@Black
Die Rechtswissenschaft, von der einige behaupten, sie sei gar keine Wissenschaft im eigentlichen Sinne, ist gewiss keine Geheimwissenschaft, so dass sich ein jeder deren Inhalte grundsätzlich erschließen kann. Dies gilt ganz gewiss auch für einen promovierten Techniker, auch wenn es bei uns oft weniger technisch zugeht, insbesondere die Toleranzen größer sind. Und auch ein \"gesundes Rechtsempfinden\" schadet grundsätzlich nicht, wenn nicht eben die Wut über eine empfundene Ohnmacht den unbefangenen Blick möglicherweise zu sehr trübt. Man sollte ernsthaft erarbeitete Standpunkte deshalb nicht grundsätzlich mit Standesdünkel klein reden (Wurde v. Däniken nicht nur nicht ernst genommen, sondern auch widerlegt?

).
@enerveto
Mir fehlt fast ein wenig der Hinweis darauf, was ich noch in der Schule gelernt hatte, nämlich dass das Recht und der Staat sowieso immer nur ein Herrschaftsinstrument der jeweils Herrschenden (Klasse) ist, um ihre Macht zu erhalten. Hätte möglicherweise gut reingepasst. Nur wurde diese Weisheit womöglich eben selten mehr bewahrheitet als gerade in jenem Land, in dem sie jungen Menschen im Unterricht vermittelt wurde - weniger in Bezug auf eine Klasse, denn auf die Herrschenden. :rolleyes: Sicher anders als dort können u.a. Verbraucheranwälte heute tatsächlich als unabhängige Organe der Rechtspflege agieren. Und sicher anders als dort ist es überhaupt auch möglich, die Rechtsprechung selbst eines Obersten Gerichts (öffentlich) zu kritisieren. Und ganz gewiss anders als dort ist die Unabhängigkeit der Justiz, zu der auch wir Anwälte uns zu Recht zählen, keine Leerformel.
Zu der Frage eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens und dessen Voraussetzungen hat sich m. E. nichts geändert.
Warum sollten sich denn Versorger ihrer Sache sicher sein können, wenn ein vom Gericht bestellter unabhängiger Sachverständiger neutral ist und selbst die Unterlagen abfordert oder gar erhebt, die er für seine unabhängige Prüfung braucht?
Insbesondere die Entscheidung BGH VIII ZR 138/07 hält eine gehörige Anzahl von Stellen offen, um in unserem Sinne zu argumentieren.
Und was ist mit
LG Köln, Urt. v. 14.08.09;
LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09;
AG Paderborn, Urt. v. 12.11.09 OLG Frankfurt, Urt. v. 26.01.10....?
Ich gehöre nicht zu denen, die behaupten, wenn ein Sachverständigengutachten zu Gunsten der Kunden ausging, war der gerichtlich bestellte Sachverständige kompetent und bei anderem Ausgang entweder nicht kompetent oder aber gekauft. Manche halten es hingegen mit den Richtern nicht minder, mit den Verbraucheranwälten sowieso. Zwischen \"Helden\" und Volltrotteln findet sich kaum etwas, wenn man so manchen Bericht verfolgt.
Gerichtliche Billigkeitskontrollen beim Streit mit Energieversorgern sind heute bereits alltäglich und auch, dass Gerichte im Zusammenhang mit einseitigen Tarifänderungen gegenüber (grundversorgten) Tarifkunden die Offenlegung von zu Grunde liegenden Preiskalkulationen verlangen, ist bereits Routine.
Früher war jeder einzelne entsprechende Hinweis- und Auflagenbeschluss bzw. kleines Urteil eine Sensation und als solche eine Pressemitteilung oder gar eine Jubelmeldung wert. Manches braucht seine Zeit. In fünf Jahren hat sich durchaus bereits Grundsätzliches getan. Immerhin hat auch der VIII. Zivilsenat des BGH mittlerweile erkannt, dass aus der gesetzlichen Bindung des Allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit auch eine gesetzliche Verpflichtung folgt, die Tarife abzusenken, wenn dies für die Kunden günstig ist (BGH VIII ZR 225/07 vom 15.07.09). Die Geschichte hat mithin auch am 19.11.08 nicht ihren Abschluss gefunden.
In ungezählten Fällen kam es auch zu gerichtlichen Vergleichen, wonach die Kunden, die ihren Lieferanten zwischenzeitlich gewechselt hatten, nur die alten Preise oder weniger zu zahlen hatten, oft in Raten und ohne Zinsen, wobei die Versorger auf ihren gesamten Prozesskosten sitzen blieben, freilich bei Vereinbarung des Stillschweigens über die getroffene Regelung. Dabei zeigte sich, dass sich solche Verfahren für die Versorger nicht rechnen.
Das war das, was
diese Verbraucher erreichen wollten, und nicht etwa die Kalkulationsunterlagen ihres alten Versorgers von vor drei Jahren zum Abschied in den Händen halten. Die betroffenen Verbraucher haben durchaus auch unterschiedliche Zielsetzungen, auch wenn sie das Bestreben eint, überhöhte Energiepreise nicht zahlen zu müssen. Und es geht nun einmal darum, was die einzelnen Verbraucher in den entsprechenden Verfahren erreichen wollen und sich dabei zutrauen und nicht darum, jedes Verfahren unbedingt mit größtmöglichen Kostenaufwand durch alle Instanzen zu treiben.
Möglicherweise kommt es auch nicht von Ungefähr, dass die Versorger gegenüber vielen Kunden, die nach dem propagierten Widersprüchen wie es so schön heißt, ihre Zahlungen eigenmöchtig kürzten, entsprechende (vermeintliche) Forderungen nicht gerichtlich geltend gemacht haben oder auf jene gar im Gerichtsverfahren verzichtet oder gar von betroffenen Kunden gerichtlich geltend gemachte Rückforderungsansprüche gerichtlich anerkannt hatten.
Aktuell beschäftigt mich ein Fall, wo der Tarifkunde auf 300 € verklagt wurde, das Gericht noch vor einer substantiierten Darlegung zur Billigkeit oder gar einer Beweisaufnahme über die Behauptungen des kommunalen Gasversorgers vom verklagten Kunden für einen angebotenen Gegenbeweis durch Sachverständigengutachten einen Kostenvorschuss in Höhe von 20.000 EUR abverlangt. Das ist unsere Welt. Der betreffende Kunde ist rechtsschutzversichert und hat die Deckungszusage seiner Versicherung auch hinsichtlich der Sachverständigenkosten... Aber nicht ein jeder Verbraucher ist so gut gewappnet. Schließlich haben viele auch an der Rechtsschutzversicherung gespart. Nicht gespart wird zuweilen hie und da beim Jammern über das geballte Unrecht in der Welt.
Ich kenne Ihren konkreten Fall nicht. Deshalb weiß ich auch nicht, ob Sie sich etwaig gem. § 308 ZPO nur gegen einseitige Preiserhöhungen gerichtlich zur Wehr gesetzt hatten, diese nur gerichtlich für unwirksam festgestellt haben wollten, um die geforderten Preiserhöhungen nicht zu zahlen, oder aber ggf. als (grundversorgter) Tarifkunde bei Gericht beantragt hatten, gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB für eine bestimmte Abrechnungsperiode einen der Billigkeit entsprechenden Tarifpreis gerichtlich festzustellen, damit Sie nur (aber immerhin jedenfalls) diesen ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung vertraglich zu zahlen verpflichtet waren.
Ihr Beitrag lässt wohl darauf schließen, dass es wohl gerade Ihnen
in concreto als (grundversorgtem) Tarifkunden auf eine gerichtliche Entscheidung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ankam. Oder täuscht das?
Ob Sie eine solche jedoch tatsächlich mit ihrem Klage- oder Klageabweisungsantrag anstrebten oder \"nur\" die gerichtliche Feststellung, dass einseitige Preiserhöhungen gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Billigkeit entsprachen, folglich unwirksam waren und keine verbindlichen Forderungen des Versorgers begründeten, wissen grundsätzlich nur Sie, ggf. Ihr Anwalt, Ihr Prozessgegner und dessen Prozessbevollmächtigte ggf. in öffentlicher Verhandlung anwesende Öffentlichkeit allein.
Was hat der einzelne (grundversorgte) Tarifkunde davon, ggf. seit 2004 nach (wiederholtem) Widerpruch einen unveränderten Preis zu zahlen und nicht etwa jene Tarifpreise, die entsprechend einer zwischenzeitlich geänderten Kostensituation ggf. jeweils der Billigkeit entsprachen? Viele Verbraucher sind damit zufrieden, dass sie seit 2004 nach entsprechenden Widersprüchen unbehelligt die 2004er Preise weiterzahlen.
Dass Sie die umfangreichen Diskussionen um \"Gretchenfragen\" und § 93 ZPO persönlich ggf. nicht weitergetragen haben, geschenkt. Wir wussten unsere Lebenszeit nicht besser zu verbringen.
