Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11

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userD0003:

--- Zitat ---Auszug aus den Urteilen
... dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
--- Ende Zitat ---
Wie sind die beiden Urteile in der Praxis anzuwenden ???

1. Die praktische Anwendung der Urteile ist für Sonderkunden, die noch keinen Widerspruch eingelegt hatten und immer vollständig zahlten, wohl relativ klar:


--- Zitat ---Original von RR-E-ft
... können demnach heute (am 13.04.12) nur noch die Unwirksamkeit desjenigen Preises geltend machen, der in einer am 13.04.09 zugegangenen Verbrauchsabrechnung erstmals zur Abrechnung gestellt wurde, wofür der wirksame Zugang eines entsprechenden Widerspruches beim Versorger am heutigen Tage notwendig sei.
--- Ende Zitat ---
2. Die praktischen Auswirkungen der Urteile für zurückliegende Widersprüche ist mir hingegen NICHT klar – dazu ein Praxis-Beispiel aus meinem Bekanntenkreis
(den jeweils maßgeblichen Zugangszeitpunkt der Rechnung beim Verbraucher und des Widerspruchs beim Versorger hier aus Vereinfachungsgründen ausgeklammert):

Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
und am 30.11.2007 wurde erstmalig gemäß § 307 BGB der Wirksamkeit der Preisänderungsklausel (und damit faktisch allen Preiserhöhungen?) widersprochen.

Ist dieser Widerspruch wirksam
a) für alle Rechnungen, die nach dem 02.01.2003 zugegangen sind und damit für alle Preiserhöhungen, die erstmalig in diesen Rechnungen berücksichtigt wurden ?
b) ausschließlich nur für die explizit widersprochene Preiserhöhung ab 01.01.2005 ?
c) würde a) zutreffen, wenn allen bisherigen Preiserhöhungen gem. § 315 BGB widersprochen worden wäre ?
d) würde a) zutreffen, wenn von Beginn an gem. § 307 BGB (Unwirksamkeit der Preisklausel) widersprochen worden wäre ?
e) Wirkt zumindest der Widerspruch gem. § 307 BGB vom 30.11.2007 die 3 Jahre (auf den 30.11.2004) zurück ?
Oder ergeben sich womöglich noch ganz andere Auswirkungen/Fallkonstellationen ?

3. Wie soll man jetzt vorgehen
a) künftige Kürzungen doch wohl nur noch in Höhe des im Rahmen der BGH-Urteile zulässigen?
b) alle zurückliegenden zu hohen Kürzungen (auf den Anfangspreis 19**) von sich aus korrigieren?
c) wie b), aber nur die (möglichen) Forderungen des Versorgers, die noch nicht verjährt sind?
Oder zunächst eine Reaktion des Versorgers abwarten? Wenn die kommt, wie dann reagieren?

Fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten, wären sicherlich auch für ähnlich Betroffene sehr hilfreich.  :]

Kampfzwerg:
...wenn`s auch kompliziert geht ?



--- Zitat ---Fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten, wären sicherlich auch für ähnlich Betroffene sehr hilfreich.
--- Ende Zitat ---
Bitte definieren Sie \"fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten\".  :D
Ich persönlich halte ja derartig einschränkende Sätze für eher kontraproduktiv, hoffe aber trotz dieser Äußerung, dass meine Meinung dennoch willkommen ist.  ;)


Zu 2.
Ein Widerspruch gilt grundsätzlich nur ab dem Zeitpunkt des Widerspruchs mit Wirkung auf die Zukunft bzw. auf die aktuelle JRG, und nicht rückwirkend für die Vergangenheit.
Es gibt nämlich schlicht keinen \"Einwand gemäß § 307 BGB\"!
Diese Möglichkeit als solches existiert schon ganz einfach nicht.
Der erstmalige Widerspruch/Einwand erfolgt immer gemäß § 315 BGB, in Verbindung mit der Forderung des Nachweises zu der Berechtigung einer Preiserhöhung!
Damit ist sowohl der Bereich Tarifkunden als auch Sondervertragskunden zunächst und vorläufig erst einmal abgedeckt.

Entsprechend gilt:
a.) Nein.
demnach für
b.) eingeschränkt: Ja.
Denn inkludiert wären nach Ihrem Beispiel auch Preisänderungen ab 13.11.04!
c.) Nein. Es sei denn denn, der Widerspruch erfolgte innerhalb von 3 J. nach der ersten Preisänderung.
d.) Nein. Es gibt keinen Einwand nach § 307, s. o.
e.) s. d.) und oben

Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)

userD0003:

--- Zitat ---Original von Kampfzwerg
Bitte definieren Sie \"fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten\".  :D
--- Ende Zitat ---

Man kann auch missverstehen wollen ...  ;) Als Einschränkung sehe ich das nicht, eher als ein Aufruf ... :D Selbstverständlich ist IHRE Meinung willkommen!


--- Zitat ---Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
--- Ende Zitat ---
Das befürchte ich fast auch, bin aber noch nicht ganz überzeugt und nehme gerne weitere Meinungen entgegen.


--- Zitat ---Auszug aus den Urteilen
... dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
--- Ende Zitat ---
Hat auch nur ein Verbraucher mit dem ersten Widerspruch zugleich auch die Preiserhöhungen beanstandet, welche in Rechnungen, die in den drei Jahren zuvor zugegangenen waren, erstmals berücksichtigt worden sind ?

Im Ergebnis würde das bedeuten, dass für noch weniger Preiserhöhungen die Unwirksamkeit geltend gemacht werden könnte und der BGH den Verbrauchern ein noch größeres Ei ins Nest gelegt hätte, als auf den ersten Blick ersichtlich !

RR-E-ft:
Ein Widerspruch -  dessen es ohne die ergänzende Vertragsauslegung schon nicht bedürfen würde -  umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.

Auf die Unwirksamkeit davor liegender (länger als drei Jahre zurück liegender) einseitiger Preiserhöhungen, die bisher vom Kunden unbeanstandet geblieben waren und zu denen bisher von den Parteien ein (auf höherem Niveau liegendes) Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung schon praktiziert wurde, soll sich der Kunde nicht mehr berufen können.

Wurde erst einmal  ein Widerspruch erhoben, soll es weiterer Widersprüche nicht unbedingt bedürfen.

userD0003:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Ein Widerspruch -  dessen es ohne die ergänzende Vertragsauslegung schon nicht bedürfen würde -  umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.

Auf die Unwirksamkeit davor liegender (länger als drei Jahre zurück liegender) einseitiger Preiserhöhungen, die bisher vom Kunden unbeanstandet geblieben waren und zu denen bisher von den Parteien ein (auf höherem Niveau liegendes) Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung schon praktiziert wurde, soll sich der Kunde nicht mehr berufen können.

Wurde erst einmal  ein Widerspruch erhoben, soll es weiterer Widersprüche nicht unbedingt bedürfen.
--- Ende Zitat ---
?( Das heißt, für die Nicht-Juristen übersetzt  ;), bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006):
Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen
= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte) ?

edit: Falls kein Widerspruch kommt, gehe ich davon aus, dass meine \"Übersetzung\" korrekt ist!

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