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Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 92438 mal)

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Offline reblaus

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@RR-E-ft
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Original von RR-E-ft Bei grundversorgten Tarifkunden ist es selbstverständlich auch unzulässig, bereits absehbare zukünftige Kostenerhöhungen vor dem tatsächlichen Eintritt der Kostenerhöhungen einzupreisen. Jedoch ist es dort ausdrücklich zulässig, Kostenerhöhungen nicht sofort, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung einzupreisen.
Können Sie mir einen einzigen plausiblen Grund liefern, warum ein Neukunde Preiserhöhungen akzeptieren sollte, die auf Kostensteigerungen beruhen, die bereits lange vor seinem Vertragsschluss entstanden sind?

Das Äquivalenzverhältnis ist sowohl im Grundverhältnis als auch im Sondervertrag jeweils individuell einzuhalten. Aus diesem Grund ist eine unverzügliche Weitergabe von Kostensteigerungen bei für jedermann geltenden Tarifen geboten. Welcher Privatverbraucher schließt schon zu einem individuell ausgehandelten Preis ab?

Offline nomos

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Original von reblaus
@RR-E-ft
Können Sie mir einen einzigen plausiblen Grund liefern, warum ein Neukunde Preiserhöhungen akzeptieren sollte, die auf Kostensteigerungen beruhen, die bereits lange vor seinem Vertragsschluss entstanden sind?
    Hat, RR-E-ft doch schon hier erklärt:

Stichwort Tarifkundenbelieferung zum Allgemeinen Tarif und der Unterschied zum Sondervertragskunden usw. [/list]

Offline Opa Ete

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Moin zusammen,

hier geht doch einiges durcheinander. Es geht hier nicht um Altverträge,
da sind nach höchstrichterlichen Urteilen fast alle Klauseln ungültig,  sondern einzig um die Zukunft. Natürlich lassen sich Preisanpassungsklauseln finden, die gerichtsfest sind und keine der beiden Seiten bevorzugt, mit solchen Klauseln muss der Preis für absehbare Zeit feststehen. Von mir aus kann der Gaspreis auch an den Ölpreis, den Lebenshaltungsindex oder Bananen gekoppelt sein, dass einzige was ich verlange ist, dass die EVUs bei Preiserhöhungen und -senkungen kein Ermessungsspielraum haben. Nachdem solche Klauseln gefunden und angewendet werden, schließt sich m.E. eine Billigkeitskontrolle aus. Ich könnte einzig den Anfangspreis rügen - den habe ich aber gerade mit meiner Unterschrift anerkannt. Ich finde so schwer ist das Thema doch garnicht.

Offline Black

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Original von reblaus
@RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft Bei grundversorgten Tarifkunden ist es selbstverständlich auch unzulässig, bereits absehbare zukünftige Kostenerhöhungen vor dem tatsächlichen Eintritt der Kostenerhöhungen einzupreisen. Jedoch ist es dort ausdrücklich zulässig, Kostenerhöhungen nicht sofort, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung einzupreisen.
Können Sie mir einen einzigen plausiblen Grund liefern, warum ein Neukunde Preiserhöhungen akzeptieren sollte, die auf Kostensteigerungen beruhen, die bereits lange vor seinem Vertragsschluss entstanden sind?

Weil der Versorger schon zu einem früheren Zeitpunkt zur Preisanhebung berechtigt gewesen wäre. Hätte er dies getan, hätte der Kunde schon früher den höheren Preis zahlen müssen. Er hat daher Geld gespart.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Ronny

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@ Opa Ete

Ganz so einfach ist es leider doch nicht, was uns nicht davon abhalten soll, Lösungen zu diskutieren.

Zitat
da sind nach höchstrichterlichen Urteilen fast alle Klauseln ungültig, sondern einzig um die Zukunft.
völlig korrekt.

Zitat
Natürlich lassen sich Preisanpassungsklauseln finden, die gerichtsfest sind und keine der beiden Seiten bevorzugt,
Ihre Überzeugung in Ehren, aber bis jetzt hat ja noch keine Klausel gehalten. Weniger, weil die Versorger alle Bescheißen wollten, sondern weil es völlig unklar war, wie diese Klausel denn nun gestrickt sein muss. Der Lösungsvorschlag des BGH liegt ja nun gerade darin, die Klausel inhaltlich gar nicht auszugestalten, weil ihm völlig bewusst ist, dass dies angesichts der Komplexität der preisbildenden Mechanismen schlicht unmöglich ist, sondern die - völlig intransparente - gesetzliche Formulierung zu übernehmen.

Zitat
mit solchen Klauseln muss der Preis für absehbare Zeit feststehen.
Das ist nun gerade nicht der Fall. Wenn Preisänderungen weitergeben werden können und müssen, kann sich der Preis mit jedem Quartal ändern.

Aber wenn Sie Preissicherheit für einen längeren Zeitraum haben wollen, dann schließen Soe mit dem Lieferanten Ihrer Wahl doch einen Festpreisvertrag für eine oder zwei Jahre ab. Ärgerlich wird es für Sie nur, wenn dann die Preise in Verträgen mit Preisklauseln sinken.

Zitat
Nachdem solche Klauseln gefunden und angewendet werden, schließt sich m.E. eine Billigkeitskontrolle aus.
Hier liegt ein Missverständnis vor: Wenn der Versorger wegen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hat, dann ist die gesetzliche Folge davon, dass die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechtes auf ihre Billigkeit überprüfbar. (Hier gibt es natürlich Details, die noch nicht ganz klar sind.)

Eine Klausel ohne Ermessen wäre eine mathematische Preisformel, aus der sich rechnerisch ergibt, wie sich aus z.B. dem Heizölpreis der Gaspreis ergibt. Da haben Sie natürlich aber auch keinerlei Planungssicherheit und verständlich sind diese Klauseln erst recht nicht.

ABER: Wir reden hier ja von der Zukunft und von der Gegenwart. Wir reden also von einem Markt, in dem inzwischen in allen Gebieten der Bundesrepublik mehrere Gasversorger ihre Leistungen anbieten. Die Zahl steigt ständig weiter. Die Lieferanten sind auch nicht alle Töchter der großen Versorger. Es gibt eine ganze Reihe selbstständiger Versorger.

Im Interesse aller Marktteilnehmer wäre es daher, wenn die Verbraucher nicht lamentieren, wie sie Preise ihres Lieferanten überprüfen können, sondern sich einen Lieferanten suchen, der sie zu den Konditionen beliefert, die ihnen genehm sind. Und wenn der neue Lieferant durch einen noch billigeren oder besseren Lieferanten getoppt wurde, dann wechselt der Verbraucher halt wieder.

Und wenn der neue Lieferant einen schlechten Service bietet, dann können Sie sich ja vielleicht doch überlgen, was es ihnen wert ist, zu einem Servicecenter gehen zu können und mit jemandem zu reden, der sich auskennt.

Es herrscht Wettbewerb. Nur wenn dieser genutzt wird, dann sinken die Preise!

Offline Kampfzwerg

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@Black @nomos

Danke. Natürlich haben Sie Recht.
Da war sie, meine kurze Aufmerksamkeits(s)panne.:D
Ich hatte bei Betrachtung der Perspektive wohl den Fluchtpunkt verwechselt ;-)
Spätnachmittag, Juristendeutsch und Versorgerseite, sorry Ronny.
Aus Verbrauchersicht ist eben das Ergebnis wichtig, verbraucherfreundlich.


Zitat
Original von nomos
Da man wohl überwiegend nur solche verbraucherfeindlichen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, will man bei der gegebenen Entwicklung von Versorgerseite jetzt die Billigkeitsprüfung. Das ist doch immerhin eine interessante Entwicklung!

Original von nomos
Der Verbraucher hat keine Möglichkeit, die Billigkeit der einseitig festgelegten Leistung zu überprüfen. Die Daten und Fakten kennt der Versorger alleine, das ist einseitig und nicht fair. Der Nachweis der Billigkeit mit geeigneten Mitteln ist per Gesetz oder Verordnung zu regeln. Man könnte die Prüfung ja z.B. im Rahmen jeder Jahresabschlußprüfung verpflichtend durch Wirtschaftsprüfer vorgeben und den Nachweis zum Beispiel gegenüber den Kartellbehörden führen lassen. *)
Die Regelung kann nur lauten:

Die Beweislast und die Pflicht zum Nachweis der Billigkeit hat der, der die Leistung bestimmt.

Das wäre eine faire Regelung.

Die Entwicklung und damit die Argumentation der Versorger schwankt seit Anfang des Preisprotestes, wie Fähnchen im Wind.
Je nachdem, welche Gerichtsurteile zur Zeit ihren Zielen und Pfründen opportun sind. Ein und derselbe Kunde bzw. Vertrag wurde je nach Gusto mal als Tarif, später als SV und dann wieder, back to the roots?, als Tarifkunde behandelt.
Wie Wellen in der Brandung, parallel gewichtet zur aktuellen Urteilsquantität.
Das hatte und hat bis dato nichts mit Fairness zu tun.
Das sehe ich genau so wie nomos.

Es geht nämlich auch anders.

Bei Betriebsrenten z. B. hat der Arbeitgeber gem. § 16 BetrAVG eine Anpassungsprüfungspflicht
Das gibt dem Versorgungsempfänger zumindest einen Anspruch auf die Durchführung der Anpassungsprüfung. Sollte demnach ein Anpassungsbedarf festgestellt werden, ist nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Und die Belange von Arbeitgeber und Versorgungsempfänger, also beider Parteien, sind zu berücksichtigen.

§ 16 Anpassungsprüfungspflicht

(1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg
1. des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder
2. der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens
im Prüfungszeitraum.
[ ]
(4) Sind laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassung), ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Eine Anpassung gilt als zu Recht unterblieben, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schriftlich dargelegt, der Versorgungsempfänger nicht binnen drei Kalendermonaten nach Zugang der Mitteilung schriftlich widersprochen hat und er auf die Rechtsfolgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen wurde.

Offline Opa Ete

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@Ronny

Natürlich wollten die Versorger sich mit ihren Wischiwaschi Klauseln eine Hintertür offenlassen, die wurde ja nun gottlob geschlossen.
Und wenn sie sich die Bilanzen der letzten Jahre aller EVUs angucken, dann wissen sie, dass die Versorger die Verbraucher regelrecht abgezockt und ausgeplündert haben. Ich lasse mich auch abzocken, wenn ich eine faire Chance hatte. Wenn ich mich an der Börse mit Aktien verspekuliere, kann ich auch keinem anderen die Schuld geben. Auf dem Energiemarkt aber gibt es keine Chancengleichheit. Der Strom- und Gasmarkt ist genauso wie der Benzinmarkt ein Oligopol, 3-4 große Unternehmen beherrschen den Markt, teilen ihn zum Teil noch auf (siehe EON) und sprechen die Preise ab. Ich persönlich halte auch das ganze Wechselgequatsche für falsch. Ob sie von einer EON-Tochter zu einer Vattenfall-Tochter wechseln, macht den Kohl nicht fett. Beschiissen werden sie von beiden.
Klauseln, in denen mathematische Formeln eine Erhöhung oder Senkung des Preises vorschreiben muss es geben. Ich geb zu, das kann auf Festpreise rauslaufen - muss aber nicht. In 10 jährigen Mietverträgen wird auch eine jährliche Steigerung vereinbart, ich weiß, was ich im 10. Jahr an Miete zahle. Es ist Sache des Unternehmens sowas zu kalkulieren und meine Sache, mich auf sowas einzulassen. Bei solchen Klauseln liegt kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor, also kann es auch keine Unbilligkeitsprüfung geben!
Nochmal ganz klar gesagt: mir kommt es garnicht so sehr auf Preissenkungen an, ich will, dass die EVUs den Preis nicht mehr nach Gutdünken festlegen können, so nach dem bisherigen Motto \"leider müssen wir ihnen mitteilen der Gaspreis erhöht sich um 20%\".

Offline courage

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Original von nomos
Der Nachweis der Billigkeit mit geeigneten Mitteln ist per Gesetz oder Verordnung zu regeln.  Man könnte die Prüfung ja z.B. im Rahmen jeder Jahresabschlußprüfung verpflichtend durch Wirtschaftsprüfer vorgeben ....
@ nomos
Das finde ich keine gute Idee: Prüfung durch Wirtschaftsprüfer, womöglich noch durch dieselben, die seit Jahrzehnten beim Versorger tätig sind und vom Versorger selbst bestellt sind und bereits Gefälligkeitstestate zur Billigkeit der Tarife erstattet haben.

@ Opa Ete
Ich bin für eine Preisanpassungsklausel, die die Tarife an die Steigerung der Vorstandsbezüge bindet, nur umgekehrt proportional.

Offline nomos

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Original von courage
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Original von nomos
Der Nachweis der Billigkeit mit geeigneten Mitteln ist per Gesetz oder Verordnung zu regeln.  Man könnte die Prüfung ja z.B. im Rahmen jeder Jahresabschlußprüfung verpflichtend durch Wirtschaftsprüfer vorgeben ....
@ nomos
Das finde ich keine gute Idee: Prüfung durch Wirtschaftsprüfer, womöglich noch durch dieselben, die seit Jahrzehnten beim Versorger tätig sind und vom Versorger selbst bestellt sind und bereits Gefälligkeitstestate zur Billigkeit der Tarife erstattet haben.
    @courage, da liegt ein Missverständnis vor! Es geht nicht um weitere parteiliche Gutachten, sondern um klare Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers zur Datenerhebung und Information durch vereidigte Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung, die durch eine Behörde geprüft werden.  

    In anderen Wirtschaftsbereichen ist das auch möglich.
    Beispiel :
Hier klicken[/list]

Offline Ronny

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@ Opa Ete

Zitat
Natürlich wollten die Versorger sich mit ihren Wischiwaschi Klauseln eine Hintertür offenlassen, die wurde ja nun gottlob geschlossen.
Und wenn sie sich die Bilanzen der letzten Jahre aller EVUs angucken, dann wissen sie, dass die Versorger die Verbraucher regelrecht abgezockt und ausgeplündert haben.
Meinen Sie denn die von Ihnen vermutete Abzocke hätte nicht stattgefunden, wenn die Preisklauseln wirksam gewesen wären? Im Grundversogungsbererich wird doch genau die gleiche Abzocke unterstellt, und da gibt es ein gesetzliches Preisanpassungsrecht.

Die ganze Geschickte mit den Preisklauseln ist nur eine reine Formalie. Die Musik spielt bei der Überprüfung der Preise und nicht bei der Überprüfung der AGB-Klauseln.

Zitat
Auf dem Energiemarkt aber gibt es keine Chancengleichheit. Der Strom- und Gasmarkt ist genauso wie der Benzinmarkt ein Oligopol, 3-4 große Unternehmen beherrschen den Markt, teilen ihn zum Teil noch auf (siehe EON) und sprechen die Preise ab. Ich persönlich halte auch das ganze Wechselgequatsche für falsch. Ob sie von einer EON-Tochter zu einer Vattenfall-Tochter wechseln, macht den Kohl nicht fett. Beschiissen werden sie von beiden.
Schauen Sie doch mal bei Verivox rein und dann auf die Internetseiten der Lieferanten: Ist Goldgas in der Hand großer Versorger? Ist Lichtblick in der Hand großer Versorger? Sind alle Stadtwerke, die Energie anbieten, in der Hand großer Versorger?

Außerdem: Verwechseln Sie bitte nicht den Strom- mit dem Gasmarkt. Im Strommarkt bestehen konkrete Befüchtungen, die Großen würden die Preise manipulieren. Im Gasmarkt ist das nicht der Fall.

Zitat
Klauseln, in denen mathematische Formeln eine Erhöhung oder Senkung des Preises vorschreiben muss es geben. Ich geb zu, das kann auf Festpreise rauslaufen - muss aber nicht.
Wie soll denn eine mathematische Preisgleitformel auf einen Festpreis rauslaufen?

Zitat
In 10 jährigen Mietverträgen wird auch eine jährliche Steigerung vereinbart, ich weiß, was ich im 10. Jahr an Miete zahle.

Bei der Miete schwanken doch aber die preisbestimmenden Faktoren nicht. Da kann man sowas machen. Die Faktoren, die schwanken, sind brav in die Nebenkosten ausgelagert.

Ganz anders bei den Gasbezugskosten. Da haben Sie doch 2008 gesehen, wie stark die Ölpreise geschwankt haben.

Zitat
Es ist Sache des Unternehmens sowas zu kalkulieren und meine Sache, mich auf sowas einzulassen. Bei solchen Klauseln liegt kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor, also kann es auch keine Unbilligkeitsprüfung geben!

Nochmal ganz klar gesagt: mir kommt es garnicht so sehr auf Preissenkungen an, ich will, dass die EVUs den Preis nicht mehr nach Gutdünken festlegen können, so nach dem bisherigen Motto \"leider müssen wir ihnen mitteilen der Gaspreis erhöht sich um 20%\".


Na dann schnell rein zu Verivox und eines der vielen Festpreisangebote abgeschlossen.

Bei den Preisanpassungsklauseln, um die es hier in der Diskussion geht, handelt es sich nun einmal um Klauseln, die dem Verwender ein Ermessen einräumen. Damit werden Sie nicht glücklich.

Offline RR-E-ft

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@Ronny

Wenn man es als Lieferant freiwillig auf sich nimmt, in einem Sondervertrag mit vereinbartem Sonderpreis ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu vereinbaren, welches gleichermaßen berechtigt und verpflichtet, das konkret gebildete  Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis durch Preisanpassungen entsprechend der eigenen Kostenententwicklung jederzeit zu wahren, insbesondere Kostensenkungen nach Vertragsabschluss vollständig weiterzugeben, dann muss man gewiss dafür Sorge tragen, die damit freiwillig eingegangene Verpflichtung gegenüber dem Vertragspartner auch zuverlässig zu erfüllen. Die damit eingegangene Verpflichtung zur Preisanpassung besteht dann nicht nur pro Forma, sondern es handelt sich um eine wesentliche Vertragspflicht.

Darüber sollte kein Missverständnis bestehen.

Ich habe es so verstanden, dass Sie eine entsprechende Verpflichtung im konkreten Vertragsverhältnis dann auch jedenfalls zuverlässig erfüllen wollen, was Gerichte kontrollieren können sollen. Möglicherweise gestaltet sich das nicht eben einfach. Die Anforderungen an das Vertragsmanagement steigen. Wer wohl damit nicht glücklich wird, muss sich erst erweisen.

Zitat
Original von reblaus
@Courage
Eine ausgewogene Preisanpassungsklausel ohne Billigkeitskontrolle kann ich mir sehr schwer vorstellen.

Als Denkmodelle kommen nur befristete Festpreisverträge oder Preisanpassungsklauseln mit Billigkeitskontrolle in Frage.

@Black
Die Zukunft sieht vor, dass solche Prozesse gar nicht mehr geführt werden. Idealerweise wollen wir Kunden nicht in die Bücher der Versorger schauen, sondern in die Listen von Verivox, ob da nicht einer günstiger ist, als der eigene.

@reblaus

Die eingeschränkte Vorstellungskraft wie auch die Begrenzung von Denkmodellen ist bedauerlich. Wenn Preisänderungsklauseln Preisanpassungen verpflichtend nach gerichtlich zu überprüfender Billigkeit vorsehen, dann steigt die Zahl deshalb möglicher Prozesse sprunghaft.  Die gerichtliche Billigkeitskontrolle ist dann gerade für diese Kunden aufgrund der Vertragsgestaltung der Lieferanten in der Zukunft vorgesehen. Davon gehen auch Black und Ronny aus. Jedenfalls bekunden sie es so.

Offline Opa Ete

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@Ronny

Natürlich wird in der Grundversorgung auch abgezockt, nur die Überprüfung
ist dort schwieriger.
Schauen sie sich mal den Marktanteil von Goldgas oder Lichtblick an.
Wie kommen sie zu der irrigen Ansicht, dass auf dem Gasmarkt die Preise nicht manipuliert werden, dort werden sie sogar diktiert.
Schauen sie sich mal Ladenmieten an, da werden sie sehen, wie die schwanken und nicht wegen der Nebenkosten.
Zum letzten mal.: ich lehne Preisgleitklauseln, die dem Versorger einen Ermessungsspielraum geben ab, da kommen wir ja vom Regen in die Traufe, oder hat der Kunde auch einen Ermessensspielraum, wieviel er zahlen will. Gibts ja schon in manchen Restaurants, war das Essen gut zahlt der Kunde mehr. Genauso bei den EVUs für guten ind schlechten Service?

Offline Black

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Original von RR-E-ft
 Wenn Preisänderungsklauseln Preisanpassungen verpflichtend nach gerichtlich zu überprüfender Billigkeit vorsehen, dann steigt die Zahl deshalb möglicher Prozesse sprunghaft.  Die gerichtliche Billigkeitskontrolle ist dann gerade für diese Kunden aufgrund der Vertragsgestaltung der Lieferanten in der Zukunft vorgesehen. Davon gehen auch Black und Ronny aus. Jedenfalls bekunden sie es so.

Exakt. ich gehen aber nicht von einer Zunahme der Prozesse aus. Wer bislang das Preisanpassungsrecht generell angegriffen hat, wird in Zukunft (wieder) die Unbilligkeit rügen.

Derartige Verfahren sind komplizierter und mit einem höheren Kostenrisiko (Gutachterkosten) für den Kunden behaftet, da sinkt die Klagefreudigkeit.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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Original von Black
...
Derartige Verfahren sind komplizierter und mit einem höheren Kostenrisiko (Gutachterkosten) für den Kunden behaftet, da sinkt die Klagefreudigkeit.
    @Black, aha, raten Sie aus diesem Grund den Versorgern jetzt den Weg der gerichtlichen Billigkeitskontrolle zu suchen?

    Versorger, die auf dieser Schiene fahren, verdienen  keine Kunden, sie werden auf Dauer Kunden verlieren. Davon gehe ich aus.

    Die gerichtliche Billigkeitskontrolle kann nicht die erste und einzige Quelle der Nachweisführung sein. Da braucht es eine faire Lösung, zuerst und mindestens für die Grundversorgung.  

    Das Recht der Verbraucher auf eine nachgewiesene Billigkeit der Energiepreise darf auch durch ein hohes Kostenrisiko bei der Wahrnehmung vor Gericht nicht verhindert werden!  Auch wenn Sie das als Ergebnis sicher gerne sehen würden. Das zeigt mir so richtig den fairen Partner. Da hilft dann die beste Werbung nichts mehr! Verbraucher für blöd halten ist dumm.

    Mit der Offenlegung der Fakten und dem Nachweis von billigen Preisen sollten faire Versorger kein Problem haben.  

Offline RR-E-ft

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@Black

Nun habe ich das Urteil VIII ZR 56/08, das den BGH- Anwälten des Klägers am 30.07.2009 zuging, auch gelesen.

Entscheidend ist Tz. 36

Zitat
Im Gesamtzusammenhang gewährleisten die Vorschriften damit, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung zwei Alternativen offen stehen. Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gem. § 315 BGB auf ihre Billigkeit überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln. Daraus folgt, dass dem Haushaltskunden im Zusammenhang mit einer entsprechend den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung gestaltete Preisanpassungsregelung ein § 20 Abs. 1 Satz 1 GasGVV entsprechendes Kündigungsrecht eingeräumt werden muss, um eine sachliche Gleichbehandlung von Grundversorgungskunden und Haushaltssonderkunden in jeder Hinsicht zu gewährleisten. Das ist Voraussetzung dafür, dass eine derartige Preisanpasungsregelung in einem Haushaltssonderkundenvertrag einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB standhält. Dann kann das Kündigungsrecht aber nicht zugleich als Kompensation für eine unangemessene Benachteiligung des Haushaltssonderkunden dienen, die sich daraus ergibt, dass die Preisanpassungsregelung als solche zum Nachteil des Kunden von den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung abweicht.

§ 20 Abs. 1 GasGVV bestimmt, dass der Grundversorgungsvertrag mit einer Frist von einem Monat auf das Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann. An einem solchen Kündigungsrecht  fehlt es bei Energielieferungsverträgen, die eine Mindestvertragslaufzeit vorsehen. Eine solche Preisanpassungsmöglichkeit funktioniert mithin jedenfalls nicht bei Verträgen, die auf längerfristige Kundenbindung (Mindestvertragslaufzeit) angelegt sind.

 

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