Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Konzessionsabgabe
Lothar Gutsche:
Hat der User Black schon einmal den Begriff "Verwaltungsprivatrecht" gehört? Wenn nicht, dann empfehle ich für den Einstieg die Lektüre von http://www.fes-kommunalakademie.de/_data/VR_Verwaltungsprivatrecht.pdf und zur Vertiefung die von mir oben zitierten Urteile des BGH und des Bundesverfassungsgerichts. Zur Grundrechtsbindung öffentlicher Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, hat sich das Bundesverfassungsgericht auch ausführlich am 22.2.2011 in der Leitsatz-Entscheidung zum Fall FraPort unter Aktenzeichen 1 BvR 699/06 geäußert, siehe http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20110222_1bvr069906.html. Ein Stadtwerk in der Privatrechtsform einer AG oder GmbH, das aber mehrheitlich der öffentlichen Hands gehört, ist eben keine gewöhnliche Kapitalgesellschaft, die nur die Vorschriften des Aktien- oder GmbH-Gesetzes einhalten müsste. Vielmehr müssen solche Stadtwerke in ihrem Handeln und speziell in der Preisgestaltung auch öffentlich-rechtliche Grenzen beachten.
Mit Ihrem Hinweis "Rechnung für seinen Energieverbrauch auf Basis vertraglich vereinbarter Preise" kommen wir im Rahmen der Grundversorgung oder gar im Monopolfall der Wasserversorgung nicht wirklich weiter. Die angebliche "vertragliche Vereinbarung" endet in einer endlosen Diskussion wie bei der Preissockeltheorie.
Bei der Konzessionsabgabe müsste noch die Frage gestellt werden, welche Kosten der Kommune durch Überlassen der Wegerechte entstehen. Nach dem Kostendeckungs- und Wirtschaftlichkeitsprinzip der Finanzverfassung dürften die Konzessionsabgaben letztlich nur die tatsächlichen Aufwendungen der Kommune decken und nicht neue Finanzquellen erschließen, mit denen aus dem Nichts hohe Gewinne erwirtschaftet werden. Faktisch gehören die Konzessionsabgaben zur Aktionärsrendite der Gemeinden, wie es der frühere Würzburger Stadtwerke-Vorstand in der Zeitschrift für Kommunalwirtschaft sehr treffend ausgedrückt hat. Als Energieverbraucher und steuerzahlender Bürger sehe ich deshalb bei der Konzessionsabgabe einen Widerspruch.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: lothar.gutsche@arcor.de
PLUS:
Ausufernde Einnahme- und Finanzierungsquelle Energieverbraucher! - Konzessionsabgabe und mehr. Nur noch als Ergänzung zur Diskussion "Quersubventierung" bei Stadtwerken, dieser heutige Zeitungsartikel:
Premium-Sponsor Stadtwerke - Profisport mietfrei?!
Stuttgarter Zeitung - Profikommerzsport Eishockey - Steelers
Black:
--- Zitat von: Lothar Gutsche am 23. Mai 2013, 12:07:48 ---Bei der Konzessionsabgabe müsste noch die Frage gestellt werden, welche Kosten der Kommune durch Überlassen der Wegerechte entstehen. Nach dem Kostendeckungs- und Wirtschaftlichkeitsprinzip der Finanzverfassung dürften die Konzessionsabgaben letztlich nur die tatsächlichen Aufwendungen der Kommune decken und nicht neue Finanzquellen erschließen, mit denen aus dem Nichts hohe Gewinne erwirtschaftet werden.
--- Ende Zitat ---
Das Kostendeckungsprinzip greift hier nicht. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 EnWG i.V.m. § 2 KAV eindeutige Vorgaben zur Konzessionsabgabenhöhe festgelegt. Das Kostendeckungsprinzip kann nicht zur Nichtanwendbarkeit bestehender Gesetze führen.
Ich verstehe den gewählten Ansatz ohnehin nicht.
Entweder man ist der Auffassung die Konzessionsabgabe ist nach derzeit geltendem Recht unzulässig. Dann sollte einfach die Zahlung verweigert werden, so dass eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden kann. Da könnte man ja versuchen beim zuständigen Gericht diese ganzen umfassenden Endlostexte zu rechtlichen Prinzipien einzubringen, die hier im Forum gepostet werden.
Oder man ist der Auffassung, dass die Konzessionsabgabe nach geltendem Recht zwar zulässig ist, aber diees Recht geändert werden muss. Dass ist dann aber keine juristische sondern eine politische Frage bzw. eine politische Forderung.
Eine politische Forderung muss aber nicht juristisch begründet werden.
PLUS:
--- Zitat von: Black am 31. Mai 2013, 13:55:39 ---Das Kostendeckungsprinzip greift hier nicht. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 EnWG i.V.m. § 2 KAV eindeutige Vorgaben zur Konzessionsabgabenhöhe festgelegt. Das Kostendeckungsprinzip kann nicht zur Nichtanwendbarkeit bestehender Gesetze führen.
Ich verstehe den gewählten Ansatz ohnehin nicht.
Entweder man ist der Auffassung die Konzessionsabgabe ist nach derzeit geltendem Recht unzulässig. Dann sollte einfach die Zahlung verweigert werden, so dass eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden kann. Da könnte man ja versuchen beim zuständigen Gericht diese ganzen umfassenden Endlostexte zu rechtlichen Prinzipien einzubringen, die hier im Forum gepostet werden.
Oder man ist der Auffassung, dass die Konzessionsabgabe nach geltendem Recht zwar zulässig ist, aber diees Recht geändert werden muss. Dass ist dann aber keine juristische sondern eine politische Frage bzw. eine politische Forderung.
Eine politische Forderung muss aber nicht juristisch begründet werden.
--- Ende Zitat ---
Ja, das Kostendeckungsprinzip wird gerne in die Tonne getreten. Mit Salamitaktik versucht man, sich langsam aber sicher ganz davon zu befreien. Kreativ werden analog wie bei der Quersubvention neben den Steuern und Abgaben weitere Einnahmequellen und undurchsichtige Konstrukte für alles Mögliche geschaffen. Die Verbraucher von Strom, Gas und Wasser sind da willkommene und bis heute in der Mehrzahl sehr geduldige Melkkühe.
@Black, nicht "entweder oder". Das kann sehr wohl politisch und rechtlich begründet werden. Das EINE ergibt sich gegebenenfalls aus dem ANDEREN. Die Erhebung der Konzessionsabgabe ist ein chaotisches kontrollfreies und ungerechtes Abkassieren der Verbraucher. Es gibt starke Gründe und genügend Beispiele für die Unrechtmäßigkeit. Sie sind hier im Forum nachzulesen.
Liegt denn im Zusammenhang mit den Versorgungsleitungen der Stadtwerke in den Gemeindestraßen überhaupt die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung durch einen Dritten vor? Wem gehören die Leitungen? Wer bezahlt dafür bereits?
Mit dem Eigenbetrieb, den eigenen Stadtwerken schließt die Kommune so einen Vertrag mit sich selbst zu Lasten Dritter. Was ist die Konzessionsabgabe denn, eine Abgabe? Angeblich liegt eine privatrechtliche Ausgestaltung vor und es soll sich um ein privatrechtliches Entgelt handeln, das ja "nur" an die Verbraucher in der Preiskalkulation weitergereicht wird.
Wird denn nicht für den Transport (Leitungen, Unterhalt ...) zum Verbraucher nicht bereits ein mehr als nur kostendeckendes Netzentgelte kassiert?
Sind die Bürger bzw. die Einwohner einer Gemeinde nicht grundsätzlich berechtigt und manchmal sogar verpflichtet, die Einrichtungen der Gemeinde zu nutzen und dabei "nur" verpflichtet, die Lasten zu tragen, die damit verbunden sind (Kostendeckung!)? Maßstab ist immer das Kostendeckungsprinzip! Spielen die Verfassungen keine Rolle mehr? Z.B. in Artikel 71 (3) der Verfassung von Baden-Württemberg ist immer nur die Rede von Kostendeckung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.
Man nennt die heimliche Kommunalverbraucherprivatsteuer immer noch "Konzessionsabgabe" wie in alten Monopolzeiten. Man hat sie so raffiniert ausgestaltet, dass der einzelne Verbraucher keinen Hebel zum Greifen findet. Eine Zukunft hat diese Abgabe so trotzdem nicht. Früher oder später ...
PS:
@Black, damit bei Ihrer gewählten Formulierung auch kein Missverständnis aufkommt:
Der Gesetzgeber hat in der KAV "die Abgabenhöhe" lediglich mit Höchstbeträgen "eindeutig" begrenzt. Er hat aber nicht festgelegt, dass sie überhaupt "vereinbart" und dem Verbraucher weiterberechnet werden muss.
RR-E-ft:
Am besten nochmal nachlesen, was unser aller Gesetzgeber getextet hat.
§ 46 Abs.1 EnWG:
--- Zitat ---Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Abs. 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist.
--- Ende Zitat ---
§ 48 EnWG:
--- Zitat ---§ 48 Konzessionsabgaben
(1) Konzessionsabgaben sind Entgelte, die Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Energie dienen, entrichten. Eine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne dieser Vorschrift liegt auch vor, wenn ein Weiterverteiler über öffentliche Verkehrswege mit Elektrizität oder Gas beliefert wird, der diese Energien ohne Benutzung solcher Verkehrswege an Letztverbraucher weiterleitet.
(2) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Zulässigkeit und Bemessung der Konzessionsabgaben regeln. Es kann dabei jeweils für Elektrizität oder Gas, für verschiedene Kundengruppen und Verwendungszwecke und gestaffelt nach der Einwohnerzahl der Gemeinden unterschiedliche Höchstsätze in Cent je gelieferter Kilowattstunde festsetzen.
(3) Konzessionsabgaben sind in der vertraglich vereinbarten Höhe von dem Energieversorgungsunternehmen zu zahlen, dem das Wegerecht nach § 46 Abs. 1 eingeräumt wurde.
(4) Die Pflicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Konzessionsabgaben besteht auch nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages für ein Jahr fort, es sei denn, dass zwischenzeitlich eine anderweitige Regelung getroffen wird.
--- Ende Zitat ---
Auf der Grundlage des § 48 Abs. 2 EnWG gilt weiter die Konzessionsabgabeverordnung: http://www.gesetze-im-internet.de/kav/BJNR000120992.html
Bei Lichte betrachtet:
Kein einziger Verbraucher zahlt sog. Konzessionsabgaben.
Sofern ein Konzessionsvertrag abgeschlossen und damit die Zahlung von Konzessionsabgaben vertraglich vereinbart wurde, so ist der jeweilige Netzbetreiber der Schuldner der Konzessionsabgaben, § 48 Abs. 3 EnWG.
Beim Netzbetreiber stellen die gezahlten bzw. zu zahlenden sog. Konzessionsabgaben einen Kostenbestandteil dar, der in der Regel über Netzentgelte auf die Energielieferanten abgewälzt werden kann.
Für den Energielieferanten stellen wiederum die gezahlten bzw. zu zahlenden Netzentgelte einen Kostenbestandteil dar, der in der Regel über die Energiepreise auf die Letztverbraucher abgewälzt wird.
Eine Verringerung oder gar der vollständige Fortfall der sog. Konzessionsabgaben haben nicht unmittelbar eine Verringerung der Letztverbraucherpreise für Energie zur Folge.
Liegt zu einem vom Energielieferanten beanspruchten Preis die Kostenkalkulation nicht vollständig offen, kann man nicht wissen, ob und ggf. in welcher Höhe einzelne Kostenbstandteile ggf. in die Preiskalkulatio eingeflossen sind oder aber ggf. außen vor gelassen wurden.
Wohl allenfalls für grund- bzw. ersatzversorgte Stromkunden könnte sich aus § 4 Abs. 2 KAV noch unmittelbar etwas herleiten lassen.
--- Zitat ---§ 4 Tarifgestaltung
(1) Konzessionsabgaben sind in den Entgelten für den Netzzugang und allgemeinen Tarifen auszuweisen. Gelten die Entgelte für den Netzzugang und allgemeinem Tarifpreise für mehrere Gemeinden, genügt die Angabe der für sie maßgeblichen Höchstbeträge sowie der Hinweis auf den Vorrang von Vereinbarungen, daß keine oder niedrigere Konzessionsabgaben zu zahlen sind.
(2) Soweit bei Versorgungsgebieten mit mehreren Gemeinden das Versorgungsunternehmen und eine Gemeinde vereinbaren, daß für die Belieferung von Stromtarifabnehmern keine Konzessionsabgaben oder niedrigere als die nach den §§ 2 und 8 zulässigen Beträge gezahlt werden, sind die Entgelte für den Netzzugang und die allgemeinen Tarife in dieser Gemeinde entsprechend herabzusetzen.
(3) Bei Strom gelten die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 erst von dem Zeitpunkt an, zu dem eine nach dem 1. Januar 1992 erteilte Tarifgenehmigung wirksam wird.
--- Ende Zitat ---
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