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Autor Thema: Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?  (Gelesen 146224 mal)

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Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #90 am: 06. August 2011, 20:01:10 »
RR-E-ft
Es gab weitere Widersprüche.Doch den meisten wird der Mut zur Kürzung
gefehlt haben.Wer kann schon den \"Psycho-Terror\" von mehr als 10 Sperr-
Androhungen ertragen?
Vor dem LG Stuttgart war die Rede von Vergleichen mit anderen \"Protest-
lern\".
Auch mir wurde in der mündlichen Verhandlung ein \"lukratives\" Festpreis-
Angebot gemacht,das ich wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes aber
abgelehnt habe.
Die Geschichte hört ja mit meiner Kündigung nicht auf.Gegen Ende Juni 2010 erhielten alle \"alten\" Kunden-auch ich-,deren Verträge sich ja am 01.01.2010
um weitere 5 Jahre verlängert hatten- ausser meinem-,vollständig neue Versorgungsverträ-
ge mit Wirkung zum 01.07.2010.Eine Zustimmung wurde nicht verlangt,
obwohl es ja noch die alten Verträge gab-ausser meinem- (pacta sunt servanda) und die
neuen Verträge gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV u.a. zustimmungspflichtig
sind.
In einer emotionsgeladenen Rede habe ich den Richtern des LG Stuttgart
deutlich gemacht,dass endlich nach 27 Jahren rechtwidrigen Verhaltens die
Rückkehr zu Recht und Gesetz reif ist.Ein Monopolist darf nicht nur die Vor-
teile für sich in Anspruch nehmen,die ihm die Monopolstellung bietet,er
muss in einer so abhängigen Versorgungssituation besonders die kartell-
rechtlichen Gesetze beachten.Der Lernprozess hat offensichtlich noch nicht begonnen.
Der neue Vertrag hat auch interessante AGB`s,z.B. in Punkt 10.1:
\"Die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim Gmbh ist berechtigt,die allgemeinen Vertragsbedingungen ,die TAB und das Preisblatt für die Fernwärmeversorgung durch öffentliche Bekanntgabe zu ändern........
....Änderungen der allgemeinen Vertragsbedingungen,der TAB und des Preisblatts werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.\"
D.h.,ermittelte Preissenkungen,die zum 01.01.2011 eingetreten wären,werden erst zum 01.01.2012 wirksam,weil sie erst zum 30.12.2011
veröffentlicht werden.
Beide Vertragsbestandteile verstossen gegen §§ 307 ff. BGB und sind un-
wirksam.Aber darauf kommt es gar nicht an (s. pacta...).
Die SWLB sind offensichtlich der Ansicht,durch Entgegennahme und Schweigen komme ein neuer Vertrag zustande.Das ist ein Irrtum.

Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #91 am: 06. August 2011, 20:48:34 »
RR-E-ft
Zitat:\"Wie sollte der Versorger die Kündigungen gegenüber den anderen
überhaupt rechtfertigen?\".
1.Wegen einer seit 1984 rechtwidrigen Preisänderungsklausel.
2.Aber grundsätzlich brauchte er weder mir den Vertrag kündigen noch hätte er
sie den anderen kündigen müssen,weil die SWLB lt. Vertrag zu einer Änderung der gesetzwidrigen Klausel berechtigt war und noch immer ist (bei den anderen verlängerten Verträgen).
Vor dem AG Ludwigsburg haben die SWLB behauptet ( im 04/09),dass
nur mein Vertrag gekündigt worden sei (23.03.09),also weit vor der
richterlichen Entscheidung über die Gesetzwidrigkeit der Preisänderungs-
klausel (05.08.2009).
Da der SWLB zu diesem Zeitpunkt die Gesetzwidrigkeit bekannt war oder
hätte bekannt sein müssen,warum haben sie nur mir und nicht allen anderen die Verträge gekündigt.Sie alle hatten die gleiche gesetzwidrige
Klausel .Mit einer gesetzeskonformen Klausel hätten wir alle gut leben
können.

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #92 am: 06. August 2011, 21:18:06 »
Zitat
Original von sternenmeer
In einer emotionsgeladenen Rede habe ich den Richtern des LG Stuttgart
deutlich gemacht,dass endlich nach 27 Jahren rechtwidrigen Verhaltens die
Rückkehr zu Recht und Gesetz reif ist. Ein Monopolist darf nicht nur die Vor-
teile für sich in Anspruch nehmen,die ihm die Monopolstellung bietet,er
muss in einer so abhängigen Versorgungssituation besonders die kartell-
rechtlichen Gesetze beachten.

Emotionsgeladene Reden sind zumeist für alle beruflich am Prozess Beteiligten außerordentlich gräßlich, zumal wenn dabei auch noch versucht wird, das Gericht über die Rechtslage zu belehren. Ein gütiges Schicksal bewahre  davor.

Es gibt keinen Anspruch auf rechtmäßige AGB.
Das Gesetz schützt vor rechtswidrigen AGB, §§ 305 ff. BGB.

Was besagt eigentlich § 4 AVBFernwärmeV  ?

Wenn der Versorger alle Verträge zum 01.07.10 inhaltlich ändern wollte, ist erst recht nicht nachvollziehbar, weshalb über den 31.12.09 hinaus die unveränderte Vertragsfortsetzung zu unveränderten Bedingungen beansprucht wurde.

Zitat
Original von sternenmeer
Mit einer gesetzeskonformen Klausel hätten wir alle gut leben können.

Oben hieß es noch, dass alle Kunden mit der unwirksamen Preisänderungsklausel sehr gut leben könnten, weil deshalb ja der 1984er- Preis noch unverändert gegolten habe und sich alle anderen Kunden deshalb jetzt zurücklehnen könnten.  Was denn nun?

Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #93 am: 06. August 2011, 22:27:13 »
RR-E-ft
1.Vertragsgemäss wurden die Verträge ( der anderen Kunden) zum    
  01.01.2010 um 5 Jahre verlängert.
2.Diese verlängerten Verträge können nicht einseitig durch neue AG´s
  des Versorgers geändert werden,viel weniger durch neue Verträge ohne
  Zustimmung der Kunden ersetzt werden, wie es versucht wurde.
  Da werden Sie einwenden,das geht schon.Dafür gibt es ja Gesetze,die
  dies evtl. verbieten.Versuchen kann der Versorger es doch,das ist nicht
  gesetzwidrig.Man muss sich halt wehren.(Siehe Thema Preisänderungskl-
  sel).
  Können Sie ,falls Sie Vermieter sind,Ihren Mietvertrag ohne Zustimmung
  des Mieters ändern?Doch,man  kann es doch mal versuchen,der Vermieter
  kann sich doch wehren.
3.Vertragliche Veränderungen bedürfen der Zustimmung der Kunden.

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #94 am: 06. August 2011, 22:35:13 »
Möglicherweise hat man schon davon gehört, dass es für die Fernwärmeversorgung besondere gesetzliche Regelungen gibt, die neben dem Kartellrecht auch Geltung beanspruchen. Mit jenen sollte man sich auch emotionslos auseinandersetzen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Was besagt eigentlich § 4 AVBFernwärmeV  ?

Besagt nicht etwa § 4 AVBFernwärmeV, dass die Belieferung zu den jeweiligen Allgemeinen Versorgungsbedingungen erfolgt, die der Versorger durch öffentliche Bekanntgabe (einseitig) ändern kann?

Das muss dem Versorger insbesondere bei Monopolstellung möglich sein, weil es ja zur Ungleichbehandlung käme, wenn einige Kunden zustimmen, andere jedoch nicht. Die viel geforderte Gleichbehandlung wäre gefährdet, wenn die Kunden einzeln zustimmen müssten.

Oder dachte man etwa, der Kunde könnte gem. § 4 Abs.2 AVBFernwärmeV neue Allgemeine Versorgungsbedingungen durch deren öffentliche Bekanntage in Wirkung setzen?

Für Gas- Sonderabkommen gibt es eine entsprechende gesetzliche Regelung wie § 4 AVBFernwärmeV nicht.
Für jene gilt deshalb allgemeines Schuldrecht, § 305 Abs. 2 BGB.


Zitat
Original von sternenmeer
  Können Sie ,falls Sie Vermieter sind,Ihren Mietvertrag ohne Zustimmung
  des Mieters ändern?Doch,man  kann es doch mal versuchen,der Vermieter
  kann sich doch wehren.
3.Vertragliche Veränderungen bedürfen der Zustimmung der Kunden.

Hatten die Richter der Kartellkammmer das etwa ebensowenig verstanden?

Zitat
Original von sternenmeer
In einer emotionsgeladenen Rede habe ich den Richtern des LG Stuttgart
deutlich gemacht,dass endlich nach 27 Jahren rechtwidrigen Verhaltens die
Rückkehr zu Recht und Gesetz reif ist.

Gut, wenn man die passenden Gesetze dazu kennt.

Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #95 am: 06. August 2011, 23:29:26 »
Zu später Stunde ist mir ein Fehler passiert.Es muss natürlich heissen:
\"....der Mieter kann sich doch wehren.\"
Zu § 4 AVBFernwärmeV komme ich morgen zurück.Ihre Kritik an fehlenden
Gesetzeskenntnissen möchte ich so nicht stehen lassen.

Offline sternenmeer

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #96 am: 07. August 2011, 09:13:05 »
RR-E-ft
Gehen Sie doch einfach einmal davon aus,dass ich das gesetzliche Rege-
lungwerk der Fernwärme-Versorgung ganz gut kenne.
Meine emotionslose Meinung zu § 4 AVBFernwärmeV ist folgende (Irrtum eingeschlossen):
1. § 4 Abs. 2  AVBFernwärmeV spricht von Änderungen der Allgemeinen
    Bedingungen,jedoch nicht von den JEWEILIGEN allgemeinen Versor-
    gungsbedingungen (§ 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV).Dies ist ein grosser
    Unterschied.
2.Ob eine Änderung der Allgemeinen Versorgungsbedingungen nur durch
    eine öffentliche Bekanntgabe wirksam wird,hängt von dem jeweiligen
    Fernwärme-Versorgungsverhältnis bzw. dem vereinbarten Vertragsver-
    hältnis ab.

     2.2 Besteht ein Vertragsverhältnis nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwär-
           meV (d.h. eine Art \"Grundversorgung\",die es aber de facto in der
           Fernwärmeversorgung nicht gibt),in dem neben der AVBFernwärmeV
           nur ERGÄNZENDE ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN gibt,die sich im Rah-
           men der AVB bewegen,dann reicht zur Änderung der ALLGEMEINEN
           BEDINGUNGEN und Wirksamkeit eine Veröffentlichung gem. § 4 Abs.
           2 AVBFernwärmeV aus.
           (BKartA-Zitat:\"§ 4 Abs. 2 erlaubt zwar die Änderung der Wärmelie-
           ferverträge durch öffentliche Bekanntmachung,aber ebenfalls nur
           im Rahmen der Grenzen der AVB.\"
     2.2 Besteht jedoch ein Vertragsverhältnis nach § 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
           § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV (Norm-Sondervertrag),in dem neben der
           AVB ,den Ergänzenden Bedingungen auch sogenannte SONDER-AVB
           des jeweiligen Versorgers enthalten sind,die über den gesetzlichen
           Rahmen der AVB hinausgehen,dann reicht für ihre Wirksamkeit eine
           Veröffentlichung nicht aus,es sei denn,
               in dem bestehenden Fernwärmevertrag (Norm-Sondervertrag) ist
               eine Klausel enthalten,die sinngemäss sagt,dass zur Wirksamkeit
               der Änderungen eine öffentliche Bekanntgabe ausreicht.

     2.3 Diese gesetzlichen Regelungen gelten m.E natürlich auch für Versor-
           gungsverhältnisse bei einer Monopolstellung.Wenn ein Monopolist
           aber die sonst erforderliche Zustimmung des Kunden verhindern will,
           muss er Fernwärme nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFerwärmeV anbieten
           oder er muss in seinem Vertrag eine entsprechende Regelung auf-
           nehmen.

     2.4 Das BKartA sagt zur Änderung von AGB`s in bestehenden Verträ-
           gen:
           Zitat:\".......vermag sie (Beschlussabteilung) Ihre Auffassung nicht zu
           teilen,dass § 1 Abs. 4,4 Abs. 2 AVBFernwärmeV der Verordnungs-
           geber die FVU ermächtigt habe,Änderungen ihrer allgemeinen Ver-
           tragsbedingungen einseitig,d.h. ohne Zustimmung der Kunden fest-
           zusetzen und sie durch rechtzeitige öffentliche Bekanntmachung ver-
           bindlich werden zu lassen.\"
           An anderer Stelle:\"Daraus kann aber nicht die Befugnis der FVU ab-
           geleitet werden,nunmehr die bestehenden Verträge einseitig zu än-
           dern.\"

Offline RR-E-ft

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Kündigung des Fernwärmevertrages kartellrechtlich wirksam?
« Antwort #97 am: 07. August 2011, 11:32:45 »
Zitat
Original von sternenmeer

§ 4 Abs. 2  AVBFernwärmeV spricht von Änderungen der Allgemeinen
Bedingungen,jedoch nicht von den JEWEILIGEN allgemeinen Versorgungsbedingungen (§ 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV).
Dies ist ein grosser Unterschied

Was soll dabei einen - gar großen - Unterschied ausmachen?

Zitat
§ 4 AVBFernwärmeV

(1) Das Fernwärmeversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen Dampf, Kondensat oder Heizwasser als Wärmeträger zur Verfügung.

(2) Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

§ 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV bezieht sich ersichtlich auf den vorhergehenden § 4 Abs. 1 AVBFernwärmeV.

Die Regelung des  § 4 AVBFernwärmeV ähnelt § 4 AVBEltV/ AVBGasV/ AVBWasserV.

Sie gilt unmittelbar für alle Verträge, die aufgrund und im Rahmen der AVBFernwärmeV abgeschlossen wurden.

Sofern in den jeweiligen allgemeinen Versorgungsbedingungen des Versorgers keine Preisregelung mit Preisänderungsklausel enthalten ist, können diese allgemeinen  Bedingungen auch vorsehen, dass die Belieferung zu einem vom Versorger veröffentlichten Preislisten- Preis erfolgt, der durch öffentliche Bekanntgabe neu festgesetzt wird (vgl. nur BGH VIII ZR 138/05 Rn. 29).

Ohne einseitige Festsetzung der jeweiligen Versorgungsbedingungen ist nicht gewährleistet, dass alle Kunden (diskriminierungsfrei) zu den selben Bedingungen beliefert werden. Gäbe es hingegen ein Zustimmungserfordernis, müsste der Versorger einzelnen Kunden, die ihre Zustimmung verweigern, den Vertrag kündigen, um weiter zu gewährleisten, dass alle Kunden (diskriminierungsfrei) zu den selben Bedingungen beliefert werden. Die dabei gekündigten Kunden könnten dann nur konkludent einen neuen Vertrag abschließen zu den bereits geänderten, neuen allgemeinen Versorgungsbedingungen. Das aber wäre in der speziellen Monopolsituation reine Förmelei.

Siehe auch BGHZ 100, 1

Offline sternenmeer

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« Antwort #98 am: 08. August 2011, 08:48:37 »
RR-E-ft

Zum § 4 Abs.1+2 AVBFernwärmeV

1.§ 4 Abs. 1 :\"....zu den jeweiligen Versorgungsbedingungen ......\"
   jeweils=des jeweiligen FVU zu einem bestimmten Zeitpunkt
   Versorgungsbedingungen=Mögliche Versorgungsverhältnisse
    1.NUR AVB
    2.AVB mit Ergänzenden AVB
    3. AVB mit Ergänzenden AVB UND Sonder-AVB des jeweiligen FVU

2.§ 4 Abs. 2 :\".......Änderungen der Allgemeinen Bedingungen....\"
    Hiermit ist nur o.a. Versorgungsverhältnis 1. und 2. gemeint .

Zitat des Bundeskartellamtes:\"§ 4 Abs. 2 erlaubt zwar die Änderung der
Wärmelieferverträge durch öffentliche Bekanntmachung,aber ebenfalls nur
im Rahmen der Grenzen der AVB.\"

Sonder-AVB`s überschreiten diese Grenze,da sie den gesetzlichen Rahmen
der AVBFernwärmeV,den diese fest vorgeben,verlassen.

Beispiel:Ein FVU kann nicht einseitig durch öffentliche Bekanntgabe folgen-
de AGB wirksam einführen,die lautet:\"Zukünfige Erschliessungskosten trägt
der Käufer des Grundstücks.\"  Oder
\"Änderungen der AGB`s werden nach Veröffentlichung wirksam\".

Offline RR-E-ft

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« Antwort #99 am: 08. August 2011, 10:10:09 »
Wenn die bestehenden Verträge auf der Grundlage und im Rahmen der AVBFernwärmeV abgeschlossen wurden, dann gilt für diese auch § 4 AVBFernwärmeV.
Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV.

Es handelt sich um eine ähnliche Regelung wie § 4 AVBGasV/ AVBEltV/ AVBWasserV.

Wieso sollten denn die Grenzen der AVBFernwärmeV mit der Änderung zum 01.07.10 überschritten worden sein?

Die Änderung von Preisblättern durch öffentliche Bekanntgabe wird wohl durch § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV gedeckt.


Zitat
§ 1 AVBFernwärmeV

§ 1 Gegenstand der Verordnung

(1) Soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluß an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (allgemeine Versorgungsbedingungen), gelten die §§ 2 bis 34. Diese sind, soweit Absatz 3 und § 35 nichts anderes vorsehen, Bestandteil des Versorgungsvertrages.

(2) Die Verordnung gilt nicht für den Anschluß und die Versorgung von Industrieunternehmen.

(3) Der Vertrag kann auch zu allgemeinen Versorgungsbedingungen abgeschlossen werden, die von den §§ 2 bis 34 abweichen, wenn das Fernwärmeversorgungsunternehmen einen Vertragsabschluß zu den allgemeinen Bedingungen dieser Verordnung angeboten hat und der Kunde mit den Abweichungen ausdrücklich einverstanden ist. Auf die abweichenden Bedingungen sind die §§ 3 bis 11 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzuwenden. Von der in § 18 enthaltenen Verpflichtung, zur Ermittlung des verbrauchsabhängigen Entgelts Meßeinrichtungen zu verwenden, darf nicht abgewichen werden.

(4) Das Fernwärmeversorgungsunternehmen hat seine allgemeinen Versorgungsbedingungen, soweit sie in dieser Verordnung nicht abschließend geregelt sind oder nach Absatz 3 von den §§ 2 bis 34 abweichen, einschließlich der dazugehörenden Preisregelungen und Preislisten in geeigneter Weise öffentlich bekanntzugeben.

Lagen denn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV überhaupt vor?

Jedem Kunden, der kein Industrieunernehmen ist,  muss eine Versorgung zu den Bedingungen der AVBFernwärmeV angeboten werden.

Dies ist Voraussetzung auch für eine anderweitige  Vertragsgestaltung gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV, mit welcher der Kunde sich einverstanden erklärt haben muss.

Erklärt sich der Kunde bei gleichzeitiger Vorlage dieser Versorgungsalternativen (erforderlich: zwei Angebote !) durch den Versorger  mit der Versorgung zu von der AVBFernwärmeV abweichenden Bedingungen gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV nicht einverstanden, verbleibt es für ihn bei der Versorgung zu den Bedingungen der AVBFernwärmeV.

Für die Belieferung im Rahmen der AVBFernwärmeV kann der Versorger die Preise entweder gem. § 315 BGB einseitig bestimmen oder aber Preisänderungsklauseln verwenden, die ihererseits für ihre Wirksamkeit § 24 AVBFernwärmeV entsprechen müssen (BGH VIII ZR 138/05, VIII ZR 66/09, VIII ZR 273/09, VIII ZR 37/10).

Demnach muss es dem Versorger wohl auch möglich sein, für die Belieferung im Rahmen der AVBFernwärmeV zukünftig von der bisherigen Verwendung von Preisänderungsklauseln wieder Abstand zu nehmen und die Preise zukünftig wieder gem. § 315 BGB einseitig zu bestimmen.

Werden die Preise vom Versorger gem. § 315 BGB einseitig bestimmt, sind sie an den Maßstab der Billigkeit gebunden und unterliegen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle (BGH VIII ZR 138/05 Rn. 29).

Offline sternenmeer

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« Antwort #100 am: 08. August 2011, 12:56:59 »
RR-E-ft
Zitat:\"Wieso sollten denn die Grenzen der AVBFernwärmeV zum 01.07.2010
          überschritten worden sein?\"
Ein FVU hat einen langfristigen Wärmevertrag vertragsgemäss zum 01.01.2010 um 5 Jahre verlängert.
Am 26.06.2010 teilt das FVU den Kunden mit,dass ab 01.07.2010 ein neuer
Wärmevertrag gelten soll.In diesem steht:
1.Vertragsabschluss
   1.1 Der Wärmeliefervertrag wird zu dem im Wärmeliefervertrag genann-
         ten Datum wirksam.
   1.2 Gemäss § 1 Abs. 1 SATZ 2 der AVBFernwärmeV ....sind die §§ 2-34
         AVBFernwärmeV ......Bestandteile des Wärmeliefervertrages (Anl. 1).
         usw.
Hierzu folgende Fragen:
1.Ist dies ein neuer Vertrag ?
2.Wenn JA ,kann dieser neue Vertrag den am 01.01.2010 verlängerten
   Vertrag wirksam ohne Zustimmung der Kunden ablösen?
3.Wenn der neue Vertrag wirksam ist,können dann neue Sonder-AVB ohne
   Zustimmung der Kunden wirksam werden?
4.Unterliegen Sonder-AVB-also ausserhalb der AVBFernwärmeV-nicht den
   §§ 307 ff. BGB?
5.Welche rechtlichen Auswirkungen hat das neue Vertragsangebot/der
   neue Vertrag auf einen am 01.01.2010 begonnenen konkludenten Ver-
   trag?Bleibt dieser bestehen,wenn das neue Vertragswerk nicht wirk-
   sam werden konnte?

Offline RR-E-ft

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« Antwort #101 am: 08. August 2011, 12:58:38 »
Nach konkludentem Vertragsabschluss kann der Kunde gar nicht zu abweichenden Bedingungen beliefert werden, weil es hierzu an seinem ausdrücklichen Einverständnis gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV fehlt.

Wenn die Bestimmungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV gem. § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV Vertragsbestandteil sind, handelt es sich um eine Belieferung im Rahmen der AVBFernwärmeV.

Wenn die Belieferung im Rahmen der AVBFerrnwärmeV erfolgt,
ergibt sich die Verlängerung um weitere fünf Jahre unmittelbar aus § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV
und können die Vertragsbedingungen im laufenden Vertragsverhältnis gem. § 4 AVBFernwärmeV einseitig geändert werden.

Dies gilt insbesondere auch für nach § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV konkludent abgeschlossene Verträge auf der Grundlage der AVBFernwärmeV.
Bei solchen hatte sich der Kunde insbesondere nicht gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV ausdrücklich mit Abweichungen zur AVBFernwärmeV einverstanden erklärt.

Dann gilt deshalb auch § 4 AVBFernwärmeV (§ 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV).

Soweit die Belieferung im Rahmen der AVBFernwärmeV  zu den Bedingungen der AVBFernwärmeV (§§ 2- 34) erfolgt, findet keine Inhaltskontrolle dieser Bedingungen gem. § 307 BGB statt (BGHZ 100, 1).

Nach alldem ist es für einen Kunden, der sich selbst nicht gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV ausdrücklich einverstanden erklärt hatte, vollkommen belanglos, wie es sich bei den Verträgen mit denjenigen Kunden verhält, die sich mit Abweichungen gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV ausdrücklich einverstanden erklärt hatten. Diese anderen Kunden haben dann nämlich eine andere vertragliche Grundlage, gerade aufgrund ihres ausdrücklichen Einverständnisses.

Auch ein Monopolist darf nicht gegen § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV verstoßen, d. h. Kunden ohne deren ausdrückliche Zustimmung zu von der AVBFernwärmeV abweichenden Bedingungen beliefern.

Zitat
Original von sternenmeer
Gehen Sie doch einfach einmal davon aus,dass ich das gesetzliche Regelungwerk der Fernwärme-Versorgung ganz gut kenne.

Na dann braucht man ja auf Selbstverständlichkeiten nicht erst eingehen.

Offline sternenmeer

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« Antwort #102 am: 08. August 2011, 14:47:52 »
RR-E-ft
Vielen Dank für Ihre letzten beiden Ausführungen.Einiges ist mir trotzdem
nicht klar.
1.Da allen meinen Nachbarn (gleichartige Abnehmerstruktur/standartisierte Verträge/gleiche AVB) die Verträge zum 01.01.2010 vertragsgemäss um
5 Jahre verlängert wurden,zu welchen Bedingungen ist dann mein kon-
kludenter Vertrag ab 01.01.2010 zustandegekommen?
2.Wie wirkt sich das neue Vertragswerk-das mehr ist als AGB´s-Änder-rungen- auf meinen konkludenten Vertrag aus?Sie sprachen nur von neu-
en AGB`s und nicht von neuem Vertrag in Ihren Antworten.
3.Wenn eine Änderung einer Sonder-AVB-Regelung NICHT im Rahmen des § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV angeboten wird,fällt sie dann grundsätzlich unter die gesetzliche Vorschrift der §§2-34 AVBFernwärmeV und ist nicht
über §§307 ff. angreifbar?
(z.B.könnte eine Klausel heissen:\"Für die erste Mahngebühr werden 150
Euro fällig.Muss ich diese akzeptieren?)

Offline RR-E-ft

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« Antwort #103 am: 08. August 2011, 15:01:20 »
Der Inhalt der Verträge, die 1984 abgeschlossen wurden, ist schon nicht bekannt.

Möglicherweise wich deren Inhalt schon von Anfang an nicht von den Bedingungen der §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV ab.
Möglicherweise wich er insbesondere nicht von § 4 AVBFernwärmeV ab.  

Selbst wenn deren Inhalt abweichen sollte, ist nicht ausgemacht, dass die Abweichungen überhaupt wirksam sind.

Möglicherweise sind auch alle anderen Kunden von Anfang an im Rahmen der AVBFernwärmeV zu beliefern, weil es in jedem Einzelfall an den Voraussetzungen für die Vereinbarung abweichender Regelungen gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV fehlte, etwa weil den Kunden schon seinerzeit keine erforderliche zwei Angebote für den Vertragsabschluss vorgelegt wurden und/ oder sie sich nicht ausdrücklich mit den Abweichungen einverstanden erklärt hatten.

Wir [zumindest ich] waren schießlich nicht mit dabei, als jene Verträge abgeschlossen wurden.
 
Der konkludente Vertragsabschluss kann jedenfalls nicht zu Vertragsbedingungen  führen, die ihrerseits gem. § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV ein ausdrückliches Einverständnis voraussetzen.

Das ist der entscheidende Punkt, wenn die anderen Verträge wirksam abweichende Bedingungen vorsehen sollten.

Offline sternenmeer

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« Antwort #104 am: 08. August 2011, 15:27:39 »
RR-E-ft
Sie sind meiner konkreten Fragestellung ausgewichen.
Wenn ein langjähriger Fernwärmevertrag ab 01.01.2010 vertragsgemäss
um 5 Jahre verlängert wird,welche gesetzliche Wirkungen kann ein einsei-tiges, mitgeteiltes Vertragsangebot auf diesen nicht gekündigten Vertrag
hervorrufen?Warum gilt nicht der verlängerte Vertrag weiter?
Wie ist eine AGB-Regelung rechtlich zu bewerten,die nicht unter § 1 Abs.3
AVBFernwärmeV fällt,aber auch den gesetzlichen Rahmen der AVB-Fern-
wärmeversorgung der §§ 2-34 verlässt?(s.obiges Beispiel mit überhöhten
Mahnkosten)?

 

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