@berghaus
Ihre Beiträge muten komisch an.
Es kann doch wohl keine Frage des Mutes und der möglichen Einsparungen sein, auf welchen Preis man kürzt.
Wer eine reine Mutprobe sucht, der ist vielleicht besser beim Rummelboxen aufgehoben.
Unzutreffend ist bereits, dass man nur mit geringem Verbrauch grundversorgt sei. Denn grundversorgt wird jeder Haushaltskunde im Sinne des § 3 Nr. 22 EnWG, der die Energie nicht für berufliche oder gewerbliche Zwecke bezieht, und keinen anderweitigen Energielieferungsvertrag im Sinne des § 41 EnWG abgeschlossen hat, also auch derjenige Haushaltskunde, der mit Strom oder Gas das gesamte Haus, die Veranda, die Dachterasse, die Garage und den Swimmingpool im Keller ganzjährig beheizt.
Es wurde doch umfassend dargestellt, welche Rechtslage sich für die Grundversorgung nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt.
Auf diese muss der Anwalt hinweisen und jene hat er grundsätzlich seiner Beratung zu Grunde zu legen.
Rät der Anwalt deshalb, bisher rechtmäßig gekürzte Beträge zu zahlen, so haftet er dem Mandanten ggf. für den sich daraus ergebenden Vermögensschaden.
Soweit man den Fall richtig verstanden hat, sind wohl auch Ansprüche des Versorgers, sollten sie denn überhaupt jemals begründet gewesen sein, bereits verjährt, weil zum Beispiel die verjährungshemmende Wirkung eines Mahnantrages gem. § 204 Abs. 2 BGB zwischenzeitlich bereits wieder entfallen war. Es ist darüber hinaus nicht auszuschließen, dass auch weitere Ansprüche des Versorgers ebenso verjähren können.
In der Praxis zeigt sich, dass Versorgerklagen gegen grundversorgte Kunden auch ohne gerichtliches Sachverständigengutachten abgewiesen werden.
Ferner haben auch schon Gerichte entschieden, dass sich der betroffene Tarifkunde unter bestimmten Voraussetzungen auch auf § 93 ZPO berufen kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Versorger auf entsprechendes Verlangen des Kunden vorprozessual eine nachvollziehbare Darlegung der Tatsachen, die die Billigkeit begründen sollen (Kostenanstieg unter Einschluss aller Preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preissockels), nicht erbracht hatte.
Das wiederum lässt sich oft erst dann entscheiden, wenn man überhaupt erst einmal verklagt wurde und die Anspruchsbegründung gesehen hat. Erst aus dieser lässt sich ersehen, ob die Klage schlüssig ist und für den Fall, dass allen Beweisangeboten nachgegangen und diese die Behauptungen des Versorgers vollständig bestätigen würden, begründet wäre.
Klar ist aber wohl auch, dass ein Anwalt einem betroffenen Kunden, der den Preisänderungen [seit langem] [jeweils in angemessener Frist] widersprochen, die wirksame Einräumung eines Preisänderungsrechts und die Billigkeit der Preisänderung/ des geänderten Preises bestritten und entsprechende Darlegungen zur Kostenentwicklung verlangt und hiernach Abschläge und Rechnungsbeträge entsprechend gekürzt hatte, nicht zur Zahlung der deshalb streitigen Beträge zuraten kann, ohne sich gegenüber dem Mandanten wegen des daraus resultierenden Vermögensschadens schadensersatzpflichtig zu machen, bevor der Versorger die Kostenentwicklung überhaupt nachvollziehbar und prüffähig dargestellt hatte.
Klar ist auch, dass ein Anwalt
ergebnisoffen berät und dass die Höhe des Honorars grundsätzlich nicht davon abhängen kann, wie sich die Erfolgsaussichten des betroffenen Kunden danach beurteilen.
Für 69 EUR bzw. ca. 60 EUR nettto kann man realistisch nicht erwarten, dass sich ein Anwalt mit der Sache mit allem drum und dran länger als 20 Minuten befasst, die gesamte Prüfung der gesamten Unterlagen und die Erörterung mit dem Mandanten sowie ggf. die Fertigung entsprechender Schreiben eingeschlossen.
Viele grundversorgte Kunden, die entsprechend kürzen, wurden bisher überhaupt nicht verklagt, selbst wenn sie bereits seit sieben Jahren widersprechen und Rechnungsbeträge kürzen!
Wenn schließlich ein Dritter die Deckungszusage für eine entsprechende Rechtsberatung und Rechtsstreit gibt, zB. eine Rechtsschutzversicherung, dann stellt dieser Dritte selbstverständlich nicht das Geld dafür zur Verfügung, um eine zweifelhafte Rechnung des Versorgers zu begleichen.
Welche Kosten eines Rechtsstreits sich anhand des streitigen Hauptsachebetrages ergeben kann, kann jeder hier ersehen:
ProzesskostenrechnerDabei sieht man, dass bei einem geringen Streitwert das Prozesskostenrisiko im Verhältnis zum Gegenstandswert relativ hoch ist, so dass man eher nicht um einen einzelnen Euro streiten sollte.
Beim Streit um einen einzelnen Euro unter Beteiligung von zwei Anwälten betragen die gerichtlichen Kosten 253,50 EUR. Wird die Berufung zugelassen, können in der Berufung noch einmal 299,92 EUR hinzukommen. Ein gerichtlicher Vergleich lohnt sich beim Streit um einen einzelnen Euro auch nicht, da sich die gerichtlichen Kosten dabei sogar auf 274,90 EUR belaufen. Die gleichen Kosten entstehen, wenn man sich nur um 50 Cent streitet. Bei höheren Streitwerten bessert sich das Verhältnis des Prozesskostenrisikos zum Streitwert jedoch deutlich.
Das ändert jedoch nichts daran, dass bei einem gerichtlichen Streit um 3.000 EUR unter Beteiligung von zwei Anwälten der Unterlegene gem. § 91 ZPO nach der ersten Instanz gerichtliche Kosten in Höhe von 1.439,16 EUR zu tragen hat.
Ein entsprechendes Risiko geht der Versorger ein, der eine Klage erhebt, die er nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr einseitig zurücknehmen kann.
Hinzutreten können die Kosten eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, wenn es der betroffene Kunde auf ein solches ankommen lässt, worüber der betroffene Kunde jedoch selbst entscheidet.
Geht ein solches Gutachten zu Lasten des Versorgers aus, kann dessen Risiko über den Einzelfall hinaus noch deutlich steigen.
Man hat schon Verfahren gesehen, dass Versorger wegen 45 EUR geklagt haben, dann das Verfahren jedoch nicht weiterbetrieben haben und die Ansprüche, sollten sie je begründet gewesen sein, verjähren ließen.
Ebenso habe ich schon Verfahren erlebt, wo der Versorger nach der Klageerwiderung seine Klage unverzüglich zurückgenommen hat.
Ebenso hat man schon gesehen, dass sich ca. 190 Verbraucher zusammentaten, um den Versorger wegen der Feststellung der Unwirksamkeit von dessen Preisänderungen zu verklagen, es dabei auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten ankommen ließen, welches sie
gegenbeweislich zu all den Zeugenaussagen der Mitarbeiter des Versorgers aufboten, hierfür 15.000 EUR Kostenvorschuss einzahlten und der Versorger, nachdem das Gutachten endlich vorlag, die Klageansprüche anerkannt hat.