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Autor Thema: Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?  (Gelesen 74843 mal)

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Offline Black

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #75 am: 19. Januar 2011, 15:26:55 »
Zitat
Original von jofri46
Mal dumm gefragt:

Könnte der GV in der Klage gegen den Kunden nicht den Antrag stellen, die Sperrung durch einen Beauftragten des NB, ersatzweise durch einen Beauftragten des GV, durchführen zu lassen?

Ist bei dem Vollstreckungstermin durch den Gerichtsvollzieher kein Beauftragter des rechtzeitig vorher verständigten NB anwesend, steht ersatzweise der Beauftragte des GV bereit. Das gibt der Vollstreckungstitel dann doch her?

Dazu müssen Sie beachten, dass diese Diskussion hier sehr künstlich ist.

In der Rechtspraxis besteht natürlich kein Zweifel, dass der GV unter Berufung auf § 19 GVV selbst erfolgreich gegen den Kunden auf Zutritt klagen kann und dies nicht nur dem Netzbetreiber vorbehalten ist (LG Kassel, 10.05.2007, 1 S 430/06; RdE 2008, S. 257).
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #76 am: 19. Januar 2011, 15:33:43 »
Dazu müssen Sie beachten:

In der Rechtspraxis war es lange so, dass es hieß, eine Billigkeitskontrolle von Preisänderungen finde nicht statt.
Da hätte Black wohl nicht nur einen Schuhkarton voller Entscheidungen anbringen können.
(Wurde in der Gerichtspraxis auch so gemacht, so dass man kartonweise entsprechende Entscheidungen übersandte.)

Interessant wäre allenfalls, ob und ggf. wie die zitierte Entscheidung ggf. in der Zwangsvollstreckung gegen einen hinreichend willensstarken und durchsetzungsfähigen Kunden durchgesetzt werden konnte, wenn der Netzbetreiber nicht mitgewirkt hatte.

Denn Recht bekommen und Recht durchsetzen sind bekanntlich zwei paar Schuhe.
Manchem genügt ein Titel hübsch gerahmt als Wandschmuck.

Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #77 am: 19. Januar 2011, 17:49:12 »
Ich kann mir schwer vorstellen, dass etwa Teldafax in den Verträgen eine mit § 19 GVV inhaltsgleiche Klausel verwendet, einen Kunden, der nicht zahlt, nach Blacks Modell verklagt und sodann ohne Mitwirkung des Netzbetreibers den beim Kunden vorhandenen Zähler selbst sperrt bzw. ausbaut.

Schwer vorstellbar, dass sich ein Netzbetreiber dies gefallen lassen wollte und müsste, der sich selbst entschieden hatte, sein Zutrittsrecht gem. §§ 24, 21 NAV nicht gerichtlich geltend zu machen bzw. durchzusetzen.

Der Netzbetreiber hat ein lebhaftes Interesse daran, dass sich Lieferanten allenfalls Zugang verschaffen, um den Zähler abzulesen und sich nach einer solchen Ablesung wieder von dannen machen.

Es ist rein gar nichts dafür ersichtlich, dass Netzbetreiber ein Interesse daran haben, dass Lieferanten ohne ihre Mitwirkung Zähler sperren oder ausbauen.

Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #78 am: 19. Januar 2011, 18:55:23 »
Blacks Modell funktioniert vollstreckungsrechtlich nicht:

Wenn der Netzbetreiber nicht mitwirkt, geht bei der Vollstreckung nichts los.

Selbst wenn der Netzbetreiber mitwirkt, darf wegen § 750 ZPO bei der Vollstreckung nach Blacks Modell aus dem  Titel, den der Lieferant erstritten hat, auch nichts losgehen.

Wird dem Netzbetreiber nämlich der Zutritt verweigert, fehlt es diesem am eigenen Titel und an eigener Klausel.

Um das zu erkennen, muss man wohl nicht erst bei Reinhard Prüske ein Rechtsgutachten in Auftrag geben.

Blacks Vostellungen von der vollstreckungsrechtlichen Durchsetzbarkeit sind mit Rücksicht auf § 750 ZPO wohl als abenteurlich zu bezeichnen.

Wenn ein Titel nicht im Rahmen der Zwangsvollstreckung gerichtlich zwangsweise durchsetzbar ist, so fehlt es regelmäßig bereits im Erkenntnisverfahren am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, so dass eine entsprechende Klage bereits  als unzulässig abzuweisen ist.

Wandschmuckproduktion ist nicht Aufgabe der Gerichte.

Offline Black

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #79 am: 19. Januar 2011, 20:12:12 »
Das was Sie Blacks Modell nennen, ist als Bezeichnung in doppelter Hinsicht falsch.

Zunächst einmal ist es kein \"Modell\", sondern die aktuelle Rechtspraxis, die über das Stadium eines Modelles hinaus ist. Weiterhin handelt es sich nicht um meine persönliche \"Erfindung\" sondern um einen Verweis auf existente und zutreffende Rechtsquellen zu dieser Frage.

Zitat
Original von RR-E-ft
Dazu müssen Sie beachten:

In der Rechtspraxis war es lange so, dass es hieß, eine Billigkeitskontrolle von Preisänderungen finde nicht statt.
Da hätte Black wohl nicht nur einen Schuhkarton voller Entscheidungen anbringen können.
(Wurde in der Gerichtspraxis auch so gemacht, so dass man kartonweise entsprechende Entscheidungen übersandte.

Das hätte ich. Und es hätte belegt, dass sehr viele Verbraucher vor diversen Gerichten ihre Prozesse - mit allen damit verbundenen Folgen - verloren haben.

Vor einer Änderung der Rechtsprechung ist niemand gefeit. Aber auch damals - insbesondere vor Eintritt einer solchen Änderung, wäre ein Rechtsanwalt der durch die Lande zieht und den Leuten erzählt, es gäbe bereits völlig unstreitig die Billigkeitskontrolle nur als Scharlatan zu bezeichnen gewesen.

Es macht daher einen gewaltigen stilistischen Unterschied, ob man im Rahmen einer vermeintlich juristischen Diskussion erkennbar eine neue eigene Mindermeinung etablieren möchte - was jedem zusteht. Oder ob man relativ dreist behauptet die eigene Rechtsauffassung sei ohnehin die einzig überhaupt vertretbare und eine abweichende bestehende Praxis völlig ignoriert oder als abenteuerlich bezeichnet.

RR-E-ft verweist z.B. in Fragen der Zwangsvollstreckung gerne auf Prüske in der Hoffnung damit seiner eigenen Aussage mehr Gewicht zu verleihen.  Gleichzeitig ignoriert er aber bisher Morell weil ihm dessen klare Aussage zu § 19 GVV nicht ins Konzept passt. Wenn man aber Meinungen der Rechtsliteratur ganz nach Gutdünken mal stolz benennt und dann wider verschweigt, zeigt das nur, dass man sich in günstigen Momenten mit diesen Namen nur \"schmücken\" möchte.

Das Gleiche gilt z.B. für den BGH. Man kann nicht wenn es einem gerade günstig erscheint die Richtigkeit einer Rechtsauffassung mit einem Verweis auf den BGH belegen wollen um dann an anderer Stelle die Rechtsprechung des BGH völlig zu ignorieren, weil man sie falsch findet. Entweder der BGH taugt als generelle Autorität zum Beleg einer Rechtslage - dann im Guten wie im Schlechten - oder er taugt eben nicht.

Generell bleibt festzustellen dass RR-E-ft weniger an juristischer Diskussion interessiert ist, als an Meinungsmache in eigener Sache.
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Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #80 am: 19. Januar 2011, 20:24:32 »
@Black

Sie wollten ja die Frage nach der vollstreckungsrechtlichen Durchsetzbarkeit eines vom Lieferanten erstrittenen Titels ohne Mitwirkung des Netzbetreibers  mit Rücksicht auf § 750 ZPO und die Notwendigkeit von Titel und Klausel als Vollstreckungsvoraussetzungen beantworten.

Dazu kommt von Ihnen jedoch nichts.

Statt dessen lenken Sie damit ab, dass es im Erkenntnisverfahren eine Entscheidung eines Landgerichts (veröffentlicht in RdE) gegeben habe, welche die Klage für zulässig erklärte.

Dass der so erstrittene Titel vollstreckungsrechtlich ohne Mitwirkung des Netzbetreibers durchgesetzt werden konnte, behaupten Sie noch nicht einmal.

Ein Titel, der vollstreckungsrechtlich nicht durchsetzbar ist, mag allenfalls als Wandschmuck wertvoll erscheinen.

Die Kommentierung von Morell ist wie immer interessengeleitet, lässt die Frage der Notwendigkeit der vollstreckungsrechtlichen Durchsetzbarkeit vollkommen außen vor. Es ist nicht ersichtlich, wie Kollege Morell darauf kommen will, dass mit einem solchen Titel die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gem. § 750 ZPO vorliegen sollen.


Zitat
Original von Black
Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Na dann sagen Sie uns bitte, was überhaupt bei der Zwangsvollstreckung aus \"Ihrem\" Titel losgehen soll, wenn der Netzbetreiber nicht mitwirkt.

Ich meine, dann geht jedenfalls gar nichts los.
Außer Spesen nichts gewesen.

Dann lassen wir uns mal zu diesem interessanten Problem kommen. Ich werde das auch gerne erläutern.

Na dann nun mal los! Bitte bringen Sie Ihre Erläuterungen an.

Bitte kommen Sie ohne weitere Umschweife auf den entscheidenden Punkt.

Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #81 am: 19. Januar 2011, 21:08:58 »
@Black

Nicht zum Thema gehörend und deshalb nur am Rande:

Ich habe mich mit meiner Meinung bereits 2004 der öffentlichen Diskussion gestellt. Und schon zu jener Zeit habe ich nicht die Auffassung vertreten, dass bei Energiepreiserhöhungen durch den Versorger eine Billigkeitskontrolle jedenfalls zu erfolgen habe.

Anfang November 2004 war ich zB. bei der EWE in Westerstede und habe an einer im NordwestRadio live übertragenen Diskussion teilgenommen und dabei auch Dr. Brinker deutlich erklärt, dass eine Billigkeitskontrolle bei Erhöhung der Allgemeinen Tarife zu erfolgen habe, es jedoch oftmals bereits an einem Preisänderungsrecht für den Energieversorger fehle, wenn es sich nicht um Allgemeine Tarife handelt.
Dr. Brinker tat dies öffentlich als \"Quatsch\" ab.

Bezeugen können das
Dr. Werner Brinker, Oldenburg,
Prof. Wolfgang Pfaffenberger (Bremen),
Imgard Czarnecki (VZ Bremen).

Zudem gibt es die Mitschnitte der Sendung.

Da ging es auch schon nicht um Meinungsmache in eigener Sache, wie sich in der Entscheidung des BGH vom 13.06.07 VIII ZR 36/06 und  in der Entscheidung des BGH vom 14.07.10 VIII ZR 246/08 zeigte.

Eine Änderung der Rechtsprechung bedeutet nicht die Änderung der Rechtslage. Die objektive Rechtslage ändert nur der Gesetzgeber.
Die Gerichte erkennen die vom Gesetzgeber vorgegebene objektive Rechtslage mehr oder minder zutreffend.

Wer eine juristische Ausbildung erfolgreich absolviert hat, kann die objektive Rechtslage auch selbst erkennen.

Zurück zum eigentlichen Thema:

Zu erkennen gilt es vorliegend, ob die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung aus einem vom Lieferanten erstrittenen Titel gem. § 750 ZPO überhaupt vorliegen können.

Liegen sie nicht vor, ist der erstrittene Titel gerichtlich nicht durchsetzbar und hat keinen Wert.

Ist er aber wertlos, bestand von Anfang an regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass eines des solchen Titels.

Die Rechtsanwaltschaft ist gehalten, die Gerichte in der Rechtsfindung zu unterstützen, wozu auch zählt, keine Anträge anzubringen, für die kein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Dass eine entsprechende Verpflichtung auch gegenüber den Mandanten besteht, versteht sich von selbst. Denn kein Mandant hat Interesse an einem Titel, der sich schlussendlich nicht gerichtlich durchsetzen lässt.

Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #82 am: 20. Januar 2011, 10:53:44 »
@Black

Egal, welche Antragstellung (Zutritt/ Duldung) Sie einem Lieferanten empfehlen, so kann wohl weder dieser noch der Netzbetreiber aus einem solchen Titel den Zählerausbau oder die Zählersperrung gerichtlich durchsetzen, weil es jeweils an den Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung gem. § 750 ZPO (Titel, Klausel, Zustellung) fehlt.

Das sollte sich wohl spätestens dann bemerkbar machen, wenn Sie versuchen, die Zwangsvollstreckung aus einem solchen Titel zu beginnen.

Was machen Sie in einem solchen Fall  mit einem solchen Titel?
Wofür taugt er? Was macht ihn wertvoll?

Und was erzählen Sie dabei demjenigen, für den Sie auf vorherige Empfehlung einen solchen Titel erstritten hatten?

Zitat
Original von Black
In der Rechtspraxis besteht natürlich kein Zweifel, dass der GV unter Berufung auf § 19 GVV selbst erfolgreich gegen den Kunden auf Zutritt klagen kann und dies nicht nur dem Netzbetreiber vorbehalten ist (LG Kassel, 10.05.2007, 1 S 430/06; RdE 2008, S. 257).

Fein. Und der praktische Nutzen daraus?

Welches Bedürfnis und rechtliche Interesse (Rechtsschutzbedürfnis) soll es rechtfertigen, bei Gerichten den Erlass solcher Titel zu beantragen?!

Fragen über Fragen.

Offline Black

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #83 am: 20. Januar 2011, 11:29:31 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Ich habe mich mit meiner Meinung bereits 2004 der öffentlichen Diskussion gestellt. Und schon zu jener Zeit habe ich nicht die Auffassung vertreten, dass bei Energiepreiserhöhungen durch den Versorger eine Billigkeitskontrolle jedenfalls zu erfolgen habe.

Anfang November 2004 war ich zB. bei der EWE in Westerstede und habe an einer im NordwestRadio live übertragenen Diskussion teilgenommen und dabei auch Dr. Brinker deutlich erklärt, dass eine Billigkeitskontrolle bei Erhöhung der Allgemeinen Tarife zu erfolgen habe, es jedoch oftmals bereits an einem Preisänderungsrecht für den Energieversorger fehle, wenn es sich nicht um Allgemeine Tarife handelt.
Dr. Brinker tat dies öffentlich als \"Quatsch\" ab.

Ja, Westerstede ist ein schmuckes Städtchen und EWE hat sich dort einen schönen Sitz gebaut.

Es geht gar nicht darum, ob Sie irgendwan mal eine Mindermeinung vertreten haben, die sich dann im Rahmen der Rechtsprechung zur herrschenden Meinung entwickelt hat oder ob Sie noch immer einer Mindermeinung anhängen, die sich nicht durchgesetzt hat (Preissockel).

Es geht vielmehr darum, wie Sie juristische Diskussionen führen und mit der Existenz von anderen Rechtsmeinungen umgehen bzw. diese schlichtweg leugnen. Es ist Ihnen unbenommen dafür zu werben, dass die eigene Mindermeinung bitteschön zur herrschenden Meinung werden solle. Aber es zeugt von einer gewissen Ignoranz, wenn jahrein jahraus die Grundversorger in der täglichen Praxis kein Problem haben aus § 19 GasGVV den Zutritt zu erstreiten, sich zudem schon mal ein Gericht mit dieser Frage der Legitimation konkret auseinadergesetzt hat und Sie gleichwohl schlichtweg behaupten, dass sei alles gar nicht vollstreckbar und Basta.

Und das ganze noch gegenüber Ihren Lesern hier, denen überwiegend die notwendige juristische Fachkenntnis fehlt das Gewicht Ihrer Aussagen richtig einschätzen zu können.
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Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #84 am: 20. Januar 2011, 11:34:41 »
@Black

Nicht zum Thema gehörend und deshalb nur am Rande:

Der Sitz der EWE ist - soweit mir bekannt - immer noch in Oldenburg.

Ich messe meine Erkenntnis ersichtlich an der objektiven Rechtslage, über welche es verschiedene Auffassungen geben mag.
Ein Schuhkarton voller Entscheidungen überzeugt mich deshalb nicht, auch wenn Sie oben drauf vermerken \"herrschende Meinung\".
Natürlich nehme auch ich eine bisher herrschende Meinung stets zur Kenntnis und setzte mich mit eigenen Argumenten mit dieser immer wieder gern neu auseinander.
Innerhalb einer juristischen Diskussion liefere ich in zuweilen extensiver Weise [so jedenfalls das OLG Stuttgart im Urteil vom 30.12.10 Az. 2 U 94/10, Seite 28] die Argumente.

Zurück zum eigentlichen Thema:

Ich habe doch umfassend begründet, warum ich auch die Entscheidung LG Kassel, 10.05.2007, 1 S 430/06; RdE 2008, S. 257 nicht für überzeugend halte.
Dem Lieferanten fehlt m. E. von Anfang an das notwendige Rechtsschutzbedürfnis an einem solchen Titel.

Nun bringen Sie doch mal frischen Mutes Ihre in Aussicht gestellten Erläuterungen zur gerichtlichen Durchsetzbarkeit ohne Mitwirkung des Netzbetreibers!

Vielleicht können sie mich ja überzeugen.
Bei unseren Lesern, denen überwiegend die notwendige juristische Fachkenntnis (zum Beispiel zu § 750 ZPO) fehlen wird, gelingt es womöglich noch leichter.

Zitat
Original von RR-E-ft
@Black

Egal, welche Antragstellung (Zutritt/ Duldung) Sie einem Lieferanten empfehlen, so kann wohl weder dieser noch der Netzbetreiber aus einem solchen Titel den Zählerausbau oder die Zählersperrung gerichtlich durchsetzen, weil es jeweils an den Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung gem. § 750 ZPO (Titel, Klausel, Zustellung) fehlt.

Das sollte sich wohl spätestens dann bemerkbar machen, wenn Sie versuchen, die Zwangsvollstreckung aus einem solchen Titel zu beginnen.

Was machen Sie in einem solchen Fall  mit einem solchen Titel?
Wofür taugt er? Was macht ihn wertvoll?

Und was erzählen Sie dabei demjenigen, für den Sie auf vorherige Empfehlung einen solchen Titel erstritten hatten?

Zitat
Original von Black
In der Rechtspraxis besteht natürlich kein Zweifel, dass der GV unter Berufung auf § 19 GVV selbst erfolgreich gegen den Kunden auf Zutritt klagen kann und dies nicht nur dem Netzbetreiber vorbehalten ist (LG Kassel, 10.05.2007, 1 S 430/06; RdE 2008, S. 257).

Fein. Und der praktische Nutzen daraus?

Welches Bedürfnis und rechtliche Interesse (Rechtsschutzbedürfnis) soll es rechtfertigen, bei Gerichten den Erlass solcher Titel zu beantragen?!

Fragen über Fragen.

Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #85 am: 20. Januar 2011, 12:45:38 »
@Black

Sie sagen selbst vollkommen zutreffend, der Netzbetreiber könne den Zähler weder ausbauen noch sperren, wenn ihm dessen entsprechendes Zutrittsrecht verweigert wird.
Sie meinen, dem Netzbetreiber sei dann Zählersperrung bzw. -ausbau (objektiv?) unmöglich.

Ich sage:

Dann muss der Netzbetreiber (bei Meidung verbotener Eigenmacht) sein entsprechendes Zutrittsrecht gerichtlich durchsetzen, wenn der Zähler ausgebaut oder gesperrt werden soll.
Das ist dem Netzbetreiber jedenfalls nicht objektiv unmöglich.
 
Wenn der Netzbetreiber sein entsprechendes Zutrittsrecht nicht gerichtlich durchsetzt, wird sich daran auf Dauer auch nichts ändern.
Sperrung und Ausbau des Zählers sind dem Netzbetreiber sonst weiterhin nicht möglich.

Ein vom Lieferanten erstrittener Titel hilft dem Netzbetreiber gegenüber dem vom Anschlussnehmer/ Anschlussnutzer verweigerten Zutritt überhaupt nicht weiter.

Denn der Netzbetreiber hält schon nichts gegenüber dem Anschlussnehmer/ Anschlussnutzer gerichtlich Durchsetzbares in der Hand (Titel, Klausel, Zustellung).

Kann der Lieferant etwas ohne Mitwirkung des Netzbetreibers hinsichtlich Zählersperrung bzw.- ausbau gerichtlich durchsetzen?

Nein kann er auch nicht.  Er mag zwar einen Titel erstritten haben.
Aber der hilft ihm ersichtlich allein gar nicht weiter, weil er allein mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 750 ZPO keinerlei Vollstreckung beginnen kann.

Das können Sie nun wieder als persönliche Meinungsmache abtun oder auch nicht.
Zumeist hilft ein Blick ins Gesetz weiter.
Fündig werden sollte man insoweit bei § 750 ZPO.

Hat denn die Entscheidung LG Kassel, 10.05.2007, 1 S 430/06; RdE 2008, S. 257 dem dortigen Kläger überhaupt weitergeholfen, wenn der Zutritt weiter verweigert wurde?
War dort überhaupt etwas gerichtlich durchsetzbar?
Wenn nicht: Was findet man dann an einer solchen Entscheidung?

Nochmals:

Es steht Ihnen frei, mich innerhalb einer juristischen Diskussion vom Gegenteil zu überzeugen.

Offline tangocharly

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #86 am: 20. Januar 2011, 18:38:40 »
Zitat
Denn der Netzbetreiber hält schon nichts gegenüber dem Anschlussnehmer/ Anschlussnutzer gerichtlich Durchsetzbares in der Hand (Titel, Klausel, Zustellung).

Na da wird doch wohl bei den üblichen \"Tochter-Mutter-Verhältnissen\" möglich sein, durch Rechtsgeschäft die Voraussetzungen für eine Titelumschreibung (§ 727 ZPO) zu schaffen - und ab geht die Post.

Übrigens: schon mal darüber nachgedacht, welchen Informationswert diese Diskussion für die übrigen, nichtjuristischen Forenteilnehmer hat ?
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Offline RR-E-ft

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #87 am: 20. Januar 2011, 19:25:58 »
Zitat
Original von tangocharly
Zitat
Denn der Netzbetreiber hält schon nichts gegenüber dem Anschlussnehmer/ Anschlussnutzer gerichtlich Durchsetzbares in der Hand (Titel, Klausel, Zustellung).

Na da wird doch wohl bei den üblichen \"Tochter-Mutter-Verhältnissen\" möglich sein, durch Rechtsgeschäft die Voraussetzungen für eine Titelumschreibung (§ 727 ZPO) zu schaffen - und ab geht die Post.

Übrigens: schon mal darüber nachgedacht, welchen Informationswert diese Diskussion für die übrigen, nichtjuristischen Forenteilnehmer hat ?

@tangocharly

Schon im ersten Beitrag wurde deutlich gemacht, dass es sich um eine juristische Diskussion handeln soll.

Für Nichtjuristen ist das Thema wohl nicht zu durchsteigen, weil es um tiefstes Prozessrecht geht:

Wenn der klagende Lieferant wie im Falle des LG Kassel.... eine vom Netzbetreiber verschiedene juristische Person ist, kommt auch eine Titelumschreibung gem. § 727 ZPO regelmäßig nicht in Betracht.

Dafür müsste der eine (irgendwie) nachträglich, nämlich nach erfolgter Titulierung  Rechtsnachfolger des anderen werden.

Der Lieferant hat jedoch im Zeitpunkt seiner Zutritts- oder Duldungsklage noch nicht einmal einen Zutrittsrecht hinsichtlich Sperrung oder Ausbau des Zählers, kann ein solches deshalb auch nicht etwa nachträglich wirksam an den Netzbetreiber abtreten. Der Netzbetreiber hingegen hat das Zutrittsrecht gem. §§ 24, 21 NAV ja von Anfang an selbst inne. Er hat es also schon, setzt es jedoch nicht gerichtlich durch.

Denkbar wäre wohl allenfalls, dass der Netzbetreiber wegen seines Zutrittsrechts selbst klagt und nachträglich sein entsprechendes Recht (für immer und ewig?) an den Lieferanten abtritt und dieser sich dann den vom Netzbetreiber erstrittenen Titel hiernach auf sich umschreiben lässt, um danach ohne Mitwirkung des Netzbetreibers zu vollstrecken.

Das ist aber tückisch. Wenn der Anschlussnutzer den Lieferanten wechselt, hat der Netzbetreiber sein Zutrittsrecht gem. §§ 24, 21 NAV an den früheren Lieferanten auf Dauer abgetreten.

Wird dann bei dem neuen Lieferanten nicht gezahlt, kann der Netzbetreiber seine Vertragspflicht auf Zählersperrung diesem gegenüber nicht erfüllen, weil er sein Zutrittsrecht ja an den früheren Lieferanten  veräußert hat. Eine Abtretung des Zutrittsrechts des Netzbetreibers an einen Lieferanten wird deshalb nicht funktionieren können.

Aus selben Grunde wird auch nicht in Betracht kommen, dass der Netzbetreiber vor Klageerhebung durch den Lieferanten sein Zutrittsrecht gem. §§ 24, 21 NAV an diesen abtritt.

Denn der Netzbetreiber müsste sein Zutrittsrecht dann diskriminierungsfrei an sämtliche Lieferanten ebenso abtreten, was jedoch in jedem Fall eines Lieferantenwechsels - wie aufgezeigt - Probleme bereiten wird.

Der Netzbetreiber hat zudem keinerlei Interesse daran, dass ein Lieferant ohne seine Mitwirkung einen Zähler sperrt oder ausbaut.

Nach alldem wird es dabei zu verbleiben haben, dass der Netzbetreiber den Anschlussnehmer/ Anschlussnutzer wegen eines verweigerten Zutrittsrechts gem. §§ 24, 21 NAV verklagen muss, um Sperrung bzw. Ausbau eines Zählers selbst gerichtlich durchzusetzen.

Offline tangocharly

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Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?
« Antwort #88 am: 20. Januar 2011, 19:52:01 »
Zitat
@RR-E-ft
Wenn der klagende Lieferant wie im Falle des LG Kassel.... eine vom Netzbetreiber verschiedene juristische Person ist, kommt auch eine Titelumschreibung gem. § 727 ZPO regelmäßig nicht in Betracht.  Dafür müsste der eine (irgendwie) nachträglich, nämlich nach erfolgter Titulierung Rechtsnachfolger des anderen werden.  Der Lieferant hat jedoch im Zeitpunkt seiner Zutritts- oder Duldungsklage noch nicht einmal einen Zutrittsrecht hinsichtlich Sperrung oder Ausbau des Zählers, kann ein solches deshalb auch nicht etwa nachträglich wirksam an den Netzbetreiber abtreten.

Irgendwie - so mein Eindruck - ist da etwas in der Prozess- und in der Vollstreckungsebene durcheinander geraten.

Während es in der Prozessebene tatsächlich um die Rechtsinhaberschaft geht, geht es in der Vollstreckungsebene um die Titelinhaberschaft.

In der Prozessebene spielt aber der § 750 ZPO keine Rolle.

Sollte aber - in dem denkbar unwahrscheinlichen Fall -  der Lieferant trotz fehlender Aktivlegitimation einen rechtskräftigen Titel erlangt haben, dann kann er, wenn sein Interesse an einer Sperrung fehlt (warum auch), den im Titel dokumentierten Anspruch an den NB abtreten und der wiederum - als Rechtsnachfolger - könnte gem. § 727 ZPO vorgehen.

Dass es sich dabei um zwei völlig differente Rechtspersönlichkeiten handelt, ist dabei sogar geradewegs Fallimmanent.

Auf Gläubigerseite ist dies kein Problem, es sei denn Abtretungsverbote. Auf Schuldnerseite stünde da schon - wegen § 325 ZPO - ein Problem auf.
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Offline RR-E-ft

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« Antwort #89 am: 20. Januar 2011, 20:29:51 »
@tangocharly

Stimmt.

Ein titulierter Anspruch kann nachträglich abgetreten werden und dann könnte wegen einer Rechtsnachfolge eine Titelumschreibung gem. § 727 ZPO erfolgen.

Vollstrecken könnte aber auch dann der Lieferant selbst gar nichts, sondern allenfalls  der Netzbetreiber nach Abtretung und Titelumschreibung auf diesen.

Ohne Mitwirkung des Netzbetreibers geht auch dabei nichts.

Selbst wenn der Netzbetreiber sich den titulierten Anspruch abtreten und den Titel sodann umschreiben lässt, ist für den Lieferanten nicht sichergestellt, dass der Netzbetreiber dann auch aus diesem dann auf den Netzbetreiber umgeschriebenen Titel tatsächlich vorgeht und diesen gerichtlich durchsetzt.

Durch Abtretung des titulierten Anspruchs und Titelumschreibung auf den Netzbetreiber liegen allenfalls die Voraussetzungen dafür vor, dass der Netzbetreiber seinen Zutrittsanspruch für Zählersperrung und -ausbau gerichtlich durchsetzen kann.

Ob er es tut, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Für den Lieferanten ist dies ungewiss.
Für ihn ist deshalb eigentlich gar nichts erreicht.

Der Lieferant hat danach erst recht nichts gerichtlich Durchsetzbares mehr in der Hand.

Stellt sich die Frage, warum der Lieferant dann überhaupt selbst auf eigene Kosten und eigenes Risiko auf Zutritt/ Duldung von Zählersperrung/ Zählerausbau klagen sollte.

Ein Rechtschutzbedürfnis des Lieferanten hieran ist jedenfalls schwer auszumachen.

Zudem ist dieses Verfahren gegenüber der originären Zutrittsklage des Netzbetreibers umständlich und deshalb auch mehrfach fehleranfällig.
Das Klauselverfahren benötigt selbst Zeit und birgt Tücken.

Möglicherweise bedarf es einer Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 731 ZPO.
Klauselerinnerung gem. § 732 ZPO möglich.
Klage gegen Vollstreckungsklausel gem. § 768 ZPO kommt in Betracht.  

Der praktische Wert wird sich jedenfalls oft in Grenzen halten.

Das Verfahren bis zur Titulierung und Titelumschreibung und sodann bis zu einem Vollstreckungsbeginn wird wohl in der Praxis hinreichend lang währen, dass der Kunde zwischenzeitlich flugs seinen Lieferanten wechselt.

In diesem Fall wird dann wohl erfolgreich Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO erhoben werden....

Außer Spesen nichts gewesen?

 

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