@Stubafü
Ich habe keinen Zweifel daran, dass es sich um einen
Sondervertrag handelt, schließlich schreibt der Versorger selbst von Sonderabkommen und von vereinbarten Kündigigungsfristen, die von denen der Grundversorgung deutlich abweichen.
Original von Stubafü
Wenn nun, wie in meinem Falle geschehen, auf der Auftragsbestätigung des Versorgers als \"Preisanpassungsklausel\" unter \"Bedingungen für das Gas-Sonderabkommen\"
steht:
\"Preisänderungen werden öffentlich bekanntgegeben und mit dem in der
Veröffentlichung genannten Termin wirksam\",
dessen weitere Verwendung das OLG Brandenburg, 7 U 223/07, im übrigen
per Unterlassungsverfügung bei Androhung von Geldstrafe und ersatzweise
Haft in einem gleichgelagertem Falle untersagt hat,
sowie der weitere liefervertragliche Passus:
\"Im übrigen gelten die allgemeinen Bedingungen der AVBGasV\"
dann dürften hinsichtlich des Sondervertragstatus des Verbrauchers keine
ernsthaften Zweifel bestehen zumal vom Versorger weiterhin bestätigt wird:
\"Der Vertrag läuft so lange ununterbrochen weiter, bis er von einer der beiden Seiten mit einer Frist von 3 Monaten schriftlich gekündigt wird. Die Kündigung ist erstmalig nach Ablauf eines Jahres zulässig.\"
Allein weil es sich um einen
Sondervertrag handelt, ist die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB jedoch noch nicht zwingend ausgeschlossen, wenn man der jüngeren Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH folgt.
Ich wollte auch nicht gesagt haben, dass es für die Streitentscheidung im konkreten Fall auf die umstrittene Frage der Billigkeit ankommt.
Möglicherweise ist die Kammer rechtsirrig der Auffassung,
die genannte Preisanpassungsklausel (deren wirksame Einbeziehung gem. § 305 II BGB nicht zulässig bestritten werden kann) entspräche inhaltlich dem gesetzlichen Preisänderungsrecht des § 4 AVBGasV und halte deshalb einer Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB stand und deshalb fände § 315 BGB vorliegend Anwendung (BGH VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08], mit der Folge, dass es für die Streitentscheidung auf die Frage der bestrittenen Billigkeit ankäme, welche das Gericht durch die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu klären sucht.
Möglicherweise wurde dieser - nicht von vornherein auszuschließende - Gesichtspunkt nicht in die bisherige Betrachtung einbezogen. Dies mag seine Ursache ggf. darin haben, dass das Gericht nur einen \"Zweizeiler\" ausgeworfen haben soll, ohne den Parteien seine Entscheidungsfindung hinreichend transparent nachvollziehbar gemacht zu haben.
Nach § 4 AVBGasV wurden Tarifänderungen
frühestens mit öffentlicher Bekanntgabe wirksam. Das ist etwas anderes als das
Wirksamwerden zu einem in der öffentlichen Bekanntgabe angegebenen Zeitpunkt, der auch in der Vergangenheit liegen könnte. Es handelt sich m. E. nicht um die unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechts.
§ 4 AVBGasV selbst findet keine unmittelbare Anwendung, weil es sich um einen Sondervertrag handelt. Auch eine mittelbare Anwendung durch Einbeziehung in den Vertrag scheidet m.E. aus, weil die Bedingungen der AVBGasV sowieso nur \"im Übrigen gelten\" sollten. Zudem gehe ich davon aus, dass für die Einbeziehung gem. § 305 II BGB die Bedingungen der AVBGasV vor Vertragsabschluss ausgehändigt worden sein müssen (vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11.08].
Rechtsirrige Auffassungen vor denen bis hinauf zum BGH
niemand gefeit ist, haben jedoch nichts mit Rechtsbeugung zu tun.
Genau so erging es doch dem Kunden vor dem LG Bonn, welches eine Billigkeitskontrolle vorgenommen hatte, obschon ein Sondervertrag und innerhalb dessen keine wirksame Preisänderungsklausel vereinbart war, was schließlich erst durch den BGH korrigiert wurde (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2008 - VIII ZR 274/06). Nicht anders verhielt es sich bei einem Kunden vor dem LG Berlin, welches ebenso eine Billigkeitskontrolle vorgenommen hatte, obschon ein Sondervertrag bestand und innerhalb dessen keine wirksame Preisänderungsklausel vereinbart war , was ebenso erst durch den BGH korrigiert wurde (Vgl. BGH, Urt. v. 15.07.2009 - VIII ZR 225/07).
Wenn ein Gericht einen Beweis erhebt, auf den es für die Streitentscheidung gar nicht ankommt, so können die dadurch entstandenen Kosten ausnahmsweise auch der Staatskasse zur Last fallen.
Für mich ist Sondervertragskunde, wer zu vereinbarten Preisen beliefert wird, die von den
als solchen veröffentlichten Allgemeinen Tarifen bzw. Allgemeinen Preisen der Grundversorgung abweichen.
Die Belieferung zu veröffentlichten Tarifen allein ist hingegen kein hinreichendes Kriterium für den Tarifkundenstatus, da es sich auch um veröffentlichte Erdgas- Sonderpreise handeln kann, zu denen der Gasversorger in AGB vorsehen wollte, dass diese durch öffentliche Bekanntgabe geändert werden können (Normsondervertragskunden).
Wurde die Belieferung zu anderen Preisen als den
als solchen veröffentlichten Allgemeinen Tarifen/ Allgemeinen Preisen der Grundversorgung (in der Regel zu günstigeren Preisen) vertraglich vereinbart, dann handelt es sich um einen Sondervertrag.
Hat der Versorger zugleich Allgemeine Tarife und Erdgas- Sonderpreise veröffentlicht, so handelt es sich m. E. bei einer vertraglich vereinbarten Belieferung zu einem derart
neben den Allgemeinen Tarifen (Kleinverbrauchstarif K, Grundpreistarif G oder Basistarif BT) veröffentlichten
Erdgas- Sonderpreis deshalb um einen Sondervertrag.
Die Bedingungen der AVBGasV/ GasGVV können auf solche Sonderverträge nur dann zur Anwendung kommen, wenn sie gem. § 305 II BGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurden (vgl. AG Starnberg, Urt. v. 22.10.09).
Es ist deshalb m. E. nicht so, dass der Kunde darlegen und beweisen müsste, dass von den Bedingungen der AVBGasV/ GasGVV abweichende Vertragsbedingungen vereinbart wurden, sondern der Versorger muss darlegen und beweisen, dass der Kunde entweder innerhalb der Grundversorgung (als Tarifkunde) beliefert wird oder aber in einen Sondervertrag die Bedingungen der AVBGasV/ GasGVV gem. § 305 Abs. 2 BGB (unverändert) wirksam einbezogen wurden (vgl. AG Hohenstein-Ernstthal, Urt. v. 22.06.09).
Es gibt m. E. keine Veranlassung für die Annahme, der Rechtsstaat würde grundsätzlich nicht funktionieren. Wer mit einer so vorgefassten Meinung den Gerichtssaal betritt und dem Gericht gegenübertritt, der könnte selbst befangen sein, überall eine gegen ihn gerichtete Verschwörung wittern. Abgelehnt werden kann er deshalb nicht.
