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Autor Thema: Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!  (Gelesen 37112 mal)

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Offline Lothar Gutsche

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #15 am: 17. Januar 2010, 10:27:09 »
@ enerveto

Der politische Einfluss auf Richter und der Einfluss der Wirtschaft auf Richter bedeutet für mich eine neue Qualität. Dass sich Politiker und Gesetze kaufen lassen, war mir bekannt, sie auch Seite 101 in der Dokumentation des Wiesbadener Vereins Netzwerk Recherche e. V. mit dem Titel „Dunkelfeld Korruption“ unter http://www.netzwerkrecherche.de/dokumente/nr_doku_dunkelfeld_korruption.pdf vom April 2006. Dort publizierte der Journalist Götz Hamann einen Artikel unter der Überschrift „Rot-Grün zwischen Lobby und Korruption“. Der Artikel von Hamann zeigt, in welchem Ausmaß Lobbyisten der Energiekonzerne das derzeit gültige Energiewirtschaftsgesetz beeinflusst haben.

Dass sich Staatsanwälte wegen ihrer Weisungsgebundenheit von Landespolitikern steuern lassen, durfte ich in den letzten Jahren mehrfach erfahren, u. a. in der VW-Affäre und auch in der Würzburger Provinz. Dass sich aber Richter so offen vom Gesetz entfernen, wie es der VIII. Zivilsenat des BGH oder auch der Amtsrichter aus Würzburg tut, der meinen Prozess leitete, das hätte ich nicht erwartet. Die Argumentation mit der \"Intention des Gesetzgebers\" aus dem BGH-Urteil VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 wird Gegenstand meines nächsten großen Artikels. Der VIII. Zivilsenat unter dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Ball wird dieses Urteil noch bedauern. Gegen den Amtsrichter aus Würzburg läuft schon am OLG Bamberg ein Klageerzwingungsverfahren nach § 172 StPO wegen Rechtsbeugung in meinem Urteil.  

In meinem persönlichen Rechtsstreit mit den Stadtwerken Würzburg wird das Verschieben von Kosten zwischen unterschiedlichen Kostenträgern schwierig, da ich mit den Stadtwerken um die Preise von Strom, Erdgas und Trinkwasser streite. Ich behaupte übrigens nicht nur die Unbilligkeit der Preise, sondern gehe von deren Kartellrechtswidrigkeit aus. Damit möchte ich über § 87 GWB vor allem die Stadtmauern Würzburgs verlassen und zum sachlich zuständigen Kartellgericht nach Nürnberg-Fürth gelangen, denn in Würzburg regiert offenbar eine Art Vetternwirtschaft die Stadt, im Rheinland spricht man vom \"Kölschen Klüngel\". Das Landgericht Würzburg, zumindest die Kammer, die meinen Fall unter Aktenzeichen 42 S 1337/09 leitet, kann noch nicht einmal zwischen einer \"Monopolstellung\" und einer \"marktbeherrschenden Stellung\" unterscheiden, wie einer Verfügung des Gerichts vom 10.12.2009 zu entnehmen ist. Noch weniger kennt das Landgericht die Beweislastverteilung aus § 19 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 4 GWB.

Sobald mein Zivilprozess in Würzburg einen Stand erreicht hat, über den es sich zu berichten lohnt, werde ich das ausführlich tun. Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass ein normaler Tarifkunde offenbar der Willkür der Richter und sogenannter Sachverständiger ausgesetzt ist.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline tangocharly

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #16 am: 17. Januar 2010, 16:24:03 »
@Lothar Gutsche

Zitat
Dass sich aber Richter so offen vom Gesetz entfernen, wie es der VIII. Zivilsenat des BGH oder auch der Amtsrichter aus Würzburg tut, der meinen Prozess leitete, das hätte ich nicht erwartet. Die Argumentation mit der \"Intention des Gesetzgebers\" aus dem BGH-Urteil VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 wird Gegenstand meines nächsten großen Artikels. Der VIII. Zivilsenat unter dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Ball wird dieses Urteil noch bedauern.

Hut ab vor Ihrem Engagement. Aber Ihre Zielrichtung, was den Ball und seine Bällchen anlangt, haben Sie sich da nicht ein bißchen zuviel vorgenommen ?

Wenn Sie dem Ball die Entfernung vom Gesetz vorwerfen, dann ist er ja fast ein wenig unschuldig. Denn er stützt sich ja mit seiner Urteilsbegründung auf den Gesetzgeber. Sozusagen Schulterschluß (\"Der Gesetzgeber hat/habe schon mehrfach eine Preiskontrolle durch die Gerichte abgelehnt\").

Allerdings, und das ist eben die andere Seite der Medaille, ist der Gute halt nicht nur dem Gesetz, sondern auch dem Recht unterworfen.

Dieser Gesetzgeber, den Ball da ständig zitiert, war/ist ja den europäischen Richtlinien unterworfen. Dieser Gesetzgeber hat, mit Mühe und Not, ein neues EnWG sich aus den Rippen geschwitzt. Wenn man den Gesetzestext auf den Prüfstand des Europäischen Rechts stellt, dann hat -genau genommen- der Bundesgesetzgeber die Umsetzung der Richtlinien nicht erreicht.

Und wenn der Bundesgesetzgeber mit seiner Schlafmützigkeit dem Treiben der Konzerne zusieht, ja müssen dann Ball und Bällchen dies auch tun ?

Übrigens schreiben Sie in ihrem Artikel, dass die anderen BGH-Senate dem Ball-Haus-Treiben (nur) zuschauen (oder so ähnlich). Das ist nicht der Fall. Hierzu möchte ich Sie zur Lektüre der Entscheidung des II.Senats vom 02.09.2009, Az.: II ZB 35/07 ermuntern, insbesondere Tz. 5 u. 6.
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Offline bolli

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #17 am: 18. Januar 2010, 09:06:11 »
Ich frage mich nur, warum es den Großen Senat überhaupt gibt, wenn sich diejenigen Senate, die sich dann doch trauen, dem VIII. Senat was entgegen zu setzen, diese Fälle nicht vor den Großen Senat für eine endgültige Richtungsentscheidung zu bringen und immer nur eine Kurve suchen, wie sie mit ihrem Einzelfall am VIII. Senat vorbei kommen.
Der Kartellsenat hat dieses ja auch schon so praktiziert.

Geht das nur darum, dass \'der einen Krähe keine andere ein Auge aushackt\' oder hat der Ball soviel in der Hinterhand, dass sich da niemand ran traut ?

Offline darkstar

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #18 am: 18. Januar 2010, 09:37:56 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Rechtsanwalt Oliver Mogwitz und Ref. jur. Alexander Wagner, Koblenz
Die gerichtliche Überprüfung von Energiepreisen
RdE, Heft 4-5, 2008, 118 ff.

Ist das noch aktuell oder wo finde ich im Forum den letzten Stand?
(Direktlink aufs Posting bitte)

Leider wurden aus den meisten Sticky-Threads Diskussionen nicht ausgelagert, dauert Wochen sich da durchzuarbeiten.
Der Anfang jeder Katastrophe ist eine Vermutung

Offline Lothar Gutsche

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #19 am: 26. Januar 2010, 08:09:31 »
@ tangocharly


Zitat
Wenn Sie dem Ball die Entfernung vom Gesetz vorwerfen, dann ist er ja fast ein wenig unschuldig. Denn er stützt sich ja mit seiner Urteilsbegründung auf den Gesetzgeber. Sozusagen Schulterschluß (\"Der Gesetzgeber hat/habe schon mehrfach eine Preiskontrolle durch die Gerichte abgelehnt\").

Das, was so harmlos und für Sie geradezu \"unschuldig\" klingt, werde ich in Kürze in einem umfangreichen 2. Artikel beleuchten, der sich mit dem Kartellrechts-Verständnis des VIII. Zivilsenats am BGH beschäftigt. Dort wird dargelegt, dass sich der VIII. Zivilsenat überhaupt nicht um die Gewaltenteilung kümmert. Der Senat unter Vorsitz von Wolfgang Ball kürt sich selbst zum Gesetzgeber, indem er den Willen des Gesetzgebers nachweislich in sein Gegenteil verkehrt. Von Seiten cleanstate werden wir daraus einen handfesten Justiz- und Polit-Skandal erzeugen, wie ihn sich Wolfgang Ball und die Energiekonzerne nicht träumen ließen. Mehr berichte ich dazu, sobald mein neuer Artikel vom Verein zur Publikation freigegeben ist.

Zitat
Übrigens schreiben Sie in ihrem Artikel, dass die anderen BGH-Senate dem Ball-Haus-Treiben (nur) zuschauen (oder so ähnlich).

Mit dem \"Zuschauen\" meine ich die Passivität der verantwortlichen Stellen, die Mitglieder des VIII. Senats persönlich zur Rechenschaft zu ziehen und die Fehlurteile direkt zu korrigieren. Im Falle von Rechtsbeugung und Richterbestechung ist das z. B. im Rahmen der Dienstaufsicht möglich, die dem BGH-Präsidenten obliegt. \"Zufällig\" ist der amtierende BGH-Präsident Klaus Tolksdorf ein exzellenter Strafrechtler und Vorsitzender des Kartellsenats. Der Politik steht das Instrument des Artikel 98 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Verfügung. Die Energiepreise haben in jedem Fall eine politische Dimension erreicht, so wie das verfassungswidrige Treiben des VIII. Zivilsenates. Ich akzeptiere es jedenfalls nicht, wenn sich Richter des höchsten Zivilgerichtes nicht mehr an die Verfassung halten.  

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline tangocharly

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #20 am: 26. Januar 2010, 20:52:55 »
@Lothar Gutsche
Zitat
Im Falle von Rechtsbeugung und Richterbestechung ist das z. B. im Rahmen der Dienstaufsicht möglich, die dem BGH-Präsidenten obliegt. \"Zufällig\" ist der amtierende BGH-Präsident Klaus Tolksdorf ein exzellenter Strafrechtler und Vorsitzender des Kartellsenats. Der Politik steht das Instrument des Artikel 98 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Verfügung.

Im ersteren Falle liegen Sie falsch; im zweiten Fall richtig.

Mit der Dienstaufsicht kommen Sie dem Ball-Haus-Treiben nicht bei, mag der BGH-Kollege Tolksdorf noch so ein guter Strafrechtler sein.

Mit der Richteranklage käme man bei; aber bei dieser Lobby-Küche im Bundestag ?

Zitat
Die Energiepreise haben in jedem Fall eine politische Dimension erreicht, so wie das verfassungswidrige Treiben des VIII. Zivilsenates. Ich akzeptiere es jedenfalls nicht, wenn sich Richter des höchsten Zivilgerichtes nicht mehr an die Verfassung halten.

Ich erinnere an die \"Nobbe-Aufregung\", die der Autor Jürgen Roth \"Der Deutschland Clan\" in seinem Buch ausgiebig ausbreitet und die, obgleich die bemerkenswerten Entscheidungen des XI. BGH-Senats (\"Bankensenat\") -wie man dort lesen kann- Menschen in die Selbsttötung getrieben haben sollen weil deren gesamte Lebensexistenz von Raffzähnen (Schrott-Immobilien) vernichtet wurde, zu keiner sichtbaren politischen Reaktion geführt hat.

Was die Negierung der Verfassung anlangt, da bin ich mal sehr gespannt, wo dabei angesetzt werden soll (falls Ball hier mitlesen sollte - also nur für den denkbar theoretischen und denkbar undenkbaren Fall - wird er derzeitig kaum erschauern).

Haben Sie sich schon mal Gedanken gemacht, was bundesdeutsche Amts- und Landrichter hiervon halten ?  Warum diese in den mündlichen Verhandlungen - fast schon drohend - mit Abdrucken der Entscheidungen des VIII. Senats hantieren ?  
Warum diese jene Druckwerke wie  \"Moses\'sche Steintafeln\" in die Luft strecken, wenn es um die Vernichtung der Billigkeitskontrolle beim Gesamtpreis und die Geheimhaltung von nicht näher bekannten Geschäftsdaten geht.
Wo bleibt die Resonanz, werden dann  die Entscheidungen des Kartellsenats oder gar des BVerfG zur Sprache gebracht ? Dann geht es - abwinkend - in erster Linie ja nur um Sonderkunden oder, nimmt man das letztgenannte Spruchorgan, dann stößt man auf Sprachlosigkeit.

Kurzum: geht es um Verfassungsmäßigkeit, dann wird der, den Sie angreifen geliebt. Und die, die sich mit der Verfassung beschäftigen (so auch der Kartellsenat), die sind nebulöse Spinner (so  in etwa hat sich mal ein Energieversorger-Kostgänger über den damaligen Präses des BGH ausgedrückt - \"Rumpelstilzchen\").

Fazit: Verkehrte Welt  - und noch etwas:   Erfolg macht sexy  (und noch hat Ball Erfolg).
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Offline Lothar Gutsche

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #21 am: 04. Februar 2010, 09:15:34 »
Heute ist unter http://www.cleanstate.de/Pressemitteilung_04_02_2010.html mein zweiter Beitrag zur sogenannten \"Rechtsprechung\" des VIII. Zivilsenats am BGH über Energiepreise online gegangen. Im Kern geht es um den 1. Leitsatz des Gaspreis-Urteils VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 (Stadtwerke Dinslaken). Für Nichtjuristen empfehle ich die Kapitel 0 und 3. Für juristisch etwas Interessierte sind natürlich auch die Kapitel 1 und 2 lesenswert. Die Kritikschrift sollte wieder betroffenen Energieverbrauchern und ihren Rechtsanwälten helfen, die Preissockel-Theorie anzugreifen und vor allem den Gesamtpreis umfassend auf Billigkeit zu prüfen.

Der Kern der Kritikschrift besteht aus der Analyse der Bundestags-Drucksachen und Plenar-Protokolle zu dem Ende 2007 in Kraft getretenen  Energiewirtschaftsparagraphen § 29 GWB, um den Willen des Gesetzgebers zu erkunden. Offensichtlich steht der VIII. Zivilsenat des BGH unter dem Vorsitz des Richters Wolfgang Ball nicht mehr auf dem Boden von Recht und Gesetz. Die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates im Namen der Energieversorger statt im Namen des Volkes wird zur Nagelprobe für die Gewaltenteilung. Konkrete Aktivitäten im Rahmen der Dienstaufsicht, der Strafverfolgung und der Verfassungsprüfung werden sich in den nächsten Wochen anschließen. Ich werde hier darüber berichten.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline uwes

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #22 am: 04. Februar 2010, 13:31:30 »
Verehrter Herr Gutsche,

ich habe Ihre Ausarbeitung gelesen.

Allerdings gehen missbillige ich zutiefst den Inhalt der Prssemitteilung von Cleanstate die meiner Auffassung nach ersichtlich unsachlich mit dem Thema umgeht.

Die Verfasser der PM werfen den Richtern des VIII. Zivilsenats mangelnde Verfassungstreue und Missachtung der Gewaltenteilung vor und unterstellen ihnen einen \"scherwiegenden Nachteil\" für die Engerieverbraucher \"geschaffen\" und kein Urteil im Namen des Volkes sondern im Namen der Energieversorger verkündet zu haben,  reden vom Gesetzgeber, der die Energieversorger willkürlich walten lässt und vom BGH, der Ihrer Auffassung nach offenbar das Recht gebeugt hat und erwägen die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens gegen die Richter des Bundesgerichthofes deswegen.

Das ist angesichts Ihrer im Übrigen eigentlich sehr ordentlichen Ausarbeitung ein Armutszeugnis.

Da Sie sich die Pressemitterilung ersichtlich zu Eigen machen erzeugen sie dadurch von sich selbst so einen Eindruck eines Betroffenen, der sich nicht sachlich und argumentativ mit der zweifellos kritikwürdigen Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats auseinandersetzen kann, sondern plakativ in Boulevard-Zeitungs-Stil mit Schmähkritik und Schlagworten zurückschlägt.

Das hilft niemandem, erst recht nicht den hier Betroffenen, die sich im Forum Hilfe versprechen, die auch außerhalb dieses Diskussionskreises Gehör findet.

Sachliche und fundierte Kritik, wie sie hier in besonders hervorragender Weise vornehmlich durch Rechtanwälte geäußert wird, ist jederzeit willkommen. Ein für meine Begriffe hervor zu hebendes Beispiel ist Herr RA Fricke aus Jena, der gleichsam wie ein wandelndes Lexikon jede Entscheidung des BGH sofort zitiert und wie kaum ein anderer zutreffend kommentieren kann. Seine Kommentare empfinde ich als äußerst sachlich und zitierfähig und vor allem seriös und nicht herabwürdigend.

Das vermisse ich an den Darstellungen in der Pressemitteilung auf die Sie sich berufen.
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline RR-E-ft

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #23 am: 04. Februar 2010, 16:42:26 »
Zitat
Original von Lothar Gutsche
Heute ist unter http://www.cleanstate.de/Pressemitteilung_04_02_2010.html mein zweiter Beitrag zur sogenannten \"Rechtsprechung\" des VIII. Zivilsenats am BGH über Energiepreise online gegangen.

Offensichtlich steht der VIII. Zivilsenat des BGH unter dem Vorsitz des Richters Wolfgang Ball nicht mehr auf dem Boden von Recht und Gesetz. Die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates im Namen der Energieversorger statt im Namen des Volkes wird zur Nagelprobe für die Gewaltenteilung. Konkrete Aktivitäten im Rahmen der Dienstaufsicht, der Strafverfolgung und der Verfassungsprüfung werden sich in den nächsten Wochen anschließen. Ich werde hier darüber berichten.

Viele Grüße
Lothar Gutsche


Sehr geehrter Herr Dr. Gutsche,

ich muss mich der Kritik meines Kollegen leider anschließen. In dieser Form/ öffentlichen Aufmachung  ist der Beitrag leider kontraproduktiv. Man muss sich zweifellos entscheiden, ob man einen sachlichen Beitrag in eine Diskussion einbringen möchte oder sich eher auf Polemik/ Schmähkritik verlegen möchte. Öffentlich den Verdacht der Rechtsbeugung in den Raum zu stellen, ohne den geringsten Beweis für einen entsprechenden Vorsatz zu haben, ist vollkommen inakzeptabel.

Die inhaltlich sachliche Kritik von Ihnen teile ich.

Gewiss ist es so, dass die Frage, ob ein vom Versorger einseitig festgesetzter Allgemeiner Tarif der Billigkeit entspricht oder nicht, für alle betreffenden Kunden eines Versorgers gleichermaßen zu beurteilen ist.

Der Senat betont bereits in VIII ZR 36/06 selbst, dass der Maßstab dabei kein individueller ist. Dann kann es aber dabei auch nicht auf individuelle Preisvereinbarungen, die der Senat wohl konstruiert, ankommen.

Insoweit fehlt es an der Auseinandersetzung des VIII. Senats mit der zutreffenden Entscheidung des Kartellsenats KZR 36/04 Tz. 9 ff., wonach eine künstliche Aufspaltung eines Tarifpreises in einen vereinbarten Anfangspreis und einen einseitig bestimmten Folgepreis zu willkürlichen Zufallsergebnissen bei der Billigkeitskontrolle führt bzw. führen muss.

Dass sich die individuelle Vereinbarung eines Preissockels kaum halten lassen wird, ergibt sich m. E. daraus, dass auch der Senat betont, dass der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist  und deshalb bei rückläufigen Kosten auch eine Verpflichtung zur Anpassung des Allgemeinen Tarifs besteht, wenn dies den Kunden günstig ist, d. h. Absenkung des Tarifpreises bei rückläufigen Kosten  (BGH VIII ZR 225/07).

Die Frage, ob die Kostenentwicklung des Versorgers wegen der Bindung des Allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit eine Tarifabsenkung gebietet, ist wiederum für alle Tarifkunden eines Versorgers innerhalb eines bestimmten Tarifs einheitlich zu beurteilen, ohne dass es dafür auf individuelle Preisvereinbarungen ankommen kann.  Es geht immer um die gerichtliche Kontrolle eines gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebundenen Allgemeinen Tarifs und gerade nicht um die Kontrolle eines individuell vereinbarten Vertragspreises, was der VIII. Zivilsenat bei Gelegenheit wohl gedanklich vermengt.

Und die Frage der Billigkeit eines Allgemeinen Tarifs, der gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden ist, lässt sich gewiss wohl  nicht ohne Rücksicht auf die gesetzliche Verpflichtung der Energieversorger gem. §§ 2 Abs. 1 , 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten Versorgung beurteilen (zutreffend LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09). Ich halte es deshalb sogar für ausgeschlossen, dass ein gesetzlich versorgungspflichtiges Unternehmen im Rahmen seiner gesetzlichen Versorgungspflicht einen für sich ausgesprochen vorteilhaften (besonders profitablen Preis) überhaupt anbieten, geschweige denn fordern darf.

Ich meine auch, dass allein die Entscheidung KZR 21/08 zeigt, dass der Gesetzgeber nicht ausschließen wollte, dass jeder betroffene Letztverbraucher den Gaspreis eines marktbeherrschendes Gasversorgers einzeln gerichtlich auf seine Missbräuchlichkeit prüfen lassen kann, der Kartellsenat in KZR 2/07 zudem betont, eine kartellrechtlich missbräuchliche Preisgestaltung könne auch nicht mehr im Rahmen der Billigkeit gem. § 315 BGB liegen.

Schließlich belegen z.B. die Entscheidungen BGH NJW 1987, 1622; BGH MDR 1990, 538; BGH VIII ZR 279/02, X ZR 60/04; BGHZ 147, 81 = NJW 2001, 2541 unter II. 2 d. bb) (2) (a) und (b) [Fernwärmetarife, Wassertarife, Straßenreinigungsgebühren, Gebühren für Kabelfernsehen] meines Erachtens, dass eine Billigkeitskontrolle gem . § 315 BGB gerade nicht zur Voraussetzung hat, dass überhaupt eine behördliche Tarifgenehmigungspflicht besteht bzw. je vom Gesetzgeber erwogen bzw. eine solche nicht verworfen wurde.

Offline Lothar Gutsche

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« Antwort #24 am: 04. Februar 2010, 20:56:21 »
@ uwes
Sie haben vielleicht meine Ausarbeitung gelesen, aber offenbar nicht verstanden. Die Vorwürfe der mangelnden Verfassungstreue und Missachtung der Gewaltenteilung sind das Ergebnis meiner Analyse der Urteilsgründe. Wenn Sie in dem 1. Leitsatz des Urteils VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 keinen \"schwerwiegenden Nachteil für Energieverbraucher\" erkennen können, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.

Ihre folgende Aussage vereinfacht den Sachverhalt, wie ich es gerade nicht anstrebe:
Zitat
Original von uwes
vom BGH, der Ihrer Auffassung nach offenbar das Recht gebeugt hat
Denn ich unterscheide zwischen den einzelnen Senaten des BGH und zwischen den jeweiligen Richtern. Aus dem Grunde ist in dem Artikel zur Preissockeltheorie unter http://www.cleanstate.de/Kritik_an_Preissockeltheorie_des_BGH.pdf auf Seite 9/10 immer mit angegeben, welcher Richter in welcher Funktion an dem Urteil beteiligt war. Die Differenzierung der Senats-Besetzung spielt auch in der Wertung auf Seite 32 eine Rolle. Auch die Rechtsprechung trenne ich sorgfältig nach den Senaten. Es ist niemals der BGH, der das Recht beugt, sondern es sind einzelne Richter in konkreten Gerichtsverfahren, die ich mit Aktenzeichen benenne und im Detail analysiere.

So zeige ich z. B. im Abschnitt 2.1 der Kritikschrift zum Kartellrechts-Verständnis unter http://www.cleanstate.de/Kartellrecht_Energiepreise.html#_Toc253004387, dass der Satz \"Zudem hat der Gesetzgeber auch im Übrigen die Einbindung der Zivilgerichte in die Missbrauchskontrolle reduziert.\" aus Randnummer 23 der Urteilsgründe zu VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 eine Erfindung des VIII. Zivilsenates ist. Denn mit Einführung von § 29 GWB am 18.12.2007 hat der Gesetzgeber nichts reduziert, was den Energieverbraucher schützte. Das zeigt eindeutig die kleine Tabelle in Abschnitt 2.1.

Mit ähnlicher Sorgfalt und Belegen prüfe ich Aussage für Aussage, Zitat für Zitat aus den Urteilsgründen im Detail. Das Ergebnis ist und bleibt das, was Sie als Zivilrechtler vielleicht nicht kennen, nämlich die Wertung als Rechtsbeugung und Verfassungsverstoß.

Bei Ihrem Beitrag kann ich überhaupt keine inhaltliche Auseinandersetzung mit meinem Beitrag erkennen. Die von mir verwendeten Worte, die sich auch in der Pressemitteilung wiederfinden, sind durch den Artikel begründete Wertungen. Vielleicht sehen Sie sich einmal die einschlägigen Kommentare zu § 339 StGB oder zu Art. 98 Abs. 2 GG an.  Es ist nicht Sinn einer Pressemitteilung, den gesamten Inhalt auf einmal wiederzugeben. Vielmehr soll die Pressemitteilung die wesentlichen Ergebnisse nennen und Interesse an der Lektüre des gesamten Artikels wecken.

Ihre Einschätzung der Kommentare von Herrn Herr RA Fricke aus Jena teile ich uneingeschränkt. Deshalb habe ich ihn auch in meinen beiden Artikeln zur Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats zitiert, siehe die Quellenangaben auf der jeweils letzten Seite.


@ RR-E-ft
Mein Beitrag heute morgen im Forum macht nur Sinn, wenn die Pressemitteilung und der Artikel mit der \"Kritik am Kartellrechts-VBerständnis des VIII. Zivilsenates am Bundesgerichtshof\" mitbetrachtet wird. Ohne den langen Artikel handelt es sich wirklich um \"Polemik / Schmähkritik\", wie Sie es ausdrücken. Was allerdings die Frage des Vorsatzes angeht, so empfehle ich die Lektüre von Abschnitt 3.1.2 über die \"Qualität der Rechtsverstöße im Urteil VIII ZR 138/07\", siehe http://www.cleanstate.de/Kartellrecht_Energiepreise.html#_Toc253004403. Vor dem Hintergrund halte ich Ihren Vorwurf für nicht gerechtfertigt:

Zitat
Original von RR-E-ft
Öffentlich den Verdacht der Rechtsbeugung in den Raum zu stellen, ohne den geringsten Beweis für einen entsprechenden Vorsatz zu haben, ist vollkommen inakzeptabel.

Ihre eigene Argumentation differenziert auch nicht immer sauber zwischen Gericht und Gesetz:

Zitat
Original von RR-E-ft
allein die Entscheidung KZR 21/08 zeigt, dass der Gesetzgeber nicht ausschließen wollte, dass ...

Viele Zeitgenossen halten vielleicht Gerichtsurteile höchster Gerichte für Gesetz, doch ich tue das nicht, das ist mit den Grundprinzipien der Gewaltenteilung nicht vereinbar. Selbst der von mir hoch geschätzte Kartellsenat kann und will nicht den Gesetzgeber ersetzen.

In Ihrer Stellungnahme sehe ich keinen Einwand gegen die von mir formulierte Kritik am 1. Leitsatz des BGH-Urteils VIII ZR 38/07 vom 19.11.2008. Besonders eingehend habe ich die Begründung durch den VIII. Zivilsenat untersucht und festgestellt, dass der Senat unter Vorsitz von Richter Ball hier gekürzt, erfunden und manipuliert hat.

@all:
Was nützt eigentlich die Kritik hier im Forum, wenn die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats nicht am Maßstab der Gesetze gemessen und dann angegriffen wird? Welchem Kunden in der Grundversorgung helfen die unendlichen Diskussionen über unzulässige Preisanpassungsklauseln? Welchem Sondervertragskunden helfen die Feststellungen von Verstößen gegen § 305 BGB oder § 307 BGB, wenn er sich nach Kündigung des alten Tarifs einem neuen Vertragsangebot mit wirksamer Preisanpassungsklausel gegenübersieht? Ich für meinen Teil will Transparenz im Preis, und zwar im Gesamtpreis. Ich akzeptiere keinen Preismissbrauch. Schon gar nicht akzeptiere ich eine Justiz, die das Treiben der Energieversorger mit überhöhten Energiepreisen gesetzwidrig deckt.

Die Fragen, die Cleanstate und ich mit meiner Pressemitteilung aufgeworfen haben, werden in den nächsten Wochen von höchster Stelle geklärt. Über die Art der Klärung und vor allem über die Ergebnisse werde ich dann erneut berichten.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline RR-E-ft

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« Antwort #25 am: 04. Februar 2010, 21:35:28 »
Sehr geehrter Herr Dr. Gutsche,

Nicht nur als Alumni der DHV Speyer ist mir kritisches Denken nicht fremd. Ich halte deshalb den BGH auch nicht für den Gesetzgeber. Mein Hinweis auf KZR 21/08 sollte lediglich belegen, dass der Gesetzgeber keinesfalls die zivilrechtliche Missbrauchskontrolle durch den Letztverbraucher und den einzelnen Haushaltskunden ausgeschlossen/ beschränkt hat. Jedenfalls der Kartellsenat des BGH zeigt darin/ dadurch wohl ein anderes Verständnis vom Willen des Gesetzgebers.  

Ich teile die inhaltlich sachliche Kritik aus Ihrem umfassend recherchierten Beitrag. Nicht zu teilen vermag ich jedoch, unter welchen Schlagworten diese auf den Markt geworfen wird. Dass dadurch Aufmerksamkeit erzeugt werden soll, vermag daran nichts zu ändern.

Und wenn es um die Frage der gerichtliche Billigkeitskontrolle Allgemeiner Tarife und die kartellrechtlichen Möglichkeiten der Letztverbraucher innerhalb zivilrechtlicher Auseinandersetzungen geht, dann haben diese Fragen grundsätzlich nichts mit der Frage der Inhaltskontrolle von Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen zu tun. Das sind vollkommen verschiedene Baustellen. Indem das eine mit dem anderen in einen Zusammenhang gerückt wird, zeigt sich womöglich eine Interessengeleitetheit, die man anderen wohl gerade zum Vorwurf gereichen lassen möchte. Gerade daraus nährt sich jedoch wohl auch die zu Tage getretene Unsachlichkeit. Unsere Ordnung gründet darauf, dass wir den Gerichten, insbesondere auch den Bundesgerichten und Bundesrichtern den gebotenen Respekt zollen, auch wenn wir ihre Entscheidungen inhaltlich sachlich kritisieren dürfen. Juristen verstehen es wohl so, dass aufgrund des strafrechtlich geschützten Spruchkammergeheimnisses niemand wissen kann, wie es zu der Entscheidung des Senats gekommen ist, mithin welcher Bundesrichter dabei ggf. aus welchen Erwägungen heraus wie gestimmt hatte. Die Urteilsberatung erfolgt geheim. Entschieden wird durch Mehrheit. Wer dabei (weshalb) wie gestimmt hatte, bleibt geheim. Das ist auch gut so, weil kein Richter auf einem Marktplatz seine Entscheidung rechtfertigen müssen soll.

Zitat
Original von Lothar Gutsche
Besonders eingehend habe ich die Begründung durch den VIII. Zivilsenat untersucht und festgestellt, dass der Senat unter Vorsitz von Richter Ball hier gekürzt, erfunden und manipuliert hat.

Einen Beweis dafür und insbesondere für einen Vorsatz wird man wohl weiter schuldig bleiben. Den sollte indes wohl schon parat haben, wer - öffentlich - Bundesrichter des Verdachts der Rechtsbeugung bezichtigt. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei. Die Gedanken.

@tangocharly

Bitte nicht ständig Öl ins Feuer, an welchem sich dann andere leicht verbrennen.

Es mag schon sein, dass mancher für sich den Eindruck gewonnen habe, die Entscheidungen VIII ZR 36/06 und VIII ZR 138/07 stellten einen Kniefall des Senats vor den Interessen der Energieversorger dar und die Entscheidung VIII ZR 314/07 sei diesbezüglich wohl etwas ambivalent (Gericht soll unter Umständen den der Billigkeit entsprechenden Tarifpreis bestimmen/ Kartellrecht spiele im derzeitigen Verfahrensstadium noch keine Rolle).

Möglicherweise war der Senat dabei auch von der Sorge vor der Belastung der Justiz dadurch getrieben, dass jeder grundversorgte Kunde die Angemessenheit (Billigkeit) seines von ihm geforderten Tarifs gem.§ 315 Abs.3 BGB  gerichtlich kontrollieren lassen wollte. Möglicherweise lässt gerade eben jene  Sorge nicht wenige Gerichte der Rechtsprechung des Senats \"blind\" folgen. Wer von uns wollte dem nicht ein gewisses Verständnis entgegenbringen?

Die obiter dicta- Entscheidungen des Senats VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08, VIII ZR 326/07 relativieren eine solche Sorge indes, weil der gleiche Senat eine gerichtliche Billigkeitskontrolle wohl auch in solchen Fällen zulassen möchte, wo gar kein Raum dafür ist, weil weder vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB in Bezug auf die vom Kunden zu zahlenden Energiepreise vertraglich vereinbart wurde, noch sich ein entsprechendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB aus einem Gesetz ergibt.

Immerhin werden nach Angaben des Branchenverbandes BDEW mehr Gaskunden als Sondervertragskunden bleiefert denn als grundversorgte Tarifkunden und bei den Stromunden dürfte die Zahl der grundversorgten Tarifkunden (hoffentlich) auch immer mehr abnehmen.  

Denn der weite Spielraum der Billigkeit passt nun einmal nicht in das enge Korsett, welches § 307 BGB für die Zulässigkeit einer Preisänderungsklausel erfordert, vgl. BGH  KZR 10/03. Und § 310 Abs. 2  BGB nimmt nun einmal auch Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen nicht von der üblichen  Inhalts- und Transparenzkontrolle des § 307 BGB aus. In jenem Punkt ist wohl eher ein nicht zu rechtfertigender Widerspruch zu suchen und ein gewisser Zauber kann sich als billiger Hokuspokus erweisen. An dieser Stelle wäre ein Verständnis dann wohl leicht aufgezehrt.

Hinzu tritt, dass etwa ein Sondervertrag, der § 4 AVBV/ 5 GVV unverändert als AGB übernimmt, schon hinsichtlich § 4 I ABVB/ 5 I GVV gegen § 305b BGB verstößt, weil die Belieferung gerade nicht zu einem Allgemeinen Tarif, sondern zu einem (ggf. individuell) vertraglich vereinbarten Sonderpreis erfolgen sollte.  

Erst recht läuft eine Regelung gem. § 4 II AVBV/ 5 II GVV als AGB leer, da diese nur die Änderung - überhaupt nicht vertragsgegenständlicher - Allgemeiner Tarife betrifft, mithin weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig die nachträgliche Änderung eines zunächst vertraglich vereinbarten Energie- Sonderpreises regelt. Eine solche Regelung erwiese sich deshalb wohl nicht minder als Fremdkörper in einem Vertrag, wie eine Preisänderungsregelung über den Preis von Gewürzgurken aus dem Spreewald in den AGB eines  Mobilfunkvertrages.

Kritikwürdig erscheint dabei, dass der Senat im Wege obiter dictii, die mangels Beschwer keiner Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen (wie praktisch!!!), Grundsätze gleichsam in Leitsätze gießt, die von der Rechtsprechung Beachtung finden sollen. An dieser Stelle schwingt sich der Senat wohl zu einer nicht weiter rechtsstaatlich kontrollierten Macht auf. Diese Kritik betrifft indes wohl alle obiter dicta- Entscheidungen.

Es stünde wohl sehr zu wünschen, dass ein gewisser Wolfgang nebst Kollegen hier mitlesen täten. Immerhin alle aus mancher Sicht \"bösen Geister\" wie Black lesen hier immer aufmerksam mit.

Offline nomos

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #26 am: 05. Februar 2010, 16:35:49 »
Die eigentliche Grundsatzfrage sollte bei dieser Diskussion nicht untergehen:

Zitat
Original von Lothar Gutsche
....
Welchem Kunden in der Grundversorgung helfen die unendlichen Diskussionen über unzulässige Preisanpassungsklauseln? Welchem Sondervertragskunden helfen die Feststellungen von Verstößen gegen § 305 BGB oder § 307 BGB, wenn er sich nach Kündigung des alten Tarifs einem neuen Vertragsangebot mit wirksamer Preisanpassungsklausel gegenübersieht?
.....
    Diesen rhetorischen Fragen von Dr. Gutsche kann man sich als Verbraucher nur anschließen. Gerichtlich festgestellte unwirksame Preisanpassungsklauseln sind kurzfristige Erfolge aber nicht das eigentliche Ziel. Solange der Preismanipulation und dem Missbrauch nicht wirksam begegnet wird und nicht fairer Wettbewerb faire Preise bewirken, ist nichts wirklich gewonnen. Die Grundversorgung mit Wasser- und Haushaltsenergie braucht dazu noch besondere und klare Rahmenbedingungen. Formuliert ist schon viel zu Gunsten der Bürger und Verbraucher, siehe z.B. EU. Wie man selbst bei höchsten Gerichten feststellen muss, sieht die Wirklichkeit für die Verbraucher noch vielfach anders aus.

    Die Erfahrungen zeigen ja leider ständig, ganz ohne staatliche Kontrolle geht es im Bereich der Daseinsvorsorge nicht. Die Versorgung mit Energie gehört dazu.

Offline uwes

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #27 am: 05. Februar 2010, 16:55:51 »
Zitat
Original von Lothar Gutsche
@ uwes
Sie haben vielleicht meine Ausarbeitung gelesen, aber offenbar nicht verstanden.


Verehrter Herr Gutsche,

ich vermute, dass Ihre Voreingenommenheit und offen zutage tretende Unsachlichkeit der Grund dafür sind, Anderen Unverständnis zu unterstellen das Sie selbst in allzu großer Deutlichkeit an den Tag legen.

Wenn Sie meinen Beitrag nicht nur gelesen sondern auch richtig verstanden hätten, dann würde Ihnen auf den ersten Blick aufgefallen sein, dass ich mit meiner Kritik nicht den Beitrag sondern die völlig verunglückte Pressemitteilung meinte.

Wenn sie weiterhin richtig gelesen und verstanden hätten, wäre Ihnen auch klar,  dass ich nicht Ihrer Ausarbeitung sondern den/m Verfasser(n) der Pressemitteilung ein \"Armutszeugnis\" wegen der Formulierung unterstellt habe. Wenn Sie selbst der Verfasser sein sollten, so wäre das aus meiner Sicht bedauerlich.

Zitat
Original von Lothar GutscheBei Ihrem Beitrag kann ich überhaupt keine inhaltliche Auseinandersetzung mit meinem Beitrag erkennen. Die von mir verwendeten Worte, die sich auch in der Pressemitteilung wiederfinden, sind durch den Artikel begründete Wertungen.

Es war nicht meine Absicht, mich inhaltlich mit der nach meiner Meinung nach  durchaus (Zitat) \"ordentlichen\" Ausarbeitung auseinanderzusetzen, sondern der Grund für meine kritischen Worte ist ausschließlich die inkriminierte PM.

Ich möchte Ihnen das gerne erläutern: Wenn jemand - wie in diesem Falle Sie - eine derartig zeit- und rechercheaufwändige Zusammenstellung und Kommentierung der Rechtsprechung zu einem bestimmten, aktuellen Thema  fertigt, so ist das die eine Sache.

Sind die Kommentierungen unsachlich und erreichen die Ausmaße der presserechtlich relevanten und von der Rechtsprechung zu Recht missbilligten Schähkritik, so ist das die andere Sache.

Ich schließe mich erneut den Ausführungen des Kollegen Fricke an und teile Ihnen mit, dass ich die sachliche Kritik an der von Ihnen recherchierten und kommentierten Rechtsprechung des VIII Zivilsenats durchaus teile, die unsachliche Aneinanderreihung von Schlagworten indessen nicht.

Die erkennbare persönliche Betroffenheit mag die Motivation für derartige verbale Entgeisungen sein, rechtfertigt diese aber keinesfalls.

Ihre unverhohlene Kritik am vorsitzenden Richter Wolfgang B. ist auch meines Erachtens absolut gerechtfertigt. Die dazu verwendeten Schlagworte vermögen hierzu in mir jedoch keine Zustimmung zu erzeugen.

Auch ich halte es in negativer Hinsicht nach dem Artikel aus dem \"Spiegel (Heft 43 S. 102) für juristisch und rechtspolitisch bemerkenswert in negativer Hinsicht, welcher Nebenbeschäftigung sich  Herr Richter am BGH Wolfgang B. widmete.

Zur Erinnerung zitiere ich aus dem Artikel wie folgt:

\"Gleich nach dem Urteil war der Seminarveranstalter Euro-forum an Ball herangetreten. Zusammen mit der Düsseldorfer Kanzlei Clifford Chance warb er mit Balls Foto und unter dem Motto: „Gute Chancen für Gasversorger bei Gaspreiserhöhungen!\" Für einen Beitrag von 1605 Euro lernten die Teilnehmer „die gerichtsfeste Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln\" und „den Umgang mit Widerspruchskunden\". Ball war der Stargast, eine Art Zeuge der Angeklagten.\"  

Ich empfinde keinesfalls ein beruhigendes Gefühl im Hinblick auf mein Verständnis von unabhängigen und unparteilichen Richtern, wenn ich derartiges lese. Allerdings würde ich es nicht in \"Bild-Zeitungs\" - Manier herausstellen- nur des Haschens um Aufmerksamkeit wegen.

Ich bin seit 20 Jahren als Anwalt und mittlerweile auch als Notar tätig. Jedes Mandat, das mit Mandanten geführt wurde, die sich öffentlich oder anderen Prozessbeteiligten gegenüber ähnlich äußerten wie die Verfasser der Pressemitteilung aus \"cleanstate.de\" war schwierig und häufig entgegen den juristischen Ansprüchen weniger erfolgreich.

Das ist meine anwaltliche Erfahrung und über eine solche  dürften Sie eher weniger verfügen.

Ich habe im Übrigen auch mit sehr viel Interesse Ihren Beitrag  
Verfassungswidrigkeit der Quersubventionierung von öffentlichen Aufgaben durch überhöhte Energiepreise gelesen. Dieses Thema ist eines der zentralen Themen in einem von mir geführten Muisterverfahren vor dem Landgericht Oldenburg, das nach Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof (Urt. vom 8.7.2009 VIII ZR 314/07) nunmehr wieder aktuell ist.

Sie sehen, ich kritisiere die Wahl der Worte nicht die geäußerte Kritik als solche.

Mit freundlichem Gruß

Petersen
Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline Black

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #28 am: 05. Februar 2010, 16:59:38 »
Zitat
Original von nomos
Gerichtlich festgestellte unwirksame Preisanpassungsklauseln sind kurzfristige Erfolge aber nicht das eigentliche Ziel. Solange der Preismanipulation und dem Missbrauch nicht wirksam begegnet wird und nicht fairer Wettbewerb faire Preise bewirken, ist nichts wirklich gewonnen.

Eine unwirksame Preisanpassungsklausel ist zumindest moralisch nicht gleichzusetzten mit Preismanipulation. Die unwirksame Preisklausel trifft auch den Versorger, der tatsächlich faire Preisanpassungen ohne Steigerung der Gewinnmarge vornimmt und nur eine fehlerhafte Klausel verwendet.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Neue Aufsätze zu §§ 307, 315 BGB bei Energiepreisen !!
« Antwort #29 am: 05. Februar 2010, 17:01:12 »
@nomos

Bisher war aber schon klar, dass die Gerichte nicht der Gesetzgeber sind.
Versäumnisse des Gesetzgebers hätte man bei diesem zu monieren.

Zum Beispiel fehlt noch eine Verordnung gem. § 41 Abs. 2 EnWG zu den Bedingungen  für Verträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung, in welche zu Preisanpassungsklauseln die Selbtverständlichkeit aufgenommen werden sollte, dass Preise nur aufgrund und im Umfange nach Vertragsabschluss geänderter Kosten geändert werden können und müssen und die Preisänderungsklauseln der Rechtsprechung (zB. in BGH III ZR 247/06 Tz. 11) entsprechen müssen, was ja gerade die Tranparenz zur Folge hätte.  

Auch eine Verordnung gem. § 39 Abs. 1 EnWG, wie Allgemeine Preise der Grund- und Ersatzversorgung  inhaltlich zu gestalten sind, fehlt bisher leider, so dass jeder Grundversorger diese mehr oder weniger nach Gutdünken gestaltet, ohne dass klar ist, welche Kosten überhaupt und in welchem Umfange Eingang finden dürfen. Da mag es immer noch eine Reihe von Versorgern geben, bei denen die Tarife nach kommunaler Haushaltslage gestaltet werden bzw. danach, ob und mit welchem finanzielen Aufwand ein Schwimmbad zu sanieren ist.

@Black

Die Kritik hinsichtlich der Unangemessenheit der Haushaltskundenpreise insbesondere beim Gas bezieht sich auf die große Differenz zwischen Erzeugungskosten bzw. Erdgasimportpreis in Ct/ kWh und Letztverbraucherpreis, die keinesfalls durch effiziente Kosten innerhalb der Lieferkette ab Grenze bis zum Haushaltskunden gerechtfertigt sein kann. Nach der Wettbewerbstheorie stellen sich die Preise bei wirksamen Wettbewerb bei der Summe der effizienten Kosten ein, eine notwendige Verzinung ist in den Netzkosten ja auch schon zugebilligt.  Die Kunden verstehen nicht, warum sie an marktbeherrschende Unternehmen ständig Preise zahlen sollen, die sich bei wirksamen Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit demnach nicht einstellen würden/ nicht durchsetzbar wären.

Hier mal ein zugegeben krasser Fall.  Siehe hier.

Nachdem sich Kollege Petersen hier namentlich geoutet hat, dürfen Sie es ihm gleich tun. ;)
Manche werden staunen, wer sich hier in die Diskussion einbringt.

 

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