Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 100432 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Ronny

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 138
  • Karma: +0/-1
@ courage

Die Versorgungsunternehmen wünschen sich irgendeine eine wirksame Preisanpassungsklausel - mehr nicht. Wenn es nur eine einzige mögliche Formulierung geben sollte, dann wird es wohl nur eine Preisklausel geben.

Aber das heisst doch natürlich nicht, dass alle die gleichen Preise haben werden. Es geht doch nicht um Vereinheitlichung der Tarife. Es geht nur darum, unter welchen Bedingungen Preisänderungen vorgenommen werden sollen. Diese Bedingungen sind auch weitestgehend klar: Es gelten die Vorgaben des BGH aus den Urteilen vom 13.06.2007 usw.

Unklar ist nur, wie die Formulierung in den AGB zu erfolgen hat, damit die Formulierung nicht in der verbraucherfeindlichsten Auslegung zur Unwirksamkeit führt.

Und wieso könnte der Wettbewerb losgehen, wenn alle die gleichen Tarife haben? Dann wäre er tot. Mausetot.

Die Leute haben komische Vorstellungen ...

Offline courage

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 116
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von Ronny
@ courage

Die Versorgungsunternehmen wünschen sich irgendeine eine wirksame Preisanpassungsklausel - mehr nicht....
Unklar ist nur, wie die Formulierung in den AGB zu erfolgen hat, damit die Formulierung nicht in der verbraucherfeindlichsten Auslegung zur Unwirksamkeit führt.

Und wieso könnte der Wettbewerb losgehen, wenn alle die gleichen Tarife haben? Dann wäre er tot. Mausetot.

Schön der rapide Sinneswandel; bis vorhin dachte ich, die Billigkeitskontrolle wäre seit dem BGH-Urteil vom 15.07.09 zur Wunschoption der Versorger geworden.

Sei`s drum, nichts anderes wünschen sich die Verbraucher auch: eine Preisanpassungsklausel, die ausgewogen, klar und verständlich ist.
Bei den Versorgern war ich mir da bisher halt nicht so sicher: warum kämpfen sie denn so für ihre Klauseln, die unausgewogen, unklar und unverständlich sind.

Wettbewerb mit preisdämpfendem Charakter kommt dann auf, wenn Produkte gleichartig, austauschbar und für die Kunden vor allem bei mehreren Anbietern ohne Hindernisse verfügbar und jederzeit leicht zugänglich sind. So ist das zum Beispiel bei der Butter, beim Fernseher, bei der Wäschereinigung; beim Gas sind wir weit davon entfernt.

Offline Kampfzwerg

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.041
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von Ronny
Die Versorgungsunternehmen wünschen sich irgendeine eine wirksame Preisanpassungsklausel - mehr nicht.

Diese Bedingungen sind auch weitestgehend klar: Es gelten die Vorgaben des BGH aus den Urteilen vom 13.06.2007 usw.

Unklar ist nur, wie die Formulierung in den AGB zu erfolgen hat, damit die Formulierung nicht in der verbraucherfeindlichsten Auslegung zur Unwirksamkeit führt.

Unklar wäre dann vor allem, warum kein Versorger bis dato in der Lage war, eine derartige Klausel zu entwickeln, die den Anforderungen nach §§305, 307 und einer gerichtlichen Überprüfung standhält.
Und da es diese §§ im BGB schon sehr lange gibt, könnte man sich doch als Laie durchaus fragen, warum das in der Vergangenheit, als die Mehrzahl aller Verbraucher noch im Dunkeln tappten und leichtgläubig die gängige Praxis und vor allem die Legitimation der Versorger nicht in Frage stellten, auch keinen Versorger interessiert hat.
Ein Schelm....

Apropos: kleiner Freud`scher eingeschlichen?
Meinten Sie tatsächlich
verbraucherfeindlichsten oder eher versorgerfeindlichsten.
Wir hätten auch noch verbraucherfreundlichsten im Angebot. ;)

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Zitat
@RR-Ef-t
[...]Ich meine weiter, die Verpflichtung des Grundversorgers, Allgemeine Preise der Grundversorgung aufzustellen, die an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, ergibt sich bereits aus § 36 I EnWG. Der Grundversorger hat dabei zudem die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG zu beachten.[...]

Ja, auch meine Rede.
Wobei ich das Thema damit nicht eingrenze, sondern die Kette über § 39 Abs. 1 EnWG zu § 5 Abs. 2 GasGVV weiter führe, denn aus § 36 EnWG alleine ergibt sich keine Rechtsgrundlage für die GasGVV (Die Verpflichtung nach §§ 1 (I) und 2 (1) EnWG trifft alle Versorger).

So aber nicht:
alle Amtsrichter und Landrichter die der Meinung sind, dass die Rechtsgrundlagen nicht im EnWG zu finden seien (Anm.: immer dann, und immer diejenigen Richter, welche sich für ihre Karriereleiter noch einen Sachverhalt nach § 102 ff. EnWG gewünscht haben und sich für zuständig erklären).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Zitat
Original von Kampfzwerg
Zitat
Original von Ronny
Unklar ist nur, wie die Formulierung in den AGB zu erfolgen hat, damit die Formulierung nicht in der verbraucherfeindlichsten Auslegung zur Unwirksamkeit führt.


Apropos: kleiner Freud`scher eingeschlichen?
Meinten Sie tatsächlich
verbraucherfeindlichsten oder eher versorgerfeindlichsten.
Wir hätten auch noch verbraucherfreundlichsten im Angebot. ;)

Nein, Ronny hat Recht. Der BGH legt bei einer Prüfung der Zulässigkeit von AGB diese zunächst tatsächlich verbraucherfeindlich aus. Das ist im Endeffekt für den Verbraucher aber günstig, da die feindlichste Auslegung am schnellsten zur Nichtigkeit der AGB Klausel führt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von Black

Nein, Ronny hat Recht.
    Klar hat Ronny Recht - siehe hier:

Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus

Da man wohl überwiegend nur solche verbraucherfeindlichen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, will man bei der gegebenen Entwicklung von Versorgerseite jetzt die Billigkeitsprüfung.  Das ist doch immerhin eine interessante Entwicklung!

Man könnte das fair und offen regeln, wenn man nur wollte. Man muss sich dann halt uneingeschränkt in alle Bücher blicken lassen.[/list]

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@RR-E-ft
Ihrer Idee könnte ich dann etwas abgewinnen, wenn der Versorger diese Rechtsauslegung bei Vertragsschluss offengelegt hätte. Dann wäre ein solches beiliegendes Schreiben Vertragsbestandteil geworden, mit der Folge, dass eben kein einseitiges Preisänderungsrecht nach billigem Ermessen vereinbart worden wäre. Aber eine Rechtsauslegung die erst im Streitfall vorgetragen wird, ist doch von jedermann als Parteimeinung zu identifizieren und kann bei Unrichtigkeit keinen Vertrauenstatbestand begründen. Haben Sie diese Ansicht schon mal abstrahiert, und überlegt, wo das hinführen würde. Schnurstracks ins juristische Chaos.

Zitat
Original von RR-E-ft Dieser Senat sagt u.a. , dass die Zeitpunkte für Preisrevisionen bereits im Sondervertrag festgelegt sein müssen.
Warum liegt in dieser Auffassung zwingenderweise ein Widerspruch zum 8. Zivilsenat?

Ein solcher wäre doch nur dann gegeben, wenn die Billigkeit einer Preisänderung keinen fixierten Zeitpunkt für die Preisanpassung erfordern würde. Diese Frage ist vom BGH aber noch gar nicht entschieden worden. Ich meine ein solch zwingender Zeitpunkt ergibt sich aus der Rechtsprechung zum Sockelpreis.

Das LG Köln Hinweisbeschl. v. 7.01.2009 Az. 90 O 41/07 hat bereits entschieden, dass ein Vorziehen von bereits bekannten aber erst später wirksamen Bezugskostensteigerungen unbillig ist, da dadurch Verbraucher benachteiligt werden, die ihren Vertrag vor der Wirksamkeit der Bezugskostensteigerung beenden. Das gleiche muss im Umkehrschluss auch für das Ansparen von bereits erfolgten Bezugskostensteigerungen für eine spätere hohe Preiserhöhung gelten. Hierdurch werden Neukunden ungerechtfertigt benachteiligt. Diese vereinbaren mit Vertragsbeginn einen Preis mit dem die gesamte Kostenstruktur des Versorgers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgegolten wird. Dem Neukunden dürfen daher sämtliche Kostensteigerungen, die vor seinem Vertragsschluss entstanden sind, nicht mehr entgegen gehalten werden. Da die allgemeinen Tarife für Jedermann gelten, bedeutet dies, dass wegen der Rücksichtnahme auf Neukunden und abwandernde Kunden Kostensteigerungen nur zeitgleich mit ihrem Entstehen weitergereicht werden dürfen. Ansonsten verfällt der Anspruch.

Wird die Rechtsauffassung des 8. Zivilsenats mit der Auffassung des Kartellsenats verbunden, ergibt die Kombination dieser Auffassungen eine weitere Begründung dafür, dass eine Preisanpassung nur dann der Billigkeit entspricht, wenn die Preissteigerung zeitgleich mit der Kostensteigerung erfolgt. Das ist transparent und leicht überprüfbar.

Einzuräumen ist natürlich, dass dies für frühere Preiserhöhungen auch gelten würde. Aber Black hat ja fest versprochen, dass Versorger nicht weinen :D

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von reblaus
Wird die Rechtsauffassung des 8. Zivilsenats mit der Auffassung des Kartellsenats verbunden, ergibt die Kombination dieser Auffassungen eine weitere Begründung dafür, dass eine Preisanpassung nur dann der Billigkeit entspricht, wenn die Preissteigerung zeitgleich mit der Kostensteigerung erfolgt. Das ist transparent und leicht überprüfbar.


@reblaus

Ihre Aussage kann ich nicht nachvollziehen, was nichts heißen will.

Ich habe die Entscheidung des Kartellsenats des BGH so verstanden, dass die Zeitpunkte der Preisrevisionen bei Sondervertragskunden im Vornherein feststehen müssen, damit sichergestellt ist, dass bei sinkenden Kosten die Preise tatsächlich unverzüglich zugunsten der entsprechenden Kunden angepasst werden, kein Spielraum hinsichtlich des Zeitpunktes der Preiswirksamkeit von Kostensenkungen und somit zur Margenerhöhung besteht.

Zugleich sagt der Kartellsenat dabei auch, warum das bei der Belieferung von Tarifkunden innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht nicht möglich sei. Ausdrücklich soll der Versorger nicht dazu verpflichtet sein, Kostensteigerungen sofort preiswirksam an seine Tarifkunden weiterzugeben, weil dies (unbestreitbar) nicht im Interesse der Tarifkunden läge.

Waren die Kosten der Tarifkundenbelieferung seit der letzten Anpassung zum 01.01. am 01.04. gestiegen, musste dem Versorger deshalb eine Erhöhung der Allgemeinen Tarife zum 01.05. möglich sein undzwar auch gegenüber solchen Tarifkunden, die den Vertrag erst am 28.04. abgeschlossen hatten, und bei denen nach deren Vertragsabschluss keine Kostensteigerungen aufgetreten waren. Der Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses spielt dabei innerhalb der Betrachtung gerade keine Rolle und  kann keine Rolle spielen. Bei Tarifkunden gibt es deshalb keinen individuellen Maßstab der Billigkeit.

Der genannte Hinweisbeschluss des LG Köln bezieht sich auf Tarifkunden.

Anders verhält es sich bei Sondervertragskunden, bei denen über eine Preisänderungsklausel tatsächlich nur nach dem individuellen Vertragsabschluss gestiegene Kosten über Preiserhöhungen weitergegeben werden dürfen. Bei Sonderverträgen kommt es also gerade auf den Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und die Kostenentwicklung danach an. Eine bereits am 01.04. eingetretene Kostensteigerung berechtigt demnach nicht zur Preiserhöhung aufgrund einer Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag, der erst am 28.04. abgeschlossen wurde. Dies führt dazu, dass Sondervertragskunden mit sonst gleichen Verträgen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen wurden,  zu verschieden hohen Preisen beliefert werden müssen, weil eingetretene Kostensteigerungen über Preisänderungsklauseln nicht auf alle Sondervertragskunden gleichermaßen weitergewälzt werden können. Spiegelbildlich verhält es sich bei Preisanpassungen wegen gesunkener Kosten zu Gunsten der Sondervertragskunden ebenso. Der Sondervertragskunde, der am 28.04. seinen Vertrag abgeschlossen hat, kann keine Preisanpassung zu seinen Gunsten verlangen, wenn die Kosten zum 01.04. rückläufig waren. Ein Sondervertragskunde, der seinen Vertrag am 15.03. abgeschlossen hatte, hingegen schon. Bei Sondervertragskunden gäbe es mithin einen individuellen Maßstab der Billigkeit. Dem einzelnen Sondervertragskunden darf es völlig egal sein, ob andere Neu- oder Bestandskunden benachteiligt werden oder nicht. Er hat sich schließlich durch den Vertragsabschluss in keine Schicksalsgemeinschaft eingekauft, sondern ein bestimmtes Äquivalenzverhältnis bei Vertragsabschluss vereinbart, das im konkreten Vertragsverhältnis zu wahren ist.

Wurde bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt (VIII ZR 138/07 Tz. 16), sieht es noch einmal anders aus.

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@RR-E-ft
Sie kommen einfach nicht davon los, bestehende Sonderverträge mit zukünftig den Vorgaben des 8. Zivilsenats entsprechenden Sonderverträgen zu vermischen.

Bei Altverträgen mögen Ihre Ausführungen vollständig zutreffen. Nur bei Altverträgen sind diese Ausführungen überflüssig, da diese in aller Regel keine den Vorgaben des 8. Zivilsenats entsprechenden Preisänderungsklauseln beinhalten. Die dort vorliegenden Klauseln dürften größtenteils wegen § 307 BGB unwirksam sein.

Eine für jeden Sonderkunden individuelle Preisfestsetzung ist mit den Vorgaben des BGH an Preisänderungsklauseln nicht vereinbar. Das gesetzliche Preisänderungsrecht wird nur dann unverändert in Sonderverträge übernommen, wenn ihm auch dort ein allgemeines für Jedermann gültiges Preissystem zugrunde liegt. Eine unveränderte Übernahme liegt dann nicht vor, wenn die Klausel zwar wortgleich aber in ihrer Auslegung ungleich übernommen werden soll. Dadurch ist die Rechtsprechung zu den Grundversorgungsverhältnissen auf die Sonderverträge 1 : 1 übertragbar.

Offline courage

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 116
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von nomos

Da man wohl überwiegend nur solche verbraucherfeindlichen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, will man bei der gegebenen Entwicklung von Versorgerseite jetzt die Billigkeitsprüfung.  Das ist doch immerhin eine interessante Entwicklung!

Man könnte das fair und offen regeln, wenn man nur wollte. Man muss sich dann halt uneingeschränkt in alle Bücher blicken lassen.
@ nomos: finde ich auch, eine sehr interessante Entwicklung.
Nehmen wir mal an, ein Versorger hat vier Tarifvarianten im Angebot und die Tarifpreise müssten alle billigkeitshalber mindestens monatlich den schwankenden Kosten angepasst werden. Nehmen wir weiter an, die Verbraucher bleiben vorerst misstrauisch. Dann wären vom Versorger jährlich 4 mal 12 = 48 nachprüfbare Billigkeitsnachweise zu erbringen.

Ich kann mir vorstellen, dass den Versorgern dann doch eine Preisanpassugsklausel angenehmer wäre, selbst wenn sie ausgewogen, klar und verständlich ist.

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Zitat
Original von courage
Nehmen wir mal an, ein Versorger hat vier Tarifvarianten im Angebot und die Tarifpreise müssten alle billigkeitshalber mindestens monatlich den schwankenden Kosten angepasst werden. Nehmen wir weiter an, die Verbraucher bleiben vorerst misstrauisch. Dann wären vom Versorger jährlich 4 mal 12 = 48 nachprüfbare Billigkeitsnachweise zu erbringen.

Ich kann mir vorstellen, dass den Versorgern dann doch eine Preisanpassugsklausel angenehmer wäre, selbst wenn sie ausgewogen, klar und verständlich ist.

Die Bezugskosten schwanken in der Regel nicht monatlich. Da man die einzelnen Preisanpassungen auch jährlich oder sogar rückwirkend für alle 3 Jahre einklagen kann, kann man das Ganze auch in einem Verfahren (pro Tarif) erledigen.

Bei nachgewiesener Billigkeit trägt die Kosten der Kunde, sonst das EVU.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline reblaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.055
  • Karma: +0/-0
@Courage
Eine ausgewogene Preisanpassungsklausel ohne Billigkeitskontrolle kann ich mir sehr schwer vorstellen.

Als Denkmodelle kommen nur befristete Festpreisverträge oder Preisanpassungsklauseln mit Billigkeitskontrolle in Frage.

@Black
Die Zukunft sieht vor, dass solche Prozesse gar nicht mehr geführt werden. Idealerweise wollen wir Kunden nicht in die Bücher der Versorger schauen, sondern in die Listen von Verivox, ob da nicht einer günstiger ist, als der eigene.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Zitat
@reblaus
Das LG Köln Hinweisbeschl. v. 7.01.2009 Az. 90 O 41/07 hat bereits entschieden, dass ein Vorziehen von bereits bekannten aber erst später wirksamen Bezugskostensteigerungen unbillig ist, da dadurch Verbraucher benachteiligt werden, die ihren Vertrag vor der Wirksamkeit der Bezugskostensteigerung beenden. Das gleiche muss im Umkehrschluss auch für das Ansparen von bereits erfolgten Bezugskostensteigerungen für eine spätere hohe Preiserhöhung gelten. Hierdurch werden Neukunden ungerechtfertigt benachteiligt. Diese vereinbaren mit Vertragsbeginn einen Preis mit dem die gesamte Kostenstruktur des Versorgers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgegolten wird. Dem Neukunden dürfen daher sämtliche Kostensteigerungen, die vor seinem Vertragsschluss entstanden sind, nicht mehr entgegen gehalten werden. Da die allgemeinen Tarife für Jedermann gelten, bedeutet dies, dass wegen der Rücksichtnahme auf Neukunden und abwandernde Kunden Kostensteigerungen nur zeitgleich mit ihrem Entstehen weitergereicht werden dürfen. Ansonsten verfällt der Anspruch.

Haben Sie dies wirklich aus dem Beschluß LG Köln so heraus gelesen. Hört sich zwar elegant an, weil man den Verbraucher ja anders herum auch mit seinem fehlenden Widerspruch in die Pfanne hauen will. Ist aber betriebswirtschaftlich nicht unbedenklich. Denn das Streben nach Deckungsbeiträgen ist ja zunächst nichts Verwerfliches.
Gehen Sie mal davon aus, der (Grund-)Arbeitspreis lag im Dezember bei 5,0 ct. Im Januar steigt der Bezug um 0,2 ct. Im April um weitere 0,2, ct. Im Juli um weitere 0,2 ct. Im Oktober will das EVU anpassen, weil eine weitere Bezugssteigerung von 0,2 ct eintritt.
Wie sieht das Ergebnis Ihrer Meinung dann aus:

(1) neuer Arbeitspreis ab Oktober: 5,2 ct
oder
(2) neuer Arbeitspreis ab Oktober: 5,8 ct

Konsequenz: der Versorger muß alle Vierteljahr anpassen und schafft aus seiner Sicht den erwünschten Deckungsbeitrag. Macht er dies nicht, gewinnt der Verbraucher 0,6 ct.
(Anm.: das mit dem \"Gewinn\" ist natürlich nur ein rhetorisches Plasphem   8) ).

War das so gemeint ?
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von Black
Bei nachgewiesener Billigkeit trägt die Kosten der Kunde, sonst das EVU.
    Nein, so nicht, auch wenn man jetzt die Billigkeitsprüfung auf Versorgerseite propagiert! Es geht hier nicht um ein Gerichtsverfahren, sondern um eine faire Regelung und das ist keine faire Regelung. Der Nachweis der Billigkeit ist grundsätzlich zu führen. Nicht erst wenn ein Verbraucher Widerspruch wegen vermuteter Unbilligkeit einlegt und die Rechnung kürzt. Das ist nicht die Lösung.

    Der Verbraucher hat keine Möglichkeit, die Billigkeit der einseitig festgelegten Leistung zu überprüfen. Die Daten und Fakten kennt der Versorger alleine, das ist einseitig und nicht fair. Der Nachweis der Billigkeit mit geeigneten Mitteln ist per Gesetz oder Verordnung zu regeln.  Man könnte die Prüfung ja z.B. im Rahmen jeder Jahresabschlußprüfung verpflichtend durch Wirtschaftsprüfer vorgeben und den Nachweis zum Beispiel gegenüber den Kartellbehörden führen lassen. *)

    Die Regelung kann nur lauten:

Die Beweislast und die Pflicht zum Nachweis der Billigkeit hat der, der die Leistung bestimmt.

Das wäre eine faire Regelung. [/list]*) In anderen Wirtschaftsbereichen kann der Gesetz- und Verordnungsgeber das auch.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von reblaus
@RR-E-ft
Sie kommen einfach nicht davon los, bestehende Sonderverträge mit zukünftig den Vorgaben des 8. Zivilsenats entsprechenden Sonderverträgen zu vermischen.

Bei Altverträgen mögen Ihre Ausführungen vollständig zutreffen. Nur bei Altverträgen sind diese Ausführungen überflüssig, da diese in aller Regel keine den Vorgaben des 8. Zivilsenats entsprechenden Preisänderungsklauseln beinhalten. Die dort vorliegenden Klauseln dürften größtenteils wegen § 307 BGB unwirksam sein.

Eine für jeden Sonderkunden individuelle Preisfestsetzung ist mit den Vorgaben des BGH an Preisänderungsklauseln nicht vereinbar. Das gesetzliche Preisänderungsrecht wird nur dann unverändert in Sonderverträge übernommen, wenn ihm auch dort ein allgemeines für Jedermann gültiges Preissystem zugrunde liegt. Eine unveränderte Übernahme liegt dann nicht vor, wenn die Klausel zwar wortgleich aber in ihrer Auslegung ungleich übernommen werden soll. Dadurch ist die Rechtsprechung zu den Grundversorgungsverhältnissen auf die Sonderverträge 1 : 1 übertragbar.

@reblaus

Ich kann Ihre Ausführungen nicht nachvollziehen, was nichts heißen muss.
Vor allem komme ich nicht von den Inhalten meiner - maßgeblich auch in den Rechtsabteilungen von Energieversorgungsunternehmen - absolvierten juristischen Ausbildung los, wofür ich um Nachsicht bitte.

Ich dachte, Sie hätten die Entscheidungen VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07 und KZR 2/07 gelesen, aus denen Ihnen gerade noch eine Synthese vorschwebte. Gerade KZR 2/07 zeigt doch die Unterschiede zwischen (grundversorgten) Tarifkunden und Sondervertragskunden deutlich auf.

Ein vereinbarter Sondervertragspreis wird auch im Falle einer vereinbarten Preisänderungsklausel unbestreitbar nicht zu einem Allgemeinen Tarif. Sonderpreise unterliegen der Vertragsfreiheit und werden zuweilen bereits vor Vertragsabschluss sehr individuell kalkuliert. Wer in der Energiewirtschaft an entsprechender Stelle tätig ist, weiß das.

Splittet man einen Sondervertragspreis gedanklich in einen vereinbarten Anfangspreis und eine der Billigkeitskontrolle unterliegende Preisänderung, die das bestehende Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis wahren soll und muss, dann kann der Maßstab der Billigkeitskontrolle nur ein individueller sein.

Es dürfen nur solche Kostenerhöhungen für eine Preiserhöhung gegenüber dem konkreten Sondervertrags- Kunden herangezogen werden, die tatsächlich erst nach dem individuellen Vertragsabschschluss mit dem entsprechenden Kunden eingetreten sind. Schließlich geht es doch um das Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis, das durch eine Preisänderungsklausel  gewahrt werden muss. Für Preisanpassungen zugunsten des Kunden gilt spiegelbildlich Entsprechendes.

Daran ändert auch nichts, wenn man es als zulässig erachtet, dass der Lieferant den Sondervertragspreis durch öffentliche Bekanntgabe nach billigem Ermessen abzuändern gleichermaßen berechtigt und verpflichtet sein soll. Die öffentliche Bekanntgabe wird wohl eben etwas differenzierter als bei der öffentlichen Bekanntgabe einer Neufestsetzung  der Allgemeinen Preise der Grundversorgung ausfallen müssen.

Ob das bei Vertragsabschluss durch die Preisvereinbarung konkret gebildtete Äquivalenzverhältnis noch gewahrt ist oder aber durch eine vorgenommene Preisänderung zu Gunsten des Lieferanten oder aber eine unterlassene Preisänderung zu Gunsten des Kunden nachträglich zu Gunsten des Lieferanten und somit zu Lasten des Kunden  verschoben wurde, hätte eine Billigkeitskontrolle in Bezug auf das konkrete Vertragsverhältnis  dabei erst zu erbringen.

Es darf nicht der Fehler begangen werden, ein gesetzliches Leistungsbestimmunsgrecht mit einem vertraglich vereinbarten Leistungsbestimmungsrecht oder einer Preisänderungsklausel gleichzusetzen.

Sowohl ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht als auch ein vertraglich vereinbartes Leistungsbestimmungsrecht, das die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB zur Folge hat,  führen zwar zur Billigkeitskontrolle, jedoch ist der Prüfungsmaßstab dabei zwangsläufig ein anderer, was gerade der VIII. Zivilsenat aufzeigt (VIII ZR 138/07 Tz. 16).

Ich habe es so verstanden, dass Black und Ronny es  in Sonderverträgen, bei denen bei Vertragsabschluss kein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht vereinbart wurde, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt (VIII ZR 138/07), für möglich halten, dass ein vereinbarter Sonderpreis unter Zugrundelegung einer bestimmten Preisänderungsklausel  nach billigem Ermessen gleichermaßen nachträglich abgeändert werden kann und muss, um das Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis nach Vertragsabschluss zu wahren, was gerichtlich kontrolliert werden können soll...

Wird eine Kostenerhöhung nach Vertragsabschluss durch eine Preisänderung dabei nicht vollständig an den Kunden  weitergegeben, verschiebt sich das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis zu Gunsten des Kunden. Wird dieses neue Äquivalenzverhältnis etwa zwischen den Parteien vereinbart, ist dieses und nicht etwa das ursprünglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis durch zukünftige Preisanpassungen fortan zu wahren...

Bei Sondervertragskunden müssen nachträgliche Kostensenkungen unverzüglich und vollständig preiswirksam werden, die Preise zugunsten der Kunden angepasst werden, um das konkret vereinbarte Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis zu wahren.

Bei grundversorgten Tarifkunden ist es selbstverständlich auch unzulässig, bereits absehbare zukünftige Kostenerhöhungen vor dem tatsächlichen Eintritt der Kostenerhöhungen einzupreisen. Jedoch ist es dort ausdrücklich zulässig, Kostenerhöhungen nicht sofort, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung einzupreisen.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz