Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11
userD0003:
--- Zitat ---Original von berghaus
Das heißt also, zum Berechnen der (noch nicht verjährten) Rückforderungen oder der bei zu hohen Einbehaltungen möglichen (noch nicht verjährten) Nachforderungen des Versorgers nimmt man den Preis, der 3 Jahre vor dem ersten Widerspruch galt.
--- Ende Zitat ---
NEIN, den Preis nicht! Bei einem Sondervertrag, in den wirksam (gem. § 305 BGB) eine unwirksame (gem. § 307 BGB) Preisänderungsklausel einbezogen wurde, prüft Mann oder Frau, welche Rechnungen innerhalb der drei Jahre vor dem ersten Widerspruch zugegangen sind. Für alle Preiserhöhungen, die ab Beginn des Abrechnungszeitraums der ältesten dieser Rechnungen erstmalig zur Abrechnung gestellt wurden, kann man deren Unwirksamkeit geltend machen.
Zu den Auswirkungen von Preissenkungen siehe das Beispiel von @courage vom 25.04.12 und den ergänzenden Kommentar von @RR-E-ft.
edit: Ich hoffe, dass ich mit meinem so bezeichneten \"Anfangspreis\" nicht zu Missverständnissen beigetragen habe. :(
berghaus:
@h‘berger
Ich sehe ein, dass ich in meinem Beitrag den richtigen Zeitpunkt für die Ermittlung des Preises , der nach erstem Widerspruch den Berechnungen zugrunde zu legen ist, noch nicht gefunden hatte.
Verleitet wurde ich durch Aussage von RR-E-ft am 24.04.12:
--- Zitat --- Ein Widerspruch -…….- umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.
--- Ende Zitat ---
Hier, glaube ich, spricht RR-E-ft von neuen Widersprüchen, die jetzt noch erhoben werden (können). Insofern müsste es bei ihm wohl heißen: „Ein Widerspruch sollte alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden, umfassen.
Uns ‚Altwidersprüchlern‘ geht es aber um die Widersprüche in früheren Jahren.
Hier ist wohl auch Ihre Aussage nicht richtig:
--- Zitat --- …………prüft Mann oder Frau, welche Rechnungen innerhalb der drei Jahre vor dem ersten Widerspruch zugegangen sind.
Für alle Preiserhöhungen, die ab Beginn des Abrechnungszeitraums der ältesten dieser Rechnungen erstmalig zur Abrechnung gestellt wurden, kann man deren Unwirksamkeit geltend machen.
--- Ende Zitat ---
Mit den Musterbriefen hat man z.B. 2006 in der Regel doch nur den Preiserhöhungen der letzten Abrechnungsperiode z.B. 25.Mai 2005 – 24.Mai 2006 (Jahresrechnung 20.Juni 2006) widersprochen und nicht auch den beiden vorhergehenden Jahresrechnungen und den darin enthaltenen Preiserhöhungen.
Dementsprechend müsste in meinem Beispiel der von mir gesuchte ‚Sondersockelpreis‘ der letzte Preis der Jahresrechnung vom Juni 2005 sein.
In Ihrem Beispiel wäre das, wie Kampfzwerg schon richtig erkannt und Sie auch befürchtet hatten, der 13.11.04.
Hier stellt sich mir noch die Frage, inwieweit der Widerspruch gegen die Preiserhöhung(en) in dem Widerspruchsschreiben erläutert werden muss(te).
Genügt die Aussage (aus dem Musterbrief 2006)
a) “ ….erhebe ich Widerspruch, weil die zugrunde gelegten Gaspreise als unbillig nach § 315 BGB anzusehen sind.“ - (Umfasst diese Aussage möglicherweise sogar sämtliche Preiserhöhungen früherer bzw. der letzten drei Jahre?)
b ) “Sollten Sie zu einer ein einseitigen Preiserhöhung berechtigt sein, bindet mich eine solche nicht…“
berghaus 27.04.12
RR-E-ft:
Ich meine, RR-E-ft spricht da generell von der Wirkung eines Widerspruches, egal wann dieser eingelegt wurde oder ob er erst noch eingelegt wird. ;)
Bei unwirksamer Preisänderungsklausel:
Für die Unwirksamkeit der einseitigen Preiserhöhung kommt es generell schon gar nicht erst auf einen Widerspruch an, sie ist per se unwirksam und bleibt es - jedenfalls zunächst - auch.
Jedoch soll sich der Kunde nach der neueren Lehre auf diese Unwirksamkeit einer Preiserhöhung nachträglich dann gleichwohl nicht mehr berufen können, wenn er eine Preiserhöhung zunächst vorbehaltlos bezahlt hatte und nicht innerhalb von drei Jahren nach Zugang derjenigen Rechnung, die diesen erhöhten Preis erstmals auswies, das Preisänderungsrecht oder die Billigkeit irgendeiner Preisänderung überhaupt nur irgendwie bestritten/ beanstandet hatte.
Ob die Preiserhöhung somit drei Jahre nach ihrer erstmaligen beanstandungslosen Bezahlung dabei (infolge der Unterlassung eines irgendwie gearteten Widerspruches) doch noch wirksam wird, kann offen bleiben. Jedenfalls soll sich der Kunde dann nicht mehr auf die Unwirksamkeit derselben berufen können.
Entscheidend soll sein, ob der Versorger Veranlassung hatte, eine Kündigung des Vertragsverhältnisses in Erwägung zu ziehen, weil der Kunde innerhalb von drei Jahren nach Zugang der Verbrauchsabrechnung, die den erhöhten Preis erstmals auswies, das Preisänderungsrecht oder eine Preisänderung durch Widerspruch in Frage stellte.
Deshalb kommt es entscheidend darauf an, wann irgendein Erstwiderspruch des Kunden beim Versorger zuging.
Der betroffene Kunde soll sich - aus genannten Gründen - (nur noch) auf die Unwirksamkeit aller einseitigen Preiserhöhungen berufen können, die innerhalb von drei Jahren vor diesem Tage erstmals mit einer Verbrauchsabrechnung zur Abrechnung gestellt wurden.
Das gesamte Anfangs- oder Sockelpreis- Kauderwelsch deshalb schnellstmöglich aus dem Gedächntnis streichen.
Vollkommen anders bei gesetzlich oder vertraglich wirksam eingeräumtem Leistungsbestimmungsbestimmungsrecht des Energieversorgers im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB:
Die einseitige Preiserhöhung ist nicht per se unwirksam, sondern für den betrofffenen Kunden nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Sie kann billig oder unbillig sein, was erst eine gerichtliche Prüfung ergeben muss, was zumindest eine Unbilligkeitseinrede des Kunden voraussetzt.
Der Kunde soll sich jedoch auf die Unverbindlichkeit dann nicht mehr berufen können, wenn er die Jahresverbrauchsabrechnung, die den erhöhten Preis erstmals auswies, nicht in angemessener Frist mit Unbilligkeitseinrede beanstandet hatte. Darauf, ob die Preiserhöhung der Billigkeit entsprach oder nicht, kommt es dann nicht mehr an, wenn sich der betroffene Kunde aus genannten Gründen nicht mehr gem. § 315 Abs. 3 BGB auf deren Unverbindlichkeit berufen kann bzw. können soll.
userD0003:
@RR-E-ft, da Sie bereits unterschiedliche Sachverhalte abhandeln:
Was ist bei einer nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklausel (hier hatte der Versorger doch Veranlassung, eine Vertragskündigung in Erwägung zu ziehen) ?
Kann sich der Kunde in diesem Fall nachträglich auf die Unwirksamkeit aller Preiserhöhungen berufen und somit den bei Vertragsbeginn vereinbarten Preis geltend machen ?
RR-E-ft:
Die Urteile vom 14.03.12 betreffen nur solche Fälle, bei denen eine unwirksame Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde !!!
Ebenso wie im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln sind auch im Fall nicht wirksam einbezogener Preisänderungsklauseln einseitige Preiserhöhungen per se unwirksam.
Anders als bei der Einbeziehung einer unwirksamen Preisänderungsklausel kommt dabei jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung mit der Begründung aus den Urteilen vom 14.03.12 (vgl. BGH Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11, juris Rn. 20) nicht in Betracht. Bei nicht wirksam einbezogenen Preisänderungsklauseln kann also mit der gegebenen Begründung nicht davon ausgegangen werden, dass der Kunde innerhalb von drei Jahren irgendwie Widerspruch einlegen muss, um sich noch auf die Unwirksamkeit berufen zu können.
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