@tangocharly
Voraussetzung für Vergleichsmarkt wäre überhaupt, dass tatsächlich der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle unterliegt, also etwa dann, wenn der Versorger eine Monopolstellung einnimmt, das Berfungsgericht eine solche festgestellt hatte, der BGH als Revisionsinstanz an diese Feststellung gebunden ist (BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06 Rn. 35). Unterliegt der Gesamtpreis aber der gerichtlichen Billigkeitskontrolle, so kann man sich diesem gegenüber auch auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04 , NJW 2005, 2919).
Der Kartellsenat hat im Urteil vom 29.04.2008 - KZR 2/07 zutreffend gefolgert, dass bei einem gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht gegenüber Tarifkunden aus der unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB auch eine Verpflichtung besteht, die Entgelte abzusenken, wenn dies für die Kunden günstig ist. Damit müsse auf die Kostenentwicklung des Versorgers reagiert werden. Demnach kann m. E. der angemssene Tarifpreis nur das Ergebnis der konkreten Kostenkalkulation des Unternehmens sein (ähnlich BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 - Netzentgelte I und Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06 - Netzentgelte III sowie BGH, Urt. v. 18.10.2007 - III ZR 277/06 - Landeentgelte).
In seinem Urteil vom 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 (NJW-RR 1992, 183) wurde das Vergleichsmarktprinzip bei der Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Energiepreisen mit Rücksicht auf § 1 EnWG zutreffend ausdrücklich abgelehnt, anders noch zuvor BGH, Urt. v. 16.06.1971 (MDR 1971, 908 - Stromlieferung).
Kürzt man zuviel, besteht die Gefahr des teilweisen Unterliegens deshalb. Andererseits ist die Entscheidung wegen des höheren Gegenstandswerts der Klage eher berufungsfähig. Geht der Streit nämlich nur um einen Betrag unter 600 € ist nach der ersten Instanz regelmäßig Schluss. Gerade wenn der Streit nur um Kleinbeträge geht, ist das Ergebnis hinsichtlich der Kostentragungspflicht wegen der verhältnismäßig hohen Prozesskosten besonders bitter. Da nützt es dann nichts, wenn man davon überzeugt ist, das Gericht habe nicht zutreffend geprüft, eben weil die Entscheidung nicht berufungsfähig ist.
Selbstredend muss jeder, der nach Unbilligkeitseinrede Rechnungsbeträge kürzt, entsprechende Rücklagen für den Fall bilden, dass sich die gerichtlich zu kontrollierende einseitige Entgeltfestsetzung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB - auf welchem Wege auch immer - dabei als billig erweist. In diesem Fall war das einseitig festgesetzte Entgelt von Anfang an verbindlich und fällig, was jedoch erst durch entsprechende gerichtliche Entscheidung festgestellt werden kann (vgl. BGH Urt. v. 05.07.2005, aaO.).
Wichtig ist, dass nicht alle Energiepreise der Billigkeitskontrolle unterliegen. Selbst aus einer marktbeherrschenden Stellung eines Gasversorgers folgt kein Recht zur einseitigen Entgeltneufestsetzung gegenüber Kunden, die aufgrund von Sonderabkommen beliefert werden (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07).
@berghaus
Es ist nicht ersichtlich, was Sie davon abhalten könnte, Ihren ganz konkreten Fall durch einen Anwalt prüfen zu lassen, sich das Ergebnis dieser Prüfung verständlich erklären zu lassen und sich dadurch die entsprechenden Kenntnisse zu verschaffen. Dafür ist es ohne Belang, ob Sie - warum auch immer - erst seit 2006 dafür Veranlassung sehen sollten...