Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Konzessionsabgabe
RR-E-ft:
--- Zitat von: PLUS am 01. Juni 2013, 11:54:42 ---Es geht aber nicht um die Eigenverantwortung, die Selbstverwaltung oder das Hebesatzrecht der Gemeinden. Die sind überhaupt nicht berührt. Es geht ja nicht um eine Steuer, es geht nicht um eine Abgabe oder Gebühren für eine Leistung. Fakt ist, dass mit dem zweifelhaften Konstrukt Grenzen umgangen werden und am Schluss die Bürger als Verbraucher völlig unterschiedlich zur Kasse gebeten werden. Was hat das noch mit der tatsächlichen Nutzung der im öffentlich-rechtlichen Eigentum stehenden Gemeindestraßen zu tun?! Es geht um eine fragwürdige Einnahmequelle zu Lasten der eigenen Bürger als Energieverbraucher. Vielleicht gibt es ja noch andere Artikel in unserem Grundgesetz, die mit den Auswirkungen dieser "Konzessionsabgabe" berührt sind. Ich spare mir das jetzt.
--- Ende Zitat ---
Nicht ersichtlich, worum es noch anderes gehen soll, denn um eine Sinnlos- Diskussion.
Lothar Gutsche:
@PLUS: vielen Dank für Ihre Beiträge, insbesondere für Ihre Ausführungen vom 01. Juni 2013, 11:54:42
Umgehungsgeschäfte sind verboten, auch wenn das Verbot nicht ausdrücklich in einer Vorschrift niedergelegt ist. Die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäftes ergibt sich bereits im Wege der Auslegung der umgangenen Verbotsnorm. Die Gesetzesumgehung ist kein besonderer Nichtigkeitsgrund und kein selbständiges Rechtsinstitut, sondern ein Anwendungsfall der teleologischen Auslegung. Dazu verweist Palandt nicht nur auf mehrere Kommentare (Soergel/Hefermehl Rn 37 ff, Larenz/Wolf § 40 Rn 31; Medicus Rn 660), sondern auch auf das Leitsatzurteil II ZR 164/88 des BGH vom 15.01.1990 zur „Verdeckten Sacheinlage bei einer AG durch Einzahlung gegen Darlehensrückzahlung“. Nach dem 1. Leitsatz dieser Entscheidung setzt der Umgehungstatbestand keine Umgehungsabsicht voraus. In den Urteilsgründen vom 15.1.1990 heißt es:
„Die Gesetzesumgehung ist eine Frage der Rechtsanwendung, die an die Rechtsgeltung und die Durchsetzbarkeit des Regelungsinhaltes einer Norm aus eigener Kraft anknüpft. Sie kann von einem subjektiv vorwerfbaren Verhalten im Sinne einer Absicht nicht berührt werden. … Würde die Durchsetzung dieser Normen davon abhängig gemacht, daß die betroffenen Parteien die Absicht verfolgen, sie zu umgehen, hinge die Verwirklichung des Normzweckes bei Fehlen einer solchen Absicht von normfremden Umständen ab. Unter dieser Voraussetzung könnte das Gesetz daher nicht durchgesetzt werden, selbst wenn sich die Parteien normzweckwidrig verhielten.“
Angesichts der Summen, die durch Konzessionsabgaben vereinnahmt werden und die eben ökonomisch nicht durch reale Aufwendungen zu rechtfertigen sind, ist mit der Erhebung der Konzessionsabgabe der Umgehungstatbestand zweifellos erfüllt. Eine Kommune darf die grundlegenden Vorschriften für ihre wirtschaftliche Betätigung nicht aushebeln, indem sie über die privatwirtschaftliche Organisation der Daseinsvorsorge bei den Stadtwerken diese Vorschriften formal umgeht. Wenn der Gesetzgeber die Konzessionsabgabe formaljuristisch im EnWG und in der KAV erlaubt hat, so hält das wie viele andere Gesetze noch lange nicht einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Die Konzessionsabgabe verletzt meiner Ansicht nach das Kostendeckungsprinzip und die Grundlagen der Finanzverfassung unseres Steuerstaates.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Gutsche
Email: lothar.gutsche@arcor.de
Black:
--- Zitat von: PLUS am 31. Mai 2013, 20:10:12 ---Gehört Parken zur gemeingebräuchlichen Nutzung oder ist das eine Sondernutzung? Das Parken von Fahrzeugen ist im Gegensatz z.B. zur Versorgung mit Strom keine Grundvoraussetzung für das Wohnen in der Gemeinde, es werden ja auch immer öfter Parkgebühren erhoben. Eine Sondernutzung wäre die Sperrung für ein Straßenfest durch einen Verein oder für ein privates Bauvorhaben.
--- Ende Zitat ---
Andere Ansicht zur Abgrenzung der Sondernutzung: Rechtsprechung und Gesetzgeber
Weil Energieversorgung heutzutage Grundvoraussetzung ist, hat der Gesetzgeber in § 46 ja festgelegt, dass die gemeinde diese Sondernutzung nicht verweigern darf. Sie muss sie nur nicht kostenlos gewähren.
Sind Sie eigentlich der Meinung, dass eine Gemeinde von einem privatwirtschaftlichen EVU (E.ON, RWE etc.) auch keine Konzessionsabgaben verlangen darf oder soll das nur für Stadtwerke gelten?
Black:
--- Zitat von: Lothar Gutsche am 02. Juni 2013, 14:38:51 ---
Umgehungsgeschäfte sind verboten, auch wenn das Verbot nicht ausdrücklich in einer Vorschrift niedergelegt ist. Die Nichtigkeit des Umgehungsgeschäftes ergibt sich bereits im Wege der Auslegung der umgangenen Verbotsnorm. Die Gesetzesumgehung ist kein besonderer Nichtigkeitsgrund und kein selbständiges Rechtsinstitut, sondern ein Anwendungsfall der teleologischen Auslegung. (...)
Angesichts der Summen, die durch Konzessionsabgaben vereinnahmt werden und die eben ökonomisch nicht durch reale Aufwendungen zu rechtfertigen sind, ist mit der Erhebung der Konzessionsabgabe der Umgehungstatbestand zweifellos erfüllt.
--- Ende Zitat ---
Für eine zivilrechtliche Umgehung brauchen Sie aber ein gesetzliches Verbot. Wenn eine spezialgesetzliche Norm ein bestimmtes Verhalten ausdrücklich erlaubt, dann besteht schon kein gesetzliches Verbot. Die Erhebung der Konzessionsabgabe ist vom Gesetzgeber den Gemeinden ausdrücklich erlaubt, insoweit besteht kein gesetzliches Verbot, dass umgangen werden könnte.
Sie klammern sich immer an das Kostendeckungsgebot. Dabei vergessen Sie, dass der Gesetzgeber berechtigt ist Ausnahmen von einem (vermeintlichen) Regelfall zu formulieren. Das gilt nur dann nicht, wenn der Gesetzgeber dabei gegen die Verfassung verstößt. Das Kostendeckungsprinzip ist aber kein Verfassungsprinzip. Der Gesetzgeber darf davon also abweichen.
PLUS:
--- Zitat von: Black am 03. Juni 2013, 12:37:40 ---Sind Sie eigentlich der Meinung, dass eine Gemeinde von einem privatwirtschaftlichen EVU (E.ON, RWE etc.) auch keine Konzessionsabgaben verlangen darf oder soll das nur für Stadtwerke gelten?
--- Ende Zitat ---
@Black, sind Sie eigentlich der Meinung, dass das völlig unterschiedliche Abkassieren für die künstlich definierte sogenannten Sondernutzung der sich im Gemeineigentum befindlichen Straßen in Ordnung ist? Manchmal wird schon heute nichts bezahlt, egal welches EVU da liefert. Liegt der Strombezugspreis unter dem Schnitt, muss gar keine Konzessionsabgabe gezahlt werden (§2(4) KAV). Der KAV-Bezug zum Kassieren der "Abgabe" liegt also nicht beim EVU, sondern beim Stromverbraucher und der dortigen mehr oder weniger gestalteten Konstellation. Nochmal, was hat das mit der tatsächlichen Nutzung der Gemeindestraßen zu tun?!
Sie verkennen wieder mit erkennbarer Absicht, dass der Verbraucher letztendlich diese "Abgabe" bezahlt. Das Umgehungskonstrukt und die Ungereimtheiten wurde hinreichend beschrieben. Ja, ich bin der Meinung, dass die sogenannte Konzessionsabgabe insgesamt rechtswidrig und ohne legitimem Grund erhoben wird. Die Gemeinde verlangt ja auch keinen zweckfreien Zoll für die Nutzung der Gemeindestraßen bei der Öl- oder Flüssiggaslieferung.
Die Gemeinde hat die Versorgung der Bürger mit Wasser und Energie kostendeckend sicherzustellen. Für ein solch trickreiches und ungerechtes Abkassieren habe ich keinerlei Verständnis. Das lässt sich anders regeln, wenn man nur wollte. Der Druck der Verbraucher ist dazu noch völlig unzureichend, aber er ist am Wachsen. Das eine oder andere Gerichtsurteil kommt dazu.
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