Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH  (Gelesen 105875 mal)

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Original von RR-E-ft
Umstritten ist, bis wann im Billigkeitsprozess ein sofortiges Anerkenntnis erfolgen kann bzw. muss. Nach erfolgter Beweisaufnahme wird es dafür zu spät sein.
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Problemlösung besteht in dem sofortigen Anerkenntnis gem. § 93 ZPO. Dieses muss vor der Beweisaufnahme erfolgen. Ihre Auffassung kann nicht geteilt werden.
@RR-E-ft, das sieht mir allenfalls nach einer unbefriedigenden Notlösung aus. Ich bleibe da bei meiner Meinung. Was in den Paragraphen steht ist bekannt und wiederholt dargestellt. Es ist mangelhaft, es reicht nicht. Ich sehe da eine unzureichende Regelung zu Lasten der Verbraucher.

Der Gesetzgeber könnte die Bestimmung der Billigkeit allgemeinverbindlich regeln. Das sehe ich mindestens beim Grundbedarf als geboten. Dazu gehören zweifelsfrei Strom, Gas und Wasser.

Gerade damit könnte dem Gebot der möglichst preisgünstigen Versorgung auf die Sprünge geholfen werden. Es mag Juristen zu gutekommen, aber dass sich jeder einzelne grundversorgte Kunde vor Gericht mit den Versorgern wegen der Billigkeit der einseitigen Preisbestimmung auseinandersetzen muss ist keine Lösung. Das Kostenargument spricht gerade gegen die Vielzahl und Vielfalt der unterschiedlichen Verfahren, vor Gericht und in den EVU! Die Kosten tragen hier in jedem Fall immer die Verbraucher, entweder direkt oder über die Preise. Das ist offensichtlich nicht gerecht. Ich kann da Ihrer Meinung nicht folgen, auch wenn sie juristisch dem Zustand entsprechen sollte. Selbst da habe ich meine Zweifel. Ich vermisse hier immer noch entsprechende Aktivitäten der Verbraucherorganisationen und nicht zuletzt der Politik.

Offline jroettges

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Sie haben recht. Die augenblicklichen Rechtslage eröffnet den grundversorgten Kunden nur den Klageweg über die Frage der Billigkeit nach §315 BGB. Dabei ist es egal, ob ein Kunde kürzt und sich verklagen lässt oder aber selbst klagt.

Dabei ist die Möglichkeit, durch Kürzung der Zahlungen den Grundversorger zur Klage zu bringen, auch noch, sozusagen auf den letzten Drücker, durch den Bundesrat in die §§17 der Grundversorgungsverordnungen eingebracht worden. Ohne diese Initiative wäre auch der Weg ziemlich verbaut gewesen. Es wäre nur eine Klage des Kunden gegen den Grundversorger übrig geblieben.

Zitat
Bundesratsdrucksache 306/06 (Beschluss) v. 22.09.06

6. Zu Artikel 1 (§ 17 Abs. 1 Satz 3 StromGVV)
In Artikel 1 ist § 17 Abs. 1 Satz 3 wie folgt zu fassen:
\"§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.\"

Begründung:
Der Einwendungsausschluss nach § 17 Abs. 1 Satz 2 StromGVV soll nach der Begründung der Verordnung zu den §§ 17 und 19 StromGVV nicht die Fälle des § 315 BGB erfassen. Die sprachlich veränderte Fassung soll diesen Regelungszweck für alle Rechtsanwender unmissverständlich klarstellen. Ein Einwand nach § 315 BGB bleibt danach von § 17 StromGVV unberührt. Mit der Regelung soll die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30. April 2003 (VIII ZR 279/02, S. 8 f.) zu der Auslegung der entsprechenden Regelung des § 30 Nr. 1 AVBWasserV klarstellend aufgenommen werden.
Gleiches erfolgte damals für die GasGVV.

Wir haben also die seltsame Situation, dass sich jeder Grundversorger ständig oder regelmäßig mindestens einem laufenden Billigkeitsverfahren ausgesetzt sehen müsste. Bei jeder Preiserhöhung sowieso. Er hat ja die Pflicht zur Preisfestsetzung in der Grundversorgung und zwar unter Wahrung des ursprünglichen \"Äquivalenzverhältnisses\", wie immer man dies definieren und parametrisieren mag.

Die Kunden können ja nicht wissen, ob der Versorger nicht längst hätte die Preise senken müssen. Also bliebe ihnen nur immer wieder ein neues Verfahren, um die Prüfung der Billigkeit zu erzwingen.

Diese Rechtslage kann eigenlich nicht den Richtlinien der EU und auch nicht unserer Verfassung entsprechen. Wenn ich mir die Kesselflickerdiskussionen über Gutachterkosten  und Zutrittsrechte hier im Forum ansehe, bin ich davon umso mehr überzeugt.

Wer hat endlich mal den Mut, diese Frage laut genug zu stellen?

Ich bleibe daher auch dabei, dass die Bereiche in denen es prinzipiell keinen Markt geben kann und wird (Netzbetrieb und Grundversorgung), zusammengefasst und gleichermaßen reguliert werden, ohne dass die Kunden ständig klagen müssen.

Alle anderen Vertragsverhältnisse (außerhalb der Grundversorgung) sollte man dem Markt überlassen. Wem die Bedingungen eines Anbieters nicht (mehr) passen, der geht da nicht hin bzw. geht wo anders hin!

So einfach könnte die Energiewelt sein!  :)

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Original von jroettges
Wir haben also die seltsame Situation, dass sich jeder Grundversorger ständig oder regelmäßig mindestens einem laufenden Billigkeitsverfahren ausgesetzt sehen müsste. Bei jeder Preiserhöhung sowieso. Er hat ja die Pflicht zur Preisfestsetzung in der Grundversorgung und zwar unter Wahrung des ursprünglichen \"Äquivalenzverhältnisses\", wie immer man dies definieren und parametrisieren mag.
@jroettges, wir sind uns im Kern einig, nur das Billigkeitsverfahren an sich ist nicht das Problem. Es ist die fehlende Regelung per Gesetz oder Verordnung, wie die Billigkeit verbindlich festgestellt und nachgewiesen wird. Der Jahresabschluss wird ja auch von vereidigten Wirtschaftsprüfern nach vom Staat vorgegebenen Regeln geprüft und testiert. Es gibt Erklärungs- und Meldepflichten. Steuerprüfer und mehr. Behörden haben wir viele, für welchen Sinn und Zweck denn? Sie haben Recht, die Energiewelt könnte einfach sein (und gerechter), wenn der Gesetzgeber seinen Pflichten nachkommen würde.

In früheren Zeiten hat der Kaiser die Zweifel beseitigt. In der Republik sind die Volksvertreter dafür zuständig. Wenn sie ihrer Pflicht nicht nachkommen, sollte ihnen das Volk Beine machen! Wo bleiben die Verbraucherorganisationen und Vertreter? Von AG zum BGH und wieder zurück, wie lange soll das teuere und ungute \"Billigekeits-Spiel\" noch betrieben werden.

Constantinus: \"Den Zweifel zu beheben, welcher zwischen Billigkeit und strengem Recht eintritt, sind nur Wir berechtigt und berufen.\"

Offline jroettges

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... nur das Billigkeitsverfahren an sich ist nicht das Problem

Natürlich nicht! Wohl aber seine Anwendung in Grundversorgungsverhältnissen.

Wenn der BGH davon ausgeht, dass ein Grundversorger das \"Äquivalenzverhältnis\" nicht nennenswert und nicht auf Dauer verletzen darf, dann ist er eigentlich auch verpflichtet, dafür eine Definition zu liefern und die Parameter zu nennen, die dazu offen gelegt werden müssen. Das hat er nicht getan.

Wird man ihn in weiteren Verfahren dazu zwingen können?

Wird der Gesetzgeber tätig und schafft Klarheit?

Was tun die Verbraucherschützer und auch der BdEV dazu?

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@jroettges, einig! Die richtigen Fragen sind gestellt. Jetzt braucht es  Antworten und Taten.

Offline RR-E-ft

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Es gab im Strombereich bis 01.06.07 eine behördliche Tarfgenehmigungspflicht gem. § 12 BTOElt.

Diese  staatlichen Preisgenehmigungsverfahren wurden deshalb eingestellt, weil sie ineffiezient und nicht geeignet waren, eine möglichst preisgünstige Versorgung für die Kunden zu bewerkstelligen. Die Margen der Stromversorger durch Preiserhöhungen stiegen auch in der Zeit von 1998 bis 2007.

Immer anerkannt war, dass auch das staatliche Tarifgenehmigungsverfahren die gerichtliche Billigkeitskontrolle nicht ausschließt (BGH X ZR 60/04 unter II. 1, BGH VIII ZR 240/90 unter III.).

Die Rechtsprechung gründet darauf, dass selbst im Falle der behördlichen Tarifgenehmigung eine gerichtliche Billigkeitskontrolle eine Unbilligkeit im konkreten betroffenen Fall erbringen kann. Mit anderen Worten:

Die gerichtliche Billigkeitskontrolle ist aus Sicht des Kunden effektiver.

Bei einer gestzlichen Preisbestimmungspflicht sind Preisvereinbarungen mit Einzelkunden unzulässig und deshalb können solche Preisvereinbarungen auch nicht ein zu wahrendes Äquivalenzverhältnis bilden (a.A. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25, bisher st.Rspr).

Aufgabe der Billigkeitskontrolle bei bestehender Preisbestimmungspflicht einer Partei ist es gerade, dass vertragsgemäße Äquivalenzverhältnis erst zu ermitteln.
Sie kann deshalb nicht dazu dienen, ein bereits (durch Preisvereinbarung) bestehendes Äquivalenzverhältnis zu wahren.  

Die Billigkeitskontrolle war den Kunden bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht nach EnWG schon immer eröffnet.
Sie war insbesondere auch nicht durch § 30 AVBV ausgeschlossen.
Durch die GVV sollte sich hieran nichts verändern.
Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV wurde nur deshalb angepasst, um für die Rechtsanwender unmissverständlich klarzustellen, dass sich an der bis dahin schon geltenden Rechtslage nichts ändern sollte.

Offline RR-E-ft

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Der Versorger hat bei einem Billigkeitsprozess die Kosten nur dann zu tragen, wenn er im Prozess die Billigkeit nicht nachweist (§ 91 ZPO) oder wenn im Falle eines \"sofortigen\" Anerkenntnisses des Kunden im Zahlungsprozess (§ 93 ZPO), der Versorger vorprozessual trotz Aufforderung des Kunden die Billigkeit nicht nachvollziehbar und prüffähig dargelegt hatte.

Beides hat der Versorger selbst zu verantworten.

In beiden Fällen können die dem Versorger hierdurch entstehenden Kosten nicht über die Preise auf die Kunden umgelegt werden, weil nur die Kosten einer effizienten Bettriebsführung umgelegt werden dürfen (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).

Unabhängigkeit von der Unzulässigkeit wird die Möglichkeit dazu faktisch auch dadurch begrenzt, dass die grundversorgten Kunden die Möglichkeit haben, den Lieferanten zu wechseln.

Das dagegen gerichtete Argument überzeugt nicht, weil sonst auch Rückzahlungansprüche der Sondervertragkunden dann mit dem Argument abgebügelt werden könnten, der Lieferant würde die dadaurch enststehenden Kosten schließlich wohl über die Preise auf die übrigen Kunden weiterwälzen.....

Offline RR-E-ft

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Wo in Europa gibt es ein effektiveres Verfahren bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht als die Billigkeitskontrolle nach deutschem Recht?

Der Kunde kann sich bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht gegen die Preisbestimmung des Versorgers einfach auf die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen, seine Zahlungen hiernach kürzen und einen Billigkeitsnachweis vom Versorger verlangen.

Im Zahlungsprozess des Versorgers hierauf verbleibt dem Kunden nach Unbilligkeitseinrede die Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO, wenn der Versorger im Prozess erstmals die Billigkeit nachvollziehbar und prüffähig darlegt.

Effektiver kann es für den von der einseitigen Preisbestimmung des Versorgers betroffenen Kunden wohl gar nicht gehen.

Der deutsche Gesetzgeber hat für betroffene Kunden eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit geschaffen. Die Umsetzung dieser objektiven Rechtslage durch nationale Gerichte bereitet zuweilen Probleme.

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Original von RR-E-ft
Es gab im Strombereich bis 01.06.07 eine behördliche Tarfgenehmigungspflicht gem. § 12 BTOElt.
@RR-E-ft, darum geht es nicht. Keine Tarifgenehmigung oder gar eine gesetzliche Preisbestimmung! Es geht um eine geregelte kontrollierte verbindlich festgestellte Billigkeit.

Was heute alles von vereidigten Wirtschaftsprüfern geprüft und zur Beurteilung an Behörden weitergeben werden muss können Sie beispielsweise im Kreditbereich sehen: Wirtschaftsprüfer <-----> Publizitätspflichten <-----> Beispiel aus der PBV Kreditinstitute

So weit wie im Kreditsektor muss man nicht gehen, aber es gibt Prüfungsberichtsverordnungen nicht nur für KI, sonder auch für kommunale Unternehmen oder generell für EVU. Warum sollte dort eine Prüfung und verbindliche Feststellung der Billigkeit der Preise aus der Grundversorgung von Strom, Gas und Wasser nicht eingebunden werden können?
   
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Original von RR-E-ft
...
In beiden Fällen können die dem Versorger hierdurch entstehenden Kosten nicht über die Preise auf die Kunden umgelegt werden, weil nur die Kosten einer effizienten Bettriebsführung umgelegt werden dürfen (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43).

Unabhängigkeit von der Unzulässigkeit wird die Möglichkeit dazu faktisch auch dadurch begrenzt, dass die grundversorgten Kunden die Möglichkeit haben, den Lieferanten zu wechseln.

Das dagegen gerichtete Argument überzeugt nicht, weil sonst auch Rückzahlungansprüche der Sondervertragkunden dann mit dem Argument abgebügelt werden könnten, der Lieferant würde die dadaurch enststehenden Kosten schließlich wohl über die Preise auf die übrigen Kunden weiterwälzen.....

Ja der BGH hat festgestellt, dass die genannten Kosten nicht umgelegt werden dürfen (allein es fehlt der Glaube). Ob Gutachterkosten oder Rückzahlungen an Sondervertragskunden unberechtigt \"abgebügelt\" werden, bleibt ungeregelt ohne Kontrolle.  Das geht für die Verbraucher wieder ins Leere. Dann wieder  Billigkeit bestreiten - mit  Gerichtsverfahren bis zum BGH?! ... und von vorne?

Dass die grundversorgten Kunden heute die Möglichkeit haben, den Lieferanten zu wechseln ist gut und sollte genutzt werden, ist aber kein Argument. Man könnte mit diesem Argument auch gleich auf die Billigkeitsprüfung verzichten. Wem der Preis nicht passt kann ja wechseln.  :(  
Es gibt außerdem nicht wenige Verbraucher, die an die Grundversorgung gebunden sind, da wegen mangelnder Bonität kein Sondervertrag in Aussicht ist.

Offline RR-E-ft

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Mit § 36 Abs. 1 EnWG besteht eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers, die der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegt (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]

Wo in Europa gibt es eine gesetzliche Regelung, die den Kunden bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht des Versorgers  effektiver schützt und die der deutsche Gesetzgeber deshalb ggf. abkupfern könnte?

Die Billigkeitskontrolle erfordert eine Einzelfallentscheidung (BGH III ZR 277/06 Rn. 20). Es ist gerade der Vorteil des § 315 BGB, dass er Einzelfallgerechtigkeit ermöglicht.

Deshalb lässt sich \"die Billigkeit\" generell-abstrakt (wie für eine Gesetzesnorm erforderlich) wohl nicht konkreter fassen.
Gäbe es hingegen eine konkretere gesetzliche Regelung, so wäre § 315 BGB neben dieser schon gar nicht mehr anwendbar.  
Es wäre die Quadratur des Kreises.

Die Tatsachen, die für die Billigkeit sprechen sollen, müssen spätestens in der ersten Instanz nachvollziehbar und prüffähig auf den Tisch.

Erst in der Berufung, wenn eine Berufung überhaupt zulässig ist, ist ein entsprechender Tatsachenvortrag regelmäßig verspätet, § 531 ZPO.

Das Ergebnis der Billigkeitskontrolle ist revisionsrechtlich, wenn eine Revision überhaupt zugelassen wird, nur eingeschränkt überprüfbar.

In der Regel stellen sich deshalb die Weichen in der ersten Instanz.
Mit der Rechtskraft der Entscheidung ist der Einzelfall abschließend entschieden.

Offline bolli

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Original von __hp__
JA - genau das ist der Link, den ich diesem Forum im Rahmen meines Beitrags so gerne präsentieren wollte und nach dem ich deshalb so intensiv gesucht hatte, insbesondere weil der dahinter stehende Text so eindrucksvoll veranschaulicht, was ich in Bezug auf die potenziellen Kosten des Sachverständigen, die für den einzelnen kaum tragbar sein dürften, unter dem Aspekt \"Recht als Waffe\" mitteilen.

Meine (schließlich erfolglose) Suche danach war eigentlich am besten beschrieben mit: \"Die sprichwörtliche Suche nach der Nadel in Heuhaufen\". Umso erstaunlicher, dass Sie den Link tatsächlich allein aufgrund der wenigen Anhaltspunkte, die ich in meinem Beitrag zum Inhalt geliefert habe, aufspüren konnten. Das ist mehr als \"findig\"! Zudem ist es äußerst kooperativ, dass Sie sich auf die Suche begeben haben! Vielen herzlichen Dank dafür.
Lieber _hp_
wenn Sie es erlauben, Ihnen PN (Private Nachrichten) zu schreiben, sollten Sie auch gelegentlich hineinschauen. Am besten auch die entsprechende email-Benachrichtigung einschalten. Wenn Sie dieses nicht tun, sollten Sie sie direkt nicht zulassen, dann kann man sich das Schreiben solcher ersparen.  8)  Zu bearbeiten sind diese Funktionen unter dem Mnüpunkt PROFIL und dort unter EINSTELLUNGEN.

Offline RR-E-ft

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Ein gesetzlicher Kontrahierungszwang und die Anordnung einer gesetzlichen Preisbestimmungspflicht des Versorgers dabei ist von Gesetzes wegen nicht zu beanstanden, wenn es dem Schutz einer bestimmten Kundengruppe (hier der Kleinkunden) zu dienen bestimmt ist.

Trifft einen Vertragsteil die Preisbestimmungspflicht, ist es gerade Aufgabe der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB, das vertragsgemäße Äquivalenzverhältnis zu bestimmen, nicht jedoch ein (durch Preisvereinbarung) bereits bestehendes Äquivalenzverhältnis zu wahren (a.A. BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25, bisher st.Rspr.).

Die Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils schließt eine Preisvereinbarung der Parteien regelmäßig aus (und umgekehrt).

Auf Sonderverträge findet § 315 BGB keine Anwendung, wenn nicht ausnahmsweise bei Vertragsabschluss statt eines Preises eine Preisbestimmungspflicht des Versorgers vertraglich vereinbart wurde (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 32).

Wurde ein Preis bei Abschluss eines Sondervertrages vertraglich vereinbart, gibt es keinerlei gesetzliche Regelung, die diesen vereinbarten Preis transparent machen könnte, weil dieser allein auf einer Einigung der Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit gründet.

Es besteht keiner gesetzliche Regelung, die den Lieferanten dazu verpflichten könnte, in einem im Rahmen der Vertragsfreiheit abgeschlossenen Vertrag überhaupt eine Preisänderungsklausel zu verwenden.
Dies verstieße gegen die grundgesetzlich geschützte Privatautonomie, Art. 2 GG.

Erst recht kann dann keine gesetzliche Regelung einem Lieferanten vorschreiben, eine Preisänderungsklausel bestimmten Inhalts zu verwenden.

Eingedenk dessen ist die vorstehende Diskussion in Teilen nicht nachvollziehbar.

Offline jroettges

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RR-E-ft schrieb:
Es besteht keiner gesetzliche Regelung, die den Lieferanten dazu verpflichten könnte, in einem im Rahmen der Vertragsfreiheit abgeschlossenen Vertrag überhaupt eine Preisänderungsklausel zu verwenden.

Zitat
EnWG § 41 Energielieferverträge mit Haushaltskunden
(1) Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über:
1. die Vertragsdauer, die Preisanpassung, die Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses sowie das Rücktrittsrecht des Kunden,
2. zu erbringende Leistungen einschließlich angebotener Wartungsdienste,
3. die Zahlungsweise,
4. Haftungs- und Entschädigungsregelungen bei Nichteinhaltung vertraglich vereinbarter Leistungen,
5. den unentgeltlichen und zügigen Lieferantenwechsel und
6. die Art und Weise, wie aktuelle Informationen über die geltenden Tarife und Wartungsentgelte erhältlich sind.
Dem Haushaltskunden sind vor Vertragsabschluss verschiedene Regelungen nach Satz 1 Nr.3 anzubieten.

Ein Anbieter kann in seinen AGB feststellen, dass keine Preisanpassung in der Vertragslaufzeit stattfindet, abgesehen von Verpflichtungen, die sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben. Das ist dann aber auch eine Bestimmung zur Preisanpassung, wie sie IMHO EnWG §41 zwingend vorschreibt.

Offline RR-E-ft

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Original von RR-E-ft
Es besteht keiner gesetzliche Regelung, die den Lieferanten dazu verpflichten könnte, in einem im Rahmen der Vertragsfreiheit abgeschlossenen Vertrag überhaupt eine Preisänderungsklausel zu verwenden.
Dies verstieße gegen die grundgesetzlich geschützte Privatautonomie, Art. 2 GG.

Erst recht kann dann keine gesetzliche Regelung einem Lieferanten vorschreiben, eine Preisänderungsklausel bestimmten Inhalts zu verwenden.

Der Lieferant ist auch bei Verträgen mit Haushaltskunden noch nicht einmal gesetzlich verpflichtet, überhaupt Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden.
Er kann auch jeden einzelnen Vertrag individuell aushandeln, auch mit Haushaltskunden.
AGB- Recht findet dann überhaupt keine Anwendung.

Offline RR-E-ft

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Original von jroettges
Ein Anbieter kann in seinen AGB feststellen, dass keine Preisanpassung in der Vertragslaufzeit stattfindet, abgesehen von Verpflichtungen, die sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben. Das ist dann aber auch eine Bestimmung zur Preisanpassung, wie sie IMHO EnWG §41 zwingend vorschreibt.

Diese Auslegung ist m. E. nicht haltbar, weil dies zur Folge hätte, dass AGB, die keine Preisänderung vorsehen, wohl selbst AGB-rechtlich unzulässig wären.

Es ist das Recht eines jeden Lieferanten, keine oder keine wirksamen Preisänderungsklauseln zu verwenden.
Dies folgt ebenso aus der Privatautonomie wie die Tatsache, dass die Verwendung unwirksamer Klaueln in das unternehmerische Risiko des Verwenders fallen.

Es gibt zudem keine gesetzlichen Regelungen, die Preisanpassungen vorsehen.

Es gilt vielmehr Kaufrecht und somit § 433 II BGB.
Die gesetzliche Regelung  besagt deshalb, dass beide Vertragsteile gleichermaßen für die Vertragsdauer grundsätzlich an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden sind.

Die Verwendung von Preisänderungsklauseln als Abweichung von dieser gesetzlichen Regelung ist freigestellt. Der Verwender trägt dabei das unternehmerische Risiko der wirksamen Einbeziehung gem. § 305 Abs. 2 BGB ebenso wie für die Wirksamkeit der Klausel gem. § 307 BGB.
Dies ergibt sich aus § 306 BGB.

 

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