Stimmungzu 3. Details zu Sondervertragskunde (vielleicht mit ein paar Urteilen)
Anmerkungen:
Da immer der Einzelfall zugrunde gelegt werden muss, ist es im Bereich Sondervertragskunden schwierig eine allgemeine Hilfestellung zu leisten. Zu beachten/unterscheiden gilt hierbei generell, ob in einen bestehenden Vertrag eingetreten wurde, oder ob man den Sondervertrag freiwillig abgeschlossen -und auch selbst unterschrieben-, heisst die Preise "individuell vereinbart", hat.
Selbst in letzterem Fall unterschreibt der Kunde im Regelfall
vorformulierte Norm-Sonderverträge, was wiederum bedeutet, dass eine individuelle Vereinbarung
faktisch gar nicht stattgefunden hat.
Das wiederum ermöglicht dann ebenfalls eine Argumentation
auch mit §315 BGB. (s. OLG Karlsruhe)
@all
Anbei kleine Sammlung als Argumentationshilfe bei
Sondervertragskunden,
ohne Anspruch auf Vollständigkeit :wink:
Falls jemandem ein Fehler auffallen sollte, bitte ruhig kurz Info.
Und dabei bitte nicht vergessen: ich argumentiere mit 315 und 307.Voraussetzung:
1.
Eintritt in einen bereits bestehenden Sondervertrag eines Bauträgers mit dem EVU, bei dem die ursprünglichen Anfangspreise aufgrund eines Norm-Sondervertrags
n i c h t individuell (weder vom Bauträger und schon gar nicht von mir) vereinbart worden sind.
2. Die Preisklauseln in den Sonderbedingungen sind gem. §307 unwirksam.
Sammlung:
Gefestigte Rechtsprechung des BGH zur
Unwirksamkeit von Preisklauseln und zur Wirkung des Unbilligkeitseinwandes, vgl. etwa BGH-Urteil vom 25.2.1998 Az. VIII ZR 276/96; BGH, Urt. v. 19.10.1999 - XI ZR 8/99 (NJW 2000, 651)
Aktuelle Rechtsprechung zur
Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln wegen Intransparenz gem. § 307 BGB und zur zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB:
OLG Karlsruhe, Az: 7 U 194/04 v. 28.06.06;
BGH NJW-RR 2005, 1717; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 858; LG Dresden, Urteil v. 19.05.2006; LG Bremen, Urteil v. 24.05.2006 BGH NJW 2005, 2919; BGH NJW 2006, 684 ff.; BGH NJW 1667, 1670 Tz.28; LG Oldenburg, WuM 2006, 162; LG Neuruppin, ZMR 2006, 290; BGH, Urteil v. 07.02.2006 - KZR 8/05; OLG Schleswig, Urteil v. 05.04.2006
Edit vom 27.03.07: LG Kassel Urteil v. 05.02.07 Az. 6 O 33/07
LG Kassel: Preiserhöhung unwirksam/ Geld zurück an KundenDas LG Oldenburg wies in dem Sammelklageverfahren Az. 9 O 403/06 am 17.11.2006 darauf hin, dass die Kammer eine umfassende Offenlegung der für die Bildung des Gaspreises maßgeblichen Kalkulationsgrundlagen für erforderlich hält.
Das LG Hannover - 1. Kammer für Handelssachen- als Kartellgericht wies in einem anderen Sammelklageverfahren unter dem Az. 21 O 104/06 am 06.12.2006 darauf hin, dass zum Nachweis der Angemessenheit des ab der Preiserhöhung verlangten Preises die Beklagte die gesamte Kalkulation darzulegen habe, sich nicht darauf beschränken könne, auf der Basis des bis dahin geltenden Preises lediglich die Kostensteigerungen vorzutragen.
LG Mönchengladbach Az. 7 O 113/05 Urteil v. 10.07.06:
Die Kläger können damit gemäß § 315 Abs. 3 BGB eine Überprüfung der Entgelte der Beklagten nach billigem Ermessen verlangen, was voraussetzt, dass die Beklagte nicht nur die Billigkeit der Ermessensausübung bei Festsetzung des Leistungsentgelts darlegt und beweist ( vgl. BGH ZMR 2003, 566 ), sondern vorab als notwendige Vorstufe auch ihre Kalkulation offen legt ( vgl. Held NJW 2004, 175 ; and. Ans. LG Hannover NJW-RR 1992, 1200).
LG Bonn, Az. 8 S 146/05, Urteil verkündet am 07.09.2006: Die Billigkeitskontrolle von Erdgaspreisen hat nach diesem Urteil grundsätzlich anhand der eröffneten Preiskalkulation zu erfolgen (im Anschluss an OLG Karlsruhe).
LG Berlin Az.34 O 611/05 vom 19.06.2006
Nur auf echte Tarifkundenverträge im vorgenannten Sinne finden die Bestimmungen der AVBGasV direkte Anwendung, nicht jedoch bei allen Formen von Sonderpreisregelungen (auch Norm- Sonderverträge genannt).
Es ist dem Gasversorger verwehrt, Kunden, die zu Sonderpreiskonditionen beliefert werden, als Tarifkunden zu deklarieren und sich auf die direkte Anwendung der Bestimmungen der AVBGasV kraft normativer Einbeziehung zu berufen.
Preisanpassungsklauseln in solchen Sonderverträgen müssen dem Transparenzgebot entsprechen, § 307 BGB.
Der Kunde muss erkennen können, woran sich eine Preiserhöhung bemisst. Das Versorgungsunternehmen soll als AGB- Verwender nicht durch ungenaue Voraussetzungen oder eine ungenaue Rechtsfolge die Möglichkeit erhalten, ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume in Anspruch zu nehmen und dadurch das bisherige Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu seinen Gunsten zu verändern (BGH NJW-RR 2005, 1717; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 852).
Das
OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 28. Juni 2006 (Az.: 7 U 194/04) entschieden, dass Gaspreise der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegen, und dass ein Versorger zum Nachweis seine Kalkulation offen legen muss. Gleichzeitig wurde die Berufung des Gasversorgers gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 16. August 2004 (Az.: 24 O 41/04) zurückgewiesen und eine Revision zum BGH nicht zugelassen.
Das OLG Karlsruhe stellt außerdem klar, dass sich auch ein Sondervertragskunde, der freiwillig und vorbehaltlos in ein Versorgungsverhältnis eingetreten ist, nachträglich auf § 315 BGB berufen kann.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Der BGH zum Verhältnis von § 307 BGB zu § 315 BGB:
Vgl.
Urteil v. 19.10.1999 - XI ZR 8/99 (NJW 2000, 651);
Urteil v. 19.11.2002 - X ZR 243/01 (NJW 2003, 507, 508);
Urteil v. 13.07.2004 – K ZR 10/03;
Urteil v. 17.02.2004 - XI ZR 140/03.
Urteil v. 13.12.2006 - VIII ZR 25/06
BGH Urteil. v. 11.10.2006 - VIII ZR 270/05:
Ein konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie kommt wegen des Abschlusses eines Vertrages zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht in Betracht
(vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 95/03, WM 2004, 2450 = NJW-RR 2004, 928 unter II 2).
last not least: die Stellungnahme des Bundeskartellamts:
Verweis darauf, dass die Kündigung von Sonderverträgen und die Einstufung in den Allgemeinen Tarif nach Einwand von § 315 BGB gemäß Stellungnahme des Bundeskartellamts unzulässig ist.