Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

§315 BGB und die Grundversorgung

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bolli:

--- Zitat von: RR-E-ft am 01. Februar 2017, 10:42:58 ---Mir ist nicht bekannt, dass der VIII. Zivilsenat bereits mit diesen Argumenten konfrontiert wurde, insbesondere mit den Ausführungen des Kartellsenats im genannten Beschluss v. 7.6.16 Az. KZR 12/15, juris Rn. 28 ff..
--- Ende Zitat ---
Es kann ja sein, dass ich da auf der falschen Fährte bin, aber ich habe meine Zweifel, ob die in dem Verfahren gestellten Fragen für die (bisherige) Problemstellung des VIII. Senats von Bedeutung sind, denn der VIII. Senat bezweifelt ja nicht die generelle Anwendbarkeit des § 315 BGB sondern hat lediglich festgestellt, dass es sich bei dem Preissockel zu Vertragsbeginn um einen vereinbarten Preis handelt und dieser insofern nicht mit dem Billigkeitseinwand angegriffen werden kann. Gegen die folgenden Preisanpassungen (mittels einseitiger Leistungsbestimmung) lässt er dann den Billigkeitseinwand ja wieder zu. 


--- Zitat von: RR-E-ft am 01. Februar 2017, 10:42:58 ---Auch wenn man die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises vertritt, bleibt das Problem, dass der EuGH höhere Anforderungen an eine Preisänderungsregelung stellt, der eine einfache einseitige Leistungsbestimmung nicht genügen kann.
--- Ende Zitat ---
Fettformatierung durch @bolli

Damit würde man aber die ursprüngliche Problematik des Preissockels immer noch nicht beantworten sondern nur die Anwendbarkeit des § 315 BGB aushebeln. Welche Grundlage der VIII. Senat dann aus der Kiste zaubert, bzw. wie er dann zu beantwortende Fragen bewertet bliebe abzuwarten


--- Zitat von: RR-E-ft am 01. Februar 2017, 11:08:57 ---In dem von mir vertretenen und berichteten aktuellen Fall LG Gera Az. 1 S 216/14 ist bei den Stadtwerken selbst die Erkenntnis gereift, dass sie die vom BGH verlangten Darlegungen im Verfahren nicht leisten können und wollen und deshalb beser den Klageverzicht erklären. So war es in der Berufungserwiderung zu lesen.

--- Ende Zitat ---
Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es in dem Verfahren NUR um Preiserhöhungen seit 2004 ging und der Preissockel (Preis zu Vertragsbeginn bei der Grundversorgung) keine Rolle in dem Verfahren spielte ? Gleichwohl auch das natürlich ein schöner Erfolg ist, zumal in so einem Fall natürlich ein großer Teil des heutigen Preises davon betroffen sein dürfte. Nur hilft dieses eben heutigen neuen Kunden in der GV nicht weiter, da sie die früheren Preisanpassungen als Preissockel wie Mühlsteine um den Hals tragen.

RR-E-ft:
@h.terbeck

Warum eröffnen Sie diesen Thread mit der Fragestellung, wenn Sie alles bereits per PM er- und geklärt haben wollen? 

Welche Begründung enthielt denn nun der Zurückweisungsbeschluss gem. § 522 ZPO, wenn es einen solchen gegeben haben soll?

Es käme hauptsächlich darauf an, ob Tatsachenvortrag und Beweisangebote bzw. Bestreiten rechtzeitig in der ersten Instanz erfolgten, weil diese in der Berufung regelmäßig schon verspätet sind.

Dann kam es sicher auf die Angriffe gegen die erstinstanzliche Entscheidung  in der Berufungsbegründung an.

Das Gericht kennt das Gesetz und die Rechtslage (iura novit curia/ da mihi factum, dabo tibi ius), weshalb rechtliche Ausführungen eigentlich nie verspätet sind und auch noch in einer Stellungnahme auf den Hinweis der beabsichtigten Zurückweisung im Beschlusswege gem. § 522 ZPO angebracht werden konnten.



*********

Nach Auffassung des Bundeskartellamtes nehmen Grundversorger in ihrer Funktion als Grundversorger eine Monopolstellung im jeweiligen Netzgebiet ein.

Der VIII.Zivilsenat des BGH hat die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises neuerdings  auch bei einer Monopolstellung des Versorgers mit dem Argument abgelehnt, es würde sich dabei gegen den Willen des Gesetzgebers um eine staatliche Preisregulierung handeln.

Die Billigkeitskontrolle einseitig festgesetzter Entgelte ist keine staatliche Preisregulierung sagt hingegen der Kartellsenat des BGH in seinem zitierten Beschluss vom 7.6.16 Az. KZR 12/15, juris Rn. 28 ff..

Es käme also darauf an, was daraus folgt, dass der Grundversorger im Bereich der Grundversorgung eine Monopolstellung einnimmt und die gerichtliche Billigkeitskontrolle der von ihm festgesetzten Entgelte keine staatliche Preisregulierung darstellt. In diesem Fall lässt sich die Billigkeitskontrolle des Gesamtpreises mit der gegebenen Begründung wohl nicht mehr ablehnen.

Damit dies zum Tragen kommen kann, sollte man den Gesamtpreis bestehend aus Grund- und Arbeitspreis so frühzeitig wie möglich als unbillig rügen. Den sog. Preissockel sollte man hiernach nur unter Vorbehalt zahlen, so dass die Darelgungs- und Beweislast für die Billigkeit insgesamt beim Versorger verbleibt.   

Black:

--- Zitat von: h.terbeck am 02. Februar 2017, 07:58:23 ---
Fakt ist, dass der sog. Fachanwalt in seiner Berufungsbegründung zum Thema Grundversorgung Strom mit keinem Wort auf den § 315 BGB eingegangen ist, obwohl er mit offensichtlichem Brustton der Überzeugung darauf zuvor noch hingewiesen und auch mit Stolz verkündet hatte, dass dies in meinem Falle zweifelsfrei Bestand habe.
Gleiches gilt für die Argumentation des Zuganges des zweiten Schreibens.  Auch dies fand keine Erwähnung in seiner Berufungsschrift, die -und ich wiederhole es hier noch einmal- von ihm augenscheinlich im Rausch anderer Tätigkeiten nebenher und schlampig verfasst und dem LG zugeleitet wurde.

--- Ende Zitat ---

Da es sich um eine Berufung handelt, wurde offenbar schon eine erste Instanz verloren. Wer hat denn das Verfahren in der 1. Instanz geführt? Hier bestand ja offenbar schon die Möglichkeit umfassend vorzutragen.

Eine Anwaltshaftung würde nur dann in Betracht kommen, wenn Sie belegen können, dass der Anwalt erstens einen Fehler begangen hat und - was noch wichtiger ist - dass Sie das Verfahren ohne diesen Anwaltsfehler tatsächlich gewonnen hätten.

Dass ein Anwalt Schriftsätze einreicht, die er nicht mit seinem Mandanten abstimmt ist erst einmal ein Fall von schlechter Kommunikation, da der Mandant dann gar nicht weiss, warum der Anwalt bestimmte Dinge schreibt oder nicht schreibt. Andererseits ist ein Anwalt nicht verpflichtet seine Schriftsätze vom Mandanten "abnehmen" zu lassen oder auf Anweisung des Mandanten zu schreiben. Der Anwalt ist hier nicht weisungsgebunden.

Erdferkel:

--- Zitat von: Black am 02. Februar 2017, 12:17:35 ---...ist ein Anwalt nicht verpflichtet seine Schriftsätze vom Mandanten "abnehmen" zu lassen oder auf Anweisung des Mandanten zu schreiben. Der Anwalt ist hier nicht weisungsgebunden.

--- Ende Zitat ---
Und dafür hat man doch eine Vollmacht erteilt...? Ohne macht mein Anwalt wenig.

userD0010:
@Erdferkel
Man erteilt (s)einem Anwalt doch wohl die Vollmacht, ihn (seinen Mandanten) nach bestem Wissen und Gewissen fachlich qualifiziert zu beraten bzw. zu vertreten. Da dürfte man doch wohl erwarten, dass der Anwalt diesem Grundsatz folgt und nicht (offenbar so nebenher) irgendetwas zu Papier bringt, das diametral den Interessen seines Mandanten entgegenläuft.  Und wenn der Anwalt seine Aufgabe ernst nimmt (undeigentlich kein Zeitdruck besteht) sollte man ihm unterstellen können/dürfen, dass er seine schriftlichen Gedankengänge, die er in seiner vermeintlichen Berufungsschrift formuliert hat, seinem Mandanten zum aufmerksamen Lesen per e-Mail zukommen lässt und ggf. bittet, in einem bestimmten Zeitraum Stellung zu beziehen oder mit Stillschweigen seine Zustimmung abgibt. So zumindest würde ich die ethischen Grundsätze dieser Profession erwarten dürfen.

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