Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Konzessionsabgabe
RR-E-ft:
@nomos
Haben Sie den Streit um unentgeltliche Wegerechte vor dem BVerfG gelesen und sind Sie sicher, wie ein solcher Streit in Bezug auf die Konzessionsabgaben für Energieleitungsrechte ausgegangen wäre, gerade weil die Energieversorgung - anders als die Telekommunikation- teilweise zum Kernbereich der gemeindlichen Aufgaben nach Art. 28 GG gezählt wird, worauf Sie gern verweisen?
Sollen die Gemeinden tatsächlich verpflichtet sein, E.ON & Co. ihre öffentlichen Verkehrswege - diskriminierungsfrei - unentgeltlich zur Verfügung zu stellen? Möglicherweise wird dadurch (gewünschter?) paralleler Leitungsbau befördert? Wäre ein mit einem unentgeltlichen Nutzungsrecht verfolgtes Ziel überhaupt mit hinreichender Sicherheit zu erreichen?
Möglicherweise bedarf es da einer Abwägung zwischen den gegenläufigen Interessen.
Praktisch sieht es wohl so aus, dass die meisten Berufspolitiker irgendwann auf der kommunalen Ebene angefangen haben und in ihren Wahlkreisen verdrahtet sind. Wie sollten die ein Interesse daran verfolgen, die Einnahmequellen der Kommunen zu beschneiden, ohne sich zugleich ihrer Basis (ihres zukünftigen Listenplatzes) zu berauben? Lässt sich vortrefflich bejammern.
Übrigends zwingt das Bundesrecht keine einzige Gemeinde, Konzessionsverträge abzuschließen, um danach vertragliche Konzessionsabgaben zu vereinnahmen. Die Gemeinden können auch darauf verzichten. Wenn das Bundesrecht die Gemeinden nicht zwingt, wer zwingt sie dann, Konzessionsabgaben zu vereinnahmen? Wohl die Haushaltslage.
Bevor man daran denkt, das Bundesrecht hinsichtlich der Konzessionsabgaben zu ändern, stünde eher zu erwarten, die eigene Gemeinde davon zu überzeugen, von dem Recht zum Abschluss von Konzessionsverträgen gegen Entgeltzahlung Abstand zu nehmen. Bevor Sie es also in Berlin versuchen, versuchen Sie es mal mit den Ortsverbänden der Parteien vor Ort. Die Vernunft wird doch wohl eine Mehrheit finden? Versuchen Sie doch, Ihr Ziel auf demokratsischem Wege vor Ort durchzusetzen....
Und dann schauen Sie einfach, ob Strom und Gas im eigenen Dorf tatsächlich billiger werden, wenn E.ON/ RWE/EnBW/VET an die einzelne Gemeinde keine Konzessionsabgaben mehr zahlen müssen. Möglicherweise haben Sie dann die Freunde für sich gewonnen, die Sie womöglich eigentlich nie haben wollten. Und beim kommunalen Kindergarten regnet´s derweil rein. Nichts anderes meinten Vorredner auch schon.
reblaus:
@nomos
--- Zitat --- Original von nomos Nein, das meine ich nicht. Man darf sich aber noch wundern bei dieser nach meinem Empfinden doch sehr eingeschränkten \"Verbraucherinteressenvertretung\".
--- Ende Zitat ---
Sie glauben also den Verbraucherinteressen sei dann am besten gedient, wenn nur solche Argumente vorgetragen werden, die eine möglichst vorteilhafte Gestaltung für den Verbraucher fordern? Dann sollten Sie erst einmal dafür sorgen, dass bei den Gerichten spezielle Kammern und Senate mit Verbraucherrichtern eingerichtet werden, damit diese vorteilhaften Argumente möglichst ungefiltert von einer neutralen Betrachtung in die Rechtsprechung einfließen.
Solange dies (zum Glück!!!) nicht so ist, ist den Verbraucherinteressen dann am besten gedient, wenn auch die Argumente der Gegenseite, soweit sie hieb- und stichfest sind, angemessen dargestellt werden. So werden die Verbraucher nicht in nutz- und erfolglose Verfahren getrieben und schlussendlich auf hohen Prozesskosten sitzengelassen.
Um die Schwächen Ihres Gegners herauszufinden, müssen Sie seine Stärken kennen.
RuRo:
--- Zitat ---Original von reblaus
Bei einem Abnahmefall handelt es sich wohl um eine Lieferbeziehung mit einem Kunden und einer Übernahmestelle für das Gas. Ein Großgrundbesitzer mit 100 Mehrfamilienhäusern über die Stadt verteilt, die alle mit Gas beheizt werden, sind wohl 100 Abnahmefälle.
--- Ende Zitat ---
Kann das wohl noch anderweitig bestätigt werden!?
Konkret:
Ein Mutter-Konzern schließt mit einem Versorger einen Belieferungsvertrag über 20 Mio. kWh Energie aus Gas ab. Die Vertragsmenge wird anschließend gleichmäßig auf 5 weitere Unternehmen evtl. Tochter-Unternehmen, die zum Mutter-Konzern gehören, verteilt (5 x 4 Mio. kWh).
Fällt bei dieser Fall-Konstellation eine KA an oder nicht?
Wie wäre es, wenn der Mutter-Konzern die Gesamtmenge an 5 verschiedene Abnahmestellen (Gebäuden) mit eigenem Zähler auf dem weit verzweigten Firmengelände verbraucht?
nomos:
@RR-E-ft, ja, die Kommunen sind aufgrund der grundgesetzlichen Selbstverwaltungsgarantie frei in der Wahl der Aufgabenerledigung. Sie können sowohl zwischen Eigen- und Fremdversorgung als auch zwischen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Organisationsform wählen.
Das bedeutet nun aber nicht, dass die kommunale Verantwortung damit entfällt. Auch wenn Sie dem kommunalen Wirtschaftsrecht wenig Bedeutung beimessen, in den GemO ist irgendwo immer geregelt, dass durch die Ausgestaltung der Verträge oder der Satzung sichergestellt sein muss, dass der öffentliche Zweck erfüllt wird bzw. die Kommune einen ihrer Beteiligung angemessenen Einfluß erhält und dieser durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung oder in anderer Weise gesichert wird. Die Beteiligung von Privaten ist dabei oft nur zulässig, wenn hierdurch die Erfüllung der Aufgaben gefördert wird und Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen.
Den Gemeinden stand es auch frei, ob sie die Aufgabe der Wasserversorgung in kommunaler Eigenverantwortung selbst wahrnehmen oder ob sie die Aufgabe einem privaten Dritten teilweise oder ganz übertragen. Was sich da in vielen Kommunen entwickelt hat können wir jetzt feststellen. Da war weniger die Versorgung im Blick, als das viele Geld für den Stadtsäckel. Geschäfte zu Gunsten Dritter mit Partizipation an deren Steuervorteilen. Da wurden kommunale Pflichten vor lauter Dollarzeichen auf der Brille schlicht vergessen und nach meiner Meinung eindeutig verletzt.
Es geht nicht um die Vergabe für das Leitungsnetz, sondern um die sogenannte Abgabe. Da ist konkret die Krux.
Was die Politik betrifft, da lese ich heute in der FAZ auf Seite 17:
\"SPD und CDU verlieren jeden Monat zusammen über 1000 Mitglieder, aber das kümmert die Hirachen anscheinend wenig. Warum? Weil die Zahl der Mandate und anderen bezahlten Posten ja gleich bleibt. Die können sie dann weiter unter sich aufteilen. ...\"
Wenn man als Verbraucher diese \"Konzessionsabgabe\" so akzeptiert wie sie sich zu dem heutigen chaotischen Konstrukt entwickelt hat und sieht, dass die Kommunalpolitik mit den Lobbyverbänden diese \"Abgabe\" noch ausweiten wollen, dann sollte man sich auch nicht mehr um Quersubventionen und überhöhte zweckfremd verwendete Gewinne Gedanken machen. Ob das Geld über solche \"Abgaben\"-Konstrukte kassiert wird oder darüber, was macht den Unterschied? Der Verbraucher zahlt das über den Preis.
Was damit finanziert wird ist zweitrangig, die Finanzierung ist nicht in Ordnung und widerspricht schon dem EnWG. Aber selbst wenn man sich darauf einlässt und genauer hinsieht, dann stellt man fest, dass mit dem kassierten Geld nicht nur Dächer von Kindergärten finanziert wird. Selbst die beste Haushaltslage hält die Gemeinden nicht davon ab, die höchst mögliche Konzessionsabgabe zu kassieren. Meine Stadt ist schuldenfrei und finanziert über ein Holdingkonstrukt Schloßrenovierungen und mehr. Jetzt ist die Finanzierung einer Multifunktionshalle im Gespräch. Aber ja, man kann zum schuldenfreien Haushalt auch so beitragen und in \"Nebenhaushalten\" mit dem Geld der Energerieverbraucher öffentliche Aufgaben finanzieren.
Wenn die Haushaltslage tatsächlich die Rolle spielen sollte, die Sie da sehen, dann müssten bei der KA mindestens Unterschiede wie bei den Hebesätzen der Gewerbesteuer deutlich werden. Egal wie die Haushaltslage ist, in 99,9 % der Fälle werden die höchstmöglichen Sätze berechnet. Das liegt doch wohl an der widerstands- und kritiklosen Hinnahme durch die Verbraucher.
Ich habe immer noch kein Verständnis dafür, dass der kommunalen Lobbyarbeit nicht mal der Hauch eines Gegenwindchens durch die Verbraucher entgegenweht. Sorry, aber ich vermute da wieder Interessenskonflikte und bei dieser Sachlage befürchte ich, dass dieses Abgabenkonstrukt sich weiter widerstandslos zu Lasten der Energieverbraucher entwickeln lässt. Man wird das nutzen.
Black:
--- Zitat ---Original von nomos
Was damit finanziert wird ist zweitrangig, die Finanzierung ist nicht in Ordnung und widerspricht schon dem EnWG.
--- Ende Zitat ---
Ihre Behauptung, die KA widerspreche dem EnWG wird durch beständige Wiederholung nicht richtiger.
§ 48 EnWG
(1) Konzessionsabgaben sind Entgelte, die Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Energie dienen, entrichten. Eine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne dieser Vorschrift liegt auch vor, wenn ein Weiterverteiler über öffentliche Verkehrswege mit Elektrizität oder Gas beliefert wird, der diese Energien ohne Benutzung solcher Verkehrswege an Letztverbraucher weiterleitet.
(2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Zulässigkeit und Bemessung der Konzessionsabgaben regeln. Es kann dabei jeweils für Elektrizität oder Gas, für verschiedene Kundengruppen und Verwendungszwecke und gestaffelt nach der Einwohnerzahl der Gemeinden unterschiedliche Höchstsätze in Cent je gelieferter Kilowattstunde festsetzen.
(3) Konzessionsabgaben sind in der vertraglich vereinbarten Höhe von dem Energieversorgungsunternehmen zu zahlen, dem das Wegerecht nach § 46 Abs. 1 eingeräumt wurde.
(4) Die Pflicht zur Zahlung der vertraglich vereinbarten Konzessionsabgaben besteht auch nach Ablauf des Wegenutzungsvertrages für ein Jahr fort, es sei denn, dass zwischenzeitlich eine anderweitige Regelung getroffen wird.
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