Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Konzessionsabgabe
Lothar Gutsche:
Ich habe eine Frage an die Experten für Konzessionsabgaben zu der folgenden Aussage eines Stadtwerks.
\"Die Konzessionsabgabe, die das Stadtwerk an die Kommune abzuführen hat, ist variabel. In Jahren mit hohen Gewerbesteuereinkommen verzichtet die Kommune als Hauptgesellschafterin des Stadtwerks auf die Konzessionsabgabe und führt die Konzessionsabgabe im vollen Umfang in die Eigenkapitalausstattung des Stadtwerks zu, beispielweise 2011.\"
Darf das Stadtwerk in solchen Jahren wie 2011 die Konzessionsabgabe ihren Endkunden in den Strom- oder Gaspreisen verrechnen? Sind solche letztlich nicht gezahlten Konzessionsabgaben als Kosten bei einer Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen? Gilt die Erhebung von Konzessionsabgaben von Wettbewerbern, die Energie durch das Netz des Stadtwerks durchleiten, als Diskriminierung und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach §§ 19, 20 GWB durch die Netzgesellschaft des Stadtwerks?
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
PLUS:
Als \"Experte\" möchte ich mich nicht bezeichnen. Manchmal ist das bei der Experteninflation eher ein Schimpfwort ;) . Ich antworte mal trotzdem.
--- Zitat ---\"Die Konzessionsabgabe, die das Stadtwerk an die Kommune abzuführen hat, ist variabel. In Jahren mit hohen Gewerbesteuereinkommen verzichtet die Kommune als Hauptgesellschafterin des Stadtwerks auf die Konzessionsabgabe und führt die Konzessionsabgabe im vollen Umfang in die Eigenkapitalausstattung des Stadtwerks zu, beispielweise 2011.\"
--- Ende Zitat ---
Diese Aussage sollte man zunächst konkret hinterfragen. Man macht da so seine Erfahrungen. Ich denke so direkt wird man das aus guten Gründen nicht gestalten. Es wird hier nicht selten missverständlich formuliert. Beim Nachhaken hat man dann die Aussagen \"vereinfacht\" und \"ergebnisorientiert\" gemacht. Z.B. ist in Würzburg von einer direkten variablen KA-Berechnung nichts erkennbar:[*]Variabel
Das ist korrekt. Eine Konzessionsabgabe muss ja nicht berechnet werden. Eine Kommune kann generell auf eine Abgabe verzichten. Die Abgabe ist durch die Verordung lediglich gedeckelt. Von Null bis zum Deckel ist jede Höhe möglich. Ein Konzessionsvertrag mit direkter variabler Abgabe, abhängig vom Gewerbesteueraufkommen der Kommune, ist allerdings unvorstellbar.
[*]Verzicht
Ein Verzicht wäre aus Sicht der Kommune unklug, da ihr die Konzessionsabgabe im Gegensatz zum Gewinn steuerfrei zufliesst. Vermutlich wird das so gestaltet: Die Abgabe wird wie üblich zum Höchstsatz (was die Verordnung maximal hergibt) berechnet und vom Stadtwerk an die Kommune auch abgeführt. Der Gemeinderat beschliesst dann im Folgejahr eine entsprechende Zufuhrung zum Eigenkapital. \"Per Saldo\" trifft man dann die Aussage wie oben geschehen. [/list]Auch Gewinne und Konzernumlagen werden z.B. in kommunale Holdings voll ausgeschüttet und ein Teil dann dem Eigenkapital des Stadtwerks durch Beschluss im Folgejahr wieder zugeführt.
Die Billigkeitsprüfung berührt meiner Meinung nach vor allem den Teil, der in der Holding verbleibt und dort zweckentfremdet verwendet wird. Dieser Gewinnteil ist nicht betriebswirtschaftlich notwendig. Das sehe ich nicht anders als bei einer direkten Querfinanzierung innerhalb des Stadtwerks.
Eine Diskriminierung oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt direkt nicht vor. Die Konzessionsabgabe wird ja gegenüber allen Energieversorgern einheitlich berechnet.
Allerdings darf die Steuer dabei nicht vergessen werden. Zur Erinnerung, die Konzessionsabgabe fliesst der Kommune (Eigentümerin des Stadtwerk) steuerfrei zu. Für die Kommune ist also eine hohe Konzessionsabgabe besser als ein abgeführter höherer Gewinn = Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Hierzu: Beschluss Missbrauch Bundeskartellamt siehe hier
Pressemeldung der GAG:
Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem OLG Düsseldorf
Die mündliche Verhandlung im Verfahren der GAG Gasversorgung Ahrensburg GmbH gegen das Bundeskartellamt ist durch das OLG auf den 14. September 2011 terminiert worden. In dem Beschwerdeverfahren geht es um die Gas-Konzessionsabgaben-Praxis in Ahrensburg.
Wir werden sehen .... und es gibt noch eine ganze Menge von Ungereimtheiten (siehe Diskussionen im Forum) bei dieser sogenannten Konzessionsabgabe. Die komplette Abschaffung wurde von Experten schon mehrfach gefordert (z.B. Energiepolitisches Positionspapier der IHK-Arbeitsgemeinschaft R-P).
PS
noch zur Wettbewerbswirkung der Konzessionsabgabe im Zusammenhang mit der eigentumsrechtlichen Verflechtung und der verstärkenden (missbräuchlichen) Gestaltung:
--- Zitat ---....Schließt das kommunale Unternehmen nun im betreffenden Gebiet ausschließlich Grundversorgungsverträge ab bzw. tut es dies bis zu einer mit der Kommune vereinbarten Mengengrenze, kann es die höhere Konzessionsabgabe, die nach Ermittlungen des Bundeskartellamtes bei 0,22 bis 0,40 cent/kWh liegt, verlangen und diese dann auch dem Drittlieferanten in Rechnung stellen. Den Behinderungsmissbrauch sieht das Bundeskartellamt darin, dass vom Grundversorgungsunternehmen bis zur definierten Mengengrenze ausschließlich Grundversorgungsverträge angeboten werden, die dem Netzbetreiber – und damit letztlich der Kommune – zu hohen Konzessionseinnahmen verhelfen. Für den Drittlieferanten entstehen damit höhere Kosten, die Margen und die Attraktivität des Markteintritts verringern sich. Bedingt durch die eigentumsrechtliche Verflechtung von Kommune und Grundversorgungsunternehmen spielt für dieses die Höhe der Konzessionsabgabe keine Rolle, da davon ausgegangen werden kann, dass sowohl die Konzessionsabgabe als auch die realisierte Marge an die Kommune fließen. Das Bundeskartellamt sieht darin eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Kommune und eine Wettbewerbsbehinderung für Drittlieferanten.
....Die Monopolkommission erkennt hier ebenso wie das Bundeskartellamt eine miss-liche Situation, die eine erhebliche Markteintrittsbarriere für neue Wettbewerber darstellt. Ursprüngliches Ziel der Regelung war, die kommunalen Unternehmen gegenüber den Drittlieferanten wettbewerblich nicht schlechter zu stellen, indem diesen deutlich niedrigere Konzessionsabgaben als dem kommunalen Anbieter abverlangt werden. Aus Sicht der Monopolkommission besteht der systemimmanente Anreiz, sehr hohe Konzessionsabgaben zu verlangen und so die Margen der Drittlieferanten deutlich herabzusetzen. Dies stellt aus wettbewerblicher Perspektive ein erhebliches Wettbewerbshindernis dar. ...
--- Ende Zitat ---
hier vollständig lesen - Monopolkommission 521./522.
PLUS:
Wer sagt\'s denn! ;)
--- Zitat ---Auch den deutschen Strompreis kritisierte er in einer sehr emotionalen Rede: „Die Konzessionsabgabe ist moderne Wegelagerei“
Die Politik verteure erst den Strom und bitte dann Brüssel, energieintensive Betriebe zu subventionieren.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Die Konzessionsgebühren in den Kommunen nannte er eine \"moderne Form von Wegelagerei\". Diese seien zwar rechtens, ordnungspolitisch aber fragwürdig.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---In diesem Zusammenhang nannte er die Konzessionsabgaben für den Betrieb der Netze eine Form von Wegelagerei:
\"Sie sind weder in der Bibel noch im Grundgesetz vorgeschrieben.\"
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Deutschland zahle nach Dänemark die höchsten Strompreise in der EU. Dabei seien nur 53 Prozent des Preises marktbedingt. Die restlichen 47 Prozent seien von der Politik getrieben. \"Das fängt bei den Konzessionsabgaben an, eine moderne und intelligente Form der Wegelagerei.\" Er wies auf die paradoxe Situation hin, dass nahezu die Hälfte des Strompreises auf steuerlichen Abgaben und Entgelten beruhe, gleichzeitig aber über eine Befreiung für die Industrie von staatlichen Abgaben diskutiert werde.
--- Ende Zitat ---
Weser-ems-manager RP-Online BZ energate....
Dem EU-Kommissar möchte ich aber schon widersprechen; bei diesem Konzessionsabgabenchaos ist da einiges rechtlich fragwürdig. Ein Armutszeugnis für den deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber, auch hier zeigt sich pures Versagen.
Leider sind wie so oft die Stromverbraucher weder ausreichend aufgeklärt noch werden deren Interessen vertreten. Es ist traurig, dass das Thema überhaupt von einem EU-Politiker angesprochen werden muss! Es zeigt sich auch hier, Europa ist unverzichtbar!
Ja, und der :bdev: könnte da schon mal den Hammer nutzen wie das der Karikaturist hier so gut getroffen hat ;) :
PLUS:
Bundeskartellamt veröffentlicht Bericht zu Gaskonzessionsverträgen:
Wettbewerbsbehinderung bestätigt
Stadtwerke behindern Wettbewerb auf dem Gasmarkt u.a.
Pressemitteilung Bundeskartellamt ..... Beck-aktuell ..... FOCUS ..... bne-Presseinformation dazu ..... bne-Info dazu ..... Untersuchung Gas-Konzessionsabgaben für die Belieferung von Haushaltskunden
tangocharly:
Es liegen ja zu diesem Thema unterschiedliche Ansichten vor; einmal seitens des Bundeskartellamtes und andererseits des BDEW:
--- Zitat ---Hinsichtlich der Berechnung der Konzessionsabgabe Gas im Durchleitungsfall gibt es dagegen eine kritische Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des Bundeskartellamts. Das Bundeskartellamt erachtet bekanntlich nur die niedrigere Konzessionsabgabe für Sondervertragskunden für zulässig. Im Leitfaden wird dazu ausgeführt, dass diese Position im Widerspruch zum Zweck und zur Systematik des § 2 Abs. 6 KAV stehen könne. Sinn und Zweck des § 2 Abs. 6 KAV sei nicht nur, dass durchleitende Energieversorger nicht schlechter gestellt werden dürfen, sondern auch die Verhinderung der wettbewerblichen Benachteiligung des integrierten Unternehmens oder der mit dem Konzessionär verbundenen oder assoziierten Lieferanten.
--- Ende Zitat ---
Quelle: StGB NRW Mitteilung 14/2011 vom 04.01.2011
Eine wettbewerbliche Benachteiligung des mit dem Netzbetreiber integrierten Unternehmens oder der mit dem Konzessionär verbundenen oder assoziierten Lieferanten kann m.E. schon dann nicht in Betracht kommen, wenn sich diese ihrerseits an die Vorgaben gem. § 2 Abs. 2 KAV halten würden. Wann ein Sondervertragsverhältnis vorliegt, ist im Falle eines Drittlieferanten nicht problematisch. Problematisch ist vielmehr der Umstand, dass die mit den Konzessionären verbundenen Versorger alles was Hände und Füsse hat, in Allg. Tarife stecken, um dann bei den Verbrauchern die erhöhte Abgabe abzugreifen.
Aber immerhin kann sich ja der Drittlieferant, der nicht mit dem Netzbetreiber identisch ist und auch nicht mit diesem verbunden, über § 2 Abs. 6 Satz 3 KAV zur Wehr setzen.
Die Praxis sieht so aus: Man tut sich halt nicht weh - und wehrt sich halt nicht. Man will ja möglichst einfach ins fremde Netz gelangen. Man akzeptiert die erhöhte Hinzurechnung zum Durchleitungsentgelt und stellt die erhöhte Abgabe dem Kunden in Rechnung. Dass der Verbraucher natürlich keinerlei Ahnung davon hat, was ihm hierbei abgegriffen wird, erleichtert dieses \"Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel\".
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