Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Nachweisbare Zustellung von Erklärungen  (Gelesen 10915 mal)

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Offline ESG-Rebell

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Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« am: 12. November 2007, 09:53:12 »
Ich gehe auf die Frage aus dem Forum Badenova hier ein, da es eine grundsätzliche Frage ist:

Zitat
Original von bjo
Zitat
Original von fizzz
Fax mit Sendebericht müsste doch OK sein oder?
ne ist nicht OK!
Warum nicht?

Es gibt meines Wissens ein Urteil, demzufolge ein Fax mit Sendeprotokoll ausreicht, um termingerechte Erklärungen beim Finanzamt abzugeben.

Allerdings muss das Sendeprotokoll eine Kopie des übermittelten Faxes enthalten.

Dies handhabe ich schon seit einiger Zeit so mit meinem Versorger. Ich schicke ihm ein Fax per Computer und lasse mir dann das Fax mit den darauf protokollierten Sendedaten ausdrucken.

Gruss,
ESG-Rebell

Offline Vollgas

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Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #1 am: 12. November 2007, 18:33:58 »
Für eine Vielzahl von Erklärungen ist die Schriftform angeordnet bzw.
erforderlich (\"Schriftformerfordernis\"). Im Streitfall kommt es vor, dass der
Adressat behauptet, er habe ein bestimmtes Schreiben nie erhalten. Den
Zugang muß aber derjenige beweisen, der sich auf den Inhalt des Schreibens
beruft.

Hierfür reicht der \"OK-Vermerk\" auf dem Faxprotokoll nicht aus. Das haben
hohe Gerichte bereits entschieden, u. a. das Bundesarbeitsgericht (BAG) *)
sowie auch der Bundesgerichtshof (BGH). Denn auch wenn in fast allen Fällen
das Fax tatsächlich ankommt, beweist das \"OK\" auf dem Protokoll nur, dass
das Fax ordnungsgemäß in das Telefonnetz gelangt sei. Dass es vollständig
und richtig beim Empfänger landet, sei dadurch nicht belegt.

Dementsprechend hilft es auch nicht unbedingt, wenn auf dem Faxprotokoll
ein Teil des Telefaxschreibens in Kopie mit abgedruckt ist.

Deshalb: Bei wichtigen Schreiben für Zugangsnachweise sorgen. Den Zugang
beweisen kann man

    * durch Zustellung per Gerichtsvollzieher (Anm.: über einen Anwalt),
    * durch Empfangsquittung (auch möglich: den Empfang auf einer
       Kopie des Originalschreibens mit Datum quittieren lassen),
    * durch Zeugen, etwa Bekannte - oder auch Mitarbeiter des Adressaten,
       die bei der Übergabe des Schreibens anwesend waren.

Eine Versendung per \"Einschreiben / Rückschein\" ist hingegen kein echter
Zugangsnachweis, denn in dem Briefumschlag könnte (!) ja auch ein weißes
Blatt Papier gesteckt haben.

Wer allerdings ein Schreiben per Telefax voraus und danach per
\"Einschreiben / Rückschein\" erhält, bestreitet erfahrungsgemäß den Zugang
meist nicht. Dann muß man möglicherweise auch keinen Beweis führen. Für
den Regelfall genügt deshalb eine solche Versendung wichtiger Schreiben.

Der Versender des Telefax sollte sich in jedem Falle den Einzelverbindungs-
nachweis (\"EVN\")
zu seiner Telefonrechnung bestellen und aufbewahren.
Darin sind auch alle Telefaxverbindungen verzeichnet. Falls notwendig kann
damit zumindest der Gegenbeweis geführt werden, wenn der Empfänger
einwendet, ein bei Gericht vorgelegtes Sendeprotokoll sei nicht echt bzw.
schon eine Telefaxverbindung habe an dem jeweiligen Tage gar nicht statt-
gefunden.


*) Siehe auch u. a. BAG, AZ.: 5 AZR 169/01

Offline userD0009

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Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #2 am: 12. November 2007, 20:00:54 »
Hier eine Abhandlung über die unterschiedlichen Zustellungsarten.

Zustellungen ans Gericht bzw. Behörden unterliegen u.U. anderen Regeln. Sprich hier wird allgemein auch der Zugang per Fax und dem Ausdruck im Sendeprotokoll für einen ordnungsgemäßen Sendevorgang anerkannt.

Unter Privaten ist dies in aller Regel nicht der Fall.

Für den Alltagsgebrauch empfehle ich die Zustellung per Boten, wenn das von der Wegstrecke her machbar ist. Und der Bote unterschreibt auf einer Kopie, wann er das Dokument zugestellt hat.

An Unternehmen, die ihren Sitz nicht in unmittelbarer Nähe haben, besteht die Möglichkeit, das Einschreiben/Rückschein von einem Dritten(darf nicht selbst Vertragspartner sein) versenden und ebenfalls quittieren zu lassen.

Grüße
belkin

Offline ESG-Rebell

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Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #3 am: 13. November 2007, 23:36:12 »
Mal ein Thread mit einer insgesamt schön kompakten Antwort.

Vielen Dank!

Gruss,
ESG-Rebell

Offline DieAdmin

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Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #4 am: 25. Mai 2010, 21:20:15 »
auch wenn der Thread schon etwas älter, aber passt hier, soweit ich es auf die Schnelle finden konnte, rein:

OLG Frankfurt - Urteil vom 05.03.2010 - 19 U 213/09

\"OK\"-Vermerk auf Fax als Zugangsnachweis

http://www.jurpc.de/rechtspr/20100107.htm

Offline hko

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Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #5 am: 14. Mai 2012, 16:17:52 »
Zitat
Original von hko
Zitat
Original von bolli
...
Da halte ich das Einschreiben mit Rückschein, am besten mit einem Zeugen, der den Inhalt des Schreibens zum Zeitpunkt der Aufgabe bei der Post bestätigen kann, für die sicherste Methode (neben der Zustellung per Gerichtsvollzieher). Das ist mir dann die 4,40 EUR wert.
dazu eine Frage:

ich verschicke meine Schreiben an die Versorger mit Fax. Mein Fax-Gerät liefert einen \"qualifizierten\" Sendebericht (die ersten 20 cm der 1. Seite sind auf diesem Sendebericht)! Ich spare mir damit die Einschreibegebühr. Mehrere Rechtsanwälte haben mir (mündlich) bestätigt, dass dieses Verfahren \"gerichtsfest\" sein soll.
Hier einige Ergebnisse meiner Recherchen:

OLG Karlsruhe:
http://www.rechtsanwaltmoebius.de/urteile/olg-karlsruhe_12-u-65-08_ok-vermerk-fax.html

OLG Celle:
http://medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=1801

OLG München:
http://www.rechtsanwaltmoebius.de/urteile/olg-muenchen_7-u-2451-08_darlegungs-und-beweislast-zugang-fax.html

OLG Frankfurt:
http://fokus-familienrecht.blogspot.de/2010/08/olg-frankfurt-zur-beweislast-fur-zugang.html

Und jetzt meine Frage an unsere Juristen: reicht ein Fax mit Sendeprotokoll? Der BGH hat wohl noch nichts Neues dazu gesagt.

Gruß hko

Offline RebellA

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BGH „Gerichtliche Zustellung ins Postfach“ V ZB 182/11 v. 14.06.2012

Leitsatz-Urteil [Zitat]:

Ein Postfach ist jedenfalls dann eine ähnliche Vorrichtung im Sinne von § 180 Satz 1 ZPO, wenn eine Wohnanschrift desjenigen, dem zugestellt werden soll, unbekannt oder nicht vorhanden ist. Ein Zustellungsvertreter darf nicht bestellt werden, wenn dem Vollstreckungsgericht die Postfachadresse desjenigen, dem zugestellt werden soll, bekannt ist. Dennoch erfolgte Zustellungen an den Zustellungsvertreter sind unwirksam.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=8e77a89ae1ff1413925640031c120af2

Offline hko

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Re: Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #7 am: 29. April 2014, 09:48:09 »
Nachtrag:
Auch das Bundessozialgericht (BSG) geht nunmehr davon aus, dass der Sendebericht das Zustandekommen einer Leitungsverbindung nachweisen kann (Urteil vom 20 Oktober 2009, B 5 R 84/09 B).

Gruß hko

Offline khh

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Re: Nachweisbare Zustellung von Erklärungen
« Antwort #8 am: 29. April 2014, 11:30:04 »
Das "OK" eines Sendeberichts als Nachweis für "das Zustandekommen einer Leitungsverbindung" ist aber noch kein Beweis für den tatsächlichen Zugang eines Telefaxes beim Empfänger !

Der BGH führt dazu in seinem jüngsten Urteil vom 19.02.2014, Az IV ZR 163/13 Rn 27 aus:
Zitat
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte den Zugang der Kündigungserklärungen beweisen muss. Ferner deckt sich seine Auffassung, dass der "OK-Vermerk" eines Sendeberichts lediglich ein Indiz für den Zugang eines Telefaxes darstellt und insoweit keinen Anscheinsbeweis erbringt, mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ...
 
Bzgl. eines gerichtsfesten Zugangsbeweises ist der Absender bspw. mit einem 'Einwurf-Einschreiben'  - u.U. mit Inhaltsbestätigung eines Zeugen -  auf der sicheren Seite (vgl. BGH v. 25.01.2012, Az VIII ZR 95/11).
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
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