu bewahren.

Also bei der Grundversorgung spielt AGB-Recht keinerlei Rolle.

An Billigkeitsprozessen können nur solche Verbraucher beteiligt werden, die sich selbst dafür entschieden haben, die aufgrund Preisbestimmungspflicht des Versorgers einseitig festgesetzten Preise als unbillig zu rügen, denen es gerade darum geht, vom Gericht die Angemessenheit der Preise kontrollieren zu lassen.
Denn andernfalls beruft man sich auch als Verbraucher nicht auf § 315 BGB.

Der BGH betont gerade, dass auch grundversorgte Verbraucher, wenn sie  sich nicht auf § 315 BGB berufen, auch  nicht in den Genuss der Billigkeitskontrolle (besser deren Früchte) kommen können!

Und damit sind Sie nicht zufrieden? Warum eigentlich?!

Klar doch haben die Juristen noch nicht geschafft, jemanden davor \"zu bewahren\".

Jeder Verbraucher entscheidet sich für einen Streit mit seinem Versorger aufgrund eigenen, freien  Willensensentschlusses.
Gezwungen wird dazu ganz offensichtlich niemand.
Die Verbraucher, die sich dazu entschließen, sind nach wie vor in der Minderheit.

Diejenigen, die nur an deren  Fruchziehung teilhaftig werden wollen, könnten hingegen in der Mehrheit sein.
Erntelieferungen und Fruchtziehungen  ohne im Schweiße des Angesichts den Acker selbst zu bearbeiten, zu pflügen, zu eggen, zu säen, zu jähten und zu ernten, sind ja auch \"billig\".
Auch die Möglichkeit der Billigkeitskontrolle soll nicht dazu führen, dass man etwas geschenkt bekommt!  

Die Versorger und deren Anwälte sind gegen die Billigkeitskontrolle der einseitigen Preisbestimmungen und mühen sich entsprechend deren Interessenlage mehr oder minder redlich.
Wohingegen Verbraucheranwälte, jene Verbraucher, die sich dazu entschlossen haben, dabei tatkräftig unterstützen, weil sie Unterstützung brauchen.

Dies zu erkennen, bedarf es wohl keines kybernetischen Regelkreises. ;)

Offline PLUS

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Zitat
Original von RR-E-ft
Also bei der Grundversorgung spielt AGB-Recht keinerlei Rolle.
Ja klar, wenn man verleitet wird, den Pfad zu verlassen muss man aufpassen, dass man wieder zurückfindet.  ;)   Was gemeint war ist hoffentlich deutlich geworden.

Aber mir wurde noch nicht ganz deutlich, welche zivilrechtlichen Folgen hat jetzt die Verletzung bzw. eine Nichtbeachtung eines Gesetzesgebots (z.B. § 41 (1) EnWG) in einem Energieversorgungsvertrag?

Zitat
Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über
1.   die Vertragsdauer, die Preisanpassung, ......

Damit da keine Zweifel aufkommen. Haben Sie das jetzt schon beantwortet mit \"Keine\" ?

Offline RR-E-ft

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An einen Verstoß gegen § 41 Abs. 1 EnWG sind keine Rechtsfolgen geknüpft.
Es handelt sich insbesondere um kein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB.

Ist das nicht eindeutig genug?

Es befriedigt Sie nicht?
Warum befriedigt es Sie nicht?
Weil kein Verfallsdatum angegeben wurde?

Lyrik bleibt Lyrik.
Sie gefällt oder sie gefällt nicht.
Wenn sie einem selbst nicht gefällt, muss man sie deshalb nicht gleich einstampfen.
Möglicherweise finden ja andere noch Gefallen an ihr.

Offline PLUS

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Zitat
Original von RR-E-ft
An einen Verstoß gegen § 41 Abs. 1 EnWG sind keine Rechtsfolgen geknüpft. Ist das nicht eindeutig genug?
    JA, eindeutig genug!
Zitat
Original von RR-E-ft
Es befriedigt Sie nicht? Warum befriedigt es Sie nicht? Weil kein Verfallsdatum angegeben wurde?
    Nein, es befriedigt mich nicht, nicht nur weil kein Verfallsdatum angegeben wurde!  =)
    Aber ich lassen das jetzt, sonst wird das doch noch ein \"Regelkreis\". Manche finden Wiederholung vielleicht langweilig und werden ungehalten.  ;)

Offline RR-E-ft

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Eine allgemeine Unzufriedenheit hilft ja nicht weiter.

Welche Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 1 EnWG würden Ihnen als Verbraucher denn persönlich warum behagen oder wären gar geeignet, Sie zu befriedigen ?

Anfechtbarkeit und Unwirksamkeit des Vertrages von Anfang an wären gut?
Warum? Wegen der dann notwendigen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung, womöglich nach langer Zeit?

Es stellt sich doch nicht nur bei v. Clausewitz am Anfang immer die Frage, was man eigentlich erreichen will.

Wenn man nur unzufrieden ist und nicht weiß, was man eigentlich erreichen möchte, ist das in der Regel ganz schlecht.

Offline jroettges

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Original von RR-E-ft
Jeder Vertrag, der keine Regelung über Preisanpassungen enthält, verhält sich doch zumindest stillschweigend dazu. Solche Preisanpassungen sind dann vertraglich unzulässig.

Zitat
RR-E-ft fragte:
Welche Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 1 EnWG würden Ihnen als Verbraucher denn persönlich warum behagen oder wären gar geeignet, Sie zu befriedigen ?

Mir würde die Rechtsfolge völlig genügen, dass in einem solchen Vertrag Preisanpassungen unzulässig waren und der vertraglich vereinbarte Preis fortgegolten hat.  

Das müsste nur mal ein Gericht so entscheiden. Mir ist kein Fall in Erinnerung, in dem ein solches, auf § 41 EnWG gestütztes Urteil gesprochen worden wäre.

Offline PLUS

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@jroettges, Vorsicht, man läuft hier leicht Gefahr ins Abseits zu geraten.

Bei der Belieferung von Sonderkunden besteht kein gesetzliches Preisänderungsrecht. Sollte ein vertragliches Preisbestimmungsrecht des Versorgungsunternehmens bestehen,  führt der Weg zur Feststellung der Billigkeit wie bei der Grundversorgung nur über ein Gerichtsverfahren. Für jeden einzelnen Verbraucher, der Zweifel an der Billigkeit hat und das nicht ungeklärt hinnehmen möchte, ist das der einzige Weg. Dann sind wir wieder bei den Kosten, Gutachten etc. pp.

Das ist eben die Krux. Mit dem bin ich nicht zufrieden; ansonsten cet. par..  

Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH

Offline jroettges

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Vorsicht, man läuft hier leicht Gefahr ins Abseits zu geraten.

Es geht doch nur um § 41 EnWG (Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung) und mögliche Rechtsfolgen.
Habe dies durch Ergänzung meines vorherigen Artikels versucht klarzustellen.

Offline RR-E-ft

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Auch BGH VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff.  betrifft doch gerade den Fall, dass in Sonderverträgen mit Haushaltskunden (im Sinne von § 41 EnWG) keine oder keine wirksamen Preisänderungslauseln einbezogen wurden. Das ist also schon längstens entschieden undzwar in einer Art und Weise, welche für die Verbraucher nicht nachteilig ist.

Nach dem Vorlagenbeschluss des OLG Oldenburg vom 14.12.10 wird der EuGH ggf. darüber zu entscheiden haben, ob die Auslegung des BGH dazu Bestand haben kann, wonach auch bei Sondervertragskunden eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB in Betracht kommt, wenn bestimmte Preisänderungsklauseln verwendet wurden..

Dass diese Bestand haben kann, erscheint eher unwahrscheinlich, da der BGH diese Frage für Preisänderungsklauseln außerhalb von Energielieferungsverträgen zutreffend stets verneint hat (BGH KZR 10/03 unter II.6, BGH III ZR 274/06 Rn. 10, BGH XI ZR 78/08 Rn. 38] und auch § 310 Abs. 2 BGB keine Sonderbehandlung von Preisänderungsklauseln  in Energielieferungsverträgen hinsichtlich § 307 BGB zulässt.

Stellt sich am Ende heraus, dass § 315 BGB wegen § 307 BGB auch bei Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen mit Haushaltskunden keine Anwendung finden kann, braucht sich bei den Sonderverträgen  kein Verbraucher mehr auf § 315 BGB berufen.

Offline RR-E-ft

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Der BGH hat doch schon mehrfach entschieden, dass Haushaltskunden mit Sonderverträgen, die sich auf Unbilligkeit beriefen, bei denen jedoch mangels Preisbestimmungspflicht des Versorgers gar keine Billigkeitskontrolle erfolgen kann, keine Nachteile erleiden (BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08,....].

Offensichtlich hatten diese Kunden andere Möglichkeiten.

Zudem besteht selbst bei vertraglicher Preisbestimmungspflicht im Falle von einseitigen Preisänderungen neben der Billigkeitskontrolle immer auch gleichwertig die Alternative zum Lieferantenwechsel (BGH VIII ZR 56/08 Rn. 20/36; BGH VIII ZR 246/08 Rn. 41).

Kein Verbraucher  ist zu einer Billigkeitskontrolle verpflichtet, wenn er eine solche - aus welchen Gründen auch immer - selbst nicht möchte.  

Was finden Sie als Verbraucher denn daran so nachteilig und unbefriedigend?!

Welche Möglichkeiten außer Lieferantenwechsel, Bestreiten eines Preisänderungsrechts und Billigkeitskontrolle sollten denn Verbraucher außerdem noch haben, damit auch Sie als Verbraucher zufrieden sind?

Offline jroettges

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Original RR-E-ft:
Auch BGH VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff. betrifft doch gerade den Fall, dass in Sonderverträgen mit Haushaltskunden (im Sinne von § 41 EnWG) keine oder keine wirksamen Preisänderungslauseln einbezogen wurden. Das ist also schon längstens entschieden und zwar in einer Art und Weise, welche für die Verbraucher nicht nachteilig ist.

Ich müsste Tomaten auf den Augen haben, aber der § 41 EnWG ist im genannten Urteil des BGH noch nicht einmal erwähnt. Die EWE hatte ja Preisanpassungs-Bestimmungen getroffen, nur keine wirksamen.

Hier geht es doch um die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 41 EnWG, also dann, wenn überhaupt keine Bestimmungen zur Preisanpassung in  Sonderverträgen von Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung zu finden sind.

Stimmen sie mit mir überein, dass dann wegen eines Verstoßes gegen § 41 auch keinerlei Preisanpassungen im Rahmen eines solchen Vertrages erfolgen dürfen?

Klare Frage, klare Antwort?

Nachtrag:
Siehe unten.
Klare Antwort? Ist wohl zuviel verlangt gewesen.
Die Wiederholung sattsam bekannter Dinge statt einer Antwort auf meine Frage.
Ich gebs auf.

Offline RR-E-ft

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@jroettges

Vielleicht liegt es ja eher nicht an den Augen.

Auch BGH VIII ZR 246/08 betrifft Sonderverträge mit Haushaltskunden (denn solche sind dort Kläger!).

Hätte der BGH noch ausdrücklich dazu schreiben können, dass es sich um Sonderverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung handelt (§ 41 EnWG).
War aber nicht erforderlich. Wofür auch?

Und diese Entscheidung befasst sich insbesondere auch damit, was in solchen Verträgen der Fall ist, wenn entweder keine Preisänderungsklausel in den Vertrag einbzogen wurde oder eine Preisänderungsklausel unwirksam ist (BGH VIII ZR 246/08 Rn. 50 ff.).

Offline PLUS

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Zitat
Original von RR-E-ft
Der BGH hat doch schon mehrfach entschieden, dass Haushaltskunden mit Sonderverträgen, die sich auf Unbilligkeit beriefen, bei denen jedoch mangels Preisbestimmungspflicht des Versorgers gar keine Billigkeitskontrolle erfolgen kann, keine Nachteile erleiden (BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08,....]. Offensichtlich haben diese Kunden andere Möglichkeiten.
    Diese Kunden ja. Bei grundversorgten Kunden ist das nicht so, dort besteht ja wohl ein gesetzliches Preisbestimmungsrecht bzw. eine Pflicht. Ebenso nicht bei Haushaltskunden mit Sonderverträgen und wirksamen Preisänderungsklauseln. Wenn diese auch Seltenheitswert haben sollten.;) Die Frage der Billigkeit bei Preisanpassungen wird aber zunehmen, nachdem bisher harte Preisfixierungen in den AGB jetzt zunehmend aufgeweicht werden (EE-Umlage etc.).
Siehe aktuelle  Pressemitteilung der VZ-BW.

Hier bleibt zur Klärung der Billigkeit der Preisbestimmungen nur der oft lange Weg durch die Instanzen oder kennen Sie einen anderen? Ich kenne jetzt keinen  Verbraucher den das befriedigt. Ich vermute mal, das trifft auch auf manchen Versorger zu.[/list]
Zitat
Original von RR-E-ft
Zudem besteht selbst bei vertraglicher Preisbestimmungspflicht im Falle von einseitigen Preisänderungen neben der Billigkeitskontrolle immer auch gleichwertig die Alternative zum Lieferantenwechsel (BGH VIII ZR 56/08 Rn. 20/36; BGH VIII ZR 246/08 Rn. 41).
Kein Verbraucher  ist zu einer Billigkeitskontrolle verpflichtet, wenn er eine solche - aus welchen Gründen auch immer - selbst nicht möchte.
    Hatten wir schon. Da kann ich zum Teil folgen. Wer hat schon Lust auf Gerichtstermine und Gutachten? Soll es ja auch geben.;) Ich würde im Falle des Falles nach Möglichkeit immer den Wechsel vorziehen. Mancher grundversorgte Kunde hat diese Wahlmöglichkeit nicht!
 
Zitat
Original von RR-E-ft Was finden Sie als Verbraucher denn daran so nachteilig und unbefriedigend?!  Welche Möglichkeiten außer Lieferantenwechsel, Bestreiten eines Preisänderungsrechts und Billigkeitskontrolle sollten denn Verbraucher außerdem noch haben, damit auch Sie als Verbraucher zufrieden sind?
    Es geht um die Billigkeitskontrolle bei bestehendem Preisänderungsrecht, insbesondere beim gesetzlichen Recht. Unbefriedigend ist, dass diese Kontrolle zur Feststellung der Billigkeit in jedem Einzelfall kostenträchtig vor Gericht erstritten werden muss. Alleine die erheblichen Unterschiede die bei den Verfahren festzustellen sind, sind kaum geeignet, Verbraucher zu \"befriedigen\". Die Kontrolle und die Feststellung könnten nachvollziehbar und allgemeinverbindlich geregelt werden. Aber das hatte ich auch schon erläutert.

Offline RR-E-ft

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Original von PLUS
 Die Kontrolle und die Feststellung könnten nachvollziehbar und allgemeinverbindlich geregelt werden. Aber das hatte ich auch schon erläutert.[/list]

@PLUS

Etwas Allgemeinverbindliches kann wohl  nicht den Bereich der Vertragsfreiheit betreffen, Art. 2 GG.

Bliebe der Bereich der Grundversorgung (Kontrahierungszwang, gesetzliche Preisbestimmungspflicht).

Die gerichtliche Billigkeitskontrolle selbst entscheidet sich in der ersten Instanz durch Tatsachenvortrag, Bestreiten und ggf. eine Beweisaufnahme.

Niemand kann den Parteien eines Zivilprozesses vorschreiben, was sie vorzutragen haben und wie sie ihren Vortrag unter Beweis zu stellen haben.
Ebensowenig, in welchem Umfange sie ihr Betreiten ausrichten.
Ein Zivilprozess ist die ureigenste Privatangelegenheit der Parteien.
Niemandem kommt die Kompetenz zu, den Parteien darüber Vorschriften zu machen, ob und ggf.  wie sie einen solchen Prozess zu führen haben.  
Die Gerichte sind im Zivilprozess in der Beweiswürdigung frei.
Die Gerichte selbst sind unabhängig.

Jeder Zivilprozess ist mit Kosten verbunden, die von den Parteien zu tragen sind.
Schließlich handelt es sich um eine  Privatangelegenheit der Parteien.    

Allgemeinverbindlich könnte wohl nur eine behördliche Preisgenehmigung sein.
Die Erfahrungen mit der behördlichen Tarifgenehmigung gem. § 12 BTOElt wurden bereits berichtet.

Dort verblieb den Kunden wenigstens noch die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle (BGH VIII ZR 240/90 unter III., BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Ginge es um Allgemeinverbindlichkeit der behördlichen Preisgenehmigung, wäre sogar die Billigkeitskontrolle als effktive Rechtsschutzmöglichkeit zur Herstellung der Einzelfallgerechtigkeit ausgeschlossen.

Somit wäre die Situation dann für die Kunden sogar noch schlechter als bei der behördlichen Tarifegenmigung nach § 12 BTOElt.
Man hätte also nur die Nachteile solcher behördlichen Preisgenehmigungsverfahren  übernommen.
Meine Meinung als betroffener Verbraucher: Nein danke!

Die behördlichen Tarifgenehmigungsverfahren waren für die daran nicht beteiligten Verbraucher zudem in keiner Weise transparent.
E.ON Bayern zB. soll nach deren Vortrag in Billigkeitsprozessen die letzten Stromtarifgenehmigungen nach informellen Gesprächen mit dem zuständigen Staatssekretär in München bekommen haben.
Der Inhalt der Gespräche und deren Grundlagen sind nicht bekannt geworden.  

Das ist doch etwas, was wir las Verbraucher nun wirklich nicht gebrauchen können.

Wie transparent war denn Ihr letzter (behördlich genehmigter) Allgemeiner Strompreis, der auf einer Verbrauchsabrechnung Ihres Versorgers auftauchte?
 
Und woher entnehmen Sie, dass dieser vom Versorger einseitig bestimmte Strompreis in Anbetracht von § 1 EnWG angemessen war und der Billigkeit entsprach (BGH VIII ZR 240/90)?

Warum meinen Sie ggf., dass man so etwas allgemeinverbindlich den grundversorgten Kunden zumuten sollte ?!!

Bei der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gibt es regelmäßig keinen langen Instanzenzug. Die Eingangsinstanz sollte konzentriert bei einer besonderen KfH an einem Landgericht liegen, §§ 108, 102, 103 EnWG.

Es gibt eine gehörige Zahl an Billigkeitsprozessen, die ohne Sachverständigengutachten zugunsten von als Tarifkunden angesehenen Verbrauchern ausgingen, LG Erfurt, Urt. v. 10.02.09, LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09, zuletzt OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 (Strompreis). Es gibt viele Billigkeitsprozesse, die ohne Sachverständigengutachten zu Lasten der Verbraucher ausgingen, weil diese entweder nicht hinreichend oder aber  verspätet den Vortrag des Versorgers bestritten hatten. Es gibt Billigkeitsprozesse, die nach gerichtlichem Sachverständigengutachten zugunsten der Kunden ausgingen, LG Köln, Urt. v. 14.08.09 und es gibt Entscheidungen in Billigkeitsprozessen nach sofortigem Anerkenntnis gem. § 93 ZPO. Hinzu tritt eine gehörige Zahl von Prozessen, wo die Versorger die Klage zurückgenommen haben. Und es gibt Verfahren, wo man sich teilweise für die Kunden vortrefflich verglichen hatte. Nicht ersichtlich, wo es dazu kam, dass der grundversorgte Kunde in einem Billigkeitsprozess unterlag und die Kosten eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu tragen hatte.    

Zitat
Original von RR-E-ft
Mit § 36 Abs. 1 EnWG besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers, die der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]

Wo in Europa gibt es eine gesetzliche Regelung, die den Kunden bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht des Versorgers  effektiver schützt und die der deutsche Gesetzgeber deshalb ggf. abkupfern könnte?

Die Billigkeitskontrolle erfordert eine Einzelfallentscheidung (BGH III ZR 277/06 Rn. 20). Es ist gerade der Vorteil des § 315 BGB, dass er Einzelfallgerechtigkeit ermöglicht.

Deshalb lässt sich \"die Billigkeit\" generell-abstrakt (wie für eine Gesetzesnorm erforderlich) wohl nicht konkreter fassen.
Gäbe es hingegen eine konkretere gesetzliche Regelung, so wäre § 315 BGB neben dieser schon gar nicht mehr anwendbar.  
Es wäre die Quadratur des Kreises.

Die Tatsachen, die für die Billigkeit sprechen sollen, müssen spätestens in der ersten Instanz nachvollziehbar und prüffähig auf den Tisch.

Erst in der Berufung, wenn eine Berufung überhaupt zulässig ist, ist ein entsprechender Tatsachenvortrag regelmäßig verspätet, § 531 ZPO.

Das Ergebnis der Billigkeitskontrolle ist revisionsrechtlich, wenn eine Revision überhaupt zugelassen wird, nur eingeschränkt überprüfbar.

In der Regel stellen sich deshalb die Weichen in der ersten Instanz.
Mit der Rechtskraft der Entscheidung ist der Einzelfall abschließend entschieden.

Offline RR-E-ft

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Original von jroettges
Klare Frage, klare Antwort?

Nachtrag:
Siehe unten.
Klare Antwort? Ist wohl zuviel verlangt gewesen.
Die Wiederholung sattsam bekannter Dinge statt einer Antwort auf meine Frage.
Ich gebs auf.

????

Es wurde doch ausgeführt, dass ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 EnWG mit keinerlei Rechtsfolgen verknüpft sind. Keinerlei meint keinerlei.  

Zudem wurde auf das Verfahren BGH VIII ZR 246/08 verwiesen, welches eindeutig Sonderverträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung betraf, auch wenn § 41 EnWG darin nicht ausdrücklich genannt wird.

Zitat
Original von jroettges
Die Wiederholung sattsam bekannter Dinge statt einer Antwort auf meine Frage.

 

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