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Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 181634 mal)

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Offline RR-E-ft

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #210 am: 26. August 2009, 19:44:00 »
Zitat
Original von reblaus

@RR-E-ft
Indem das EVU verpflichtet ist, gerichtlich bestimmte billige Preise allen Kunden zu offerieren.

Ich weiß nicht, worauf das ggf. eine Antwort sein soll.

Zunächst stellt sich die Frage, wer wann mit welcher Begründung den Antrag auf gerichtliche Neubestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB stellen soll. Die Entscheidung des LG Hannover vom 19.02.2007 zeigt, dass ein solcher Antrag klagender Kunden abgewiesen werden kann, wenn der Versorger am Verfahren nicht mitwirkt, notwendige Informationen nicht zur Verfügung stellt. Weiter stellt sich die Frage, wie die von Ihnen genannte Verpflichtung zur Offerte (?) konkret durch wen wann wie durchgesetzt werden soll.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #211 am: 26. August 2009, 20:32:45 »
@RR-E-ft
Sie denken da zu weit. Ich gehe nicht davon aus, dass der BGH den Sockelpreis wieder kippt, und wir doch noch zu einer anfänglichen Preisbestimmung kommen.

Wenn in einem normalen Widerspruchsverfahren der Versorger den Antrag auf gerichtliche Bestimmung des billigen Preises stellt, weil das Gericht die Preisfestsetzungen als unbillig gewertet hat, dann muss nach meiner Auffassung auch jeder Dritte, soweit er davon Kenntnis erhält, dem Versorger diesen gerichtlich bestimmten billigen Preis entgegen halten können, und verlangen können, dass er nach diesem Preis beliefert wird. Überzahlungen der Vergangenheit muss er herausverlangen können.

Ob der Versorger den Antrag auf gerichtliche Bestimmung überhaupt stellt, oder angesichts drohender Rückforderungen anderer Kunden nicht besser darauf verzichtet, ist eine andere Frage. Der ursprünglich klagende Kunde wird kaum ein Interesse an der Bestimmung haben, da er dann möglicherweise einen Teil der Preiserhöhungen bezahlen müsste.

@Black
Was sorgen Sie sich eigentlich so sehr um die ordentlich kalkulierenden Versorger? Wer seine Preise stets der Billigkeit entsprechend bestimmt hat, muss vor Gericht nichts fürchten, gleich welche Möglichkeiten die Verbraucher haben unrechtmäßig erhobene Beträge zurückzufordern. Die Verfahrenskosten sind stets das Problem dessen, der den Prozess verliert. Ich habe hier hoffentlich nicht den falschen Eindruck hinterlassen, dass eine Streitigkeit über 200 € ein Prozesskostenrisiko von 10.000 € rechtfertigt. Eine Streitigkeit über 200 € rechtfertigt übrigens auch kein Rückforderungsrisiko über mehrere Millionen.

Auch deshalb sind die Chancen und Risiken sehr gleichmäßig verteilt.

Offline RR-E-ft

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #212 am: 26. August 2009, 23:58:05 »
Zitat
Original von reblaus
@RR-E-ft
Sie denken da zu weit. Ich gehe nicht davon aus, dass der BGH den Sockelpreis wieder kippt, und wir doch noch zu einer anfänglichen Preisbestimmung kommen.

Wenn in einem normalen Widerspruchsverfahren der Versorger den Antrag auf gerichtliche Bestimmung des billigen Preises stellt, weil das Gericht die Preisfestsetzungen als unbillig gewertet hat, dann muss nach meiner Auffassung auch jeder Dritte, soweit er davon Kenntnis erhält, dem Versorger diesen gerichtlich bestimmten billigen Preis entgegen halten können, und verlangen können, dass er nach diesem Preis beliefert wird. Überzahlungen der Vergangenheit muss er herausverlangen können.

Das ist etwas unverständlich, erscheint in sich widersprüchlich.

Zitat
Original von reblaus

@RR-E-ft
Indem das EVU verpflichtet ist, gerichtlich bestimmte billige Preise allen Kunden zu offerieren.

Erst soll ein Gericht einen billigen Preis bestimmen und dann sollen andere Kunden irgendwie durchsetzen, dass der Versorger auch verpflichtet ist, diesen einen entsprechenden Preis zu offerieren (wenn sie denn von der gerichtlichen Neubestimmung und deren Rechtskraft - die nur inter partes gilt - erfahren)? Andererseits soll das Gericht aber gar keinen billigen Preis bestimmen können, wegen eines (individuell vereinbarten) Preissockels, von dem man nicht wegkäme, weil er nicht kippbar sei? Klingt recht kompliziert.

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #213 am: 27. August 2009, 08:38:45 »
Zitat
Original von Black
Wenn der BGH im Prozess bestimmte Preisanpassungen von einer Billigkeitsprüfung ausnimmt, weil der Kunde nicht (rechtzeitig) widersprochen hat, nimmt er in Kauf dass dieser Kunde ggf auch eine unbillige Preisanpassung zahlen muss.

Wenn es aber auf den Einzelkunden und seine kleinen Einzelvereinbarungen nicht ankäme (wegen der Pflicht zu einheitlichen Tarifen), hätte der BGH trotzdem die Billigkeit prüfen müssen. Hat er aber nicht.

Zitat
Original von Black
Der BGH hätte bereits 2007 so nicht entscheiden können, wenn er der Einheitlichkeit der tarife den Vorzug gegeben hätte. Bereits damals hätte die Verbraucherjuristen-Seite die entsprechenden Argumente anbringen können.
Der \"große Fall\" kommt nicht erst noch. Er ist schon lange gelaufen.

Wenn ich das so lese, sind SIE der Meinung, dass Kunden in der gesetzlichen Grundversorgung nicht den billigen Preis, der für alle gilt, bezahlen müssen, sondern das es nur den für den einzelnen Kunden billigen Preis gibt, der je nach Kunde unterschiedlich sein kann.

Und das nur wegen der Tatsache, dass sie in der gesetzlichen Grundversorgung Gas entnommen haben, ohne das sie nun mal ihr Haus nicht heizen können und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass man von Anfang an der Meinung war, dass der Preis dieses unverzichtbaren Gutes nicht angemessen ist und der Versorger einem einen unbillgen Preis aufzwingen will.

Damit wären wir ja wieder auf der alten Linie des VIII. Senats, das Gas sich auf einem Substitutionsmarkt mit anderen Energieträgern befindet und der geneigte Verbraucher sich ja schließlich auch einen anderen Energieträger suchen kann, wo die Preise aus seiner Sicht angemessen sind.
Wenn mich nicht alles täuscht, ist diese Argumentation aber mittlerweile wieder vom Tisch und wie mir scheint, hat sich dieses in den Köpfen des VIII. Senats noch nicht abgesetzt.

Im übrigen hat der XI. Senat in seiner Entscheidung vom 18.10.2005 - KZR 36/04  Tz 9ff. zur Billigkeitsprüfung folgendes geäußert:
Zitat
Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass der ausgewiesene Preis derjenige gewesen ist, von dem die Beklagte behauptet, dass sie ihn nach den Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelt habe. Ein solcher Preis liegt jedoch nicht ein für allemal fest, sondern bedarf der regelmäßigen Neuermittlung unter Berücksichtigung der Entwicklung der preisbildenden Faktoren ... .

Wenn auch diese Entscheidung nicht in einem Endverbraucherverfahren ergangen ist, zeigt sie doch die Auffassung des XI. Senats, dass die Billigkeit des gesamten Preises regelmäßig neu überprüft werden kann (muss). Eine Unterscheidung in Sockelpreis und Preiserhöhung ist hier genausowenig ersichtlich wie in der Entscheidung KZR 29/06 vom 04.03.2008, die ja nach der Entscheidung des VIII. Senats lag.




Zitat
Original von Black
@RR-E-ft
Ich hoffe Ihnen ist klar, dass Sie hier bei Ihren juristisch ungeschulten Verbrauchern ein scheinbar glasklares und gefestigtes Bild einer vermeintlichen Rechtslage aufbauen, die aber einzig auf einer von Ihnen vertretenen Mindermeinung beruht, die der BGHin mehrfacher Rechtsprechung nicht geteilt hat.


Im übrigen ist hier immer von dem BGH und dessen Entscheidung die Rede. Ich möchte nochmals darauf  hinweisen, dass derzeit wohl nur der VIII. Senat dieses Sockelpreisprinzip in der gesetzlichen Grundversorgung so sieht. Der XI. Senat hat dieses durchaus schon anders gesehen, (z.B. BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06 siehe hier) seine Begründung jedoch so konstruiert, dass sie nicht gegen die des VIII. Senats anläuft und daher noch nicht vom Großen Senat entschieden werden musste. Ich gehe aber davon aus, dass es in absehbarer Zeit zu einer solchen Entscheidung des Großen Senats kommen wird, bei der man dann sagen kann: Der BGH ist der Aufassung... .

@Black
Im Gegensatz zu Ihnen kann RR-E-ft seine Meinung aber mit, aus meiner Sicht, nachvollziehbaren Argumenten und Rechtsgrundlagen  unterlegen und widerholt nicht nur die Entscheidung des XI. Senats, was er ja auch könnte. SIE dagegen sagen lediglich: Der VIII. Senat hat entschieden das die Gasentnahme ein zustandekommen eines Vertrages mit Anerkenntnis des Sockelpreises ist und somit kein einseitiges Preisbestimmungsrecht vorliegt, weshalb § 315 BGB nicht greift. Etwaige absurde Rechtsfolgen, die eine solche Sichtweise nach sich zieht, können Sie nicht auflösen und ziehen sich wieder auf den VIII. Senat zurück. Das ist eher unbefriedigend.
Ob RR-E-ft\'s Meinung eine Mindermeinung ist, wird sich noch rausstellen. Der BGH ist es, wie oben erläutert auch nicht und leider steht Herr Ball (Vors. Richter des VIII. Senats) auch nicht für öffentliche Nachfragen zu diesem Thema zur Verfügung, um die aufgeführten Unklarheiten möglicherweise zu entkräften oder zumindest zu erkennen zu geben, dass man sie bei der seinerzeitigen Aussage bereits mit berücksichtigt hat. An diesem Punkt ist die Urteilsaussage für die gesetzliche Grundversorgung recht dünn, da es sich ja dem Grunde nach um einen anderen Fall handelte. Was da für weitere Fallkonstellationen mit einbezogen waren und welche nicht, ist so auf jeden Fall nicht zu erkennen.

Von daher ist, auch wenn der VIII. Senat bereits in anderen Fällen weiter Bezug auf diese Entscheidung genommen hat, diese \'Kuh noch nicht vom Eis\', wie man hier bei uns so schön sagt.
Wie reblaus an anderer Stelle schon mal sagte: Man wird auf den Fall warten müssen, der dem VIII. Senat die Absurdität seiner Entscheidung vor Augen führt oder darauf hoffen müssen, dass der XI. Senat in einem passenden Fall mal den Großen Senat anruft und dieser anders entscheidet als der VIII. Senat.

Beides ist nicht ausgeschlossen.  ;)

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #214 am: 27. August 2009, 09:00:40 »
@RR-E-ft
Es kann pro Versorger und für vergleichbare Abnahmeverhältnisse nur einen billigen Preis geben. Dieser kommt zustande, wenn entweder der Versorger sein Leistungsbestimmungsrecht korrekt anwendet, und den billigen Preis bestimmt. Oder er kommt zustande, in dem gerichtlich festgestellt wird, dass der Versorger seine Leistungsbestimmung fehlerhaft vorgenommen hat, und der billige Preis durch Urteil bestimmt wird.

Sobald ein solcher Preis durch Urteil rechtskräftig bestimmt ist, verdrängt er wegen der Pflicht des Versorger, jedermann zu gleichen Tarifen zu beliefern, den höheren vom Versorger bestimmten Preis. Der Versorger muss einen solchen Preis mit Rechtskraft jedermann anbieten, ansonsten verstößt er gegen § 36 EnWG.

Damit nicht zahlreiche unterschiedliche billige Preise durch Urteil gebildet werden können, hat der Gesetzgeber die Zuständigkeit bei den Kammern für Handelssachen angesiedelt.

Auch die Problematik mit dem Preissockel ist lösbar.

Der billige Preis lässt sich in die Bestandteile der verschiedenen Preisänderungen aufteilen. Für jede Preisänderung kann eine eigenständige Billigkeitskontrolle vorgenommen werden. Wird der Gesamtpreis keiner Billigkeitskontrolle unterzogen, weil alle Kunden einen Preissockel vertraglich vereinbart haben, so ist der Versorger nur verpflichtet, die Preisanteile deren Billigkeit per Urteil bestimmt wurden, allen Kunden gegenüber anzupassen.

Selbst der Umstand, dass ein Gericht wegen unvollständiger Informationen des Versorgers einen zu günstigen billigen Preis festsetzt, halte ich für unproblematisch. Der Versorger hat einen Ermessensspielraum, den er auch zugunsten des Kunden anwenden kann. Er kann nach seinem Ermessen Informationen die zur korrekten Preisbestimmung erforderlich sind, vertraulich halten und auf daraus resultierende Ansprüche auf einen höheren Preis verzichten.

Immer da wo Mathematik ins Spiel kommt wird es kompliziert. Für manche zu kompliziert. Auch der Richter rechnet nicht. Aber dafür gibt es Sachverständige, die rechnen Ihnen alles aus, was Sie benötigen.

@Bolli
Der VIII Zivilsenat hat beim Sockelpreis den Allgemeinen Teil Schuldrecht beachtet, er wird beim billigen Preis für jedermann auch den § 36 EnWG berücksichtigen.

Nur Verbraucher und Versorger haben die Neigung, Gesetze die der eigenen Auffassung im Wege stehen, mal schnell beiseite zu legen. Was zur Folge hat, dass sie ganz entsetzt sind, wenn sie feststellen, dass der BGH ihrem (schlechten) Beispiel wieder einmal nicht gefolgt ist, und ganz anders entschieden hat.

Ich glaube nicht, dass der Sockelpreis nochmals aufgegeben wird. Er wird aber durch zahlreiche Rechtsinstrumente ergänzt werden müssen, um die Absurditäten, die er ansonsten erzeugen würde, zu beseitigen.

Offline Opa Ete

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #215 am: 27. August 2009, 09:17:48 »
Moin zusammen,

meine Herren sie sind ganz schön vom Thema abgekommen.

Es geht hier nicht um den Anfangspreis, den ein Neukunde, der zum ersten mal Gas oder Strom bezieht (oder auch ein Kunde der das EVU wechselt), zahlen soll. Da würde ich Black schon zustimmen, dass der Preis als vereinbart gilt und man ihn nicht gerichtlich überprüfen lassen kann.

Es geht hier um einen Kunden, dem der Sondervertrag gekündigt wurde und den dann das EVU von sich aus einfach in die Grundversorgung stuft, nur weil der Kunde keinen anderen Vertrag unterschreiben will. Das ist ein gewaltiger Unterschied!

Da ist es unstreitig, dass das EVU den Sondervertrag kündigen darf, wenn die Kündigung den Vorschriften und Fristen entspricht.

Streitig ist, ob das EVU berechtigt ist, einen solchen Kunden in die Grundversorgung einzustufen, die viel teurer ist.

Streitig ist, ob man ohne weiteres zu tun wirklich in der Grundversorgung ist, das EVU behauptet das nur.

Und der wichtigste Punkt, streitig ist, ob dieser Grundversorgungstarif dann der vereinbarte Preis ist - und da muss ich ganz klar sagen, dass kann niemals der vereinbarte Preis sein, diesen Preis muss ich gerichtlich überprüfen lassen können.

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #216 am: 27. August 2009, 10:09:07 »
Zitat
Original von Opa Ete
Es geht hier um einen Kunden, dem der Sondervertrag gekündigt wurde und den dann das EVU von sich aus einfach in die Grundversorgung stuft, nur weil der Kunde keinen anderen Vertrag unterschreiben will. Das ist ein gewaltiger Unterschied!

Ich halte das für den Fall der wirksamen Kündigung des Sondervertrages für keinen Unterschied.

Auf welcher Grundlage sollte denn der Kunde sonst sein Gas/Strom erhalten, wenn der Sondervertrag beendet wurde?


@ bolli

Achso... es hat also \"nur\" der VIII. Senat entschieden und nicht \"der BGH\". Ja dann ist das alles unverbindlich. Solange nicht der Große Senat entscheidet  :rolleyes:

Aber das ist auch jedem Amtsrichter klar, die beachten eh immer nur entscheidungen des großen Senates, weil alles andere zu unsicher wäre. Zumal ja auch offensichtlich ist, dass der XI. Senat das anders sieht und nur aus Freundlichkeit seine Entscheidungen so formuliert, dass sie dem VIII. Senat nicht widersprechen. Stichwort passiver Widerstand kann man da nur sagen.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #217 am: 27. August 2009, 11:45:26 »
Zitat
Original von Opa Ete
Moin zusammen,

meine Herren sie sind ganz schön vom Thema abgekommen.

Es geht hier nicht um den Anfangspreis, den ein Neukunde, der zum ersten mal Gas oder Strom bezieht (oder auch ein Kunde der das EVU wechselt), zahlen soll.

Doch, denn auch der erste Preis in der gesetzlichen Grundversorgung ist ein Anfangspreis.

Zitat
Original von Opa Ete
Streitig ist, ob das EVU berechtigt ist, einen solchen Kunden in die Grundversorgung einzustufen, die viel teurer ist.

Nun ja, wenn man die neuen, günstigeren (in Vergleich zur Grundversorgung) Sondervertragskonditionen nicht annimmt, bleibt dem EVU ja wohl keine andere Wahl (außer dem Zwischenschritt der 3-monatigen Ersatzversorgung). Oder soll es dem Kunden solange ein individuelles Sondervertragsangebot machen und mit den Preisen runtergehen, bis der zuschlägt? Das wird wohl auch nicht zumutbar sein.

Zitat
Original von Opa Ete
Streitig ist, ob man ohne weiteres zu tun wirklich in der Grundversorgung ist, das EVU behauptet das nur.
Wahrscheinlich ist das wohl zulässig, wenn die Kündigung formell in Ordnung ist und Sie keinen neuen Vertrag abschließen.

Zitat
Original von Opa Ete
Und der wichtigste Punkt, streitig ist, ob dieser Grundversorgungstarif dann der vereinbarte Preis ist - und da muss ich ganz klar sagen, dass kann niemals der vereinbarte Preis sein, diesen Preis muss ich gerichtlich überprüfen lassen können.
Herzlich willkommen im Thread  ;). Darüber reden wir nun schon die ganze Zeit. Es geht um die Fälle, in denen der Kunde bereits zu Beginn seines Vertragsverhältnisses deutlich macht, dass er die Preise in der gesetzlichen Grundversorgung für unbillig hält, aber aufgrund der Tatsache, dass er sich ja schon in der \'letzten Stufe\' befindet, keinen weiteren Ausweg mehr hat (außer dem unzumutbaren Weg des anderen Energieträgers).


Zitat
Original von Black
@ bolli
Achso... es hat also \"nur\" der VIII. Senat entschieden und nicht \"der BGH\". Ja dann ist das alles unverbindlich. Solange nicht der Große Senat entscheidet  
Nö, es gibt Dinge, für die nur ein Senat zuständig ist, da gibt\'s die Probleme nicht und es gibt ebenso Dinge die sehen mehrere betroffene Senate gleich, da gibt\'s auch weder Entscheidungsbedarf für den Großen Senat noch Anlaß zu unterschiedlichen Auslegungen.

Mal wieder einer Ihrer berühmten Nebenkriegsschauplätze?  ;)

Zitat
Original von Black
Aber das ist auch jedem Amtsrichter klar, die beachten eh immer nur entscheidungen des großen Senates, weil alles andere zu unsicher wäre.
Manchmal wäre einem Kunden schon geholfen, wenn sie wenigstens die Entscheidungen eines kleinen Senats, egal welchen, beachten würden. Oftmals entwickeln die ganz neue Theorien, die für alle Prozessbeteiligten überraschend und oftmals auch nicht ganz nachvollziehbar sind. In der Welt sind sie damit trotzdem.

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #218 am: 27. August 2009, 12:00:25 »
Zitat
Original von bolli
Mal wieder einer Ihrer berühmten Nebenkriegsschauplätze?  ;)

Zuviel der Ehre, das ist diesmal Ihr Nebenkriegsschauplatz. Ich habe meine rechtsauffassung lediglich mit der derzeitigen mehrfachen BGH Rechtsprchung begründet. Sie waren es der angezweifelt hat, dass \"der BGH\" entschieden habe, da ja der \"Große Senat\" noch nicht angerufen worden sei.  :rolleyes:


Zitat
Original von Black
Aber das ist auch jedem Amtsrichter klar, die beachten eh immer nur entscheidungen des großen Senates, weil alles andere zu unsicher wäre.
Manchmal wäre einem Kunden schon geholfen, wenn sie wenigstens die Entscheidungen eines kleinen Senats, egal welchen, beachten würden. Oftmals entwickeln die ganz neue Theorien, die für alle Prozessbeteiligten überraschend und oftmals auch nicht ganz nachvollziehbar sind. In der Welt sind sie damit trotzdem.[/quote]

Die Entscheidungsfreude vom Amtsgerichten ist in der Tat manchmal sonderbar.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #219 am: 27. August 2009, 12:59:37 »
@Black

Im allgemeinen Tohuwabohu ist wohl untergegangen, dass einige Fragen unbeantwortet blieben. Siehste hier.

Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von Black

@RR-E-ft

Ich denke die \"gleichen Maßstäbe\" von denen der BGH spricht, meinen dass Erhöhungen wie auch Senkungen in gleichem Umfang weitergegeben werden sollen und nicht die plötzliche Eingebung eines neu aufgestellten Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den BGH.

Und wie werden nun Kostensenkungen nach gleichen Maßstäben gem. §§ 2 Abs. 1, 36 Abs. 1 EnWG über Preissenkungen an die Kunden weitergegeben?!

Doch wohl  nicht etwa individuell nach individuellem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und individuellem Kundenverhalten danach, wo doch schon der Maßstab der Billigkeit gerade kein individueller sein soll?!

Einen Gleichbehandlungsgrundsatz braucht der BGH wohl wegen der klaren gesetzlichen Regelungen in §§ 2 Abs. 1, 36 Abs. 1 EnWG gar nicht aufstellen. Oder meinen Sie, es bedarf darüber hinaus noch einer weiteren  gesetzlichen Regelung, wonach der Grundversorger die Preise gegenüber seinen grundversorgten Kunden nicht individuell (durch Preisvereinbarungen) spalten darf?

Offline reblaus

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« Antwort #220 am: 27. August 2009, 14:34:33 »
@Bolli
Es mag ja sein, dass Black sich damit begnügt den verhassten 8. Zivilsenat zu zitieren. Da es sich bei dem Urteil um das entscheidende Urteil handelt, darf er sich damit begnügen. Sie wenden gegen dieses Urteil ein, dass dies im Gegensatz zur Rechtsprechung des Kartellsenats stünde, bzw. im Gegensatz zu der von Ihnen vermuteten Rechtssprechung des Kartellsenats. Ich meine ich hätte Ihnen in der Vergangenheit bereits erklärt, dass ein solcher Widerspruch nicht vorhanden ist. Ob ein vermuteter Widerspruch vorliegt kann ich natürlich nicht beurteilen, da Sie Ihre Vermutungen bisher nicht konkretisiert haben.

Ich habe hier bereits dargelegt, wieso ich glaube, dass die angegriffene Rechtsprechung zum Sockelpreis vertretbar und mit den gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist. Gegen diese Ausführungen haben Sie nichts entgegnet. In einem Fall haben Sie auf eine Meinung aufmerksam gemacht, die den BGH damit angreift, dass sie behauptet, er habe den § 315 BGB nicht richtig angewendet. Der BGH hat aber die Anwendung des § 315 BGB abgelehnt, so dass ein Fehler in der Auslegung des Paragrafen gar nicht vorliegen kann.

Ich denke es ist an Ihnen die höchstrichertliche Rechtsprechung nun als existent und maßgeblich zu akzeptieren, oder aber fundierte Sachargumente vorzutragen, warum diese Rechtsprechung demnächst aufgegeben wird.

Ich bin auch kein Freund des Sockelpreises. Dort wo ich Schwachstellen sehe, habe ich diese immer benannt und mit Sachargumenten Lösungen vorgeschlagen, die dann der allgemeinen Kritik zugänglich waren.

Wenn Black daraufhin einsilbig wird, und RR-E-ft die Widersprüchlichkeit und Komplexität bemängelt, signalisiert dies, dass die beiden über wirklich schlagkräftige Gegenargumente nicht verfügen, und die Idee so dumm nicht gewesen sein kann.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #221 am: 27. August 2009, 14:52:40 »
Halbewegs ermüdender Diskussionsstil.:O

Zitat
Original von reblaus
@nomos

Der BGH hat aber nie entschieden, dass im Aufdrehen der Gasheizung eine konkludente Vereinbarung eines Preises zu sehen ist.

Kann man glauben oder nicht, wie so vieles, was in die Diskussion geworfen wird. Meint vielleicht, konkludendter Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 AVBV/ GVV ja, aber ohne Preisvereinbarung dabei wegen des bestehenden einseitigen LeistungsbestimmungsrechtsiSv. § 315 Abs. 3 BGB, oder auch nicht.

Offline Black

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« Antwort #222 am: 27. August 2009, 15:21:52 »
@ RR-E-ft

Ich weiss natürlich was Sie meinen. Es scheint ein Widerspruch zu sein, dass der BGH einerseits dem Kunden A die Billigkeitskontrolle für Preisanpassung 1 verweigert, weil dieser nicht rechtzeitig widersprochen hat, gleichzeitig vielleicht für Kunden B die Billigkeitskontrolle zulässt und dann tatsächlich die Unbilligkeit feststellt.

Die Frage ist also, wie kann ein einzelner einheitlicher Tarif für Kunde A billig sein und für Kunde B nicht?

Die Lösung liegt nach meiner Auffassung darin, dass der BGH und jedes andere Gericht keine Behörde ist, die eine generelle Tarifkontrolle durchführt. Ein Gericht entscheidet immer nur über einzelne (Zahlungs)ansprüche der konkret beteiligten Parteien. Trotz des \"einheitlichen Tarifes\" liegen hunderte oder tausende Einzelverträge vor.

Wenn das Gericht in der Klage des Kunden A unbillige Preise feststellt entfaltet dieses Urteil ja für Kunden C, der gar nicht geklagt hat auch keine Bindungswirkung, obwohl er ja den gleichen einheitlichen Tarif hat.

Kunde C profitiert nur mittelbar davon, weil er sich entweder in einer eigenen Klage auf das Urteil des A berufen kann, oder das EVU als Folge des Urteils A ohnehin seine Tarife einheitlich ändert.

Eine absolute Gleichbehandlung ist aufgrund der Einzelbindungswirkung eines Urteils gar nicht anders möglich.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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« Antwort #223 am: 27. August 2009, 15:33:14 »
@Black

Schön, dass wir uns verstehen.


Zitat
Original von Black
@ RR-E-ft
Kunde C profitiert nur mittelbar davon, weil er sich entweder in einer eigenen Klage auf das Urteil des A berufen kann, oder das EVU als Folge des Urteils A ohnehin seine Tarife einheitlich ändert.

Spannendes Unterfangen, wenn ein Tarifkunde wegen Feststellung der Unbilligkeit der in 2005 geänderten Tarife geklagt hatte und recht bekommt, ggf. eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB  durch das Gericht getroffen wird (vgl. BGH VIII ZR 314/07) oder aber ein Kunde auf Feststellung der Unbilligkeit des unveränderten Tarifs klagt, weil Kostensenkungen nicht (vollständig bzw. nach gleichen Maßstäben) durch Preisabsenkungen weiter gegeben wurden, dabei recht bekommt und das Gericht ggf. eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB trifft.

Fraglich wie dann der Versorger nach Rechtskraft einer solchen Ersatzbestimmung- Entscheidung, die nicht ausgeschlossen ist (vgl. BGH VIII ZR 314/07), grundsätzlich nur inter partes gilt, den Allgemeinen Tarif gegenüber allen Kunden entsprechend (nachträglich - die Verfahren dauern bis zur Rechtskraft) neu festsetzen könnte.

Der BGH hat ja schon festgestellt, dass die Allgemeinen Tarife gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, was das Recht zur Erhöhung wie auch die Pflicht zur Absenkung am Maßstab der Billigkeit anhand geänderter Kosten nach gleichen Maßstäben einschließt, undzwar gegenüber allen Tarifkunden, die zu einheitlichen Tarifen beliefert werden.  

Aus der gesetzlichen Regelung §§ 2 Abs. 1, 36 Abs. 1 EnWG ergibt sich m. E. zum  einen, dass potentiellen Kunden Allgemeine Tarife angeboten werden müssen, die der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG entsprechen und zum anderen, dass individuelle Preisvereinbarungen im Bereich der Grundversorgung  ausgeschlossen sind.   Der BGH hat ausdrücklich entschieden, dass der Maßstab der Billigkeitskontrolle kein individueller sein soll.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #224 am: 27. August 2009, 15:46:15 »
Ein allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz ist dem § 36 EnWG auch nicht zu entnehmen. Dort wird nur vorgeschrieben, dass nur ein Tarif existieren darf, der jedermann anzubieten ist. Ein Tarif ist nicht gleichbedeutend mit einem einheitlichen Preis.

Ist die Preisbestimmung des Versorgers unbillig, ohne dass der billige Preis bestimmt wird, schließen die Parteien einen Vergleich, oder verzichtet der Versorger einfach auf die gerichtliche Geltendmachung gekürzter Beträge stellt sich sowieso die Frage, ob diese Grundversorgungsverhältnisse dadurch nicht zu Sonderverträgen werden, und diese Preise deshalb aus dem Tarifgefüge fallen.

Zitat
Original von RR-E-ft Fraglich wie dann der Versorger nach Rechtskraft einer solchen Ersatzbestimmung- Entscheidung, die nicht ausgeschlossen ist (vgl. BGH VIII ZR 314/07), grundsätzlich nur inter partes gilt, den Allgemeinen Tarif gegenüber allen Kunden entsprechend (nachträglich - die Verfahren dauern bis zur Rechtskraft) neu festsetzen könnte.

Der Versorger hat lediglich seinen aktuellen Tarif um die Differenz zwischen unbilligem Preis und gerichtlich festgesetztem Preis zu vermindern. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung von nicht klagenden Kunden hat er zu erfüllen. Wahlweise wären statt Bereicherungsansprüchen Schadensersatzansprüche in Betracht zu ziehen. Wo ist das Problem?

 

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