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Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 185853 mal)

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Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #435 am: 05. September 2009, 15:59:02 »
@jofri46
Wenn der Versorger erst monatelang kapriziös darauf hinweist, dass das Urteil, welches er kassiert hat, nur einen Einzelfall beträfe, ist die angemessene Frist vermutlich abgelaufen. § 314 BGB ist aber nur einschlägig, wenn dem Versorger kein ordentliches Kündigungsrecht zusteht. Es ist ihm nämlich immer zumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten, wenn er das Recht zu einseitigen Preiserhöhungen verliert.

Wenn dem EVU überhaupt kein ordentliches Kündigungsrecht zusteht, ist nach der einschlägigen Rechtsprechung sowieso die ergänzende Vertragsauslegung einschlägig. In diesem Fall wird wohl das gesetzliche Preisänderungsrecht herangezogen werden.

Offline Christian Guhl

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #436 am: 06. September 2009, 13:45:29 »
Zitat
Original von reblaus
Der Versorger muss nichts konkludent anerkennen.

Aber dem Kunden wird laufend unterstellt, dass er etwas konkludent anerkannt hat.
Zitat
Original von reblausEr muss sich nur auf die gesetzliche Rechtsfolge Ihrer Gasentnahme berufen.
Welche Rechtsfolge ist denn das ? Lt. Black kommt überhaupt kein Grundversorgungsvertrag zustande, wenn dem Anfangspreis widersprochen wird. Der Versorger liefert aber ausdrücklich im Rahmen der Grundversorgung. Vertragsloser Zustand ?
Zitat
Original von reblausSie können sein Schweigen, oder den Verzicht die Gaszufuhr zu sperren nicht anderweitig interpretieren.
Nein ? Aber der Versorger kann das Schweigen des Kunden oder den Verzicht auf Zahlungsverweigerung als Zustimmung zu einer rechtswidrigen Preisänderung interpretieren ? Hätte der Kunde etwas von dieser Rechtsfolge geahnt, hätte er bestimmt nicht gezahlt. Doch da  Durchschnittskunden keine kleinen Black´s,Ronny´s,RR-E-ft´s oder Rebläuse sind, zahlen sie ihre Rechnung und denken : \"Wenn etwas damit nicht in Ordnung ist, werden die Gerichte schon dafür sorgen, dass ich mein Geld zurückbekomme. Wir leben ja in einem Rechtsstaat.\" Dann aber kommt der BGH (mit einem Richter, der schon mal ein Honorar von den Energieversorgern bekommen hat), macht eine lange Nase und sagt : \"Schön blöd, dass du deine Rechnungen widerspruchslos bezahlt hast. Die waren nämlich alle falsch !Aber weil du dich nicht beschwert hast, ist dein Geld jetzt futsch. Das haben jetzt die Versorger und brauchen es auch nicht zurückzugeben, obwohl sie gegen Gesetze verstoßen haben.\"

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #437 am: 06. September 2009, 17:28:52 »
@Christian Guhl

Die Problematik mit den konkludenten Willenserklärungen ist nicht ganz einfach zu verstehen.

Bei eine Willenserklärung kommt es nie darauf an, was der Erklärende gesagt hat, sondern immer darauf was der Empfänger der Erklärung verstanden hat. Wenn der Empfänger etwas anderes verstanden hat, als der Erklärende gesagt hat, so kann der Erklärende die Willenserklärung anfechten. Bei der Auslegung ist der Empfänger aber nicht frei, sondern er hat den tatsächlichen Willen des Erklärenden zu erforschen. Nur wenn ihm lediglich eine Deutung der Mitteilung möglich ist, ist die Erklärung wirksam abgegeben worden.

Dies ist besonders wichtig, wenn eine Handlung als Willenserklärung gedeutet wird. Bezahlt der Kunde eine Rechnung, so ist immer die Deutung möglich, dass der Kunde lediglich seine vertragliche Pflicht erfüllen und gar keine Willenserklärung zu dem Vertragsverhältnis abgeben wollte. Lediglich in dem Fall, dass über die Rechnung zuvor offener Streit geherrscht hat, oder eine Abrechnung eine Unklarheit enthält, die der Kunde kennt oder kennen musste, ist die Zahlung dieser Rechnung so zu werten, dass er die Rechnung damit anerkennt und der Streit beendet werden soll oder dass er auf die Aufklärung der Unklarheit verzichtet. Genau dies geschieht, wenn der Kunde eine Jahresabrechnung bezahlt, bei der eine zuvor einseitig vorgenommene Preiserhöhung eingeflossen ist. Mit der Zahlung ist die Aussage verbunden, dass die Unklarheit, ob die Preiserhöhung der Billigkeit entspricht für die Abrechnung keine Rolle mehr spielen soll. Die Zahlung kann bei verständiger Würdigung nicht anders interpretiert werden. Da der Kunde aber unter gewissen Umständen gesetzlich verpflichtet ist, auch eine möglicherweise unrichtige Abrechnung erst einmal zu bezahlen, bevor über den Widerspruch entschieden wurde, sagt der BGH, dass die Willenserklärung der Zahlung erst dann vollständig abgegeben wurde, wenn die Widerspruchsfrist abgelaufen ist.

Sieht man von der Wartefrist ab, ist dies das Rechtsinstitut des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Dieses wirkt aber nur für die Jahresabrechnung, die bezahlt wurde. Zukünftige Vereinbarungen können damit nicht getroffen werden. Aber mit der Zahlung wurde der einseitig erhöhte Preis vom Kunden eindeutig für die Vergangenheit akzeptiert.

Jetzt zieht der BGH die Tatsache heran, dass nach der GasGVV der Kunde einen Grundversorgungsvertrag abschließen kann, indem er einfach Gas aus dem Netz entnimmt. Es kommt dann ein Vertrag zu den allgemeinen Tarifen des Versorgers zustande. Genau das gleiche passiert, wenn der Kunde eine einseitig vorgenommene Preiserhöhung für die Vergangenheit akzeptiert hat, und in Zukunft wieder Gas entnimmt. Dadurch vereinbart er diesen Preis auch für die Zukunft. Er kennt die Preiserhöhung, er hat sie akzeptiert und kann sich in Zukunft nicht darauf berufen, dass er das nicht auch für das neu entnommene Gas getan hat.

Wenn der Versorger Sie in die Grundversorgung eingruppieren möchte, sie dem Preis widersprechen, und der Versorger die Belieferung nicht unterbricht, haben Sie zwei Möglichkeiten, wie Sie diese Handlung des Versorgers interpretieren können. Zum einen können Sie annehmen, dass der Versorger Ihren Widerspruch akzeptiert, und eine Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises vereinbart wird, oder Sie können es dahingehend interpretieren, dass der Versorger von einem Vertragsschluss durch Gasentnahme aus dem Netz ausgeht. Somit haben Sie keine eindeutig bestimmte Willenserklärung des Versorgers. Eine Vereinbarung in Ihrem Sinne kommt damit nicht zustande.

@Black
Apropos, was kommt den Ihrer Ansicht nach durch die Gasentnahme rechtstechnisch zustande? Wird der Sondervertrag zu neuen Konditionen fortgesetzt oder schließen die Parteien einen Grundversorgungsvertrag ab? Mit § 2 GasGVV kann schließlich nur ein Grundversorgungsvertrag abgeschlossen werden. Meinen Sie, dass der Kunde mit jeder Zahlung einer Jahresabrechnung den Willen hat, seinen Sondervertrag zu kündigen, um in die Grundversorgung zu fallen?

Sollten Sie an dem Sondervertrag festhalten, inwieweit müsste diese Analogie dann Auswirkungen auf andere Dauerschuldverhältnisse haben?

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #438 am: 07. September 2009, 08:22:53 »
Zitat
Original von reblaus
Wenn der Versorger Sie in die Grundversorgung eingruppieren möchte, sie dem Preis widersprechen, und der Versorger die Belieferung nicht unterbricht, haben Sie zwei Möglichkeiten, wie Sie diese Handlung des Versorgers interpretieren können. Zum einen können Sie annehmen, dass der Versorger Ihren Widerspruch akzeptiert, und eine Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises vereinbart wird, oder Sie können es dahingehend interpretieren, dass der Versorger von einem Vertragsschluss durch Gasentnahme aus dem Netz ausgeht. Somit haben Sie keine eindeutig bestimmte Willenserklärung des Versorgers. Eine Vereinbarung in Ihrem Sinne kommt damit nicht zustande.
Nein, ich widerspreche !!!

Also, da muss ich mal deutlich widersprechen. Mir ist klar, dass die obige  Begründung als Basis für die derzeitige Sichtweise einiger, die versuchen, den Sockelpreis auch in der gesetzlichen Grundversorgung zu begründen, heran gezogen wird. Aber das ist schlicht nicht korrekt.

ICH widerspreche einer Kündigung meines Sondervertrages mit anschließender Eingruppierung in der gesetzlichen Grundversorgung und dem damit verbundenen höheren Preis, weil ich der Meinung bin, dass der Preis nicht billig ist. Der Versorger droht mir keine Sperrung an, falls ich den (aus meiner Sicht zuhohen) Tarif nicht zu zahlen bereit bin und weiter Gas entnehme und ich habe schlicht keine andere Möglichkeit, als mich für Heizung und Warmwasser mit Gas beliefern zu lassen. Andere in meinem Gebiet ansässige Versorger bieten lediglich Sonderverträge, deren Preis ich durch eine aktive Vertragsannahme tatsächlich akzeptieren würde.
Also bleibt mir doch nur der Weg der gesetzlichen Grundversorgung mit dem Unbilligkeitseinwand.

Und hier konstruiert man nun ein Vertragsverhältnis MIT Anerkenntnis des Preises, weil ich Gas entnehme. Meinen vorherigen und auch späteren Widerspruch wegen Unbilligkeit der Preise interpretiert man freundlicherweise, wie es einem passt, nämlich, dass ich halt ein willenloser Mensch bin, der einmal widerspricht, dann halt seinen Widerspruch aufgibt und Gas entnimmt und damit den (aus Verbrauchersicht) zu hohen Preis akzeptziert und später halt neu widerspricht. Manchmal kann man sich auch in einem Rechtsstaat nur wundern, was als Recht interpretiert wird.  ?(

Leider kommt dann wieder der Spruch zum Tragen: \"Auf hoher See und vor Gericht bist du in Gottes Hand.\" Und diese Hand scheint derzeit eher andere zu schützen  X(

Offline Christian Guhl

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #439 am: 07. September 2009, 10:00:02 »
@Reblaus
Das ist ja alles einleuchtend. Aber mit der Realität hat es wenig zu tun !Nicht ein einziger (Sondervertrags-)Kunde (jedenfalls nicht die, ohne juristische Ausbildung) ahnt, das er mit bezahlen der Rechnung einer Vertragsänderung zustimmt. Er wird hinters Licht geführt, in dem der Versorger ihm vorgaukelt, dass die Preisänderungsklausel zu den vorgenommenen Preiserhöhungen berechtigt. Hier wird die Arglosigkeit der Verbraucher von den Versorgern ausgenutzt um ihnen Schaden zuzufügen ! Und das segnet der BGH jetzt ab ? Seit mind. 2-3 Jahren ist den EVUs bekannt, das die von ihnen verwendeten Klauseln unwirksam sind. Trotzdem wird dies den Kunden gegenüber heftig abgestritten und das Gegenteil behauptet. Wenn ein Kunde der Rechnung widerspricht und die Zahlung kürzt, wird er massiv unter Druck gesetzt. Wer sich dieser Nötigung nicht aussetzen will und alles zahlt, soll nun einer Preisneufestsetzung zugestimmt haben ? Ich könnte mir das ja noch unter der Voraussetzung vorstellen, dass auf den Rechnung (in Fettschrift) steht : \"Achtung ! Die zwischen uns vereinbarte Preisänderungsklausel berechtigt uns wahrscheinlich nicht zu den vorgenommenen Preiserhöhungen. Mit bezahlen der Rechnung stimmen sie jedoch den Erhöhungen zu und verzichten auf die Möglichkeit, diese zurückzufordern. Sollten sie damit nicht einverstanden sein, benutzen sie bitte den beigefügten Vordruck und widersprechen den Preisänderungen.\"  ;)

Offline Münsteraner

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #440 am: 07. September 2009, 10:21:57 »
Zitat
Original von reblaus

Zitat
Ihr Unternehmen hat mich vom xxx bis zum xxx mit Gas versorgt. Grundlage hierfür war der zwischen uns am xxx geschlossene Erdgasliefervertrag. Wie ich kürzlich den Medien entnommen haben, hat der Bundesgerichtshof  die Preiserhöhungsklauseln in solchen Lieferverträgen dann für unwirksam erklärt, wenn der Versorger lediglich berechtigt und nicht verpflichtet ist, Preissenkungen nach den gleichen Maßstäben wie Preiserhöhungen weiterzugeben.

In unserem Vertrag war eine solche unwirksame „Kann“-Bestimmung enthalten. Dies hat zur Folge, dass die Jahresabrechnungen seit 1999 von Ihnen fehlerhaft erstellt wurden, da Sie mit Preisen rechneten, die wir vertraglich nie vereinbart haben. Aus diesem Grund habe ich seit 1999 die in der beiliegenden Aufstellung ersichtlichen Beträge ohne Grund bezahlt.

Bitte überweisen Sie den überzahlten Betrag in Höhe von xxx bis zum xxx auf mein unten angegebenes Konto.

Bitte beachten Sie, dass meine Ansprüche aus 1999 demnächst zu verjähren drohen. Ich kann Ihnen daher keine längere Frist einräumen, und wäre zur Wahrung meiner rechtlichen Interessen anderenfalls zur unverzüglichen Klageerhebung gezwungen.

@ reblaus

Vielen Dank für den zusätzlichen Vorschlag. Wenn ich diesen mit dem Entwurf von Gas-Rebell vergleiche, dann fällt mir auf:

1. Ihre Sprache klingt deutlich weniger juristisch, Sie zitieren weder Paragraphen noch Urteile.
2. Im Hinblick auf § 307 BGB führen Sie lediglich die \"Kann\"-Formulierung als Nichtigkeitsgrund an, nicht jedoch auch Verstöße gegen das Transparenzgebot.
3. Sie führen nicht auch eine Einrede nach § 315 BGB ins Feld, ebenso wenig wie das Argument kartellrechtswidrigen Preishöhenmissbrauch mit der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB.

Gibt es dafür jeweils Ihrerseits bestimmte Gründe?

4. Sie verwenden darüber hinaus die Formulierung \"erst kürzlich aus den Medien erfahren\" zu haben. Was ist jedoch, wenn der Verbraucher bereits Ende 2007 das Widerspruchsmusterschreiben des BdEV benutzt hat, in dem um Mitteilung gebeten wird, woraus der Versorger das Recht zur einseitigen Preiserhöhung ableite und insofern auf die BGH-Rechtssprechung zu § 307 BGB und zur Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln verwiesen wird? Inwieweit hat das Einfluss auf die Frage der Kenntnis im Sinne der Verjährung bzw. auch des fehlenden Rechtsgrundes der Zahlung (§ 812 BGB)?

5. Schließlich: Was wäre eigentlich eine angemessene Frist für den Eingang der Rückzahlungsforderung?

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #441 am: 07. September 2009, 17:47:04 »
@münsteraner
Wer zuviel mit Paragrafen um sich wirft, betreibt unnötige Wichtigtuerei. Die Leute in der Rechtsabteilung kennen die einschlägigen Gesetze.

Der Schwerpunkt bei den nichtigen Klauseln liegt doch ganz eindeutig bei den \"Kann-Bestimmungen\". Abgesehen davon, welcher Verbraucher kann wirklich beurteilen, dass seine Klausel gegen das Transparenzgebot verstößt?

Wenn ein Gericht bereits die Preiserhöhungsklausel, die auch im eigenen Vertag verwendet wurde, für unwirksam erklärt hat, gibt es keine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB mehr. Wer die Preise überhaupt nicht erhöhen darf, braucht bei einer Erhöhung auch die Billigkeit nicht zu beachten. Den Preishöhenmissbrauch können Sie sowieso nicht nachweisen, es sei denn der Versorger hätte einen grenzdebilen Anwalt, oder die Chefsekretärin würde aus Eifersucht geheime Geschäftsunterlagen veröffentlichen.

Warum legen Sie sich bei dem Zeitpunkt der Kenntnis von der Unwirksamkeit der Klausel fest? Das nutzt Ihnen doch gar nichts. Dem Versorger nutzt es schon, wenn Sie nämlich Ihr Recht nicht sofort verfolgen. Aus dem Musterschreiben kann doch allenfalls die Vermutung des Verbrauchers hervorgehen, dass die Klausel unwirksam ist, definitive Kenntnis hat der Laie erst, wenn ein Gericht entsprechend entschieden hat.

@Christian Guhl

Man verlangt von keinem Verbraucher, dass er juristisch erklären kann, was er gerade tut. Sie müssen keine Kenntnis davon haben, dass Sie einen Vertrag ändern, wenn Sie Gas entnehmen. Fragen Sie mal an der Supermarktkasse die Kunden. Die Hälfte wird entrüstet verneinen, dass sie gerade einen Vertrag abgeschlossen haben, als sie Ihre Ware bezahlt haben.

\"Ich habe nur meinen Einkauf bezahlt, mehr habe ich nicht getan\" wird man Ihnen antworten. Sie benötigen lediglich eine laienhafte Vorstellung davon, was erforderlich ist, einen Vertrag zu schließen.

Bei der Grundversorgerung ist noch nicht einmal das notwendig. Dort ordnet die Verordnung als Rechtsfolge an, dass Sie einen Vertrag schließen, wenn Sie Gas entnehmen. Die meisten Strom- und Gaskunden haben von dieser gesetzlichen Rechtsfolge keinerlei Ahnung.

Auf Ihren Sondervertrag findet dieses Sockelpreisprinzip zumindest dann keine Anwendung, wenn die Klausel unwirksam ist. Anderes glaubt nur Black.
Es gibt nach meiner Interpretation des BGH keine Möglichkeit für den Versorger, zwischenzeitlich vorgenommene Preiserhöhungen dem Kunden gegenüber als einvernehmliche Vertragsänderungen durchzusetzen. Sie sind nur verpflichtet, den anfänglichen Vertragspreis zu bezahlen, und haben Anspruch darauf, überzahlte Beträge zurückzufordern, und zwar 10 Jahre lang, wie das AG Dannenberg überzeugend entschieden hat.

@Bolli
Sie können einer wirksam vorgenommenen Kündigung so lange widersprechen, wie sie wollen. Es interessiert niemanden. Eine Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Ihr Widerspruch wirkt nur als willkommene Empfangsbestätigung.

Sie versuchen das Gesetz zu Ihrem Vorteil zu verbiegen. Das führt direkt in die Niederlage vor Gericht.

Offline Münsteraner

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #442 am: 07. September 2009, 21:02:58 »
@ reblaus

Danke für die Hinweise. Das hilft weiter.

Zitat
Aus dem Musterschreiben kann doch allenfalls die Vermutung des Verbrauchers hervorgehen, dass die Klausel unwirksam ist, definitive Kenntnis hat der Laie erst, wenn ein Gericht entsprechend entschieden hat.
Wann wurde eigentlich erstmals gerichtlich entschieden, dass Preiserhöhungsklauseln mit \"Kann\"-Formulierung nichtig seien, sodass ab da Kenntnis vorauszusetzen ist?

Zitat
Es gibt nach meiner Interpretation des BGH keine Möglichkeit für den Versorger, zwischenzeitlich vorgenommene Preiserhöhungen dem Kunden gegenüber als einvernehmliche Vertragsänderungen durchzusetzen. Sie sind nur verpflichtet, den anfänglichen Vertragspreis zu bezahlen,
Eine Möglichkeit hat zumindest mein Versorger bei mir ausprobiert. Nachdem ich (Sondervertragskunde) seinerzeit (damals zuerst nur) den Unbilligkeitseinwand erhoben hatte, teilte man mir mit, dass man - um gezahlte Abschlagsbeträge tatsächlich nur der Hauptforderung zurechnen zu können - eine separates Erdgas-Vertragskonto für mich eröffnen müsse und schickte mir in der Anlage dazu einen kompletten Antrag für einen neuen Sondervertrag mit AGB etc.. Offenbar in der \"tricky\" Absicht, damit einen neuen Anfangspreis auf höherem Niveau festzuzurren.

Ich habe dem natürlich verhement widersprochen und einer Änderung der Vertragskontonummer nur unter der Bedingung zugestimmt, dass kein neuer oder geänderter Vertrag zustande kommt. Aber bei wieviel Kunden wurde auf diese (für mich äußerst hinterhältige) Weise noch versucht, ihnen einen neuen Vertrag unterzuschieben? Und wieviel Ahnungslose sind darauf reingefallen? Frage an unsere Juristen: Inwieweit stehen in einem solchen Fall Anfechtungsmöglichkeiten wegen Irrtums oder auch wegen Täuschung zur Verfügung? Und inwieweit könnte das Verschweigen der Rechtsfolgen eines neuen Vertrags ggf. sogar Tatbestände des § 263 StGB erfüllen?

Offline reblaus

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« Antwort #443 am: 07. September 2009, 21:49:09 »
Der Versorger ist nicht verpflichtet, auf die Rechtsfolgen eines neuen Vertragsabschlusses hinzuweisen. Anfechtungsmöglichkeiten oder gar Strafanzeigen wegen Betrugs sind nur dann gegeben, wenn der Kunde getäuscht wurde. Eine Täuschung ist zwar auch durch Verschweigen möglich. Dies aber nur dann wenn eine Informationspflicht bestanden hat.

Der Energieverbraucher ist kein kleines, drolliges Dummerchen, den man entmündigen müsste, damit er sich nicht selbst schädigt. Dies sollte dem Verbraucher klar sein. Wer sich über den Tisch ziehen lässt, ist selber schuld. Wenn man alles unterschreibt, was einem vor die Nase gehalten wird, ist man bald pleite.

Die einschlägige Entscheidung im Gasbereich ist beim BGH meines Wissens am 29.04.2008 ergangen. Dort können Sie zumindest nachlesen, ob und wieweit ältere Entscheidungen zitiert werden.

Offline Münsteraner

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« Antwort #444 am: 07. September 2009, 22:36:04 »
Zitat
Original von reblaus
Der Energieverbraucher ist kein kleines, drolliges Dummerchen, den man entmündigen müsste, damit er sich nicht selbst schädigt. Dies sollte dem Verbraucher klar sein. Wer sich über den Tisch ziehen lässt, ist selber schuld.

Genau hier liegt der Knackpunkt. Um die juristischen Fallen zu entdecken, muss der Verbraucher rechtlich gebildet sein. Wer aber ist das schon? Wer ist ohne fundierte juristische Vorbildung in der Lage, gegen trickreiche Rechtsabteilungen der Versorger zu bestehen? Doch wohl kaum jemand. Von Waffengleichheit kann da sicher keine Rede sein.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #445 am: 07. September 2009, 22:48:10 »
Die Waffengleichheit kann sich erst daraus ergeben, dass jeder betroffene Verbraucher sich im konkreten Einzelfall durch einen Rechtsanwalt rechtlich beraten lassen kann.

Offline Münsteraner

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« Antwort #446 am: 07. September 2009, 23:05:21 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Waffengleichheit ergibt sich erst daraus, dass jeder betroffene Verbraucher sich im konkreten Einzelfall durch einen Rechtsanwalt rechtlich beraten lassen kann.

Dass diese Antwort kam, war klar. Mit anderen Worten: Wann immer ein Verbraucher von seinem EVU Post bekommt, und klinge sie noch so unverfänglich, ist es höchst ratsam, sofort einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Gleiches gilt selbstverständlich für jeden Toilettengang: Die Schüssel könnte ja brechen und wer ist dann rechtlich verantwortlich? Leute, atmet nicht einmal mehr ohne Rechtsanwalt: wer weiß, welche Rechtsfolgen das haben könnte!  :D

Offline reblaus

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« Antwort #447 am: 08. September 2009, 07:23:57 »
@münsteraner

Sie scheinen Ihr Leben bis zum heutigen Tage ganz gut ohne juristische Ausbildung gemeistert zu haben.

Angesichts der Situation, in die sich die Gaswirtschaft hineinmanövriert hat, erscheint es gar nicht unbedingt ratsam, seine juristische Vorbildung stets dafür auszunutzen, um das rechtlich maximale herauszuholen. Man begibt sich zwangsläufig in Grenzbereiche, und wie zu besichtigen ist, häufig auch weit über die Grenze des Erlaubten hinaus.

Mit einem gesunden Menschenverstand und einem Quentchen Lebenserfahrung sind die täglichen Fallen, die einem Teile der Wirtschaft zu deren Wohlstandsmehrung aufstellt, leicht zu umschiffen.

Offline Münsteraner

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« Antwort #448 am: 08. September 2009, 11:29:35 »
Zitat
Original von reblaus
@münsteraner

Sie scheinen Ihr Leben bis zum heutigen Tage ganz gut ohne juristische Ausbildung gemeistert zu haben.

Was immer Sie damit aussagen wollen ... Fakt ist, dass eine Waffengleichheit zwischen Versorger und Verbraucher schon deswegen nicht gegeben ist, weil es sich Otto Normalverbraucher aus finanziellen Gründen nicht leisten kann, einen Anwalt mit der permanenten Prüfung seiner Rechte zu beauftragen. Für den Versorger ist das kein Problem. Dieser kann die Vergütungen seiner Juristen sogar als betriebliche Kosten von der Steuer abziehen!

Zitat
Man begibt sich zwangsläufig in Grenzbereiche, und wie zu besichtigen ist, häufig auch weit über die Grenze des Erlaubten hinaus.  

Mit einem gesunden Menschenverstand und einem Quentchen Lebenserfahrung sind die täglichen Fallen, die einem Teile der Wirtschaft zu deren Wohlstandsmehrung aufstellt, leicht zu umschiffen.

Sie sprechen in Rätseln ... Welche Grenzen des Erlaubten? Und möchten Sie ernsthaft behaupten, dass solche Manöver der Versorger, wie ich sie oben beschrieben habe, allein mit dem \"gesunden Menschenverstand und einem Quentchen Lebenserfahrung\" zu parieren sind?

P.S. zum Thema \"Verjährung\":
Es geht ja nicht nur nur um Rückforderungen des Verbrauchers. Auch der Versorger selbst macht ja regelmäßig Nachzahlungsforderungen für die Vergangenheit geltend, insoweit Beträge aufgrund von Widersprüchen einbehalten wurden. Wäre es hier nicht sinnvoll, im Rückforderungsschreiben auch (pauschal, ohne konkrete Benennung eines Verjährungszeitraums) darauf hinzuweisen, dass man selbst gegenüber den Nachzahlungsforderungen des Versorgers Einrede erhebt, insoweit dessen Forderungen verjährt sein sollten?

Angenommen ein Verbraucher hat sich bereits in 2008 auf das besagte BGH-Urteil aus 4/2008 berufen und seither seine Zahlungen auf die vertraglich vereinbarten Anfangspreise gekürzt: ist es dann nicht so, dass die Rückforderungsansprüche sogar bis 1998 zurückreichen und der Verbraucher hinsichtlich dieser ab Ende 2008 drei Jahre Zeit hat, diese geltend zu machen?

Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #449 am: 08. September 2009, 13:38:09 »
Ich möchte die von Münsteraner aufgeworfenen Fragen noch um eine weitere ergänzen, die für viele Gassonderkunden von Belang sein dürfte.

Man bewahrt Uralt-Verträge nicht notwendigerweise für die Ewigkeit auf. Oft werden Altunterlagen deshalb spätestens nach 10 Jahren entsorgt. Dies dürfte bei etlichen Gassonderkunden zu der Situation geführt haben, dass sie sich zwar daran erinnern, dass ihr langjährig zurückliegender Vertrag eine Preisanpassungsklausel mit nach BGH unwirksamer \"Kann\"-Formulierung enthielt, sie jedoch nicht mehr im Besitz der seinerzeitigen Original-Vertragsunterlagen sind. Für den Fall, dass sie Rückforderungsansprüche geltend machen wollen, sind sie jedoch auf genaue Kenntnis des Wortlauts der damaligen Klausel angewiesen (evtl. auch aus Beweisgründen).

Was empfiehlt sich diesenfalls? Zum Beispiel, an den Versorger ein Auskunftsersuchen zu richten (Übersendung von Vertragskopien), ggf. unter Fristsetzung und mit Androhung einer Auskunftsklage für den Fall der Fristversäumnis?

 

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