Die Entscheidung VIII ZR 56/08 (Verbraucherzentrale Bremen gegen kgu) ist bisher unveröffentlicht. Black vertritt in diesem Verfahren nicht die Verbraucherzentrale Bremen.
Ich meine weiter, die Verpflichtung des Grundversorgers, Allgemeine Preise der Grundversorgung aufzustellen, die an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, ergibt sich bereits aus § 36 I EnWG. Der Grundversorger hat dabei zudem die gestzliche Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG zu beachten.
§ 5 GVV ist das notwendige Korrelat zu § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV. Nur deshalb weil der gesetzlich versorgungspflichtige Grundversorger gem. § 36 Abs. 1 EnWG iVm. §§ 2, 1 EnWG Allgemeine Preise der Grundverorgung aufzustellen verpflichtet ist und zu diesen Allgemeinn Preisen liefern muss, wurde ihm vom Gesetzgeber das Tarifbestimmungs- und -änderunsgrecht eingeräumt. Letzteres ist notwendig, weil der Grundversorger auch bei gestiegenen Kosten den Grundversorgungvertrag wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht ordnungsgemäß kündigen kann, sondern die bestehenden Grundversorgungsverträge zu erfüllen hat und auch mit Neukunden Grundversorgungsverträge zu den von ihm bestimmten Allgemeinen Preisen abschließen muss. Ebenso notwendig ist dabei die bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Preisabsenkung im Falle rückläufiger Kosten.
Nach der gestzlichen Regelung besteht nicht nur ein Tarifbestimmungs- und - änderungsrecht, sondern wegen der gesetzlichen Bindung des Allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit auch eine entsprechende gestzliche Verpflichtung zur Tarifbestimmung und - änderung, respektive Anpassung, wenn diese für die Kunden günstig ist.
Die Situation stellt sich bei freiwillig angebotenen und dem Allgemeinen Vetragsrecht und der Vertragsfreiheit unterliegenden Sonderverträgen grundsätzlich anders dar, jedenfalls dann, wenn das Recht zur ordnungemäßen Kündigung durch den Energielieferanten nicht entsprechend der Grundversorgungsverordnung ebenso vertraglich ausgeschlossen wurde.
Ist das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung nicht wie bei der Grundversorgung ausgeschlossen, liegt darin bereits eine Schlechterstellung des Sondervertragskunden gegenüber dem grundversorgten Kunden. Von einer Ausgewogenheit der gegenseitigen Interessen, wie sie der Gesetzgeber vor Augen hatte und wozu auch § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV zählt, kann dann gerade keine Rede sein. Und selbst wenn das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung in Sonderverträgen ausgeschlossen wäre, wäre der Lieferant nicht verpflichet, Neukunden die gleichen Verträge wie die mit Bestandskunden bereits bestehenden überhaupt nur anzubieten und solche mit Neukunden abzuschließen. Eine solche Verpflichtung verstieße gegen die Vertragsfreiheit.
Der Gesetzgeber hat insbesondere in § 310 II BGB ausdrücklich keine Besserstellung der EVU in Bezug auf § 307 BGB in Sonderabkommen angeordnet. Von der Verordnungsermächtigung in § 41 II EnWG in Bezug auf die Versorgungsbedingungen für die Belieferung von Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (auch Preisänaderungsbestimmungen) hat der Verordnungsgeber zudem bisher ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht. Anscheinend unsterstellt der Senat dem Gesetzgeber in zweifacher Hinsicht Regelungen, die so überhaupt nicht bestehen. Selbst für den Bereich der Sonderverträge mit Haushaltskunden wollte der Verordnungsgeber ersichtlich bisher keine Regelung treffen. Man kann ihm deshalb nicht unterstellen, er habe eine solche bereits getroffen.
Der Kartellsenat des BGH hatte am 29.04.2008 - KZR 2/07 entschieden, dass die Zeitpunkte für Preisrevisionen, zu denen die Kostenkalkulationen überprüft werden müssen und mögliche Preisanpassungen vorgenommen werden können bzw. zu Gunsten der Kunden vorgenommen werden müssen, bereits im Sondervertrag festgelegt sein müssen. Allein die Möglichkeit der einseitigen Bestimmung dieser Anpassungs- Zeitpunkte führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden.
Natürlich steht es den Parteien eines Sondervertrages frei, ein einseitiges Leistungsbestimmunsgrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich zu vereinbaren, also ausdrücklich zu vereinbaren, dass der Energieversorger nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen soll, worauf § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbare Anwendung findet. Geht der Wille der Vertragsschließenden jedoch nicht auf die vertragliche Vereinbarung eines solchen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts (VIII ZR 138/07 Tz. 16), dann soll § 315 Abs. 1 und 3 BGB auch nicht unmittelbar anwendbar sein. Alles andere läuft dem Willen des Gesetzgebers in Bezug auf die bestehende gesetzliche Regelung des § 315 BGB zuwider:
Die gesetzliche Regelung des § 315 BGB setzt eindeutig voraus, dass sich die Vertragsschließenden noch nicht auf ein Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung geeinigt haben, sondern die zur Leistungsbestimmung gleichermaßen berechtigte und verpflichtete Vertragspartei erst ein der Billigkeit entsprechendes Äquivalenzverhältnis zu bestimmen hat, in dem sie nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmt. Diese Leistungsbestimmung ist für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Nur für den Fall, dass die zur Leistungsbestimmung berufene Partei die Bestimmung verzögert oder aber deren Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit entspricht, besteht dabei auf Antrag des einen oder des anderen Vertragsteils die Möglichkeit einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Hinzu tritt, dass viele EVU, die Sonderverträge abgeschlossen und dabei die Regelungen der AVBV/ GVV durch Übergabe der vollständigen AGB bei Vertragsabschluss unverändert als Allgemeine Geschäftsbedingungen in die Sonderabkommen einbezogen hatten, den Kunden im Falle von Widersprüchen schriftlich mitgeteilt hatten, § 315 BGB fände auf diese Verträge gar keine Anwendung. Daran müssen sie sich wohl nach Treu und Glauben weiter festhalten lassen. Sie haben die Verträge schließlich bewusst so gestaltet, dass die Kunden nicht erkennen konnten, dass § 315 BGB darauf Anwendung finden soll.