Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

§315 BGB und die Grundversorgung

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Black:

--- Zitat von: h.terbeck am 27. Januar 2017, 16:24:57 ---
5,  Es gab auch keinen Gerichtstermin, sondern einen Beschluss des Gerichts, der erst sechs Wochen nach seiner Geburt verlautbart wurde.


--- Ende Zitat ---

War das ein Beschluss, mit dem Ihre Berufung nach § 522 ZPO vom Gericht verworfen wurde?

userD0010:
@Black
Ja, ein Beschluss

berghaus:
...
 
§ 522 Zivilprozessordnung
     
Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
1.   die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.  ...
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

War es so?
Worin bestand den nun die Anwaltsschlamperei?

Und was hätte man tun können, um dem Gericht deutlich zu machen, dass es (zunächst) gar nicht um den § 315 BGB ging, sondern um einen Sondervertrag von 1990 und die Frage, ob der Zugang eines zweiten Widerspruchsschreibens in einem Umschlag dadurch zu beweisen war, dass die Gegenseite in ihrem Antwortschreiben Worte gewählt hatte, die den Schluss zuließen, dass auch das zweite Schreiben eingegangen war.

berghaus 01.02.17

RR-E-ft:
Hier wurde vom Thread- Eröffner wohl incident  die Frage aufgeworfen, inwieweit § 315 BGB in einem Zahlungsklageverfahren nach Preiswiderspruch eines Kunden Relevanz hat. Denn nur wenn der Norm im Streitfall überhaupt Relevanz zukommt, bedarf es einer Auseinandersetzung mit dieser im Rahmen der Verteidigung gegen eine Zahlungklage des Versorgers.

Dabei ist zu unterscheiden:

1.

Bei einem Sondervertragskunden hat § 315 BGB in der Regel keine Relevanz, wenn nicht ausdrücklich (und ggf. AGB-rechtlich wirksam) vereinbart wurde, dass der Lieferant den Preis nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen soll.

2.

Bei Tarifkunden außerhalb der Grundversorgung (Nicht- Hauhaltskunden) findet laut BGH die Billigkeitskontrolle auf eine einseitige Preisänderung Anwendung, wenn dieser rechtzeitig widersprochen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 24.2.16 Az. VIII ZR 216/12).

3.

Bei grundversorgten Haushaltskunden wendet der VIII. Zivilsenat des BGH jedenfalls für Preisänderungen in der  Zeit vom 01.07.04 bis zur Neuregelung des § 5 GVV zum 30.10.14 wegen der Entscheidung des EuGH anstelle der Billigkeitskontrolle seine umstrittene ergänzende Vertragsauslegung an (vgl. BGH, Urt. v. 06.04.16 Az. VIII ZR 324/12).

4.

Für Preisänderungen auf der Grundlage von § 5 GVV in der seit 30.1014 gültigen Fassung wird wohl wieder die Billigkeitskontrolle auf die Preisänderung angewendet, wenn der Preisänderung rechtzeitig wiedersprochen wurde.

Voraussetzung ist, dass die Preisänderungsregelung in § 5 GVV 2014 den Anforderungen genügt, die sich laut EuGH aus den EU- Richtlinien ergeben, weil es andernfalls weiter an einer wirksamen gesetzlichen Regelung über Preisänderungen fehlt....

Warum das für grundversorgte Kunden keine praktische Relevanz mehr haben soll, ist nicht ersichtlich.

Gerade für Menschen, denen nur die Möglichkeit der Grundversorgung bleibt, weil andere Lieferanten sie ablehnen, hat die Frage doch große Relevanz.

Kunden, welche Preisänderungen widersprochen haben und sich deshalb im Streit mit ihrem Energielieferanten befinden, können wegen dieses Streits nach einer erfolglosen Verbraucherbeschwerde gem. § 111a EnWG  auch die Schlichtungsstelle Energie anrufen. Solche Schlichtungsverfahren sind für Verbraucher kostengünstig.

=====

Wenn es einen Zurückweisungsbeschluss gem. § 522 ZPO gab, sollte sich schon aus dem vorherigen Hinweis eine Begründung ergeben haben.

Eine Berufung hat zum Beispiel dann offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, wenn sie unzulässig ist, weil sie nicht innerhalb der Notfrist von einem Monat eingelegt wurde oder wenn sie nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet wurde.

Grund für eine solche Fristversäumung kann auch ein Stromausfall sein (etwa bei sog. Mitternachts- Fax).

Nicht jede Fristversäumung ist vom Anwalt verschuldet und muss sich die vertretene Partei deshalb zurechnen lassen. Dann kommt es auf einen rechtzeitigen Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der Notfrist von zwei Wochen an. 
   

userD0010:
@berghaus   @RR-E-ft
"Worin bestand den nun die Anwaltsschlamperei?"
"Und was hätte man tun können, um dem Gericht deutlich zu machen, dass es (zunächst) gar nicht um den § 315 BGB ging, sondern um einen Sondervertrag von 1990 und die Frage, ob der Zugang eines zweiten Widerspruchsschreibens in einem Umschlag dadurch zu beweisen war, dass die Gegenseite in ihrem Antwortschreiben Worte gewählt hatte, die den Schluss zuließen, dass auch das zweite Schreiben eingegangen war."

Diese hier und jetzt gestellten Fragen erhielten doch wohl -hoffentlich erinnerlich- ausführlich und umfassend Stellungnahmen und Antworten in unseren PM´s vom 22. bis 24. Aug. 2016, so dass eine erneute Beantwortung außerhalb des privaten Mail-Verkehrs entbehrlich sein dürfte.
Fakt ist, dass der sog. Fachanwalt in seiner Berufungsbegründung zum Thema Grundversorgung Strom mit keinem Wort auf den § 315 BGB eingegangen ist, obwohl er mit offensichtlichem Brustton der Überzeugung darauf zuvor noch hingewiesen und auch mit Stolz verkündet hatte, dass dies in meinem Falle zweifelsfrei Bestand habe.
Gleiches gilt für die Argumentation des Zuganges des zweiten Schreibens.  Auch dies fand keine Erwähnung in seiner Berufungsschrift, die -und ich wiederhole es hier noch einmal- von ihm augenscheinlich im Rausch anderer Tätigkeiten nebenher und schlampig verfasst und dem LG zugeleitet wurde. Meine Kopie zur gfl. Kenntnisnahme erhielt ich mehrere Tage später per Mail und auch meine an den Fachanwalt gerichtete Stellungnahme mit deutlich lesbaren Hinweisen auf die tatsächlichen Sachverhalte nebst Beweismitteln blieb unbeantwortet.  Was also sollte noch getan werden?
Seine Reaktion bestand lediglich darin, mich für den Fall der weiteren Bearbeitung zu einer Vorschuss-Zahlung von 1 TSD Euro zu "nötigen".

Wie anders als mit dem Begriff der Anwaltsschlamperei ist denn wohl Vorgefallenes darzustellen, wo Sie doch das von mir Geschilderte als "UNGLAUBLICH" definiert haben?

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