Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung  (Gelesen 59169 mal)

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Offline nomos

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #60 am: 27. Mai 2008, 15:08:05 »
@RR-E-ft, unseriös so weiter machen ist aber auch keine akzeptable Alternative. Zu unserer Wirtschaftsordnung gehört letztendlich auch die Insolvenz. Das hat mit \"seriös\" nicht viel zu tun. Man kann seriös oder unseriös in die Insolvenz geraten.

Ansprüche, die wir an die privaten Verbraucher stellen, sollten wir erst recht bei den Energieversorgern erwarten. Wenn dem Verbraucher schon etwas \"schwant\" sollte das einem EVU, das ja sicher mit juristischem Beistand die Verträge selbst entworfen hat erst recht \"schwanen\". Die EVUs werden ja in den diversen Seminaren und Veranstaltungen ständig auf dem Laufenden gehalten. Ich denke auch was die juristischen Unwegbarkeiten betrifft. Manche Referenten sitzen ja oft an der unmittelbaren Quelle. ;)

Also ein leistungsfähiges und seriöses Unternehmen verhält sich entsprechend und trifft für erkennbare Risiken ausreichend Vorsorge und vermeidet so die Insolvenz.  Ansonsten, so ist das Leben. Wer das Geld für Quersubventionen oder zweckfremd verwendete Gewinnauschüttungen ausgegeben hat, der hat allerdings keine Geld mehr.  Aber das kritisieren wir ja schon lange. Überhöhte Preise, keine Risikovorsorge, ja was ist daran seriös? Wer sich kundenunfreundlich verhält, schafft sich Wettbewerbsnachteile. Bei einem funktionierenden Wettbewerb, den wir ja alle wollen, kann auch das zur Insolvenz führen. Mit den meisten Verbrauchern lässt sich reden, man könnte ja mit dem betroffenen EVU auch eine etwas längerfristige Verrechnung vereinbaren. Die Insolvenz des eigenen Versorgers ist ja nicht das Ziel, sondern faire und bezahlbare Preise. Es gibt immer einen Weg.

Offline Kampfzwerg

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #61 am: 27. Mai 2008, 19:05:57 »
Zitat
Original von belkin
Die Antwort auf Ihre Frage finden Sie in den Randnummern 7 und 8 des angesprochenen Urteils.

Der Zeitpunkt der Kenntnis ist derjenige, in dem Sie wissen, dass Sie einem anderen Geld überwiesen haben bzw. dass ein Anderer Geld von Ihnen erhalten hat.

Es kommt allein auf die Kenntnis an, dass Geld von Ihnen ein Anderer erlangt hat.

Ob der Empfänger des Geldes dies ohne Rechtsgrund, was Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch gem. § 812 BGB ist, erlangt hat, spielt für die Kenntnis keine Rolle.

@belkin @berghaus

zum obigen Zitat:
Das sehe ich aber ganz anders! Vorsichtig ausgedrückt! ;)
So einfach ist es leider eben nicht und deswegen kann ich die Unsicherheit von @berghaus sehr gut nachvollziehen.

Entscheidend ist die positive Kenntnis einer Nichtschuld zum Zeitpunkt der Zahlung!
Siehe hierzu noch einmal die Seite 1 dieses Threads, speziell die Beiträge von RR-E-ft.


Und wenn der Empfänger des Geldes (Versorger) dies in Kenntnis einer Nichtschuld des Leistenden (Kunden) empfangen hat, greift § 819 BGB!
Es spielt also sehr wohl eine Rolle, wenn auch nicht für § 812 BGB.

Das trifft wohl für diejenigen unter uns zu, die ihren Versorger selbst auf ihren Sondervertragsstatus hingewiesen haben, aber trotzdem auf dessen Forderung, ob unter Vorbehalt oder auch nicht konsequent auf die Einstandspreise gekürzt, geleistet haben!
Soll ja, bei Mitstreitern,  vorgekommen sein  :(


Belkin schrieb:
Zitat: Es kommt allein auf die Kenntnis an, dass Geld von Ihnen ein Anderer erlangt hat.
Entschuldige bitte, aber das ist m. E. schlichter Unsinn.


@nomos schrieb, und ich schliesse mich dieser Meinung an:
Bei rechtsunwirksamer Preisanpassungsklausel dürfte die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres 2008 beginnen (Urteil darüber und somit Kenntnis in 2008 ). Aber wie immer alles o.O. Im Streitfall entscheidet das zuständige Gericht.
Sehe ich ganz genauso.

Auch, wenn RA immer vom worst case ausgehen (kann ich nachvollziehen)  und  ;)den \"Zeitpunkt der Kenntnis\", auch wenn er explizit im BGB erwähnt wird,  gerne \"negieren\" oder auch als unwichtig einstufen (nach Tenor bzw. Rechtsprechung der Gerichte ?)(hhhhmmmm, d a s ist wohl ein Thema für sich).

Offline tangocharly

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #62 am: 27. Mai 2008, 21:37:51 »
Also erst mal sachte.

Wenn die Entscheidung des III. Senats nachgelesen wird (dort Ziff. 7), dann wird zunächst einmal deutlich, dass es nicht darauf ankommt, ob der Gläubiger wegen der Rechtslage \"positive Kenntnis\" haben konnte oder ob nicht.

Dem BGH reicht die \"subjektive Kenntnislage\" aus; dies liegt alles im Tatsächlichen und nicht im Rechtlichen.

Eine Ausnahme soll dann gelten, wenn eine undurchsichtige Rechtlage besteht, die selbst rechtskundige Dritte nicht zuverlässig durchschauen können.

Diese zuletzt genannte Ausnahme muss man für Sondervertragskunden dahin ausleuchten, wann es Entscheidungen des BGH zur Nichtigkeit von Klauselregelungen gibt (z.B.: die Entscheidung des BGH zu den Klauseln in Flüssigkeitsgasverträgen vom 13.12.2006, Az.: VIII ZR 25/06 oder vom 21.09.2005, Az. VIII ZR 38/05).

Wenn also feststeht, dass solche Klauseln unwirksam sind, dann bleibt kein Auge trocken, dann muss gehandelt werden (worst-case hin, worst case-her).

Und damit kein Missverständnis entsteht: der § 814 BGB spielt hier zunächst keine Rolle; dabei handelt es sich um eine Einwendung des Schuldners, der sich auf die Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld durch den Gläubiger berufen will. Dies setzt keine Kenntnislage voraus, sondern positive Kenntnis. Dies ist der engere Begriff. Der Unterschied beruht in der Ueberlegung, das Verjährungsrecht zu vereinfachen (Rechtsfrieden und -sicherheit).

Der § 819 BGB ist ebenso eine andere Ebene. Dabei handelt es sich um eine Bestimmung, die die Haftung des Schuldners bei Bösgläubigkeit verschärft. Die Bestimmung beantwortet die verjährungsrechtlichen Fragen auch nicht.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline userD0009

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #63 am: 27. Mai 2008, 22:19:33 »
@Kampfzwerg

Wie würden Sie dann diese Passage des Urteils interpretieren?

Ziff. 8 a.E.

\"... In anderen Fällen stehen ihm wie den Gläubigern sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche, bei denen sich das Vorliegen eines Anspruchs ebenfalls erst nach Klärung nicht immer geläufiger Rechtsfragen ergeben kann, zumindest drei Jahre zur Verfügung, um den Vorgang rechtlich prüfen und sich entsprechend beraten zu lassen.\"

Der BGH macht nur eine Ausnahme bei einer  \"... unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage\"(Ziff. 7).
Das sehe ich so wie @tangocharly.

Ich ziehe aus den ganzen Ausführungen meinen bekannten Schluss.

Grüße
belkin

Offline Kampfzwerg

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #64 am: 28. Mai 2008, 11:19:14 »
Wieso denn „sachte“? :)
Sollte meine Antwort schroff oder unhöflich bei Euch angekommen sein, möchte ich mich schon einmal vorsorglich entschuldigen. Das war wirklich nicht beabsichtigt, sorry.


Mein Einwand bezog sich ausschließlich auf den Text in dem vorgenannten Zitat von @belkin
(wobei ich das wahrscheinlich besser noch einmal hätte teilen sollen)

Ich dachte bisher: Es kommt auf die Kenntnis der Nichtschuld zum Zeitpunkt der Leistung an.
Das hat inhaltlich doch wohl grundsätzlich eine völlig andere Bedeutung zu der inhaltlichen Aussage von @belkin,
nach der nur auf die Kenntnis der Leistung, also des Geldeingangs oder –Übergangs abgestellt wird.
So habe ich dessen inhaltliche Aussage jedenfalls aufgefasst.
Also sehe ich das eben ganz anders  ;)

Und um nichts anderes ging es mir!
Nicht um eine unterschiedliche Interpretation des Urteils Ziff.7 und 8 o. ä.!

Wir haben hier schon einmal, auf der ersten Seite, ähnliche Überlegungen angestellt, wie jetzt @Berghaus und deswegen kann ich seine Zweifel nachvollziehen.
Wobei allerdings die Kenntnis des Forums wohl leider keine Rolle spielt  :)
Und ich habe @nomos Meinung s. o. zugestimmt.

Die „subjektive“ Kenntnis wäre dann wohl wirklich schon eine diffuse „Ahnung“, die sich in Folge in einer Zahlung „unter Vorbehalt“ widerspiegelt?
Aufgrund von Hörensagen, Presse, Funk und Fernsehen?
Und nicht wegen der Rechtslage?!
Aber gerade dann argumentiere ich doch mit der undurchsichtigen selbigen, die selbst rechtskundige Dritte in Gestalt von RAen und Gerichten oftmals nicht durchschauen können.
Beweise siehe hier im Forum in der Urteilsdatenbank.
Und weise als SVK auf die entsprechenden Entscheidungen des BGH in Bezug auf unwirksame Klauseln hin. Denn schlauer als der BGH kann ich als unwissender Laie, wohl schon gar nicht vor diesem, doch sicher nicht gewesen sein.  

Meine Bemerkung bezüglich des worst case, auf den RAe so gerne abstellen, also generell 3 Jahre Verjährung, hat folgenden Hintergrund:
Mitstreiter, die ihre RAe auf die Voraussetzung der Kenntnis als zusätzliches Kriterium für den Beginn der Verjährungsfrist (gem. BGB 199 Abs.1 Satz 1 „und“ Satz 2) hinwiesen, erhielten vereinzelt die Auskunft, das stünde zwar so im BGB, aber die Gerichte würden dazu neigen, den Umstand der Kenntnis nicht zu beachten.
Dieser Umstand wäre also nicht maßgeblich!?!
Frei nach dem Motto: steht zwar im BGB, aber was soll` s und wen stört` s?
Und der Laie staunt und wundert sich!

Offline berghaus

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #65 am: 28. Mai 2008, 15:27:14 »
Zitat
von Kampfzwerg:
Wir haben hier schon einmal, auf der ersten Seite, ähnliche Überlegungen angestellt, wie jetzt @Berghaus und deswegen kann ich seine Zweifel nachvollziehen.
Wobei allerdings die Kenntnis des Forums wohl leider keine Rolle spielt smile

@Kampfzwerg

Wenn Du mit \"Kennnis des Forums\" meinst, dass  bei meiner Frage die \"Erkenntnisse des Forums\" keine Rolle gespielt haben, ich diesen Thread nicht gelesen habe oder gar das Forum nicht \"kenne\", ist dieser Vorwurf nicht berechtigt.

Mit meinem Beitrag vom 21.01.08 habe ich die Disskussion nach dem Ausflug in die Stromwelt zum ersten mal wieder angestossen.

Auch jetzt bin ich froh, dass die Diskussion nach meinem \'Zweifel\' wieder munter weitergeht.

RR-E-ft hält sich, wenn er einen mit so vielen Fragen nicht gerade zum Anwalt oder gar zur Volkshochschule schickt, ja auch wieder ein wenig bedeckt:
\"Man sollte im Zweifel immer davon ausgehen, dass....\" Beitrag am 27.05.08
Also doch noch Aussichten auf Rückzahlungen für Überzahlungen in den Jahren  vor 2005?
Meine Zweifel sind nach wie vor nicht ausgeräumt.

berghaus

Offline Kampfzwerg

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #66 am: 28. Mai 2008, 16:12:59 »
@berghaus
Himmel, rede ich denn chinesisch :(
Bitte nicht traurig sein, denn Du hast mich einfach nur gründlichst missverstanden.  ;(

NEIN. Das meine ich nicht.
Und NEIN, das war KEIN Vorwurf!
Und nochmals nein, es geht NICHT um Deine Fage!

Sondern z. B. um die Kenntnis einer unwirksamen Preisklausel und einer trotzdem erfolgten Zahlung über die ehemals vertraglich vereinbarten Preise hinaus. Und die Kenntnis der unwirksamen Klausel könnte dann eben auf einer Veröffentlichung eines BGH-Urteils basieren.

Ich kann sehr gut verstehen, dass Deine Zweifel noch nicht ausgeräumt sind. Da Du diesen Thread gelesen hat, weisst Du wohl, dass es mir ebenso geht.
Aber ich habe bis heute noch keine abschliessende, eindeutige und überzeugende Antwort gefunden!
Meine persönliche Überzeugung ist, dass es sehr wohl Möglichkeiten einer Rückforderung über 2005 hinaus gibt.
Aber bevor nicht ein Kunde einen Anwalt gefunden hat, der diesen Weg auch mitgeht........

Und ich bin ebenfalls froh, dass durch Deinen Anstoss diese Diskussion munter weiter geht! :)

Offline nomos

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #67 am: 29. Mai 2008, 13:07:58 »
Zitat
Original von tangocharly
Wenn die Entscheidung des III. Senats nachgelesen wird (dort Ziff. 7), dann wird zunächst einmal deutlich, dass es nicht darauf ankommt, ob der Gläubiger wegen der Rechtslage \"positive Kenntnis\" haben konnte oder ob nicht.

Dem BGH reicht die \"subjektive Kenntnislage\" aus; dies liegt alles im Tatsächlichen und nicht im Rechtlichen.

Eine Ausnahme soll dann gelten, wenn eine undurchsichtige Rechtlage besteht, die selbst rechtskundige Dritte nicht zuverlässig durchschauen können........
Zitat
Original von belkin

Wie würden Sie dann diese Passage des Urteils interpretieren?
Ziff. 8 a.E.
\"... In anderen Fällen stehen ihm wie den Gläubigern sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche, bei denen sich das Vorliegen eines Anspruchs ebenfalls erst nach Klärung nicht immer geläufiger Rechtsfragen ergeben kann, zumindest drei Jahre zur Verfügung, um den Vorgang rechtlich prüfen und sich entsprechend beraten zu lassen.\"
Der BGH macht nur eine Ausnahme bei einer  \"... unübersichtliche oder zweifelhafte Rechtslage\"(Ziff. 7).
Das sehe ich so wie @tangocharly.
Ich ziehe aus den ganzen Ausführungen meinen bekannten Schluss.
    @belkin und @tangocharly, trotz den Erfahrungen bin ich doch immer wieder verwundert, was sich aus (für den Bürger) eindeutigen Gesetzesforumulierungen bei Gericht entwickelt. Ich frage mich daher zuerst, wie Juristen Gesetzestexte interpretieren und was der Gesetzgeber eigentlich gewollt hat.

    Das Ziel der Vereinfachung der Verjährungsvorschriften scheint doch nicht so ganz gelungen zu sein:
siehe hier

Für mich gibt es bei dem nachstehenden Gesetzestext eigentlich nichts zu interpretieren.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.[/b]

Gerichte sind an die Gesetze gebunden und Gesetze dürfen nicht entgegen dem Wortlaut ausgelegt werden. Erst mit gerichtlichen Gesetzesauslegungen, die für den Großteil der Bürger bemerkenswert überraschend und unverständlich sind, entsteht oft Unsicherheit. Für den Bürger für den die Gesetze gemacht werde und in dessen Namen ja Recht gesprochen wird,  wird es immer schwieriger zu folgen.[/list]

Offline tangocharly

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #68 am: 01. Juli 2008, 09:45:03 »
Der BGH hat am 23.06.2008 (Az.: XI 132/07) - Urteilsgründe und PM leider noch nicht veröffentlicht - zur Frage des Verjährungsbeginns eine neue Entscheidung getroffen und dabei folgendes ausgeführt:
Zitat
Beweisschwierigkeiten.... stehen dem Verjährungsbeginn nicht entgegen, weil dieser - was das Berufungsgericht verkennt - keineswegs voraussetzt, dass der Geschädigte bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand hat, um einen
Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können (BGH, Urteile vom
18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, WM 1994, 750, 752 und vom 31. Oktober 2000 -
VI ZR 198/99, NJW 2001, 885, 886,
insoweit in BGHZ 145, 358 nicht
abgedruckt).
Die erforderliche Kenntnis ist vielmehr bereits vorhanden, wenn die dem
Geschädigten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein
schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen
zu lassen (BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93 aaO). Es muss dem
Geschädigten lediglich zumutbar sein, aufgrund dessen, was ihm hinsichtlich
des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben
, wenn auch
mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der
Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen (BGH, Urteil vom
31. Oktober 2000 aaO).

Es hilft also nichts, sich gegen die Verjährung mit individueller Unkenntnis zu stemmen. Seit Okt. 2004 ist die Presse über die Machenschaften der mafiösen Energiewirtschaft voll mit Horrormeldungen. Das reicht aus für § 199 Abs. 1 Nr 2 BGB.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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« Antwort #69 am: 01. Juli 2008, 11:31:32 »
@tangocharly

Dass der Rückforderungsanspruch bei einer unbilligen Entgeltfestsetzung auch bei Zahlung unter Vorbehalt sofort mit der Zahlung auf die unbillige Entgeltfestsetzung entsteht und fällig ist und deshalb auch die Verjährung ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt, ergibt sich bereits aus der aufgeführten Entscheidung des Thüringer OLG Jena. Nichts anderes gilt für Zahlungen auf infolge unwirksamer Preisänderungsklauseln rechtsgrundlose Zahlungen auf Preiserhöhungen. Von mafiösen Strukturen im Zusammenhang mit der Energiewirtschaft wurde nirgends berichtet. Es ist auch unangemessen, die Rede davon zu führen. In den Medien berichtet wurde vielmehr von dem Verdacht des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen durch Energieversorgungsunternehmen.

Offline berghaus

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« Antwort #70 am: 01. Juli 2008, 16:33:54 »
Zitat
von RR-E-ft:
Dass der Rückforderungsanspruch bei einer unbilligen Entgeltfestsetzung auch bei Zahlung unter Vorbehalt sofort mit der Zahlung auf die unbillige Entgeltfestsetzung entsteht und fällig ist und deshalb auch die Verjährung ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt, ergibt sich bereits aus der aufgeführten Entscheidung des Thüringer OLG Jena. Nichts anderes gilt für Zahlungen auf infolge unwirksamer Preisänderungsklauseln rechtsgrundlose Zahlungen auf Preiserhöhungen.
.....  In den Medien berichtet wurde vielmehr von dem Verdacht des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen durch Energieversorgungsunternehmen.

Meine Frage dazu:
Ist denn nun der mit dem Vorbehalt offenbarte Verdacht im Jahr 2005, der zur (möglicherweise) rechtsgrundlosen Zahlung der Jahresrechnung 2004/2005 unter Vorbehalt geführt hat, der Beginn der \"Kenntnis\" für den Beginn der Verjährungsfrist.

Und dann wieder meine Kernfrage:
Beginnt damit auch die Verjährungsfrist für die vielen rechtsgrundlosen Zahlungen ohne Vorbehalt der Jahre 2004 und früher? (als ich noch keinen Verdacht und erst recht keine Ahnung von der Rechtsgrundlosigkeit hatte)

Oder ist jetzt klar, dass bei allen Rückforderungen von 2004 und früher geleisteten rechtsgrundlosen Zahlungen vom Versorger der Einwand der Verjährung erhoben werden kann?
berghaus

Offline RR-E-ft

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« Antwort #71 am: 01. Juli 2008, 16:41:01 »
@berghaus

Der Einwand der Verjährung kann immer erhoben werden.
Fraglich nur, ob mit Erfolg.

Rechtsgrundlos erfolgte Zahlungen unterliegen ab dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgten, einem fälligen Rückforderungsanspruch. In oder vor 2004 fällige Rückforderungsansprüche wegen rechtsgrundloser Zahlungen sind mit Ablauf des 31.12.2007 verjährt. Darauf, wann man aufgrund welcher Umstände  welchen Verdacht geschöpft haben will, kommt es dabei grundsätzlich nicht an.

In diesem Zusammenhang interessiert es den Gasmann, wer hier wann welchen Beitrag gelesen hatte. Wer meint, er sei nun im Lottoglück, weil er gerade heute erst  festgestellt habe, dass eigentlich der 1965 vereinbarte Gaspreis gilt und er deshalb über all die Jahre zuviel gezahlt hatte, der hat irgend etwas nicht richtig verstanden.

Offline nomos

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« Antwort #72 am: 01. Juli 2008, 17:33:08 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Rechtsgrundlos erfolgte Zahlungen unterliegen ab dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgten, einem fälligen Rückforderungsanspruch. In oder vor 2004 fällige Rückforderungsansprüche wegen rechtsgrundloser Zahlungen sind mit Ablauf des 31.12.2007 verjährt. Darauf, wann man aufgrund welcher Umstände  welchen Verdacht geschöpft haben will, kommt es dabei grundsätzlich nicht an.
    @RR-E-ft, gehe ich recht in der Annahme, dass dann hier früher ein Punkt gesetzt und der Rest gestrichen gehört. Wenn das das geltende Recht ist führt der letzte Teil des nachstehenden Satzes aus dem Gesetz nur in die Irre. Wie ich sehe geht es mehreren Lesern so.

    ... oder gibt es eine relevante Fallgestaltung für diesen Satzteil?  

Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist
und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
[/COLOR][/list]

Offline RR-E-ft

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« Antwort #73 am: 01. Juli 2008, 17:52:57 »
@nomos

Die Regelung ist abstrakt generell und deshalb im Gesetz zutreffend.

Für den konkreten Fall muss man sie indes auch richtig lesen.
Der den Anspruch begründendende Umstand ist die erfolgte Zahlung selbst, die Person des Schuldners ist identisch mit dem Zahlungsempfänger. Mehr sollte man wohl nicht wissen müssen.

Wenn  ein Unbekannter eine Scheibe einwirft, entsteht deshalb auch ein sofort fälliger Schadensersatzanspruch des geschädigten Eigentümers aus § 823 BGB. Die Verjährung beginnt aber erst ab Kenntnis des Gläubigers von der Person des Schuldners....

Wir machen hier keinen VHS- Kurs zum Allgemeinen Teil des BGB. ;)

Wer meint, er habe wegen Überzahlungen  noch Geld vom Versorger zurückzufordern, der wende sich mit diesem Anliegen tunlichst zügig an einen Rechtsanwalt und vertraue nicht darauf, dass er selbst über die Fähigkeit verfügt, bestehende Gesetze selbst zutreffend auszulegen. Ich denke, meinen Standpunkt dazu schon mehrfach deutlich gemacht zu haben.

Offline nomos

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« Antwort #74 am: 01. Juli 2008, 19:36:04 »
@RR-E-ft, danke für die Erläuterung. Trotzdem denke ich, dass bei dieser Materie nicht einmal mehr die Einschaltung eines Rechtsanwalts vor jeder Zahlung einer Energierechnung wirklich hilft. Der Gesetzgeber wollte die Verjährungsregelungen mit der letzten Novellierung  doch vereinfachen und verbessern? Für die Verbraucher scheint das nicht so ganz gelungen.

Sorglos zahlen könnte man, wenn der Versorger auf die Einrede der Verjährung auf eine Rückforderung verzichten würde, falls sich später herausstellen sollte, dass schuldlos gezahlt wurde. Aber der Verzicht auf die Einrede der Verjährung ist ja nach unserem BGB sinnigerweise erst nach deren Eintritt möglich. Die Frist ist doch sehr kurz und ich sehe da die brav zahlenden Verbraucher erheblich im Nachteil. Das war bei der früheren regelmäßigen Verjährung (30 Jahre) noch kein Thema.  

Wie sehen Sie dann die Regelung in § 203 BGB? Könnte man damit den ungeklärten Anspruch wenigstens vor Verjährung schützen? Nichts zu zahlen ist ja auch keine Lösung.  ;)

PS:
Die Frage betrifft mich nicht wirklich, aber ich denke sie interessiert viele Energieverbraucher. Daher stelle ich sie, auch weil kein VHS-Kurs ;) darauf eine kompetente Antwort verspricht.

 

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