Siehe
LG Bonn, Urt. v. 22.06.11 Az. 5 S 25/11 , Rdnr. 53 zur Kündigung eines Monopolunternehmens bei unwirksamer Preisänderungsklausel.
Der hiergegen vorgebrachte Einwand der Beklagten, sie habe aus wettbewerbsrechtlichen Gründen gar nicht kündigen können, da sie als damaliger Monopolist in der Region zur Belieferung der Kunden verpflichtet gewesen sei, überzeugt nicht. Die Beklagte hätte eine Änderungskündigung mit einer wirksamen Preisanpassungsklausel aussprechen können. In diesem Fall wäre von dem Kündigungsrecht nicht zum Zwecke der Durchsetzung höherer Preise Gebrauch gemacht worden, sondern zum Zwecke der Vereinbarung einer wirksamen Preisanpassungsklausel, an der die Beklagte – wie oben ausgeführt – ein berechtigtes Interesse hat.
Auch ein Monopolist ist nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des GWB nicht zur unveränderten Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen verpflichtet, wenn der Vertrag eine unwirksame Preisänderungsklausel enthält.
Original von sternenmeer
Ich bestreite nicht,dass ein Monopolist wegen unwirksamer Preisän-
derungsklauseln die standardisierten Norm-Sonderverträge aller gleicharti-ger Fernwärmeabnehmer kündigen kann,um tatsächlich gestiegene Kosten-
steigerungen ergebnisneutral auffangen zu können.
Gemäß § 19 Abs. 1 GWB (Generalklausel) ist jedoch der Tatbestand eines missbräuchlichen Verhaltens gegeben,wenn ein
-Fernwärme-Monopolist(Normadressat),
-bei einem Anschluss- und Benutzungszwang / Kontrahierungszwang
-gleichartiger Fernwärme-Abnehmerstruktur
ohne sachliche Rechtfertigung nur mir-dem einzigen Protestler-den Vertrag
kündigt.Eine solche Kündigung stellt eine missbräuchliche Ausnutzung ei-
ner marktbeherrschenden Stellung dar,da eine Diskriminierung gegenüber
allen anderen gleichartigen Fernwärmekunden (z.B.meinen Nachbarn) ge-
geben ist,denen nicht gekündigt wurde.
Durch eine einzelne,missbräuchliche Kündigung ist das Übel in Gestalt der
rechtswidrigen Preisänderungsklausel ja nicht aus der Welt geschafft.
Der Kartellsenat(BGH v. 07.12.2010,Az.:KZR 4/10,Rn. 57) sagt hierzu:
\"Die Ungleichbehandlung gleichartiger Abnehmer durch den Normadressa-
ten im beherrschten Markt spricht prima facie für eine unzulässige Diskrimi-
nierung.\"
Mir ist kein Urteil des BGH oder eines OLG bekannt,in dem eine Ungleichbe-
handlung gleichartiger Abnehmer durch einen Monopolisten nicht als kar-
tellrechtlicher Missbrauch angesehen wird.Darum geht es m.E.
Eine einzelne Kündigung eines Fernwärmevertrages durch einen Monopo-
listen bildet hier keine Ausnahme.
Soll wohl heißen, im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln dürfe der monopolistische Versorger deshalb nur entweder
allen vergleichbaren Kunden kündigen oder aber keinem, um den für ihn sehr unbefriedigenden Zustand eines Vertrages mit unwirksamer Preisänderungsklausel zu beenden. Alles andere sei kartellrechtswidrig diskriminierend.
Eine Rechtsausübung kann auch diskriminierend rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn der Versorger kommunal beherrscht wird und deshalb mittelbar der Grundrechtsbindung gem. Art. 3 GG unterliegt. Zu verweisen ist dafür auf die Hafenstraßen- Entscheidung des Hanseatischen OLG Hamburg (auch veröffentlicht in RdE 1988, S. 140 bzw. WuM 1988, S. 312).
Das ist im Kern keine schlechte Frage.
Sie führt nur gedanklich leicht in die Irre.
Dann beruft man sich jedoch eigentlich nicht auf einen Anspruch auf
unveränderte Fortsetzung eines bestehenden Vertragsverhältnisses zu
unveränderten Bedingungen, sondern auf einen (auch auf Kartellrecht gestützten) Anspruch auf Versorgung
zu den Bedingungen gleichartiger Abnehmer- bzw. Versorgungsverhältnisse.
Das ist bei Lichte betrachtet aber wohl etwas
ganz anderes, weil schließlich die Bedingungen für gleichartige Abnehmer - bzw. Versorgungsverhältnisse im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln
angepasst werden können.
So gesehen gilt wohl:
Allein der
Zufall will es, wenn die Bedingungen für die Belieferung gleichartiger Abnehmer- bzw. Versorgungsverhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt (Schluss der mündlichen Verhandlung über den Klageantrag) immer noch mit den
unveränderten Bedingungen des bisherigen (gekündigten) Vertrages übereinstimmen sollten.
Einen Anspruch auf
Unveränderlichkeit gibt es m.E. eben, insbesondere in der ganz besonderen Fallkonstellation, nicht.
Dass der Versorger nicht bereit sei, zu den Bedingungen gleichartiger Abnehmer- und Versorgungsverhältnisse zu beliefern, ist wohl nicht ersichtlich.
Im Falle eines nach der Kündigung
konkludendet abgeschlossenen Neuvertrages richtet sich dessen Inhalt gerade - in Ermangelung veröffentlichter Bedingungen und Preise - nach den Bedingungen und Preisen für gleichartige Abnehmer- bzw. Versorgungsverhältnisse, § 2 AVBFernwärmeV.
Womöglich wollte das Landgericht gerade darauf hinweisen:
Es könne offen bleiben, ob konkludent ein neues Vertragsverhältnis begründet wurde.
Es scheint ja eine Weiterbelieferung über den Beendigungszeitpunkt der Kündigung hinaus jedenfalls zu erfolgen.
Diese weitere Belieferung wird wohl nach dem Willen der Parteien auf vertraglicher Grundlage erfolgen, so dass sich dann die Frage nach dem Inhalt dieser vertraglichen Grundlagen stellt.
Aber selbst wenn der Versorger auch als Normadressat des § 19 GWB nicht bereit sei, zu den Bedingungen und Preisen vergleichbarer Abnehmer- bzw. Versorgungsverhältnisse zu beliefern, müsste der Klageantrag wohl anders lauten, um eben
jenes Rechtsschutzziel zu erreichen.
Ob der Preis, den der Versorger in vergleichbaren Abnehmer- bzw. Versorgungsverhältnissen fordert, angemessen oder jedoch kartellrechtswidrig überhöht ist, ist demgegenüber wieder eine vollkommen andere Frage.
Dafür wiederum geht es wohlgemerkt nicht um die Frage, ob die Preisänderungsklauseln wirksam sind oder nicht.