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Autor Thema: Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung  (Gelesen 59179 mal)

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Offline RR-E-ft

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #90 am: 07. Juli 2008, 21:44:03 »
@Lothar Gutsche

Bei Ihnen geht es offensichtlich nicht um Sonderabkommen und Rückforderungen bezüglich solcher, mithin nicht um das Thema dieses Threads.

Offline tangocharly

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #91 am: 07. Juli 2008, 22:16:34 »
@Lothar Gutsche

Zitat
So ohnmächtig, wie Sie annehmen, sind wir als Verbraucher gar nicht. Es erfordert allerdings ziemliches Standvermögen gegenüber Steuerfahndern, Staatsanwälten, Kartellwächtern und Kommunalaufsehern, damit die zuständigen Beamten auch ihren Job tun. Die Gefahr besteht nämlich darin, dass begünstigte Politiker deren Arbeit negativ beeinflussen. Wer auf sein Stadtwerk ebenfalls Druck ausüben möchte, kann mich gern unter der E-Mail-Adresse Lothar.Gutsche (at) arcor.de kontaktieren. Ich bin übrigens kein Jurist, sondern berichte nur über meine persönlichen Erfahrungen.

... mal Hand auf\'s Herz. Sind Sie wirklich ernsthaft der Auffassung, dass Sie -trotz aller Ihrer Argumente- mit Ihrer Kürzung auf -0- bei Gericht durchkommen werden ?

Ich kann mir gut vorstellen, dass Herr Fricke ähnlich denkt wie ich. Sie sollten sich wirklich mal mit einem spezialisierten Anwalt unterhalten. Notfalls wird die Chose, wenn Sie durch die Instanz gegangen sind, teurer als ein fachkundiger anwaltlicher Rat.  Der BdE bietet Ihnen doch eine Liste mit engagierten Anwälten in Ihrem PLZ-Bereich.
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Offline RR-E-ft

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #92 am: 07. Juli 2008, 22:22:13 »
@tangocharly

Soweit ich weiß, hat Herr Fricke - dessen Fall besonders liegt - seit 2004 komplett auf null gekürzt, hat alles beiseite gelegt,  und lässt sich verklagen, um eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Aber darum geht es an dieser Stelle überhaupt nicht.

Offline Lothar Gutsche

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #93 am: 07. Juli 2008, 22:42:05 »
@tangocharly
Es geht doch nicht darum, ob ich mit meiner \"Kürzung auf -0- bei Gericht durchkomme\". Natürlich haben Strom und Gas auch für mich einen Wert größer 0. Aber welcher Wert ist \"billig\" im Sinne von § 315 BGB? Das sollen mir die Stadtwerke nachweisen. Wenn sie das in nachvollziehbarer und vollständiger Form getan haben, wie das ein Richter und ein einfacher Energieverbraucher wie ich begreifen können, dann zahle ich sofort - das Geld liegt bereit. Ich verlange ja nur einen Nachweis der Billigkeit, speziell zu den Punkten, die ich in mehreren Schreiben meinen Stadtwerken ausführlich dargelegt habe.

@RR-E-ft
Vor 1,5 Jahren hat der User \"Kampfzwerg\" diesen Thread eingeleitet mit den Worten:
\"vorausschickend sei erwähnt, dass es sich hier um Überlegungen und Gedankenanstöße zu Sondervertragskunden (mit Altverträgen, abgeschlossen vor 2002) und Rückforderungen/Schadensersatz handelt, die vielleicht für all diejenigen interessant sind, die weiterhin nicht nur passiv sondern auch aktiv Bewegung in die Sache (natürlich ist Eigennutz nicht ausgeschlossen :wink: ) bringen möchten.\"
Die Frage nach Schadenersatz lässt sich meiner Meinung nach nicht nur auf Haushaltskunden mit Sondervertrag anwenden, sondern auch auf Ansprüche der Versorger gegenüber ihren Vorlieferanten. Wenn die Vorlieferanten auf Schadenersatz verzichten, dann liefert das dem Endverbraucher in der Grundversorgung ein zusätzliches Argument, die Unbilligkeit einzuwenden. Insofern liege ich teilweise neben dem Thread-Thema, Entschuldigung!

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline Black

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #94 am: 09. August 2008, 01:08:11 »
Zitat
Original von nomos

Ich bin noch nicht ganz überzeugt, dass so der Wille des Gesetzgebers zum Tragen kommt. Die Zahlung ist ein Umstand, aber es ist im Gesetzestext von \"den den Anspruch begründenden Umständen\" die Rede. Die Kenntnis oder Nichtkenntnis, dass bei der Zahlung kein Rechtsgrund vorlag, sehe ich auch als Umstand.

Der Gesetzestext lautet:

\"Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.\"

Der Gesetzgeber unter scheidet also also zwischen \"Umständen\" und der \"Kenntniserlangung\" von diesen Umständen. Insoweit kann also die Kenntnis von etwas kein \"Umstand\" sein. Sonst müßte der Schuldner von seiner eigenen Kenntniserlangung Kenntnis erlangen und das ergibt keinen Sinn.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #95 am: 09. August 2008, 11:23:26 »
@black, ich bin nicht sicher, ob \"Umstand\" ein zweifelsfrei definierter juristischer Begriff ist. Unter Umstand wird landläufig ein Sachverhalt verstanden. Wenn zum Zeitpunkt der Zahlung überhaupt keine Erkenntnis über den Rechtsgrund vorlag, sehe ich das als Bestandteil des Sachverhalts.

Meine zweifelnde Anmerkung zur juristischen Auslegung, betraf den Willen des Gesetzgebers in Gestalt der handelnden Volksvertreter. Da war mal die Rede vom Ziel der Vereinfachung und der Eindeutigkeit bei den Verjährungsregeln. Ich sehe gerade hier, dass das offensichtlich nicht so ganz gelungen ist.  Vermutlich wird die überwiegende Mehrheit eine solche  Auslegung von \"Umstand\" und \"Kenntnis\" als spitzfindig bezeichnen und nicht verstehen.

Unter Randnummer 6 (BGH, B. v. 19.03.2008 - III ZR 20/07) ist u.a. zu lesen:

Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).

Wenn die Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt ist, und der vermeindliche Schuldner unter der Annahme gezahlt hat, dass eine Rechtsgrund vorliegt  und der vom vermeindlichen Gläubiger so behauptet wurde, tritt die Verjährung nach Beginn der Frist in jedem Fall nach drei Jahren ein. So der Tenor. Ob das so gewollt war und wirklich alle so verstehen?

Das Fazit für die Betroffenen ist in jedem Fall, nicht warten, Anspruch sofort geltend machen: Rückforderung, Mahnbescheid, Anwalt, Klage.

Das würde ich bei einer bedeutenden Forderung auch noch so machen, auch wenn die Verjährung angeblich trotz Unkenntnis der rechtsgrundlosen Zahlung eingetreten ist. Die Randnummer 6 bringt mir dazu keine Klarheit.

Offline tangocharly

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #96 am: 12. August 2008, 19:22:14 »
@ nomos

Zitat
ich bin nicht sicher, ob \"Umstand\" ein zweifelsfrei definierter juristischer Begriff ist.

\"Umstand\" ist eine Determinante.

Ein Umstand ist bestimmend für das Handeln bzw. für ein Geschehen (\"der Umstand, dass ich zu schnell fuhr, führte zum Unfall\").
Eine Summe von Umständen bestimmt eine Situation (\"der Umstand, dass ich zu schnell fuhr, einen Unfall verursachte und den Führerschein verlor, führt dazu, dass ich jetzt laufen darf\").

In der Gesetzgebungstechnik wird der Begriff \"Umstand\" an vielen Stellen verwendet. Z.B. immer dann, wenn nach dem \"If-then-Prinzip\" eine Folge eintreten soll. Wenn Sie so wollen, eine Handlungsanweisung für den Rechtsanwender.

Was suchen die \"Umstände\" im § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ?

Beispiel: Wenn Ihnen am 31.12.2007 jemand auf\'s Auto gefahren und abgehauen wäre, dann entstünde der Anspruch am 31.12.2007 und die Verjährung würde (ohne § 199 Abs.1 Nr. 2 BGB) am 1.1.2008 begonnen haben. Damit dies so nicht ist, kommen die Umstände und deren Kenntnis ins Spiel. Wenn Sie nun am 31.12.2008, nach einem längeren Auslandsaufenthalt, zurückkehrten und vor Ihrem Schrotthaufen stünden, dann würde die Verjährung auch am 01.01.2009 nicht beginnen, weil Sie \"die Umstände\" nicht vollständig kennen würden, d.h. Typ und Marke des Verursacherfahrzeugs, Halter, Fahrer, etc. (die zuletzt genannten Fakten, sind in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausdrücklich aufgeführt !).

Auf den Energiefall bezogen muß man sich über die Kenntnis von Personen ja keine Gedanken machen, sondern nur über das Faktum des fehlenden Rechtsgrundes. Dieser Begriff an sich ist aber jetzt das Kriterium.

Und die Kenntnis dieses Faktums setzt aber schon, jedenfalls hierbei, ein spezifisches Wissen voraus. Dass dieses Wissen nicht vorausgesetzt werden kann, jedenfalls nicht beim Laien (als solcher darf sich der letztverbrauchende Gaskunde bezeichnen), war für den III. Senat sicher geläufig.

Deshalb  kann es für die Verjährungsproblematik auch für den Verbraucher eng werden, wenn sich eine entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung in der Tagespresse publiziert hat und zum Allgemeingut zählt.
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Offline nomos

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #97 am: 13. August 2008, 10:28:47 »
Zitat
Original von tangocharly
.....
Deshalb  kann es für die Verjährungsproblematik auch für den Verbraucher eng werden, wenn sich eine entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung in der Tagespresse publiziert hat und zum Allgemeingut zählt.
    @tangocharly, Besten Dank für die ausführliche Erläuterung. Aus Verbrauchersicht bin ich über diese \"Richtungsentscheidung\" des III. Senats nicht glücklich. Verständlich dürfte sie für viele juristische Laien nicht sein.

    Sollte der Fall der Fälle eintreten und die Einrede der Verjährung bei einer Rückforderung gestellt werden, sehen Sie dann keinerlei Chancen sich dagegen zu wehren? Würden Sie wegen Aussichtslosigkeit davon abraten?

Offline RR-E-ft

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« Antwort #98 am: 13. August 2008, 11:46:33 »
@nomos

Der Anwalt wird darauf verweisen, dass die Verjährung des Rückforderungsanspruches regelmäßig mit Schluss des Jahres zu laufen begann, in dem der Rückforderungsanspruch fällig wurde und regelmäßig drei Jahre beträgt, für einen zeitlich weiter zurückliegend entstandenen Rückforderungsanspruch deshalb ein erhöhtes Risiko besteht, dass dieser verjährt sein kann und deshalb eine Klage auf entsprechende Erhebung der Verjährungseinrede im Prozess abgewiesen wird. Die Argumente dafür und dagegen, dass die betroffenen Ansprüche bereits verjährt sind, wird er mit dem Rechtssuchenden erörtern. Das gehört Übrigends alles zur Prüfung von Rückforderungsansprüchen durch den Rechtsanwalt dazu. Die Prüfung erstreckt sich indes nicht allein darauf.

Deshalb ist es halbwegs unsinnig, die Sache abstrakt diskutieren zu wollen.

So aufgeklärt kann und muss sich der Rechtssuchende selbst entscheiden, ob und in welchem Umfange er die Rückforderungsansprüche ggf. gerichtlich verfolgt. Auch ein Arzt kann nur über die Notwendigkeit einer Operation und die damit verbundenen Risiken aufklären. Die Entscheidung  dafür oder dagegen muss  der so aufgeklärte Patient selbst treffen.

Offline RR-E-ft

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Offline nomos

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« Antwort #100 am: 15. August 2008, 19:34:37 »
Zitat
Die Klägerin hat im übrigen vorgetragen, dass ihre sämtlichen Zahlungen auf von der Beklagten geforderte Netznutzungsentgelte unter Vorbehalt einer Überprüfung auf Angemessenheit gestanden hätten. Bei einer derartigen Sachlage ist von einer Kenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Tatsachen auszugehen. Die Kenntnis von der konkreten Höhe des Anspruchs ist nicht Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.
......
Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat in einer Entscheidung zu § 852 BGB a. F. ausnahmsweise im Rahmen der Notarhaftung einen Verjährungsbeginn wegen Rechtsunkenntnis als herausgeschoben in einem Fall angesehen, ......
    Möglicher Umkehrsschluss: Hätte die Klägerin nicht unter Vorbehalt gezahlt wäre die Sachlage eventuell eine andere ... und der Verjährungsbeginn \"herausgeschoben\".   Nichts ist unmöglich ......

Offline RR-E-ft

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« Antwort #101 am: 15. August 2008, 19:38:11 »
@nomos

Möglicherweise.

Aber dann hätte die Klägerin im Rückforderungsprozess nach vorbehaltloser Zahlung die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgrundlosigkeit der Zahlung, sprich: die fehlende Billigkeit der Entgeltbestimmung, getragen....

In jedem Falle macht es sich nicht bezahlt, mit der Prüfung möglicher Ansprüche noch zuzuwarten, weil die Verjährung zu besorgen steht. Das gilt jedenfalls seit der Entscheidung des BGH zur Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in einem Erdgas- Sondervertrag. Für Preisanpassungsklauseln in Strom- Sonderverträgen kann nichts anderes gelten.

Offline nomos

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« Antwort #102 am: 15. August 2008, 19:59:36 »
Zitat
Original von RR-E-ft
In jedem Falle macht es sich nicht bezahlt, mit der Prüfung möglicher Ansprüche noch zuzuwarten, weil die Verjährung zu besorgen steht.
    @RR-E-ft, d\'accord!

Auch das ist ein kleiner Lichtblick:

Zitat
RN 50:
Eine verbindliche Fixierung der regulierungsbehördlich gestatteten Netznutzungsnutzungsentgelte erfolgt im Verhältnis Netznutzer – Netzbetreiber erst durch dessen unternehmerische Entscheidung. Diese ihm überlassene Umsetzung ist – wie der Senat schon in dem in Bezug genommenen Beschluss zum Ausdruck gebracht hat – ein Vorgehen nach § 315 Abs. 1 BGB, das daher grundsätzlich der Billigkeitskontrolle unterliegt. Dass dabei der regulierungsbehördlichen Gestattung eine Indizfunktion hinsichtlich der Billigkeit zukommen mag, ändert daran nichts, sondern führt allenfalls zu hohen Anforderungen an die Substantiierungslast des Netznutzers (s.a. Büdenbender/Rosin, Energierechtsreform 2005, S. 230).
Vielen Mahnschreiben von Stadtwerken liegt  \"Wirtschaftsprüfergutachten\" bei oder es wird darauf verwiesen und damit soll die Billigkeit der Preise bereits festgestellt sein. Das Urteil zeigt auf, dass die tatsächliche Belegung der Billigkeit durch die Energieversorger erfolgen muß und nicht erkauft oder per Verweis oder sonstwie umgangen werden kann. [/list]PS: \"Netznutzungsnutzungsentgelte\"  steht wirklich so im Beschluss.
Offensichtlich sind die Entgelte immer noch zu hoch - halt noch verdoppelt  ;)

Offline RR-E-ft

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« Antwort #103 am: 15. August 2008, 20:06:58 »
@nomos

Nicht alles in einem Topf werfen.

Eine von der Partei vorgelegte  Wirtschaftsprüferbescheinigung ist im Zivilprozess kein taugliches Beweismittel, allenfalls substantiierter Sachvortrag einer Partei. Das OLG Düsseldorf bezieht sich in der genannten Entscheidung auf eine mögliche Indizwirkung einer Genehmigung der Regulierungsbehörde für die Billigkeit der Netzentgelte, weil ja die Genehmigung erst nach Prüfung durch die Behörde erteilt wird, indes eine Höchstpreisgenehmigung darstellt. Es verhält sich ähnlich wie mit der möglichen Indizwirkung einer Strompreisgenehmigung nach § 12 BTOElt für die Billigkeit eines einseitig festgesetzten Stromtarifs gem. § 4 AVBEltV. Das ist an dieser Stelle nicht weiter zu vertiefen.

Offline tangocharly

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Sondervertragskunden/Rückforder./Sch.ersatz/Verjährung
« Antwort #104 am: 16. August 2008, 15:32:53 »
Der Rückzug auf eine Wirtschaftsprüferbescheinigung funktioniert bei Gericht nur, wenn der Inhalt der WPB nicht bestritten wurde. Dann handelt es sich um unstreitigen Sachverhalt, den der Richter, soweit entscheidungserheblich, ungeprüft seiner Entscheidung zu Grunde legen darf.

Verfehlt ist es, wenn der Richter in sein Urteil pinselt, \"bewiesen durch Testat des WP xyz\". Dann handelt es sich dabei um eine \"Selbstverleumdung\", denn der Richter will damit Glauben machen, er hätte einen Beweiseinzug vorgenommen, indem er über die Beweisfrage, nämlich das was die Parteien, gestützt auf die WBP streitig abhandeln, Beweise geprüft und festgestellt habe.

Keinen Beweiseinzug stellt es dar, wenn der Richter, ohne auf Beweise angewiesen zu sein, eine Streitfrage aus \"eigener Sachkunde\" beurteilen kann. Damit darf der Richter aber wiederum keine Wundertüte aufmachen, sondern er ist auf der Grundlage der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gezwungen, genauestens darzulegen, warum er die Streitfrage aus eigener Sachkenntnis beantworten kann und woraus er diese, seine eigene Sachkenntnis bezogen hat. (Da der Richter aber während seines Studiums gerade mal den Grundschein für BWL im ersten Semester absolviert hat, kommt er, wenn er nicht gerade parallel zu seinem Studium eine Banklehre machte, kaum über diese Hürde, wenn es um Preiskalkulationen über Gaspreise geht).

Die Verwertung von schriftlichen Gutachten ist gem. § 411a ZPO geregelt. Die Bestimmung sieht eine Verwertung als \"Urkundenbeweis\" vor, wenn schriftliche Gutachten in einem anderen Verfahren erstellt wurden. Dies hat der BGH am 23.04.2002 - Az.: VI ZR 180/01 und am 06.05.2008 - Az.: VI ZR 250/07 klargestellt.

Das aus eigener Initiative erstellte \"Privatgutachten\" (oder was es auch immer sein soll), ist aber nicht \"in einem Verfahren\" entstanden (geschweige denn von etwaigen Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung von relevanten Beweisfragen).
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