Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 88856 mal)

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Offline tangocharly

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@jroettges
[...]dass der § 4 AVBGasV ( bzw § 5 GVV Strom und Gas) lediglich die \"Art der Versorgung\" regele[...]

..... diese Argumentation hat was, wenn man sich die Überschrift des § 5 GasGVV ansieht.

Nein, was haben sich die Freshfields, BBHs, etc. da nur gedacht, als sie dem Bundeswirtschaftsminister vorschlugen, dem § 5 GasGVV (a) solch eine Überschrift zu geben, (b) mit § 5 Abs. 1 GasGVV die Gasart für die allgemeine Versorgung zu definieren (das \"Allgemeine-Versorgungs-Gas\") und (c) mit § 5 Abs. 2 GasGVV die Wirksamkeit der Änderung der Allgemeinen Preise zu regeln.

Dass sich der Unterbegriff \"Wirksamkeit der Preisänderung\" mit dem Oberbegriff \"Art der Versorgung\" reibt, liegt auf der Hand. Dies gilt dann aber auch für die zitierte richterliche Auffassung.

Potz Blitz, woher kommt denn dann nun das Anpassungsrecht, das der VIII.BGH-Senat aus dem Kaffeesatz der Allgemeinen Versorgung heraus gelesen hat, wenn § 5 Abs. 2 GasGVV dieses Recht (an anderer Stelle) voraussetzt ?
Geht Moses auf den Berg Sinai, holt dort die Steintafeln ab, wo die neuen Gaspreise eingemeiselt draufstehen und, sobald sie von den Vorständen und Geschäftsführern der EVUs abgenickt wurden, mit der Veröffentlichung in Tagespresse und Internet und Bekanntgabe wirksam werden ?
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline nomos

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Original von tangocharly
Potz Blitz.....
    ...... und Donner!

    Typische Gummi-Verordnungen und Gesetze, die Richtern einen Entscheidungsspielraum zubilligen oder auch abverlangen, der ihnen eigentlich nach der Grundordnung nicht zukommt.

    Unklare unvollständige Regelungen, Gummi-Paragraphen, das Energierecht liefert dafür Beispiele gleich Dutzendweise. Für Anwälte willkommene Argumentationsspielwiesen und Beschäftigungsicherung.

    Ja, Richter müssen sich an die Gesetze halten und Rechtsbeugung ist strafbar.
    An was sollen sie sich halten und was dürfen sie nicht beugen?

    Was für ein lobbybeinflusster Murks wurde und wird hier abgeliefert und von den Volksvertretern kritiklos akzeptiert.
    Dem Wohle des deutschen Volkes gewidmet! Die Verbraucher und das Wohl für welches Volk![/list]

    Offline Black

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    Das OLG Oldenburg vertritt ja einen ganz wilden Ansatz:

    Zitat
    Original von OLG Oldenburg
    Im Übrigen wurde es bis 1980 keinesfalls als Mangel oder als eine Lücke angesehen, dass es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über ein einseitiges Preisanpassungsrecht für Gasversorger bei laufenden Verträgen gab. Das grundsätzliche Recht zur Preisanpassung wurde für den Bereich der Grundversorgung vielmehr allgemein vorausgesetzt, und zwar folgend aus der Natur der Sache . Demgemäß bestand für den Gesetz bzw. Verordnungsgeber bei Erlass der AVBGasV nicht einmal Handlungsbedarf. Letztlich hätte die Neubegründung eines solchen Rechts auch zu der zwangsläufigen Feststellung führen müssen, dass sämtliche vor 1980 vorgenommene Tarifänderungen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren.

    Vor diesem Hintergrund spricht daher nichts dafür, dass der Verordnungsgeber mit dem Verweis auf die „allgemeinen Tarife“ in § 4 AVBGasV ein Tarifanpassungsrecht begründen wollte. Er hat es vielmehr stillschweigend als bereits vorhanden vorausgesetzt bzw. es den Versorgern überlassen, dieses Recht jeweils in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen im Einzelnen auszugestalten.

    Das Preisanpassungsrecht für Tarifkunden folgt also weder aus Vertrag noch aus Gesetz. Es ist \"einfach da\", weil es da sein muss. Ganz großes Kino!
    Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

    Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

    Offline nomos

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    Original von Black
    Das Preisanpassungsrecht für Tarifkunden folgt also weder aus Vertrag noch aus Gesetz. Es ist \"einfach da\", weil es da sein muss. Ganz großes Kino!
      s.o.  ... es gibt ja u.a. noch den § 242 BGB.  Aber was ist das Treu und Glauben und die Verkehrssitte?  Weiter im Text .... mit der Flickschusterei.

    Offline Kampfzwerg

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    Original von Black
    Zitat
    Original von jroettges

    Frage an @Black: (3. Wiederholung)

    Wo bitte kann man das \"gesetzliche einseitige Leistungsbestimmungsrecht\" nachlesen?

    Sie können zunächst § 5 StromGVV/GasGVV nachlesen. Dagegen werden Sie sicher einwenden, dass da \"ja gar nicht alles wörtlich drinn steht, was die Gerichte zum Umfang des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes so ausgeurteilt haben\".

    .....wird endlich nicht immer gut. :D

    Offensichtlich verstehen Ronny und Black ihre gegebenen Antworten als ganz klare Antwort (also das Gegenteil von ausweichend und ablenkend) auf eine ganz konkrete Frage.

    gibt`s nicht- geht nicht?

    Allerdings können auch nur ganz, ganz wenige Auserwählte vielleicht den genauen Aufenthaltsort eines gemeinen Phantoms bestimmen, das überall - und nirgendwo sein kann.
    Heute hier, morgen dort, bin kaum hier, muss ich fort


    Zitat
    Original von Black
    Auf eine konkrete Frage keine konkrete Antwort zu bekommen ist auch eine Antwort.

    Offline Black

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    @kampfzwerg

    kurze Aufmerksamkeitsspanne beim Lesen meiner Beiträge? Ich habe klar geschrieben, dass der genaue Umfang in der Kommentierung zur GasGVV nachlesbar ist.
    Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

    Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

    Offline Kampfzwerg

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    @Black
    Ich nicht wirklich ;)
    Sie?
    Wahrscheinlich wieder ein Verständnisproblem.

    Antwort:
    \"Ich habe klar geschrieben, dass der genaue Umfang in der Kommentierung zur GasGVV nachlesbar ist.\"

    Frage:
    \"Wo bitte kann man das \"gesetzliche einseitige Leistungsbestimmungsrecht\" nachlesen?\"

    Offline jroettges

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    Original von @Black

    Das OLG Oldenburg vertritt ja einen ganz wilden Ansatz:

    Das OLG Oldenburg hat sich eben sehr eingehend mit der Thematik beschäftigt und ist nicht blindlings den immer wieder gebetsmühlenhaft, von einem weißblonden Herrn in Schwarz, vorgetragenen Argumenten gefolgt.

    Warum sollte der Verordnungsgeber so wichtige Dinge wie die Ausformung des gesetzlichen Preisänderungsrechts in einem Nebensatz eines mit \"Art der Versorgung\" überschriebenen Paragraphen verstecken?

    Hätte er, sofern dazu Regelungsbedarf bestand, nicht einen eigenen Paragraphen spendieren können?

    Etwa: §x \"Preisanpassungen\"

    Schließlich ist das einseitige Recht zur Preisänderung ja gewollt und aus der Natur der Sache heraus begründet. Schließlich ist ein Grundversorger dazu verpflichtet, jeden Kunden im Rahmen der Grundversorgung zu versorgen.

    Was der Verordnungsgeber regeln wollte, ist die 6Wochenfrist als Voraussetzung für die Gültigkeit von einseitig erklärten Preisanpassungen.

    Zitat
    Original von @Black

    Aus diesem Grund sollte man ergänzend die Kommentierung zur GVV an entsprechender Stelle nachlesen.

    Bitte geben Sie mir doch Hinweise, wo diese Kommentare zugänglich sind.

    Offline Black

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    Zitat
    Original von jroettges
    Zitat
    Original von @Black

    Aus diesem Grund sollte man ergänzend die Kommentierung zur GVV an entsprechender Stelle nachlesen.

    Bitte geben Sie mir doch Hinweise, wo diese Kommentare zugänglich sind.

    http://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=978-3-503-11250-0

    Der BGH hat in seiner Urteilsbegründung vom 15.07.2009 noch einmal klargestellt:

    Zitat
    Original von BGH, VIII ZR 56/08
    § 5 Abs. 2 GasGVV ist zudem an die Stelle von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV getreten, der ein Preisanpassungsrecht ebenfalls unabhängig davon vorsah, dass nach § 32 Abs. 1 AVBGasV auch der Versorger zur Kündigung des Tarifvertrages berechtigt war.
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    Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

    Offline Black

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    Der BGH hat nun wie folgt entschieden:

    Zitat
    BGH, Begründung zum Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 56/08


    Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass eine § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel nicht den Anforderungen genügt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt (Urteilszitate). § 5 Abs. 2 GasGVV regelt nur ...(Inhaltswidergabe).... Die Vorschrift läßt nicht erkennen, dass das Versorgungsunternehmen bei der Preisanpassung das Äquivalenzverhältnis wahren muss und sie nicht nutzen darf, über die Abwälzung konkreter  ostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben, um nicht nur Gewinnschmälerungen zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Sie läßt den Kunden weiterhin im Unklaren (...)

    Dies steht der unveränderten Übernahme von § 5 Abs. 2 GasGVV in einen Sonderkundenvertrag unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Sonderkunden (§ 307 Abs. 1 BGB) indes nicht entgegen.

    Wie oben ausgeführt, soll es den Versorgungsunternehmen nach dem Willen des Gesetzgebers freistehen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechende den allgemeinen Versorgungsbedingungen auszugestalten, und soll der Schutz der Sonderabnehmer nicht weitergehen als derjenige Tarifabnehmer.

    Der Gesetzgeber hat deshalb mit der Regelung der Gasgrundversorgungsverordnung selbst den Maßstab gesetzt, nach dem zu beurteilen ist, ob Sonderkunden durch eine Preisanpassungsklausel im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt werden. Mit einer unveränderten Übernahme von § 5 GasGVV in das Sonderverhältnis wird das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel erreicht, Sonderkunden nicht besser aber auch nicht schlechter zu stellen als Tarifkunden.

    Es ist nicht ersichtlich, dass dafür im Bereich von Sonderverträgen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit und Konkretisierung einer Preisanpassungsregelung gestellt werden müssten, als sie im Bereich der Grundversorgung durch § 5 GasGVV unmittelbar erfüllt werden. Dem Sonderkunden steht ebenso wie dem Grundversorgungskunden eine Überprüfung von Preisänderungen nach § 315 BGB offen.

    Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

    Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

    Offline reblaus

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    Mein Gott, was für ein Theater!

    Es gibt Richterrecht  und es gab Richterrecht schon zu Zeiten als das Grundgesetz geschaffen wurde. Kein Vater des Grundgesetzes hat irgendeinen Artikel im GG ausformuliert, um diesen \"Missstand\" aufzuheben. Was das Bundesverfassungsgericht in die harmlosen paar Zeilen namens Grundrechte alles hineinliest, kann man noch nicht mal mehr zwischen zwei Buchdeckel pressen, da braucht es schon mehrere Bände dafür. Soll das alles ungesetzlich und verfassungswidrig sein?

    Wir können doch nicht einfach die Funktion unseres Rechtsstaates völlig in Frage stellen, nur weil wir uns mit einem Satz in einem Urteil des BGH nicht einverstanden erklären wollen.

    Wem nicht passt, was der BGH entscheidet, dem empfiehlt sich der Gang zu seinem Bundestagsabgeordneten. Der kann Mehrheiten organisieren, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht transparenter gestaltet oder abgeschafft wird.

    Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht Richterrecht ist und deshalb nirgends \"steht\".

    Offline Kampfzwerg

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    „Gleichgültigkeit ist die Rache, die die Welt an der Mittelmäßigkeit nimmt.“
    Oscar Wilde


    Zitat
    Mein Gott, was für ein Theater!...
    Nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass das gesetzliche Preisanpassungsrecht Richterrecht ist und deshalb nirgends \"steht\".
    ff.

    PENG.

    Was auf diesen Beitrag folgt, ist...... Stille.


    @reblaus

    Theater erzählt über Menschen, über das Leben. Die Zuschauer können wiedererkennen und Neues entdecken. Ein Bühnengeschehen kann bestätigen oder konterkarieren, kann neue Perspektiven eröffnen, den Blick für Alternativen schärfen. (Quelle ist i. Ü. Wikipedia)

    Sie haben Ihre Bemerkung und den Folgetext allerdings wohl sicher nicht in diesem Sinne verfasst.

    Ich möchte Ihnen persönlich nicht zu Nahe treten und hoffe, dass Sie mich richtig verstehen, und das meine ich in vollem Ernst und bar jeder Ironie, aber hören Sie sich eigentlich manchmal auch selbst zu?

    Sie mögen über einen scharfen, vielleicht eher unbarmherzigen, Verstand verfügen, aber ich zweifele sehr daran, dass Ihnen schon jemals Sinn für \"Humor\" oder \"Ironie\" nach- (im besten Sinne)gesagt wurde.
    Sorry.


    Edit 30.07.: Versuch erwartungsgemäß misslungen, es war weder \"meine Stille\" noch \"meine Gleichgültigkeit\" gemeint, allerdings hätte mich auch gewundert, wenn Oscar und der Zusammenhang - mit nomos` und unser aller Beiträge im Vorfeld - diesmal richtig interpretiert worden wäre. Ist ohne Humor schwierig. Das sorry nehme ich zurück und reduziere so auf 12 Zeilen, natürlich ohne das Edit ;-)

    Offline tangocharly

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    .....also eines ist aber klar:

    Den Wortlaut von § 5 Abs. 1 GasGVV und den Wortlaut von § 4 Abs. 1 AVBGasV kann man nicht 1:1 übereinander legen.

    Allein schon aus der Überlegung, dass der Verordnungsgeber hier ein paar Moleküle aus dem Atomkreis springen hat lassen (... zu den jeweiligen Tarifen...) kann man allenfalls schließen, dass die alte Regelung (AVBGasV) überflüssig war.

    Also doch Sommer-Theater. Der Ball ist rund. Und das Spiel dauert 90 min.

    Apropos: Woher @Black schon wieder weiß, wie der BGH begründet hat ? Die HP des BGH schweigt jedenfalls noch.
    <<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

    Offline reblaus

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    Zitat
    Original von Tangocharly Apropos: Woher @Black schon wieder weiß, wie der BGH begründet hat ? Die HP des BGH schweigt jedenfalls noch.
    Vielleicht ist er Justitiar bei der GASAG.

    @Kampfzwerg
    Ihre Stille kommt mit 13 Zeilen vielleicht ein wenig lärmend daher, und Ihre Gleichgültigkeit zelebrieren Sie mit großer Geste.

    Offline RR-E-ft

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    Die Entscheidung VIII ZR 56/08 (Verbraucherzentrale Bremen gegen kgu) ist bisher unveröffentlicht. Black vertritt in diesem Verfahren nicht die Verbraucherzentrale Bremen.

    Ich meine weiter, die Verpflichtung des Grundversorgers, Allgemeine Preise der Grundversorgung aufzustellen, die an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, ergibt sich bereits aus § 36 I EnWG. Der Grundversorger hat dabei zudem die gestzliche Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG zu beachten.

    § 5 GVV ist das notwendige Korrelat zu § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV. Nur deshalb weil der gesetzlich versorgungspflichtige Grundversorger gem. § 36 Abs. 1 EnWG iVm. §§ 2, 1 EnWG  Allgemeine Preise der Grundverorgung aufzustellen verpflichtet ist und zu diesen Allgemeinn Preisen liefern muss, wurde ihm vom Gesetzgeber das Tarifbestimmungs- und -änderunsgrecht eingeräumt. Letzteres ist notwendig, weil der Grundversorger auch bei gestiegenen Kosten den Grundversorgungvertrag wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV nicht ordnungsgemäß kündigen kann, sondern die bestehenden Grundversorgungsverträge zu erfüllen hat und auch mit Neukunden  Grundversorgungsverträge zu den von ihm bestimmten Allgemeinen Preisen abschließen muss. Ebenso notwendig ist dabei die bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Preisabsenkung im Falle rückläufiger Kosten.
    Nach der gestzlichen Regelung besteht nicht nur ein Tarifbestimmungs- und - änderungsrecht, sondern wegen der gesetzlichen Bindung des Allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit auch eine entsprechende gestzliche Verpflichtung zur Tarifbestimmung und - änderung, respektive Anpassung, wenn diese für die Kunden günstig ist.

    Die Situation stellt sich bei freiwillig angebotenen und dem Allgemeinen Vetragsrecht und der Vertragsfreiheit unterliegenden Sonderverträgen grundsätzlich anders dar, jedenfalls dann, wenn das Recht zur ordnungemäßen Kündigung durch den Energielieferanten nicht entsprechend der Grundversorgungsverordnung ebenso vertraglich ausgeschlossen wurde.

    Ist das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung nicht wie bei der Grundversorgung ausgeschlossen, liegt darin bereits eine Schlechterstellung des Sondervertragskunden gegenüber dem grundversorgten Kunden. Von einer Ausgewogenheit der gegenseitigen Interessen, wie sie der Gesetzgeber vor Augen hatte und wozu auch § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV zählt, kann dann gerade keine Rede sein. Und selbst wenn  das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung in Sonderverträgen ausgeschlossen wäre, wäre der Lieferant nicht verpflichet, Neukunden die gleichen Verträge wie die mit Bestandskunden bereits bestehenden überhaupt nur anzubieten und solche mit Neukunden abzuschließen. Eine solche Verpflichtung verstieße gegen die Vertragsfreiheit.

    Der Gesetzgeber hat insbesondere in § 310 II BGB ausdrücklich keine Besserstellung der EVU in Bezug auf § 307 BGB in Sonderabkommen angeordnet. Von der Verordnungsermächtigung in § 41 II EnWG in Bezug auf die Versorgungsbedingungen für die Belieferung von Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung (auch Preisänaderungsbestimmungen) hat der Verordnungsgeber zudem bisher ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht. Anscheinend unsterstellt der Senat dem Gesetzgeber in zweifacher Hinsicht Regelungen, die so überhaupt nicht bestehen. Selbst für den Bereich der Sonderverträge mit Haushaltskunden wollte der Verordnungsgeber ersichtlich bisher keine Regelung treffen. Man kann ihm deshalb nicht unterstellen, er habe eine solche bereits getroffen.

    Der Kartellsenat des BGH hatte am 29.04.2008 - KZR 2/07 entschieden, dass die Zeitpunkte für Preisrevisionen, zu denen die Kostenkalkulationen überprüft werden müssen und mögliche Preisanpassungen vorgenommen werden können bzw. zu Gunsten der Kunden vorgenommen werden müssen, bereits im Sondervertrag festgelegt sein müssen. Allein die Möglichkeit der einseitigen Bestimmung dieser Anpassungs- Zeitpunkte führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden.

    Natürlich steht es den Parteien eines Sondervertrages frei, ein einseitiges Leistungsbestimmunsgrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB vertraglich zu vereinbaren, also ausdrücklich zu vereinbaren, dass der Energieversorger nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen soll, worauf § 315 Abs. 1 und 3 BGB unmittelbare Anwendung findet. Geht der Wille der Vertragsschließenden jedoch nicht auf die vertragliche Vereinbarung eines solchen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts (VIII ZR 138/07 Tz. 16), dann soll § 315 Abs. 1 und 3 BGB auch nicht unmittelbar anwendbar sein. Alles andere läuft dem  Willen des Gesetzgebers in Bezug auf die bestehende gesetzliche Regelung des § 315 BGB zuwider:

    Die gesetzliche Regelung des § 315 BGB setzt eindeutig voraus, dass sich die Vertragsschließenden noch nicht auf ein Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung geeinigt haben, sondern die zur Leistungsbestimmung gleichermaßen berechtigte und verpflichtete Vertragspartei erst ein der Billigkeit entsprechendes Äquivalenzverhältnis zu bestimmen hat, in dem sie nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmt. Diese Leistungsbestimmung ist für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Nur für den Fall, dass die zur Leistungsbestimmung berufene Partei die Bestimmung verzögert oder aber deren Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit entspricht, besteht dabei auf Antrag des einen oder des anderen Vertragsteils die Möglichkeit einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

    Hinzu tritt, dass viele EVU, die Sonderverträge abgeschlossen und dabei die Regelungen der AVBV/ GVV durch Übergabe der vollständigen AGB  bei Vertragsabschluss unverändert als Allgemeine Geschäftsbedingungen in die Sonderabkommen einbezogen hatten, den Kunden im Falle von Widersprüchen schriftlich mitgeteilt hatten, § 315 BGB fände auf diese Verträge gar keine Anwendung. Daran müssen sie sich wohl nach Treu und Glauben weiter festhalten lassen. Sie haben die Verträge schließlich bewusst so gestaltet, dass die Kunden nicht erkennen konnten, dass § 315 BGB darauf Anwendung finden soll.

     

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