Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?  (Gelesen 27095 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline ESG-Rebell

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 615
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #15 am: 17. Dezember 2008, 09:43:33 »
Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-RebellDer vorsorgliche Einwand hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass ich keine Fristen - ob gültig oder nicht - versäumen kann.
Hat aber den Nachteil, dass Sie vor Gericht ja beweisen müssen den Einwand überhaupt erhoben zu haben.
Einschreiben mit Rückschein?

Zitat
Original von Black
Ob aber ein Versorger bei dem Sie gar nicht grundversorgter Kunde sind einen solchen Einwand aber zuordnen und archivieren (und dann wiederfinden) kann ist fraglich.
Die Unfähigkeit meines Versorgers, Daten seiner Untertanen zuzuordnen, zu archivieren und wiederzufinden, ist nicht mein Problem.

Allerdings könnte theoretisch der Grundversorger auch wechseln, wenn doch irgendwann einmal genügend Kunden ihren Hintern hochkriegen und wechseln. Dann läge der Unbilligkeitseinwand in den Archiven des falschen (weil alten) Grundversorgers.

Insofern stimme ich Ihnen ja zu - man muss nichts überstürzen. Man kann den Einwand auch immer noch dann abschicken, wenn ein Wechsel in die Ersatzversorgung ansteht oder Rechtsunsicherheit über das Fortbestehen eines Sondervertrags entsteht.

Zitat
Original von Black
Sie bekommen auch ein Problem wenn sich zwischen dem \"vorsorglichen\" Einwand und dem tatsächlichen Vertrag noch einmal die Preise geändert haben. Dann haben sie nämlich den dann aktuellen Preisen nicht wiedersprochen.
Das sehe ich nicht so. Die Formulierung bezieht konkret benannte Festsetzungszeitpunkte (\"der dann festgesetzten Entgelte\") mit ein.

Zitat
Original von Black
Zitat
Original von ESG-RebellDies trifft zu. Der Preis ist nur dann unverbindlich, wenn der Kunde einen Unbilligkeitseinwand erhebt.
Nein! Nicht die Erhebung sondern nur die tatsächliche Unbilligkeit führt zur Unverbindlichkeit. Das ist ein gern übersehener Unterschied.
.... und die Preise unbillig waren. Der Zusatz fehlte in der Tat. Waren die Preise nicht unbillig überhöht, dann waren sie auch von Anfang an verbindlich.

An der Quintessenz ändert dies freilich nichts: Der Kunde muss Unbilligkeitseinwand erheben um seine Rechte geschützt zu wissen; und dies tunlichst bevor ihm eine konkludente Vereinbarung eines Preises - etwa durch Zahlung ohne Vorbehalt unterstellt werden kann.

Zitat
Original von Black
Ein anderer notwendiger Vertragsbestandteil, ... ist aber der konkrete Preis.
Ich sehe, Sie beharren darauf.
Was sagen die anderen Anwälte hier dazu?

Übrigens - wenn Sie argumentieren, der Kunde könne einen Grundversorgungsvertrag nur mit dem darin konkret benannten Preis akzeptieren oder insgesamt ablehen, dann verweigern sie Ihm im Ergebnis doch die Grundversorgung.

Mal anders gefragt: Was soll der Kunde ihrer Auffassung nach tun, wenn er den ihm angebotenen Anfangspreis für unbillig überhöht hält?

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #16 am: 17. Dezember 2008, 10:09:06 »
@ EGS

Wenn es hart auf hart kommt dann beweist ein Einschreiben mit Rückschein nur, dass Sie irgendeinen Brief geschickt haben (eigentlich sogar nur, dass ein entsprechend frankierter Umschlag versandt wurde), aber nicht WAS in dem Brief drin stand.

Wenn der Versorger dann ihren Brief nicht archiviert hat und den Zugang bestreitet, ist die Archivierung und Zuordnung dann plötzlich doch ihr Problem.

Wenn Sie ihren Einwand nicht auf einen konkreten Preis beziehen, sondern nur auf die \"dann festgesetzten Preise\" ist er zu unbestimmt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Pölator

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 67
  • Karma: +0/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #17 am: 17. Dezember 2008, 10:25:08 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
Mal anders gefragt: Was soll der Kunde ihrer Auffassung nach tun, wenn er den ihm angebotenen Anfangspreis für unbillig überhöht hält?

Gruss,
ESG-Rebell.


Hallo,
das finde ich jetzt mal eine ausgesprochen gute Frage an black :D

Gruß,
Pölator

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #18 am: 17. Dezember 2008, 10:34:40 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
Übrigens - wenn Sie argumentieren, der Kunde könne einen Grundversorgungsvertrag nur mit dem darin konkret benannten Preis akzeptieren oder insgesamt ablehen, dann verweigern sie Ihm im Ergebnis doch die Grundversorgung.

Mal anders gefragt: Was soll der Kunde ihrer Auffassung nach tun, wenn er den ihm angebotenen Anfangspreis für unbillig überhöht hält?

Wenn ein Vertragspreis zu teuer ist, dann schließt man den Vertrag nicht ab, sondern wählt einen Sonderkundenvertrag.

Grundversorgung bedeutet nicht, dass der billigste Preis angeboten werden soll, sondern dass niemand mangels Belieferung ohne Energie dastehen soll. Grundversorgung ist zum Teil für die Bequemen, die weder Preise vergleichen wollen, noch Sonderkundenverträge abschließen sondern einfach das Licht anschalten oder die Gasheizung anwerfen. Wie in jedem anderen Bereich auch (Telefon, Krankenkassen etc.) ist der Standart 08/15 Bequem-Massentarif fast nie der Beste.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Pölator

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 67
  • Karma: +0/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #19 am: 17. Dezember 2008, 10:39:34 »
Zitat
Original von Black
Wenn ein Vertragspreis zu teuer ist, dann schließt man den Vertrag nicht ab, sondern wählt einen Sonderkundenvertrag.

Gut und schön, bei uns gab es aber bei Vertragsabschluß keine Sonderverträge oder Wettbewerber, auf die man hätte ausweichen könne.

mfG
Pölator

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #20 am: 17. Dezember 2008, 10:50:36 »
Zitat
Original von Pölator
Gut und schön, bei uns gab es aber bei Vertragsabschluß keine Sonderverträge oder Wettbewerber, auf die man hätte ausweichen könne.

Eine solche Situation dürfte es heute nicht mehr geben (und bei der Ausgangsfrage dieses Threads geht es ja um künftiges Verhalten bei Vertragsschluss).

Sollte man sich trotzdem in einem Gebiet befinden wo es NUR den Grundversorgungstarif des Grundversorgers und auch keine Wettbewerber gibt, dürfte die Frage der Preisgestaltung/kontrolle dann im Kartellrecht (marktbeherrschende Stellung) zu suchen sein und nicht in der Billigkeitskontrolle.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Pölator

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 67
  • Karma: +0/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #21 am: 17. Dezember 2008, 11:12:32 »
Zitat
Original von Black
Eine solche Situation dürfte es heute nicht mehr geben (und bei der Ausgangsfrage dieses Threads geht es ja um künftiges Verhalten bei Vertragsschluss).

Hallo,
sie habe recht, hier geht es um die \"Zukunft\"... .
Bei mir ist es aber noch nicht allzu lange her, Dez.2004, da gabs hier nichts als die allmächtigen Stadtwerke... .

Ich denke, trotz aller Nachvollziehbarkeit Ihrer Ausführungen, dass es hier einen Weg geben wird, da niemand mich zwingen kann, einen Sondervertrag abzuschliessen, wenn ich durch meine eigene Passivität in der Grundversorgung lande... .

Zitat
Original von Black
Grundversorgung bedeutet nicht, dass der billigste Preis angeboten werden soll...

Zur Erinnerung:
Enwg §1 (1):
Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.

Nun geht es um die Definition preisgünstig und dem Problem, wer es definieren soll. Also zurück zu §315 und den Richtern... .

Ich würde es drauf ankommen lassen ;)

Gruß,
Pölator

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #22 am: 17. Dezember 2008, 11:25:54 »
Zitat
Original von Pölator
Zitat
Original von Black
Grundversorgung bedeutet nicht, dass der billigste Preis angeboten werden soll...

Zur Erinnerung:
Enwg §1 (1):
Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.

Nun geht es um die Definition preisgünstig und dem Problem, wer es definieren soll. Also zurück zu §315 und den Richtern... .

Tja....nur wenn Sie § 1 EnWG so lesen wollen, dann führt das in letzter Konsequenz zu folgendem Problem:

Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten, denn diese könnten ja nicht billiger sein als die maximal billige Grundversorgung. Täte er es dennoch würde er nach Ihrer Sicht belegen, dass sein GV Preis gegen § 1 EnWG verstößt.

Es würde auch für andere Wettbewerber keinen Sinn mehr machen zu versuchen Kunden abzuwerben, denn sie könnten den maximal günstigen GV Preis nicht unterbieten. Würde ein Wettbewerber den GV Preis tatsächlich unterbieten, müßte - nach Ihrer Lesart des § 1 EnWG - der GV Preis gesenkt werden, da es ja scheinbar doch billiger geht.

Die Folge wäre dann; kein Wettbewerb mehr, nur noch maximal günstige Grundversorgungstarife von Gebietsmonopolisten, deren Preise im Rahmen der Billigkeitskontrolle von den gerichten festgelegt werden.

Woran erinnert das? An das System der staatlich genehmigten Preise VOR der Liberalisierung. Nun kann man ja so ein System für besser halten als Wettbewerb, aber das ist eine politische Frage und keine juristische. Da der Gesetzgeber aber ausdrücklich mehr Wettbewerb wollte darf die Grundversorgung als \"Auffangbeckentarif\" sehr wohl teurer sein als Sonderverträge. Daher ist § 1 EnWG eben nicht so zu verstehen, dass der maximal billigste Preis angeboten werden muss (das wäre nämlich der Selbstkostenpreis ohne Gewinn ;) )
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #23 am: 17. Dezember 2008, 11:42:56 »
Zitat
Original von Black
Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten, denn diese könnten ja nicht billiger sein als die maximal billige Grundversorgung. Täte er es dennoch würde er nach Ihrer Sicht belegen, dass sein GV Preis gegen § 1 EnWG verstößt.
    @Black, das ist nicht die \"Lesart\" und Ihre Definition von \"möglichst preisgünstig\" ist für mich nicht haltbar. So schwierig ist der § 1 EnWG nun auch wieder nicht zu lesen. Was ist denn \"möglichst preisgünstig\".

    Unter Berücksichtigung der Bedingungen (Aufwand-Kosten) kann die Grundversorgung nicht schlechter gestellt sein als Sonderverträge, sonst wäre die Grundversorgung nicht mehr \"möglichst preisgünstig\". Der \"Profit\" daraus hat sich am betriebsnotwendigen zu orientieren (Sicherung des Unternehmens -Wettbewerbsfähigkeit und vielleicht angemessene Weiterentwicklung). Zweckfremde Mittelverwendung aus überhöhten Gewinnen sind sicher nicht durch diesen § 1 gedeckt.

    Sonderverträge können trotzdem Sinn machen. Der eine oder andere möchte ja Vorauskasse leisten, Festpreise oder Abnahmemengen fest vereinbaren etc.. Alle Bestandteile sind in der Kalkulation zu bewerten und zu berücksichtigen. Die Grundversorgung kann dann nicht schlechter gestellt sein.

Offline ESG-Rebell

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 615
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #24 am: 17. Dezember 2008, 14:00:24 »
Zitat
Original von Black
Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten ....
Das ist logisch.

Der Begriff \"billig\" bedeutet \"angemessen\" und nicht \"vergleichsweise niedrig\".

Wie ich oben bereits erwähnt hatte, muss der Allgemeine Tarif nicht unbedingt niedriger sein, als die dem Kunden zur Auswahl stehenden Sondertarife.

Der Grundversorger könnte dennoch schlüssig darlegen, dass seine allgemeine Tarife angemessen sind. In einem Sondervertrag hat er ja bspw. Planungs- und Absatzsicherheit für (i.d.R.) mindestens ein Jahr; wohingegen ein grundversorgter Kunde ggf. kurzfristig wechseln kann und durch einen Unbilligkeitseinwand auch zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen kann. Aufpreise für diese Risiken und Mehrkosten lassen sich schon begründen.

Es wird allerdings schwierig bleiben zu begründen, welche angemessene Gegenleistung der Differenz von bspw. 30% zwischen den Allgemeinen Tarifen und den vom selben Versorger angebotenen Sondertarifen gegenübersteht.

Um die Rechtsauffassung aus Versorgersicht nochmal zusammenzufassen:
  • Kommt ein Kunde in die Grundversorgung, dann hat er den vom Versorger festgesetzten Anfangspreis zu bezahlen, egal wie hoch dieser ist.
  • Der Grundversorgung kann sich ein Kunde nur dadurch entziehen, dass er auf den Bezug von Energie verzichtet oder einen Sondervertrag abschliesst.
  • Kann der Kunde weder auf Energie verzichten noch einen Sondervertrag abschließen, dann steht es ihm frei, dem Versorger nachzuweisen dass dessen Preise kartellrechtswidrig entstanden sind.

Also meines Erachtens würde diese Regelung den Kunden ein bisschen benachteiligen.


Was den §1 EnWG betrifft:
Wenn ich den so lese und dabei bedenke, dass diese Aufgabe an Unternehmen übertragen wurde, die ihrem Wesen nach rein profitorientiert sind, komme ich zu dem Schluss dass hier die Quadratur des Kreises versucht wird.

Genauso gut könnte man einen Bock auf die Wiese stellen und von ihm verlangen dass er einen Englischen Rasen hinterlässt ...

... oder Gefängnisse ohne Gitter bauen und von den Häftlingen verlangen, gefälligst drin zu bleiben.

Wer immer den Wortlaut des §1 EnWG entworfen hat, dem fehlte jeglicher Realitätsbezug!


Der Billigkeitsnachweis so wie die Verbraucher und ich ihn verlangen, ist ohne Vorlage einer Kostenkalkulation schlichtweg nicht zu führen. Mir fällt da auch keine Alternative zu ein.

Alle Versorger behaupten doch immer wieder gebetsmühlenartig, alle Kostensteigerungen seien unausweichlich; die Kunden würden nicht ausgenommen werden.

Wenn dem so ist - warum ist dann die Vorlage einer Kostenkalkulation derart unmöglich?


Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Pölator

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 67
  • Karma: +0/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #25 am: 17. Dezember 2008, 15:39:42 »
@black

Zitat
Original von Black
Tja....nur wenn Sie § 1 EnWG so lesen wollen, dann führt das in letzter Konsequenz zu folgendem Problem:

Wie lesen Sie denn §1 EnWG? Lesen werden Sie dasgleiche, nur interpretieren werden Sie anders. Und Dritte werden vielleicht eine noch andere Sichtweise zu Tage bringen...

Zitat
Original von Black
Wenn die Grundversorgung maximal billig ist, brauchte der gleiche Versorger gar keine Sonderkundenverträge mehr anzubieten, denn diese könnten ja nicht billiger sein als die maximal billige Grundversorgung. Täte er es dennoch würde er nach Ihrer Sicht belegen, dass sein GV Preis gegen § 1 EnWG verstößt.

Der Grundversorger muss im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Gesetz (!) EnWG §1 (1) genüge tun. Das heißt nicht, dass Andere nicht noch günstiger sein können!
Ihre Interpretation würde Betriebe zum Geldverschwenden ermutigen, wenn es nicht Kunden gäbe, die sich wehren, oder es zumindest versuchen.
Nehmen Sie als Beispiel mal ein paar Stadwerke. Ehemals kommunale Betriebe, hochverschuldet in GmbHs gewandelt nutzen nun die Gewinne um die Altschulden zu tilgen. Es machen, wie sooft, nur die Sparten Energie&Co Gewinn, alles andere schreibt rote Zahlen.

Mein Grundversorger hat bis Anfang diesen Jahres Sonderverträge nur für Gewerbe angeboten. Der Privatkunde zahlt die Schulden zurück und die Gewerbe?
Vielleicht nimmt kein Privatkunde die jetzt angebotenen Sonderverträge an, Gewerbekunden sicherlich, da diese damit ja wesentlich günstiger an Energie kommen.

Zitat
Original von Black
Es würde auch für andere Wettbewerber keinen Sinn mehr machen zu versuchen Kunden abzuwerben, denn sie könnten den maximal günstigen GV Preis nicht unterbieten. Würde ein Wettbewerber den GV Preis tatsächlich unterbieten, müßte - nach Ihrer Lesart des § 1 EnWG - der GV Preis gesenkt werden, da es ja scheinbar doch billiger geht.

Siehe oben
Zitat
Original von Black
Die Folge wäre dann; kein Wettbewerb mehr, nur noch maximal günstige Grundversorgungstarife von Gebietsmonopolisten, deren Preise im Rahmen der Billigkeitskontrolle von den gerichten festgelegt werden.

Woran erinnert das? An das System der staatlich genehmigten Preise VOR der Liberalisierung. Nun kann man ja so ein System für besser halten als Wettbewerb, aber das ist eine politische Frage und keine juristische. Da der Gesetzgeber aber ausdrücklich mehr Wettbewerb wollte darf die Grundversorgung als \"Auffangbeckentarif\" sehr wohl teurer sein als Sonderverträge. Daher ist § 1 EnWG eben nicht so zu verstehen, dass der maximal billigste Preis angeboten werden muss (das wäre nämlich der Selbstkostenpreis ohne Gewinn ;) )

Auch siehe oben

Sonderverträge sind gut, sollen bleiben. Wenn der Wettbewerb dann mal kommt, freuen wir uns alle, denke ich.
Da wir eine unterschiedliche \"Leseweise\" haben, würde, wenn Sie VS und ich Kunde wäre, in unserem Fall nur der Gang zu einem unbefangen Dritten helfen... .

Schönen Tag noch,

Pölator

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #26 am: 17. Dezember 2008, 16:28:22 »
Zitat
Original von Pölator
Der Grundversorger muss im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Gesetz (!) EnWG §1 (1) genüge tun. Das heißt nicht, dass Andere nicht noch günstiger sein können!
(...)
Da wir eine unterschiedliche \"Leseweise\" haben, würde, wenn Sie VS und ich Kunde wäre, in unserem Fall nur der Gang zu einem unbefangen Dritten helfen... .

Stimme zu. Da Sie Ihre Leseweise des § 1 EnWG für zutreffend halten müßten Sie demzufolge Ihren Grundversorger  per Klage unter Berufung auf § 1 EnWG zur Preissenkung zwingen. Dann brauchen Sie weder den § 315 BGB noch die Frage des Preissockels. Einfach auf § 1 EnWG (und die daraus nach Ihrer Ansicht folgende Rechtspflicht des Versorgers) berufen. Vielleicht schreiben Sie damit ja Rechtsgeschichte.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline ESG-Rebell

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 615
  • Karma: +2/-0
  • Geschlecht: Männlich
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #27 am: 17. Dezember 2008, 18:28:56 »
Bei meinen Ausführungen ist mir übrigens noch ein kleiner aber wichtiger Flüchtigkeitsfehler unterlaufen:

Aus einem auslaufenden Sondervertrag kommt ein Kunde gar nicht in die Grundversorgung sondern zunächst erst einmal in die Ersatzversorgung.

Der §38 EnWG regelt Lieferungen ohne Liefervertrag:
(1) Sofern Letztverbraucher ... Energie beziehen, ohne dass dieser Bezug ... einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, gilt die Energie als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 berechtigt und verpflichtet ist.

(2) Das Rechtsverhältnis nach Absatz 1 endet, wenn die Energielieferung auf der Grundlage eines Energieliefervertrages des Kunden erfolgt, spätestens aber drei Monate nach Beginn der Ersatzenergieversorgung.


Unter dieser Prämisse dürfte wohl unstreitig sein, dass während der Ersatzversorgung zwischen dem Kunden und dem Versorger kein Vertrag besteht; mithin kein Preisangebot und keine Annahme durch den Kunden.

Zwecks besserer Anschauung arbeite ich mal wieder mit konkreten Zahlen:

Was passiert nun, wenn der Kunde einen Preis von 25 Ct/kWh in der Ersatzversorgung als unbillig rügt. Der Versorger verklagt den Kunden auf Zahlung und (mal angenommen) das Gericht legt einen Preis von 15 Ct/kWh als angemessenen fest.

Was passiert nun, wenn die Ersatzversorgung nach drei Monaten endet und die Grundversorgung beginnt? Selbstverständlich wird der Versorger von dem Kunden wieder einen Preis von 25 Ct/kWh verlangen. Da es sich nun um eine Lieferung auf Vertragsbasis handelt, müsste der Kunde diesmal den - bereits von einem Gericht als unbillg bescheinigten - Preis hinnehmen.

Das wäre in meinen Augen grotesk.

Was passiert außerdem mit den anderen bzw. zukünftig grundversorgten Kunden?

Da ein Zivilprozess bindende Wirkung nur für die Prozessbeteiligten hat, müssten andere Neukunden des Versorgers mit ansehen, wie der Preis von 25 Ct/kWh zwar soeben in dem o.g. Prozess als unbillig erkannt worden ist und dennoch weiter von ihnen sowohl in der Ersatz- als auch danach in der Grundversorgung verlangt wird.

Auch diese Situation fände ich grotesk.

Möglicherweise werden die Versorger es gar nicht erst darauf ankommen lassen, dass ein Gericht sich mit diesem Widerspruch befassen muss, indem sie ausschliesslich Kunden auf Zahlung verklagen, die sich bereits in der Grundversorgung befinden und Kunden in der Ersatzversorgung lediglich mit massiven Drohungen und Einschüchterungsversuchen traktieren.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline Black

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.754
  • Karma: +1/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #28 am: 18. Dezember 2008, 10:19:49 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
Aus einem auslaufenden Sondervertrag kommt ein Kunde gar nicht in die Grundversorgung sondern zunächst erst einmal in die Ersatzversorgung.

Das ist falsch. Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.


Zitat
Original von ESG-RebellUnter dieser Prämisse dürfte wohl unstreitig sein, dass während der Ersatzversorgung zwischen dem Kunden und dem Versorger kein Vertrag besteht; mithin kein Preisangebot und keine Annahme durch den Kunden.

Die Ersatzversorgung ist kein Vertrag sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis. Insoweit ist § 315 BGB nicht anwendbar, da er ein Leistungsbestimmungsrecht in einem Vertrag erfordert:

§ 315 BGB
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden  bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.448
  • Karma: +0/-0
Unbilligkeitseinwand VOR Vertragsschluss?
« Antwort #29 am: 18. Dezember 2008, 11:19:30 »
Zitat
Original von Black
.... Wenn der Sonderkundenvertrag normal endet und danach weiter Energie bezogen wird kommt dadurch ein Grundversorgungsvertrag zustande.
    @Black, was verstehen Sie unter \"normal endet\"? Wie sieht das denn bei befristeten Sonderverträgen mit Festpreisvereinbarungen nach Ablauf der Festpreisfirst aus. Kommt dann immer die Grundversorgung oder Ersatzversorgung? Könnte das gegebenenfalls (AGB) nicht auch quasi die Fortsetzung des Sondervertrags sein?

    Da gibt es noch so manche interpretierbare Klauseln in diversen alten und neuen AGB und Fragen zur veränderten Kostensituation nach dem Auslaufen. Welche Versorgung zu welchen Preisen ist die spannende Frage!

    Hier ein Beispiel:

Zitat
Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Lieferung von Erdgas Stand: Februar 2007

Nach Ablauf der Preisgarantie ist ..... darüber hinaus berechtigt, die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Entgelte nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anzupassen, die für die Entgeltberechnung maßgeblich sind. Eine Erhöhung oder Ermäßigung kommt insbesondere in Betracht, wenn sich die Kosten für Beschaffung von Energie ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen. .... wird dem Kunden die Änderungen rechtzeitig, mindestens zwei Monate vor Wirksamwerden der neuen Preise, schriftlich mitteilen. Es kommen dann jeweils die aktuellen Preise des entsprechenden Vertragstyps oder eines Nachfolgeangebotes zur Anwendung. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Änderung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag innerhalb von vier Wochen ab dem Zugang der Benachrichtigung auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung schriftlich zu kündigen. Macht der Kunde von diesem Recht keinen Gebrauch, gelten die Änderungen als genehmigt.
[/list]

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz