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Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 185946 mal)

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Offline Opa Ete

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #420 am: 04. September 2009, 16:41:07 »
@Reblaus

ok, unterstellen wir mal die Rechtsfolge tritt ein, dann behaupten sie, dass ich mit meinem Versorger -ohne mein Zutun- einen Preis vereinbart habe?

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #421 am: 04. September 2009, 16:59:53 »
@Black
Bitte beachten Sie die Ergänzung meines letzten Beitrags.

@Opa Ete
Ihr Zutun liegt darin, dass Sie Gas aus dem Netz entnommen haben. Dieses Verhalten hat nach der GasGVV die Rechtsfolge, dass Sie einen Grundversorgungsvertrag zu den in der Preisliste veröffentlichten und zuvor öffentlich bekannt gemachten Preisen abgeschlossen haben. Über diese Preise können Sie sich vor der Gasentnahme informieren, müssen es aber nicht. WEnn Sie sich nicht informieren, war es Ihnen egal wieviel Sie zahlen müssen. Wenn Sie sich vorher informieren und der Preis ist Ihnen zu hoch, müssen Sie den Gashahn zusperren. Dann kommt kein Vertrag zustande.

Wenn Ihr Supermarkt im Winter Erdbeeren zu sündhaften Preisen anbietet, müssen Sie sie im Regal stehen lassen, wenn Ihnen der Preis nicht zusagt. Sie können sie nicht in den Einkaufswagen packen, während des  Einkaufs verspeisen, an der Kasse die leere Packung vorlegen und dem Preis widersprechen  :)

Offline Opa Ete

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #422 am: 04. September 2009, 17:05:50 »
@Reblaus

selbst, wenn ich in diesem Fall ausdrücklich dem Versorger mitteile, dass ich den Preis der GV nicht akzeptiere, behaupten sie, dass dieser Preis dann \"vereinbart\" ist??

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #423 am: 04. September 2009, 17:23:50 »
Zitat
Original von reblaus
Wollen Sie bestreiten, dass eine gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebene einseitige Preiserhöhung Grundlage des Angebots laut BGH sein muss?

Ja. Der BGH hat in seiner Entscheidung natürlich von einer \"gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebene einseitige Preiserhöhung\" gesprochen, weil im dortigen Verfahren genau so eine Preiserhöhung streitig war.

Das bedeutet noch nicht, dass es sich dabei um ein ausschließliches und notwendiges Merkmal handelt.

Wenn der BGH urteilt, dass eine Schadenersatzpflicht besteht, wenn man jemandem mit dem Auto anfährt, kann man auch nicht behaupten eine solche Pflicht bestehe bei einem Motorrad gerade nicht, weil der BGH ja von einem Auto spreche...

Heutige Preisanpassungen in der Grundversorgung stützen sich ja auch nicht mehr auf eine \"Bekanntgabe nach EnWG 1998\" und \"AVBGasV\" weil diese Gesetze schon lang außer Kraft sind.

Man könnte darüber nachdenken, ob generell irgendeine Bekanntmachung erforderlich ist um eine Neuvereinbarung zu erreichen. Aber auch hier ist zu beachten, dass auch bei Sonderverträgen dem betroffenen Kunden gegenüber die Anpassung bekannt gegeben wird.


Zitat
Original von reblausEine unrichtige Preiserhöhung ist existent und kann nach § 315 BGB vom Gericht korrigiert werden, die scheinbare Preiserhöhung bleibt immer eine rechtliche Fata Morgana.

Sie können sich vertraglich über jeden Preis neu einigen.

Ihre Unterscheidung in \"existente aber unwirksame\" Preisanpassungen und \"scheinbare aber nicht existente\" Preisanassungen entbehrt jeder Grundlage.

Das ganze systzem ist sehr einfach:

Über wirksame Anpassungen muss man sich nicht neu einigen.

Über unwirksame Anpassungen bei Tarifverträgen kann man sich einigen sagt der BGH.

Dies gilt auch bei Sonderverträgen sagen mittlerweile mehrere Gerichte.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #424 am: 04. September 2009, 17:55:11 »
@Black
Ich halte es ebenfalls für unwesentlich, auf welchem Rechtsgrund die einseitige Preisanpassung beruht. Sie sagen aber zusätzlich es sei unwesentlich, ob überhaupt eine einseitige Preisanpassung vorliege. Damit verabschieden Sie sich von einem weiteren Tatbestandsmerkmal des BGH, dem Verzicht auf die Beanstandung der Abrechnung gem. § 315 BGB. Auf den Unbilligkeitseinwand kann nur verzichtet werden, wenn eine einseitige Preisanpassung vorgenommen wurde.

Dann sagen Sie, man könne sich vertraglich über jeden Preis einigen, und meinen wohl man könne durch Übersendung einer Abrechnung mit einseitig neu festgelegten Preisen jede neue Preisvereinbarung anbieten, und durch Zahlung dieser Abrechnung und weiterer Gasentnahme jedes dieser Preisangebote annehmen. Damit verabschieden Sie sich von dem nächsten Rechtsgrundsatz des BGH, der in VIII ZR 265/07 entschieden hat, dass Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners enthält, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Hierbei handelt es sich übrigens um ständige Rechtsprechung, die in verschiedenen Vertragsbeziehungen Anwendung findet. So einfach kann ein einzelner Senat diese gar nicht ändern.

Und jetzt sind Sie vermutlich immer noch der Meinung, ich würde irgend eine  fantastische Meinung vertreten, während Sie haargenau den Willen des BGH vertreten. Dabei berufen, Sie sich auf Gerichtsentscheidungen, die einfach nur den BGH zitieren (Frankfurt, Oldenburg), oder ganz eigene Rechtsinstrumente entwerfen (Koblenz), oder einfach nur Blödsinn entschieden haben(Dresden). Wenn das so wäre, frage ich mich warum der BGH in seiner Urteilsbegründung nicht einfach geschrieben hat: Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde die Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Der Tatbestand muss schließlich nicht nochmal wiederholt werden.

Ich stimme Ihnen zu, dass man jeden Preis vereinbaren kann. Aber man kann es nicht konkludent mit Handlungen, die eigentlich nur ganz normale Erfüllungen eines längst abgeschlossenen Vertrages darstellen. Genau das meint der BGH auch.

@Opa Ete
Ja, das behaupte ich. § 2 GasGVV schreibt vor, dass ein Grundversorgungsvertrag schon dann zustande kommt, wenn Sie nur Gas entnehmen. Den Preisen des Versorgers müssen Sie nicht zusätzlich zustimmen, Sie können ihnen auch widersprechen. Lediglich wenn Sie einen anderen Vertrag abgeschlossen haben, kommt kein Grundversorgungsvertrag zustande. Wenn Ihr Versorger sich Ihren Widerspruch zu Herzen nimmt und Ihnen billigere Konditionen anbietet, dann kommt ein Sondervertrag zu diesen Bedingungen zustande.

Offline RR-E-ft

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #425 am: 04. September 2009, 18:14:07 »
Richtig deutlich geworden ist es noch nicht, worauf die angebliche Neuvereinbarung gründen soll, worin das Angebot (der Antrag gem. § 145 BGB) liegen sollte, welches der Kunde annehmen oder endgültig ausschlagen  könnte. Einige pflegen die Verklärung, tragen die Neuvereinbarung als Monstranz vor sich her und hoffen darauf, dass alle anderen der Prozession folgen.

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #426 am: 04. September 2009, 18:31:55 »
Zitat
Original von reblaus
@Black
Ich halte es ebenfalls für unwesentlich, auf welchem Rechtsgrund die einseitige Preisanpassung beruht. Sie sagen aber zusätzlich es sei unwesentlich, ob überhaupt eine einseitige Preisanpassung vorliege.

Nein. Eine Preisanpassung liegt faktisch schon immer dann vor, wenn das EVU den vereinbarten Preis ändern möchte. Diese Anpassung kann berechtigt und wirksam sein oder eben unwirksam (weil unbillig oder weil kein Anpassungsrecht besteht).


Zitat
Original von reblaus
Dann sagen Sie, man könne sich vertraglich über jeden Preis einigen, und meinen wohl man könne durch Übersendung einer Abrechnung mit einseitig neu festgelegten Preisen jede neue Preisvereinbarung anbieten, und durch Zahlung dieser Abrechnung und weiterer Gasentnahme jedes dieser Preisangebote annehmen. Damit verabschieden Sie sich von dem nächsten Rechtsgrundsatz des BGH, der in VIII ZR 265/07 entschieden hat, dass Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners enthält, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Hierbei handelt es sich übrigens um ständige Rechtsprechung, die in verschiedenen Vertragsbeziehungen Anwendung findet. So einfach kann ein einzelner Senat diese gar nicht ändern.

Genauso verstehe ich aber die Entscheidung des 8. Senates. Sie können daher (wie RR-E-ft) diese Entscheidung selbst als falsch ablehnen. Aber das ist mir relativ egal, weil ich mein Handeln nach der Rechtsprechung ausrichte.


Zitat
Original von reblaus
Wenn das so wäre, frage ich mich warum der BGH in seiner Urteilsbegründung nicht einfach geschrieben hat: Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde die Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis. Der Tatbestand muss schließlich nicht nochmal wiederholt werden.

Ich kann Ihnen auch nicht sagen warum der BGH sich so oder so ausdrückt. Ich erinnere aber noch einmal an die frühere Diskussion zur Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechts in Sonderverträge, in der die Verbraucherseite auch unter tausend Schwüren und Zitaten des BGH diese Möglichkeit als durch den BGH ausgeschlossen betrachtet hat. Bis eben der BGH dann das Gegenteil noch einmal ausdrücklich bestätigt hat.
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Offline Gas-Rebell

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #427 am: 04. September 2009, 18:40:13 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Richtig deutlich geworden ist es noch nicht, worauf die angebliche Neuvereinbarung gründen soll, worin das Angebot (der Antrag gem. § 145 BGB) liegen sollte, welches der Kunde annehmen oder endgültig ausschlagen könnte.

Angenommen in den AGB eines Sondervertrages steht sinngemäß:
1. \"Der Versorger kann den Preis anpassen, wenn ...\" (die besagte unwirksame Klausel)
2. \"Sollte der Kunde mit dieser Anpassung nicht einverstanden sein, steht ihm ein einmonatiges Kündigungsrecht zu.\"

Würde sowas nicht darauf hinweisen, dass Preiserhöhungen als Angebot zu verstehen sind?

Offline Christian Guhl

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #428 am: 04. September 2009, 18:54:43 »
Zitat
Original von reblaus
@Opa Ete
Ja, das behaupte ich. § 2 GasGVV schreibt vor, dass ein Grundversorgungsvertrag schon dann zustande kommt, wenn Sie nur Gas entnehmen. Den Preisen des Versorgers müssen Sie nicht zusätzlich zustimmen, Sie können ihnen auch widersprechen.
Und genau da liegt doch der Hase im Pfeffer ! Der Versorger kündigt meinen Sondervertrag und teilt mir mit : Wenn du nicht einen neuen Sondervertrag abschließt, wirst du in der Grundversorgung beliefert. Da mir die Bedingungen des neuen Sondervertrages nicht zusagen, unterschreibe ich nicht. Aber auch die Preise der Grundversorgung sind mir zu hoch. Also teile ich dem Versorger mit, dass ich für den Fall, dass er mich in die Grundversorgung einstuft, ich die Preise nicht akzeptieren werde, sondern den Einwand der Unbilligkeit erhebe. Der Versorger weiss also, was passiert. Beliefert er mich dann trotzdem in der Grundversorgung,erkennt er damit konkludent den Widerspruch an und kann sich nicht auf einen vereinbarten Anfangspreis berufen.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #429 am: 04. September 2009, 19:59:04 »
@Black
Dann können wir abschließend festhalten, dass Sie sich an den BGH halten, und seine Entscheidung in Ihrem Sinne verstehen, weil Sie den folgenden rot gekennzeichneten Passagen genau dieser Entscheidung keinerlei Bedeutung zumessen.

Zitat
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis.

Ich hingegen komme zu einer vollständigen gegensätzlichen Auffassung, da ich mich an den BGH halte, und seine Entscheidung in meinem Sinne verstehe, weil ich den oben rot gekennzeichneten Passagen genau dieser Entscheidung eine große Bedeutung zumesse.

Daneben halten Sie die Entscheidung des gleichen Senats Az. VIII ZR 265/07 nicht auf Gasversorgungsverträge anwendbar, weil sie ein völlig anderes Rechtsgebiet betreffen. Aufgrunddessen widerspricht diese Entscheidung Ihrer Auffassung in keinster Weise.

Ich hingegen glaube dass die Entscheidung VIII ZR 265/07 in großen Teilen identische Rechtsfragen behandelt, und sehe in der Entscheidung eine Bestätigung meiner Auffassung.

Dieses Ergebnis finde ich faszinierend.

@RR-E-ft
Das Angebot liegt in der Übersendung der Jahresabrechnung. Es hat zum Inhalt, die Preiserhöhung rückwirkend als in billiger Weise vorgenommen zu akzeptieren, und diesen Preis als zukünftigen Vertragspreis zu vereinbaren.

@Gas-Rebell
Bereits die gesetzlich geregelte Grundversorgung enthält ein Recht zur Kündigung bei Preiserhöhungen. Deshalb hat der BGH entschieden, dass der Kunde die Wahl haben muss, zu kündigen oder die Unbilligkeitseinrede zu erheben. Dann kann eine solche Klausel im Sondervertrag kein Angebot indizieren.

@Christian Guhl
Der Versorger muss nichts konkludent anerkennen. Er muss sich nur auf die gesetzliche Rechtsfolge Ihrer Gasentnahme berufen. Sie können sein Schweigen, oder den Verzicht die Gaszufuhr zu sperren nicht anderweitig interpretieren.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #430 am: 05. September 2009, 08:50:55 »
Zitat
BGH Urt. v. 19.11.2008, Az. VIII ZR 138/07

Soweit die Beklagte in der Folgezeit auf der Grundlage von § 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkun-den (AVBGasV vom 21. Juni 1979, BGBl. I S. 676), die auf den Streitfall noch Anwendung findet, einseitig Preiserhöhungen vorgenommen hat, hat der Kläger bis zum Ende des Jahres 2004 die auf diesen (erhöhten) Tarifen basierenden Jahresrechnungen unbeanstandet hingenommen. Indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit etwaiger Preiserhöhungen nach § 315 BGB zu verlangen, ist auch über von der Beklagten bis zum 31. Dezember 2004 geforderte - gegenüber dem bei Vertragsschluss geltenden allgemeinen Tarif erhöhte - Preise konkludent (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AVBGasV) eine vertragliche Einigung der Parteien zustande gekommen (vgl. BGHZ 172, 315, Tz. 36).

Zitat
BGH Urt. v. 8.07.2009, Az. VIII ZR 314/07

Soweit die Beklagte in der Folgezeit gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV einseitig Preiserhöhungen vorgenommen hat, haben die Kläger die auf diesen Tarifen basierenden Jahresrechnungen unbeanstandet hingenommen. Indem sie weiterhin Gas bezogen haben, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit etwaiger Preiserhöhungen nach § 315 BGB zu verlangen, ist entgegen der Auffassung der Revision auch über die von der Beklagten vor dem 1. Oktober 2004 geforderten - gegenüber dem bei Vertragsschluss geltenden allgemeinen Tarif erhöhten - Preise konkludent eine vertragliche Einigung der Parteien zustande gekommen (vgl. BGHZ 172, 315, Tz. 36; Senatsurteil vom 19. November 2008, aaO, Tz. 16).

Laut Black wiederholt der BGH geradezu gebetsmühlenhaft Überflüssiges, wie die rot gekennzeichneten Textstellen aus den weiteren Entscheidungen zum Preissockel bestätigen.

In drei Entscheidungen erwähnt der 8. Zivilsenat viermal, dass es sich um den zuvor einseitig erhöhten Preis handelt, über den die Parteien eine Vereinbarung treffen, und dennoch soll diese Rechtsprechung für jeden Preis gelten, den das EVU in seinen Jahresabrechnungen gefordert hat. Wer das aus den Entscheidungen herausliest, und später tatsächlich richtig liegt, dem kann wahre Nähe zum BGH beschieden werden.

Zum Kündigungsrecht bei Sonderverträgen ist ein wegweisender Artikel von Frau RA Holling hier veröffentlicht.

Hintergrund der Problematik ist, dass bei Dauerschuldverhältnissen ein generelles ordentliches Kündigungsrecht gesetzlich nicht geregelt ist. Deshalb greift die Rechtsprechung auf die Spezialregelungen im Miet-, Arbeits- und Gesellschaftsrecht zurück, bei denen gesetzliche Kündigungsmöglichkeiten bestehen, und wendet diese für andere Dauerschuldverhältnisse entsprechend an.

Offline RA Lanters

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« Antwort #431 am: 05. September 2009, 13:04:24 »
wobei zu beachten wäre, dass in den meisten sonderverträgen ausdrücklich ein recht zur ordentlichen kündigung vereinbart ist. dies fehlt aber gerade in den mietverträgen. auf dieses vertraglich vereinbarte kündigungsrecht kann sich der versorger meiner meinung nach berufen...
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Offline jofri46

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« Antwort #432 am: 05. September 2009, 14:49:55 »
@RA Lanters

Das sehe ich ebenso.

In dem Aufsatz von Frau RAin Holling heißt es: \"Die Kündigung eines Sondervertrages unterliegt den gleichen Rahmenbedingungen und Begründungserfordernissen wie eine Preiserhöhung...\". Gemeint ist damit wohl eine außerordentliche Kündigung. Das Recht zur ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung, wie es auch in meinem Sondervertag vereinbart ist, sehe ich davon nicht berührt.

In dem Aufsatz von Frau RAin Holling heißt es weiter: \"Wenn der Versorger seine Kündigung mit einer angeblich unwirksamen Preisänderungsklausel begründet, muß er konkret darlegen, welches Gericht rechtskräftig eine wortgleiche Klausel bereits für unwirksam erklärt hat...\". Soll ich bei einer solchermaßen begründeten (außerordentlichen) Kündigung den Versorger auffordern, die Unwirksamkeit seiner Preisänderungsklausel zu belegen, wenn ich bereits vorher mit der Begründung \"unwirksame Preisänderungsklausel\" meine Zahlungen gekürzt habe?

Offline reblaus

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« Antwort #433 am: 05. September 2009, 15:16:55 »
@RA Lanters
Ich teile Ihre Auffassung, dass ein vertraglich vereinbartes Kündigungsrecht in jedem Fall gültig ist. Soweit RAin Holling auf die Spezialvorschriften für das Wohnraummietrecht zurückgreift, halte ich dies für zu weitgehend. Ich glaube, dass nur § 542 BGB und für die Kündigungsfristen § 580a BGB analog anwendbar sind.

Soweit die AVBGasV oder die GasGVV ergänzend Vertragsbestandteil wurden, sind Kündigungsrecht und Fristen in § 36 AVBGasV bzw. § 20 GasGVV bestimmt.

@jofri46
Ihre Bedenken wegen der außerordentlichen Kündigung bestehen zu Recht. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung muss sich an der Tatsache festmachen lassen, ob eine Klausel unwirksam ist oder nicht. Es kann nicht gefordert werden, dass dies von einem Gericht zuvor entschieden worden ist.

Faktisch dürfte dies aber nur in solchen Fällen eine Rolle spielen, in denen eine ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen wurde.

Offline jofri46

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« Antwort #434 am: 05. September 2009, 15:49:36 »
@reblaus
Für eine außerordentliche Kündigung sind m. E. die §§ 313, 314 BGB heranzuziehen. Interessant dürfte dann die Regelung des § 314 Abs. 3 werden, wonach der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Hat da mancher Versorger sein außerordentliches Kündigungsrecht nicht schon \"verwirkt\"?

 

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