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Autor Thema: BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?  (Gelesen 55782 mal)

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Offline Gas-Rebell

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BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
« Antwort #75 am: 30. November 2009, 16:11:52 »
Zitat
@Gas-Rebell
Das Teilurteil des AG Dannenberg habe ich zwar gelesen, Ihrem Zitat jedoch wohl aus Faszination über andere kluge und dort niedergeschriebene Feststellungen nicht die gebührende Achtung geschenkt.
Sie scheinen einen gewissen Hang zur selektiven Lesart zu haben.

Zitat
Die Ausgestaltung dieses Auskunftsanspruchs ... hängt entscheidend davon ab, welche sachgerechten Einwände der Auskunftsgläubiger gegen die Angaben des Schuldners vorbringt.
Woher nehmen Sie diese Auffassung, dass der Versorger nur insoweit Auskunft zu erteilen hätte, wie der Verbraucher substantielle Einwände gegen die Angaben des Versorgers vorbringt? Ich kann dafür nicht eine einzige Rechtsgrundlage erkennen. Außerdem: welche „Angaben“ überhaupt? Wogegen soll der Kunde subtantiiert Einwände vorbringen, wenn das EVU sich schlicht weigert, nähere Angaben zu machen und sich allein auf die Aussage zurückzieht, die Preisneubestimmung habe einer ebensolchen Kostenveränderung entsprochen?

Zitat
Nach wie vor folge ich Ihrer Ansicht nicht, dass zur Erfüllung dieses Anspruchs auch die Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen gehört. Wenn diese Geschäftsgeheimnisse im Rahmen des Gerichtsverfahrens unter Ausschluss der Öffentlichkeit offengelegt werden, so ist ein Verrat dieser Tatsachen durch § 353d StGB strafbewehrt. Eine zivilrechtliche, strafbewehrte Unterlassungserklärung stellt keinen gleichwertigen Schutz her, was schon allein durch die fehlenden staatsanwaltlichen Ermittlungsmöglichkeiten begründet ist.
Darin, dass eine zivilrechtliche strafbewehrte Vertraulichkeitserklärung grundsätzlich keinen \"gleichwertigen\" (nebenbei: es geht nicht um \"gleichwertigen\", sondern \"hinreichenden\") Schutz darstelle, kann nun wieder ich Ihnen in keiner Weise folgen. Zum einen ist es doch so, dass der Versorger zunächst einmal eine konkrete Gefährdung darzulegen hat, dass und wie davon auszugehen ist, dass der Kunde die eingesehenen Informationen mit einer nicht von der Hand zu weisenden Wahrscheinlichkeit auch zum Schaden des Versorgers nutzen wird. Allein an dieser Hürde dürften viele Versorgereinwände gegen die Offenlegung scheitern.

Zum anderen hängt der Schutzumfang doch von der konkreten Formulierung der Verpflichtungserklärung ab. Wird hier z.B. die Höhe der Vertragsstrafe in das billige Ermessen des Versorgers gestellt („Der Unterzeichner verpflichtet sich für den Fall eines Verstoßes gegen die vorgenannten Vertragspflichten an den Vertragspartner eine von diesem nach billigem Ermessen festzusetzende, im Streitfall landgerichtlich zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen.“), kann ich nicht erkennen, dass kein hinreichender Schutz gegeben sein sollte. Zumal die vorsätzlich falsche Abgabe einer Verschwiegenheitserklärung durchaus auch aus § 263 StGB den Staatsanwalt auf den Plan rufen kann.

Wenn die zivilrechtliche Verpflichtungserklärung zudem nicht nur eine Geheimhaltungpflicht, sondern auch ein generelles Nutzungsverbot auch zu eigenen (z.B. Wettbewerbs-)Zwecken beinhaltet, dann bietet § 353d StGB sogar geringeren Schutz, da vom Verbot nur \"Mitteilungen\" erfasst werden.
 
Zitat
So wie ich Sie bisher verstanden habe, wollen Sie die Pflicht zur Vorlage von Belegen bei § 315 BGB jedoch generell annehmen. Das geht mir zu weit.
Insoweit Sie weiter oben darauf hingewiesen haben, dass immer der Einzelfall zu prüfen ist, sind wir einer Meinung. Sie schienen mir jedoch eine Vorlage von Belegen hier generell abzulehnen, was wiederum mir zu weit geht.

Offline reblaus

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BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
« Antwort #76 am: 30. November 2009, 16:58:38 »
@Gas-Rebell
Zitat
Original von Gas-Rebell Woher nehmen Sie diese Auffassung, dass der Versorger nur insoweit Auskunft zu erteilen hätte, wie der Verbraucher substantielle Einwände gegen die Angaben des Versorgers vorbringt? Ich kann dafür nicht eine einzige Rechtsgrundlage erkennen.
Es ist ja wohl so, dass Sie einen sehr weitreichenden Anspruch des Verbrauchers formulieren, Auskunft von seinem Versorger verlangen zu dürfen. Für diesen umfänglichen Anspruch haben Sie eine Rechtsgrundlage zu benennen.

Dass § 242 BGB diesen Anspruch in der Regel nicht hergibt, habe ich dargelegt. Soweit Sie einwenden, dass der Verbraucher zu substantiierten Einwänden gar nicht in der Lage ist, kann ich dem nicht zustimmen. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn der Verbraucher keine ausreichende betriebswirtschaftliche Sachkenntnis besitzt, um sich sachkundig mit dem Thema zu beschäftigen. Dann wird er sich einen Gehilfen zulegen müssen. Liegen solche Grundkenntnisse jedoch vor, kann er sich einen Überblick über die Marktverhältnisse verschaffen, die Einfuhrpreise analysieren, die Jahresabschlüsse des Versorgers einsehen und aus diesen Zahlen Plausibilitätsrechnungen erstellen oder solche erstellen lassen. Weiterhin steht es ihm offen, Verständnisfragen an den Versorger zu stellen, um Marktgegebenheiten korrekt einschätzen zu können. Mit diesen öffentlich zugänglichen Informationen kann einer Mindestbegründung des Versorgers sehr wohl substantiiert entgegen getreten werden. Dann hat der Versorger diese Zweifel in gleicher Weise substantiiert auszuräumen.

Eine zivilrechtliche strafbewehrte Verschwiegenheitserklärung ist gegenüber einer strafrechtlichen Sanktionierung schon dadurch im Nachteil, dass dem Versorger keine rechtlichen Möglichkeiten offenstehen, einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitserklärung zu beweisen. Eine Konventionalstrafe verliert jedoch jegliche Abschreckungswirkung, wenn sie wegen Beweisnöten praktisch nicht durchgesetzt werden kann.

Beim Verdacht einer Straftat stehen der Staatsanwaltschaft jedoch umfängliche Ermittlungswerkzeuge zur Verfügung, um die Straftat auch tatsächlich beweisen zu können. Daher stellt ein Verstoß gegen § 353d StGB eine völlig andere Qualität dar, als die Missachtung einer Verschwiegenheitserklärung.

Offline Gas-Rebell

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BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
« Antwort #77 am: 30. November 2009, 17:56:26 »
Zitat
Es ist ja wohl so, dass Sie einen sehr weitreichenden Anspruch des Verbrauchers formulieren, Auskunft von seinem Versorger verlangen zu dürfen. Für diesen umfänglichen Anspruch haben Sie eine Rechtsgrundlage zu benennen.

Dass § 242 BGB diesen Anspruch in der Regel nicht hergibt, habe ich dargelegt.
Dafür, dass § 242 BGB einen hinreichenden Anspruch auf Auskunftserteilung regelmäßig nicht hergebe, sind Sie bis jetzt jede Rechtsgrundlage schuldig geblieben. Demgegenüber habe ich obenstehend bereits diverse Rechtsquellen zitiert. Ihr Versuch, mir den Ball zurückzuspielen und sich so aus der Affaire zu ziehen, verfängt deshalb nicht.

Zitat
Soweit Sie einwenden, dass der Verbraucher zu substantiierten Einwänden gar nicht in der Lage ist, kann ich dem nicht zustimmen. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn der Verbraucher keine ausreichende betriebswirtschaftliche Sachkenntnis besitzt, um sich sachkundig mit dem Thema zu beschäftigen. Dann wird er sich einen Gehilfen zulegen müssen.
Selbst wenn der Verbraucher in der Lage sein sollte, die von Ihnen beispielhaft aufgeführten Untersuchungen anzustellen, dürfte er sehr schnell an Grenzen stoßen. Denn Sie werden nicht von der Hand weisen wollen, dass – auch wenn die veröffentlichten Zahlen des Versorgers allein durchaus plausibel klingen mögen - sich dahinter dennoch einige  Kellerleichen verstecken können.

Abgesehen davon dürften wohl weit über 90 Prozent der Verbraucher nicht in der Lage sein, ohne fremde Expertenhilfe auch nur eine Grobvorprüfung vorzunehmen. Das heißt, Sie verlangen, dass der Verbraucher jedenfalls hohe Kosten auf sich zu nehmen habe, um auch nur ansatzweise sicher von seinem Recht aus § 315 BGB Gebrauch machen zu können? Mit Verlaub, reblaus, Sie geraten hier in Abgründe der Unverhältnismäßigkeit.

Im Übrigen liegt die Darlegungs- und Beweislast - wie RR-E-ft schon mehrfach aufgezeigt hat - nicht beim Verbraucher, sondern beim Versorger.

Zitat
Eine zivilrechtliche strafbewehrte Verschwiegenheitserklärung ist gegenüber einer strafrechtlichen Sanktionierung schon dadurch im Nachteil, dass dem Versorger keine rechtlichen Möglichkeiten offenstehen, einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitserklärung zu beweisen. Eine Konventionalstrafe verliert jedoch jegliche Abschreckungswirkung, wenn sie wegen Beweisnöten praktisch nicht durchgesetzt werden kann.

Beim Verdacht einer Straftat stehen der Staatsanwaltschaft jedoch umfängliche Ermittlungswerkzeuge zur Verfügung, um die Straftat auch tatsächlich beweisen zu können. Daher stellt ein Verstoß gegen § 353d StGB eine völlig andere Qualität dar, als die Missachtung einer Verschwiegenheitserklärung.

Die Ermittlungsmöglichkeiten der StA stehen hier nicht im Vordergrund. Sie übersehen, dass der Staatsanwalt auch im Falle des § 353d StGB zunächst einmal einen hinreichenden Anfangsverdacht benötigt, um ermittelnd tätig werden zu können. Das heißt, der Versorger müsste bei einer Anzeige den Verdacht eines Verstoßes erst einmal hinreichend substantiiert darlegen können. Was ihm genauso leicht oder schwer fallen dürfte, wie bei einem Verstoß gegen die zivilrechtliche Erklärung auch.

Umgekehrt kann sich auch im Fall eines Verstoßes gegen die abgegebene Verpflichtungserklärung ein strafrechtlicher Anfangsverdacht, nämlich eines Betruges ergeben, sodass die StA dann ebenso mit allen Ermittlungswerkzeugen tätig werden kann, wie im Falle der Missachtung einer gesetzlichen Verschwiegenheitsverpflichtung.

Den von Ihnen konstruierten Qualitätsunterschied gibt es insofern nicht. Die zivilrechtliche Erklärung kann sogar, wie aufgezeigt, eine bessere Schutzwirkung entfalten als das gesetzliche Geheimhaltungsgebot.

Offline reblaus

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« Antwort #78 am: 30. November 2009, 20:01:05 »
Die von Ihnen zitierte Rechtsprechung begründet die Auskunftspflicht des § 242 BGB. Diese wird von mir ausdrücklich anerkannt. Sie begründet aber nicht ein Auskunftsverlangen in dem Ihnen vorschwebendem Umfang.

Zitat
BGH, Urteil v. 6. Februar 2007, X ZR 117/04:
Der Auskunftsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Erteilung der Auskunft dem Schuldner Mühe bereitet und ihn Zeit und Geld kostet. \"Unschwer\" kann die Auskunft vielmehr immer dann erteilt werden, wenn die mit der Vorbereitung und Erteilung der Auskunft verbundenen Belastungen entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner in Anbetracht der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung zumutbar sind, die die verlangte Auskunft für die Darlegung derjenigen Umstände hat, die für die Beurteilung des Grundes oder der Höhe des in Frage stehenden Hauptanspruchs wesentlich sind. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird \"unschwer\" dementsprechend auch im Sinne von \"ohne unbillig belastet zu sein\" erläutert (BGHZ 95, 274, 279; 126, 109, 113; 149, 165, 175). Ob der Schuldner in diesem Sinne unbillig belastet wird, ist jeweils aufgrund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, bei der auch Bedeutung gewinnen kann, ob der Schuldner ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse an Angaben geltend machen kann, die er machen soll, oder ob er zu deren Offenbarung gegenüber dem Gläubiger ohnehin verpflichtet war (vgl. auch BGH, Urt. v. 13.12.2001 - I ZR 44/99, GRUR 2002, 602, 603).
In diesem Fall handelt es sich um eine Stufenklage, in der der Kläger Auskunft über betriebliche Belange begehrt, um damit einen Schadensersatzanspruch beweisen zu können. Schon allein die bei ihm liegende Beweislast gibt dem Anspruch des Auskunftsgläubiger ein weit größeres Gewicht als dem eines Verbrauchers, der nicht beweisbelastet sich lediglich das Risiko der Prozesskosten vom Hals halten möchte. Ein solcher Auskunftsanspruch wurde im übrigen auch bei AG Dannenberg und OLG Hamburg geltend gemacht. Der Umfang der in diesen Verfahren entschiedenen Auskunftspflicht ist mit der zwischen uns diskutierten Fallgestaltung nicht vergleichbar.

Der Verbraucher benötigt die Angaben des Versorger hingegen überhaupt nicht. In seinem Fall hat der Versorger die Umstände der Preiserhöhung zu beweisen. Die Informationen sind dem Verbraucher nur dafür nützlich, die Erfolgsaussichten einer Zahlungsklage des Versorgers vorher abschätzen zu können. Das Interesse an den Informationen ist daher weit geringer als das desjenigen, der die Informationen zum Beweis seiner eigenen Ansprüche benötigt. Da das Interesse des Verbrauchers von weit geringerem Gewicht ist, ergibt der Abwägungsprozess, dass auch die Auskunftspflicht des Versorgers in weit engeren Grenzen besteht. Für Ihre These bleiben Sie daher eine Rechtsgrundlage schuldig.

§ 259 BGB ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da sich der Umfang der Beweispflicht des Versorgers aus dem Prozessrecht und nicht dem Zivilrecht ergibt.

Da Sie Ihren Auskunftsanspruch aus § 242 BGB herleiten, muss dieser grundsätzlich für alle Vertragsverhältnisse gelten. Sie würden damit jedem Schuldner die Möglichkeit eröffnen, die Beweismöglichkeiten des Gläubigers vor einem Verfahren auszuforschen, und Zahlung zu leisten, soweit dieser Beweis sicher erbracht werden kann, diese aber zu verweigern, wenn Beweisschwierigkeiten festgestellt werden könnten. Ein Schuldner könnte damit jedes Prozessrisiko vorab ausschließen.

Mit Treu und Glauben hat eine solche Vorgehensweise nicht das geringste zu tun. Es handelt sich um Rechtsauslegung zum eigenen Vorteil.

Der durchschnittliche Verbraucher ist nicht in der Lage einen Prozess um die Billigkeit der Preiserhöhung zu führen. Will er sein Recht geltend machen, wird er sich so oder so an einen fachlich erfahrenen Anwalt wenden müssen. Dieser sollte zu den notwendigen Schritten befähigt sein. Wer vorgerichtlich auf sachkundigen Rat aus Sparsamkeitsgründen verzichtet, zahlt oft drauf.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #79 am: 30. November 2009, 21:15:21 »
@ reblaus

Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, vor welchem Hintergrund wir hier diskutieren. Es geht nicht um einen abstrakten Auskunftsanspruch, sondern darum, inwieweit dem Versorger Auskunft abverlangt werden kann, wenn dieser vermeiden möchte, dass der Verbraucher im Prozess ein Sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO ausspricht.

Oder anders als Frage gestellt: Wenn der Versorger vorprozessual trotz Aufforderung durch den Verbraucher und dessen Angebot auf Abgabe einer strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung nicht im selben Umfang Auskunft zu seinen Preisgrundlagen erteilt, wie er im Fall eines gerichtlich angeordneten Sachverständigengutachtens zu erteilen verpflichtet wäre, kann dann der Verbraucher, sofern er (u.U. sogar erst durch das Gutachten selbst) von Teilen der   Informationen zum ersten Mal erfährt, mit der Begründung, dass er bei vorprozessualer Kenntnis dieser Preisgrundlagen schon prozessvermeidend anerkannt hätte, zur Kostenlast des Versorgers ein sofortiges Anerkenntnis aussprechen, sofern er sich dies vorterminlich vorbehalten hat?

Offline reblaus

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« Antwort #80 am: 30. November 2009, 21:36:44 »
Zitat
§ 93 ZPO
Kosten bei sofortigem Anerkenntnis

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Wir diskutieren hier die Frage, ob der Verbraucher schuldlos an der Erhebung der Klage war, er somit alles richtig gemacht hat und trotzdem verklagt wurde.

Dafür müssen Sie Sachargumente liefern: warum der Versorger verpflichtet sein soll, wegen einem rein zivilrechtlichen Sanktionsangebot, das der Versorger mit einem Anfangsverdacht nicht durchsetzen kann, seiner Beweislast schon vorab nachzukommen. Warum der Verbraucher alles richtig gemacht haben soll, wenn er den Beteuerungen des Versorgers nicht glaubt, und sich im Prozess herausstellt, dass der Versorger die Wahrheit gesagt hat, der Verbraucher den Versorger somit zu Unrecht verdächtigt hat.

Wie Sie sich das mit dem Betrug vorstellen, sollten Sie bei der Gelegenheit auch noch näher erläutern.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #81 am: 30. November 2009, 23:30:42 »
@ reblaus

Darin, dass der Verbraucher den Versorger auffordert, ihm gerade zur möglichen Klagevermeidung ausreichend Auskunft zu erteilen und anbietet, dessen Geheimhaltungsinteressen durch eine hinreichend strafbewehrte Vertraulichkeitserklärung abzusichern, liegt m.E. genügend Grund für die Annahme, dass der Verbraucher nicht Anlass zur Klage gegeben hat.

Anders sähe es aus, wenn der Versorger hinreichend prüfbare Auskunft erteilt sowie deren Vollständigkeit und Richtigkeit zugesichert hat und der Verbraucher es dann trotzdem auf eine Klage ankommen lässt.

Verstößt der Verbraucher gegen seine Vertraulichkeitszusicherung, wird er sich (je nach Art, Umfang und Umständen des Verstoßes) ggf. auch dem strafrechtlich relevanten Verdacht ausgesetzt sehen, die Erklärung vorsätzlich lediglich zu dem Zweck abgegeben zu haben, den Versorger über seine wahren Absichten zu täuschen und sich zu dessen Nachteil einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Offline reblaus

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« Antwort #82 am: 01. Dezember 2009, 06:52:28 »
Es geht nicht darum, ob der Versorger eine Klage möglicherweise vermeiden hätte können. Es geht darum, ob der Versorger Klage eingereicht hat, obwohl dem Verbraucher keinerlei Fehlverhalten zur Last zu legen ist.

Wenn der Versorger die erforderlichen Gründe der Preiserhöhung vollständig benannt hat, und sich dies im Verfahren als zutreffend herausstellt, liegt objektiv ein Irrtum des Verbrauchers über die Richtigkeit der vorgerichtlichen Angaben vor. Warum Ihrer Ansicht nach diese fehlerhafte Einschätzung dem Verbraucher nicht zugerechnet werden soll, verstehe ich nicht. Er hätte sie schließlich vermeiden können, wenn er sich sachkundiger Hilfe bedient, und die Angaben des Versorgers auf ihre Plausibilität geprüft hätte.

Stellen sich die Angaben des Versorgers als falsch heraus, so handelt es sich bei vorsätzlichem Verhalten um einen versuchten Betrug. Der Verbraucher ist somit ausreichend geschützt, wenn er den unbewiesenen Behauptungen Vertrauen schenkt.

Hingegen handelt es sich bei der Mitteilung von Geschäftsgeheimnissen um keine Verschiebung von Vermögen. Der Versorger hat keinen strafrechtlichen Schutz vor einem Missbrauch dieser Daten. Auch ist nicht zu erkennen, wo die Täuschung liegen soll.

Einen Rechtsgrund für Ihre Ansicht sind Sie immer noch schuldig geblieben.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #83 am: 01. Dezember 2009, 11:40:58 »
Zitat
Original von reblaus
Es geht nicht darum, ob der Versorger eine Klage möglicherweise vermeiden hätte können. Es geht darum, ob der Versorger Klage eingereicht hat, obwohl dem Verbraucher keinerlei Fehlverhalten zur Last zu legen ist.

Es geht sehr wohl um die Möglichkeit einer Klagevermeidung. Diese ist nämlich dann gegeben, wenn der Verbraucher dadurch keinen Anlass zur Klage gibt, dass er dem Versorger die Möglichkeit anbietet, ihn mit vollständiger und richtiger Information zu den Hintergründen seiner Preisneubestimmung zu einem schon vorprozessualen Anerkenntnis zu überzeugen.

Zitat
Wenn der Versorger die erforderlichen Gründe der Preiserhöhung vollständig benannt hat, ...
Gerade hier liegt doch der Hase im Pfeffer. In aller Regel weigern sich die Versorger doch gerade, vollständige Auskunft zu den Hintergründen Ihrer Preisforderung zu geben. Wobei es zur Vollständigkeit nicht etwa nur auf die Breite, sondern vor allem auch auf die Tiefe der Informationen ankommt.

Zitat
Warum Ihrer Ansicht nach diese fehlerhafte Einschätzung dem Verbraucher nicht zugerechnet werden soll, verstehe ich nicht. Er hätte sie schließlich vermeiden können, wenn er sich sachkundiger Hilfe bedient, und die Angaben des Versorgers auf ihre Plausibilität geprüft hätte.
Wie soll der Verbraucher etwas prüfen, das nicht vollständig geliefert wird?

Zitat
Hingegen handelt es sich bei der Mitteilung von Geschäftsgeheimnissen um keine Verschiebung von Vermögen. Der Versorger hat keinen strafrechtlichen Schutz vor einem Missbrauch dieser Daten. Auch ist nicht zu erkennen, wo die Täuschung liegen soll.
Ich habe Ihnen das oben bereits so ausführlich dargelegt, dass durchschnittlicher strafrechtlicher Sachverstand zum Verständnis ausreicht. Stellen Sie sich bitte nicht dümmer als Sie sind.

Zitat
Einen Rechtsgrund für Ihre Ansicht sind Sie immer noch schuldig geblieben.
Kann ich nicht erkennen. Auf welche meiner diversen Ansichten beziehen Sie sich?

Offline Black

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« Antwort #84 am: 01. Dezember 2009, 12:50:07 »
Eine strafbewerte Vertraulichkeitserklärung ist aus Sicht des EVU absolut ungeeignet seine Geschäftsgeheimnisse zu wahren.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #85 am: 01. Dezember 2009, 13:01:16 »
Zitat
Original von Black
Eine strafbewerte Vertraulichkeitserklärung ist aus Sicht des EVU absolut ungeeignet seine Geschäftsgeheimnisse zu wahren.
Und was soll diese Ungeeignetheit begründen?

Offline Black

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« Antwort #86 am: 01. Dezember 2009, 13:20:57 »
Ein EVU hat in der regel viele Widerspruchskunden, es müßte diese Regelung also allen Kunden anbieten.

Wenn es doch zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflicht kommt, kann das EVU wahrscheinlich nie beweisen welcher Kunde wann welche vertraulichen Informationen an wen weitergegeben hat.

Wenn das EVU es doch einmal könnte, wird es in der Regel für das EVU schwer sein einen konkret bezifferbaren Vermögensschaden in Geldwert, der aus der Verletzung dieser in Pflicht herrührt, zu belegen.

Wenn auch dies gelingt, stellt sich die Frage, was das EVU mit einem Ersatzanspruch in Höhe von vielleicht mehreren 100.000 Euro anfängt. Der dürfte recht selten beim Otto-Normalkunden per Vollstreckung beizutreiben sein.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #87 am: 01. Dezember 2009, 13:47:19 »
Original von Black
Zitat
Ein EVU hat in der regel viele Widerspruchskunden, es müßte diese Regelung also allen Kunden anbieten.
Wo ist das Problem? Das EVU müsste sonst gegen ebensoviele Widerspruchskunden klagen, was noch aufwändiger wäre. Im Übrigen ist nicht der Versorger gehalten \"anzubieten\", sondern der Verbraucher, insofern er sich die Möglichkeit eines sofortigen Anerkenntnisses offen halten will.

Zitat
Wenn es doch zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflicht kommt, kann das EVU wahrscheinlich nie beweisen welcher Kunde wann welche vertraulichen Informationen an wen weitergegeben hat.
Das wäre bei mehreren Gerichtsverfahren gegen mehrere Kunden bei Verstößen gegen § 353d StGB ebenfalls der Fall.

Zitat
Wenn das EVU es doch einmal könnte, wird es in der Regel für das EVU schwer sein einen konkret bezifferbaren Vermögensschaden in Geldwert, der aus der Verletzung dieser in Pflicht herrührt, zu belegen.
Gleichermaßen bei Verstößen gegen § 353d StGB.

Zitat
Wenn auch dies gelingt, stellt sich die Frage, was das EVU mit einem Ersatzanspruch in Höhe von vielleicht mehreren 100.000 Euro anfängt. Der dürfte recht selten beim Otto-Normalkunden per Vollstreckung beizutreiben sein.
Bei Verstößen gegen § 353d StGB sicher nicht anders.

Im Übrigen kommt es auf die tatsächliche Gefährdung und die anzunehmende Abschreckungswirkung an. Auch hier gibt es keinen Unterschied zur Verpflichtung aus § 353d StGB. Ebensowenig wie auch hinsichtlich der Möglichkeit der Strafverfolgung.

Offline Black

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« Antwort #88 am: 01. Dezember 2009, 14:52:41 »
Zitat
Original von Gas-Rebell

Zitat
Wenn es doch zu einer Verletzung der Geheimhaltungspflicht kommt, kann das EVU wahrscheinlich nie beweisen welcher Kunde wann welche vertraulichen Informationen an wen weitergegeben hat.

Das wäre bei mehreren Gerichtsverfahren gegen mehrere Kunden bei Verstößen gegen § 353d StGB ebenfalls der Fall.

Also erst einmal ist § 353d StGB eine Strafrechtsnorm. Ein solches Verfahren führt dann die Staatsanwaltschaft und nicht das EVU. Da geht es dann auch nicht um Schadenersatz.

Generell haben Sie Recht, wenn Sie meinen, dass dieses Problem sich für das EVU auch bei massenhaften Verfahren stellen kann. Allerdings wird ein EVU, dass 100 Kunden verklagt nicht auch 100 Sachverständigengutachten erstellen lassen und 100 Parteien Einblick in die geschäftskalkulation gewähren. Üblicherweise wird ein Verfahren als Hauptverfahren ausgewählt und dann das dort erstellte Guachten für die übrigen Verfahren nur noch beigezogen.

Es gibt auch Gerichte, die dem EVU ein Recht zur Schwärzung von geheimhaltungsbedürftigen Daten zugestanden haben. Da erhalten Sie als Kunde nicht einmal im Verfahren genaue Einsicht, sondern nur Gutachter und der Richter.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #89 am: 01. Dezember 2009, 15:10:38 »
Zitat
Original von Black
Also erst einmal ist § 353d StGB eine Strafrechtsnorm. Ein solches Verfahren führt dann die Staatsanwaltschaft und nicht das EVU. Da geht es dann auch nicht um Schadenersatz.
Dass es sich bei § 353d StGB um eine Strafrechtsnorm handelt und es im Strafrecht nicht um Schadenersatz geht, dürfen Sie bei mir als bekannt voraussetzen. Gleichwohl hat eine strafrechtliche Verurteilung regelmäßig auch zivilrechtliche Ersatzforderungen zur Folge. Oder glauben Sie, ein EVU verzichtet darauf, wenn es die Chance sieht, auch nur einen Teil seines Schadens ersetzt zu bekommen?

Umgekehrt kann die Verletzung einer zivilrechtlichen strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung durchaus auch strafrechtliche Konsequenzen haben, nämlich dann, wenn zu vermuten ist, dass die Erklärung vorsätzlich falsch zum Zweck des Betrugs des EVU abgegeben wurde.

Zitat
Generell haben Sie Recht, wenn Sie meinen, dass dieses Problem sich für das EVU auch bei massenhaften Verfahren stellen kann. Allerdings wird ein EVU, dass 100 Kunden verklagt nicht auch 100 Sachverständigengutachten erstellen lassen und 100 Parteien Einblick in die geschäftskalkulation gewähren. Üblicherweise wird ein Verfahren als Hauptverfahren ausgewählt und dann das dort erstellte Guachten für die übrigen Verfahren nur noch beigezogen.
Selbst wenn dem so sein sollte, ist der dem EVU entstehende Aufwand nicht als \"unbillig\" zu betrachten. Dies insbesondere schon nicht, weil regelmäßig nur wenige rechtlich aufgeklärte Verbraucher ein entsprechendes Erklärungsangebot abgeben werden und auch überhaupt in der Lage sind, die bereitgestellten Informationen fachmännisch zu prüfen bzw. bereit sein werden, damit entsprechende Fachleute zu beauftragen. Das EVU braucht nur die entsprechenden Auskünfte und Belege vollständig, richtig und nachvollziehbar zur Verfügung stellen, nicht aber dafür sorgen, dass der Verbraucher sie auch fachlich versteht.

Zitat
Es gibt auch Gerichte, die dem EVU ein Recht zur Schwärzung von geheimhaltungsbedürftigen Daten zugestanden haben. Da erhalten Sie als Kunde nicht einmal im Verfahren genaue Einsicht, sondern nur Gutachter und der Richter.
Dass es Gerichte gibt, die in persönlicher Überforderung fragwürdige Entscheidungen treffen, ist nichts Neues.

 

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