Original von Black
1. Der Ausgangspreis ist vertraglich vereinbart und nicht einseitig festgesetzt. Hierzu werden zwar abweichende Ansichten vertreten (denen man auch gerne folgen kann) aber der BGH geht derzeit eben vom VEREINBARTEN Ausgangspreis aus.
Denken wir noch einmal daran zurück, wie es zu der umstrittenen Auffassung des BGH im Verfahren 36/06 kam. Der Zivilsenat hatte ausgeführt, der Kunde habe sich dem Wortlaut nach in seinem ursprünglichen Unbilligkeitseinwand gegen die \"Preiserhöhung\" gewandt. Desweiteren habe er in den Jahren zuvor die Rechnungen
ohne Vorbehalt bezahlt. Dies dürfte wohl den Tatsachen entsprechen.
Daraus folgerte der Senat im weiteren, der
ohne Vorbehalt gezahlte Preis habe einen vereinbarten Sockel gebildet.
Aus meiner Sicht als Mathematiker ist es spitzfindig, aus der Zurückweisung einer Preisanhebung auf das Einverständnis zum alten Preis für die
zukünftige Belieferung zu schließen. Addition und Subtraktion sind für mich äquivalente Operationen:
\"Neupreis = Altpreis + Preisänderung\" genau dann wenn \"Preisänderung = Neupreis - Altpreis\".
Aus der Formulierung des Senats ziehe ich zudem den Umkehrschluss, dass das Verfahren evtl. ganz anders ausgegangen wäre, wenn der Kunde - quasi in weiser Vorausahnung der fernen Zukunft - bereits 1984 begonnen hätte, alle Zahlungen nur unter Vorbehalt zu leisten.
Original von Black
Wäre der Ausgangspreis tatsächlich auch einseitig festgesetzt könnten sie ihn tatsächlich als unbillig rügen, aber dann könnten sie das auch später tun und müßten es nicht \"vorsorglich\" machen, wie es hier die Idee war.
Dem könnte man evtl. folgen. In vergangenen Prozessen haben Versorgeranwälte ja auch das Argument angebracht, der Kunde habe ohne schuldhafte Verzögerung einen Unbilligkeitseinwand einwenden müssen. Für diese Anforderung gibt es jedoch keine rechtliche Grundlage. Zudem könnte folglich ein Unbilligkeitseinwand innerhalb von bspw. zwei Wochen wohl zumindest nicht mit diesem Argument angegriffen werden.
Ich kenne ja die derzeit gültigen allgemeinen Tarife und weiss schon jetzt, dass ich sie für unbillig halte. Sie müssten schon drastisch sinken, damit ich zu einer anderen Überzeugung gelange. Der vorsorgliche Einwand hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass ich keine Fristen - ob gültig oder nicht - versäumen kann.
Original von Black
2. Es ist nicht so, dass der Versorger einen Preis (quasi) unverbindlich vorschlägt und dieser erst nach Billigkeitsprüfung verbindlich wird. Wenn sie den Unbilligkeitseinwand erheben behaupten Sie als Kunde bereits dass der Preis unbillig sei, nur das die Beweislast dem EVU zufällt. Sie greifen den Preis aktiv als unbillig an.
Dies trifft zu. Der Preis ist nur dann unverbindlich, wenn der Kunde einen Unbilligkeitseinwand erhebt. Wenn er auf unverbindliche Preise basierende Rechnungen begleicht, dann ist er auf eine Rückzahlungsklage verwiesen, in der
ihn eine unerfüllbare Beweislast trifft.
Umso wichtiger ist es im Lichte des BGH-Urteils 36/06, umgehend Unbilligkeitseinwand zu erheben und jegliche Zahlungen zu verweigern. Ansonsten kann man es auch gleich ganz lassen.
Original von Black
Etwas polemisch ausgedrückt: .....
Den Vergleich kann ich so nicht ganz nachvollziehen.
Mit der Zustimmung zur Geltung der Regelungen des EnWG und der StromGVV kommt meines Erachtens ein Vertrag zustande, in dem keine Regelungslücken mehr bestehen (als Nicht-Jurist lehne ich mich jetzt aber weit aus dem Fenster, ich weiss ;-)
Welche Folgen hätte die von Ihnen geschilderte und von den Versorgern herbeigesehnte Rechtsauffassung in der mittelfristigen Praxis eigentlich?Alle Kunden, die keinen Sondervertrag unterschreiben, befinden sich in der Grundversorgung.
Der Allgemeine Tarif, der zum Wechselzeitpunkt veröffentlicht war, ist für den Kunden jeweils verbindlich und einer Billigkeitskontrolle unzugänglich.
Dies gilt insbesondere auch dann, wenn in einer Region (etwa im Gasbereich) keine Sonderverträge mehr angeboten werden. Der Versorger braucht dann nur noch alle Sonderverträge zu kündigen um alle Kunden - die ja nirgendwo hin können - zu den Allgemeinen Tarifen beliefern zu können.
Möchten die Vorstände von E.ON, RWE & Co. höhere Gewinne erzielen, so weisen sie ihre Ferngasgesellschaften bzw. Stromzwischenhändler an, höhere Preise zu verlangen. Die Änderungen dieser Preise werden dann auf die Allgemeinen Tarife aufgeschlagen.
Was passiert eigentlich, wenn der Grundversorger seine Preise bspw. auf 99 Euro/kWh anhebt?
Dann wäre wohl sittenwidriger Wucher offensichtlich. Ich übertreibe absichtlich, um das Problem deutlicher darzustellen.
Viele Kunden würden fluchtartig in Sonderverträge wechseln - sofern überhaupt möglich. Viele Kunden - insgesamt aber nur eine Minderheit - würden die Zahlung mit Unbilligkeitseinwand verweigern. Das Gericht würde dem in jedem Einzelprozess statt geben und einen wesentlich niedrigeren Preis festsetzen oder die verklagten Kunden - und nur diese - im Ergebnis von einer Zahlungspflicht befreien.
Was würde in der Zwischenzeit aber mit den Kunden passieren, die bspw. für zwei Monate in die Ersatzversorgung oder neu in die Grundversorgung fallen?
Müssten diese dann tatsächlich 99 Euro/kWh zahlen? Eine rechtliche Handhabe (außer Wucher, wie erwähnt) hätten sie ja nicht, da Anfangspreis.
Gruss,
ESG-Rebell.