Original von reblaus
@Bolli
Da haben Sie etwas grundsätzlich missverstanden. Ich halte nicht eine einzige der von mir vertretenen Ansichten für die allein seligmachende Lösung eines Rechtsproblems. Ich mache mir aber zu jeder von mir vertretenen Auffassung die Mühe, diese mit sachlich fundierten Argumenten zu unterlegen. Ich erwarte daher von jemandem der die Gegenposition vertritt, eine gewisse intelektuelle Auseinandersetzung mit der Frage zumindest im Rahmen dessen, was die individuellen Fachkenntnisse zulassen.
Wer ein Sachargument vorträgt, darf erwarten, dass dieses mit einem sachlichen Gegenargument widerlegt wird. Ich beklage nicht, dass in einem Verbraucherforum verbraucherfreundliche Ansichten vertreten werden, ich beklage, dass solche verbraucherfreundlichen Ansichten auch dann vertreten werden, wenn man kein einziges Sachargument dafür vortragen kann.
Wenn Sie der Ansicht sind, dass ein Sondervertrag schon dann abgeschlossen wurde, wenn dem Verbraucher ein Mengenrabatt zum Grundtarif eingeräumt wurde, so würde ich mir von Ihnen eine Antwort darauf wünschen, wie Sie diese Ansicht mit dem Gleichheitsgrundsatz in Übereinstimmung bringen. Stellen Sie sich folgenden Sachverhalt vor.
Prima, da bin ich ganz bei Ihnen. So sehe ich das auch. Gleichwohl gibt es manchmal Sachverhalte, wo die Ungleichheit zu gunsten der Allgemeinheit in Kauf genommen wird (werden muss). In einigen Bereichen nennt man das Solidaritätsprinzip, in anderen sagt man zu ähnlichen Sachverhalten, dass die Individualiserung unwirtschaftlich und der zu betreibende Aufwand daher zu groß wäre und man deswegen diese Ungleichbehandlung hinnehmen muss. Das gibt\'s überall im Leben.
Um auf Ihr Beispiel eine Antwort zu geben: Ja, dass sehe ich so: Da Kunde A im ersten Jahr einen geringeren Verbrauch hatte als Kunde B und somit nicht in den Genuß des Mengenrabatttes kam, war er ein Grundversorgter Kunde, während Kunde B eben eine \"besondere\" Vereinbarung in Anspruch genommen und dadurch in eine Sondervergünstigung kam, die in deshalb zum Sondervertragskunden macht.
Nicht anderes ist es doch mit dem von Ihnen vertretenen Preissockel in der gesetzlichen Grundversorgung. Das Gesetz spricht von einer \"preisgünstigen Versorgung\" § 1 (1) EnWG, die der BGH zu einer \"der Billigkeit entsprechenden Versorgung\" konkretisiert hat.
Nun konstruiert das Gericht (respiktive der VIII. Senat) aber in die erstmailige Entnahme von Gas in der gesetzlichen Grundversorgung ein Anerkenntnis des Preises hinein, welches einen Preis darstellt, der vereinbart ist, selbst wenn ich diesem Preis vorher expliziet widersprichen habe und diese auch direkt danach wieder tue. Alles unerheblich.
Nur eine Auswahl habe ich ja nicht. Meine 3 Versorger, bei denen ich Gas über Sondervertrag beziehen könnte, haben genauso überhöhte Preise, die ich aber tatsächlich nicht angreifen kann, da ein Vertragsschluss tatsächlich einen individuell vereinbarten Preis beinhaltet. Dieses ist in der gesetzlichen Grundversorgung meines Erachtens aber nicht der Fall. Der Gesetzgeber, auf den Sie ja so viel Wert legen, hat eben nur einen angemessenen Preis verlangt und diesen der Billigkeitsprüfung unterworfen und nicht unterteilt in einen Preissockel und darauf aufbauende Preiseänderungen.
Für Sie ein Beispiel:
Kunde A wird seit 3 Jahren in der gesetzlichen Grundversorgung versorgt. Anfangspreis 3 ct/kWh, Preiserhöhungen in den letzten 3 Jahren insgesamt 2 ct/kWh. Diesen hat er jeweils wegen Unbilligkeit widersprochen.
Nun kommt Kunde B hinzu. Er ist aus seinem Sondervertrag gekündigt worden, da unwirksame Preisanpassungklauseln vorlagen. Er kommt in die gesetzliche Grundversorgung (da keine preiswerten anderen Anbieter vorhanden) und erhebt von Anfang an Unbilligkeitseinwand. Der derzeitige Preis in der Grundversorgung beträgt ja, wie oben bei Kunde A erwähnt, 5 ct/kWh.
Der Verbrauch bei beiden Kunden ist gleich.
Nun entscheidet ein Gericht, dass der Unbilligkeitseinwand von Kunde A gerechtfertigt war, da der der Billigkeit entsprechende Preis nur bei 3,5 ct/kWh hätte liegen dürfen. Kunde A muss daher zukünftig nur 3,5 ct/kWh bezahlen, Kunde B aber weiterhin 5 ct/kWh, da er diesen (unbilligen) Preis \"angeblich\" anerkannt hat (obwohl vor und nach Abnahme widersprochen). Was bitte schön soll er machen, um seine Heizung zu betreiben ? Übrigens hat der BGH auch schon entschieden, dass der Wärmemarkt kein Substitutionsmarkt ist, wo man die verschiedenen Energieträger gegeneinader ausspielen kann. Schließlich ist ein Wechsel von Gas auf Öl mal nicht so eben gemacht. Nicht das Sie mir jetzt den Umstieg auf einen Holzofen empfehlen.
Finden Sie DAS gerecht (wenn Sie denn die obige Einstufung der Kunden A und B in Ihrem Beispiel ungerecht empfinden) ?