Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Anwendung der BGH-Urteile vom 14.03.2012 - VIII ZR 93/11 und VIII ZR 113/11  (Gelesen 30730 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline userD0003

  • Gelöschte User
  • Forenmitglied
  • Beiträge: 527
  • Karma: +0/-0
Zitat
Auszug aus den Urteilen
... dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
Wie sind die beiden Urteile in der Praxis anzuwenden ???

1. Die praktische Anwendung der Urteile ist für Sonderkunden, die noch keinen Widerspruch eingelegt hatten und immer vollständig zahlten, wohl relativ klar:

Zitat
Original von RR-E-ft
... können demnach heute (am 13.04.12) nur noch die Unwirksamkeit desjenigen Preises geltend machen, der in einer am 13.04.09 zugegangenen Verbrauchsabrechnung erstmals zur Abrechnung gestellt wurde, wofür der wirksame Zugang eines entsprechenden Widerspruches beim Versorger am heutigen Tage notwendig sei.
2. Die praktischen Auswirkungen der Urteile für zurückliegende Widersprüche ist mir hingegen NICHT klar – dazu ein Praxis-Beispiel aus meinem Bekanntenkreis
(den jeweils maßgeblichen Zugangszeitpunkt der Rechnung beim Verbraucher und des Widerspruchs beim Versorger hier aus Vereinfachungsgründen ausgeklammert):

Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
und am 30.11.2007 wurde erstmalig gemäß § 307 BGB der Wirksamkeit der Preisänderungsklausel (und damit faktisch allen Preiserhöhungen?) widersprochen.

Ist dieser Widerspruch wirksam
a) für alle Rechnungen, die nach dem 02.01.2003 zugegangen sind und damit für alle Preiserhöhungen, die erstmalig in diesen Rechnungen berücksichtigt wurden ?
b) ausschließlich nur für die explizit widersprochene Preiserhöhung ab 01.01.2005 ?
c) würde a) zutreffen, wenn allen bisherigen Preiserhöhungen gem. § 315 BGB widersprochen worden wäre ?
d) würde a) zutreffen, wenn von Beginn an gem. § 307 BGB (Unwirksamkeit der Preisklausel) widersprochen worden wäre ?
e) Wirkt zumindest der Widerspruch gem. § 307 BGB vom 30.11.2007 die 3 Jahre (auf den 30.11.2004) zurück ?
Oder ergeben sich womöglich noch ganz andere Auswirkungen/Fallkonstellationen ?

3. Wie soll man jetzt vorgehen
a) künftige Kürzungen doch wohl nur noch in Höhe des im Rahmen der BGH-Urteile zulässigen?
b) alle zurückliegenden zu hohen Kürzungen (auf den Anfangspreis 19**) von sich aus korrigieren?
c) wie b), aber nur die (möglichen) Forderungen des Versorgers, die noch nicht verjährt sind?
Oder zunächst eine Reaktion des Versorgers abwarten? Wenn die kommt, wie dann reagieren?

Fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten, wären sicherlich auch für ähnlich Betroffene sehr hilfreich.  :]

Offline Kampfzwerg

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.041
  • Karma: +0/-0
...wenn`s auch kompliziert geht ?


Zitat
Fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten, wären sicherlich auch für ähnlich Betroffene sehr hilfreich.
Bitte definieren Sie \"fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten\".  :D
Ich persönlich halte ja derartig einschränkende Sätze für eher kontraproduktiv, hoffe aber trotz dieser Äußerung, dass meine Meinung dennoch willkommen ist.  ;)


Zu 2.
Ein Widerspruch gilt grundsätzlich nur ab dem Zeitpunkt des Widerspruchs mit Wirkung auf die Zukunft bzw. auf die aktuelle JRG, und nicht rückwirkend für die Vergangenheit.
Es gibt nämlich schlicht keinen \"Einwand gemäß § 307 BGB\"!
Diese Möglichkeit als solches existiert schon ganz einfach nicht.
Der erstmalige Widerspruch/Einwand erfolgt immer gemäß § 315 BGB, in Verbindung mit der Forderung des Nachweises zu der Berechtigung einer Preiserhöhung!
Damit ist sowohl der Bereich Tarifkunden als auch Sondervertragskunden zunächst und vorläufig erst einmal abgedeckt.

Entsprechend gilt:
a.) Nein.
demnach für
b.) eingeschränkt: Ja.
Denn inkludiert wären nach Ihrem Beispiel auch Preisänderungen ab 13.11.04!
c.) Nein. Es sei denn denn, der Widerspruch erfolgte innerhalb von 3 J. nach der ersten Preisänderung.
d.) Nein. Es gibt keinen Einwand nach § 307, s. o.
e.) s. d.) und oben

Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)

Offline userD0003

  • Gelöschte User
  • Forenmitglied
  • Beiträge: 527
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von Kampfzwerg
Bitte definieren Sie \"fundierte Einschätzungen, insbesondere unserer Experten\".  :D

Man kann auch missverstehen wollen ...  ;) Als Einschränkung sehe ich das nicht, eher als ein Aufruf ... :D Selbstverständlich ist IHRE Meinung willkommen!

Zitat
Es gilt Preisstand 13.11.04
Erstmaliger Widerspruch gemäß § 315 BGB (Unbilligkeitseinwand) am 03.01.2006 gegen die Preiserhöhung ab 01.01.2005 (Re. v. 10.12.05 f. Zeitraum 13.11.04 - 26.11.05)
Das befürchte ich fast auch, bin aber noch nicht ganz überzeugt und nehme gerne weitere Meinungen entgegen.

Zitat
Auszug aus den Urteilen
... dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat.
Hat auch nur ein Verbraucher mit dem ersten Widerspruch zugleich auch die Preiserhöhungen beanstandet, welche in Rechnungen, die in den drei Jahren zuvor zugegangenen waren, erstmals berücksichtigt worden sind ?

Im Ergebnis würde das bedeuten, dass für noch weniger Preiserhöhungen die Unwirksamkeit geltend gemacht werden könnte und der BGH den Verbrauchern ein noch größeres Ei ins Nest gelegt hätte, als auf den ersten Blick ersichtlich !

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ein Widerspruch -  dessen es ohne die ergänzende Vertragsauslegung schon nicht bedürfen würde -  umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.

Auf die Unwirksamkeit davor liegender (länger als drei Jahre zurück liegender) einseitiger Preiserhöhungen, die bisher vom Kunden unbeanstandet geblieben waren und zu denen bisher von den Parteien ein (auf höherem Niveau liegendes) Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung schon praktiziert wurde, soll sich der Kunde nicht mehr berufen können.

Wurde erst einmal  ein Widerspruch erhoben, soll es weiterer Widersprüche nicht unbedingt bedürfen.

Offline userD0003

  • Gelöschte User
  • Forenmitglied
  • Beiträge: 527
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Widerspruch -  dessen es ohne die ergänzende Vertragsauslegung schon nicht bedürfen würde -  umfasst alle einseitigen Preisänderungen, die innerhalb von drei Jahren vor seiner Erhebung erstmals zur Abrechnung gestellt wurden.

Auf die Unwirksamkeit davor liegender (länger als drei Jahre zurück liegender) einseitiger Preiserhöhungen, die bisher vom Kunden unbeanstandet geblieben waren und zu denen bisher von den Parteien ein (auf höherem Niveau liegendes) Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung schon praktiziert wurde, soll sich der Kunde nicht mehr berufen können.

Wurde erst einmal  ein Widerspruch erhoben, soll es weiterer Widersprüche nicht unbedingt bedürfen.
?( Das heißt, für die Nicht-Juristen übersetzt  ;), bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006):
Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen
= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte) ?

edit: Falls kein Widerspruch kommt, gehe ich davon aus, dass meine \"Übersetzung\" korrekt ist!

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von h\'berger
Das heißt, bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006): Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen.

So soll es sein, jedenfalls wenn der Kunde diese Preiserhöhungen, die in Rechnungen, welche vor dem 03.01.2003 zugegangen waren, erstmals ausgewiesen worden waren, beanstandungslos gezahlt hatte.

Unverständlich demgegenüber:

Zitat
Original von h\'berger

= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte) ?

Offline userD0003

  • Gelöschte User
  • Forenmitglied
  • Beiträge: 527
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von RR-E-ft
Zitat
Original von h\'berger
Das heißt, bezogen auf das angeführte Praxis-Beispiel (erstmaliger Widerspruch am 03.01.2006): Auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die erstmals in vor dem 03.01.2003 zugegangenen Rechnungen berücksichtigt wurden, kann sich der Kunde nicht mehr berufen.
So soll es sein ...

Unverständlich demgegenüber:

Zitat
Original von h\'berger
= es gilt der Anfangspreis der ersten nach dem 02.01.2003 zugegangenen Rechnung (sofern nicht genau am 1. Tag des Abrechnungszeitraums eine Preiserhöhung erfolgte)
Beim \"Praxis-Beispiel\" war die erste nach dem 02.01.2003 eingegangene Rechnung die Abrechnung vom 10.12.2003 für Abrechnungszeitraum 13.11.2002 - 26.11.2003
= es gilt der (Anfangs)Preis vom 13.11.2002 (Hypothetisch, zwecks Übertragung auf andere Praxis-Fälle: Wäre genau am 13.11.2002 eine Preiserhöhung erfolgt, hätte der Kunde sich auf deren Unwirksamkeit berufen können = es würde der Preis vom 12.11.2002 gelten - ich hätte besser gleich sagen sollen: es gilt der \"Endpreis\" der letzten vor dem 03.01.2003 zugegangenen Abrechnung).  :)

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von h\'berger

Beim \"Praxis-Beispiel\" war die erste nach dem 02.01.2003 eingegangene Rechnung die Abrechnung vom 10.12.2003 für Abrechnungszeitraum 13.11.2002 - 26.11.2003
= es gilt der (Anfangs)Preis vom 13.11.2002 (Hypothetisch, zwecks Übertragung auf andere Praxis-Fälle: Wäre genau am 13.11.2002 eine Preiserhöhung erfolgt, hätte der Kunde sich auf deren Unwirksamkeit berufen können = es würde der Preis vom 12.11.2002 gelten - ich hätte besser gleich sagen sollen: es gilt der \"Endpreis\" der letzten vor dem 03.01.2003 zugegangenen Abrechnung).  :)

Das verwirrt doch wohl den geneigten Leser bloß.

Die Urteile betreffen nur solche Sonderverträge, in die überhaupt wirksam eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde (BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 20). Wurde in einen Sondervertrag eine Preisänderungsklausel schon nicht  wirksam einbezogen, können die Grundsätze nicht greifen.

Offline userD0003

  • Gelöschte User
  • Forenmitglied
  • Beiträge: 527
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Urteile betreffen nur solche Sonderverträge, in die überhaupt wirksam eine Preisänderungsklausel einbezogen wurde (BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 Rn. 20). Wurde in einen Sondervertrag eine Preisänderungsklausel schon nicht  wirksam einbezogen, können die Grundsätze nicht greifen.
Dass bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel vorrangig zu prüfen ist (§ 305 BGB), steht außer Frage. Es soll aber Sonderverträge geben, wo die AGB wirksam einbezogen wurde (wie das bei dem von mir benannten Praxis-Beispiel der Fall ist).   ;)

edit: Verschiedene Beiträge (wie auch mein obiger Eröffnungsbeitrag) hier im Forum zeigen, dass Nicht-Juristen die BGH-Urteile womöglich fehlinterpretieren. Insofern kann es m.E. nur hilfreich sein, einmal ein konkretes Praxis-Beispiel mit Datums-Angaben darzustellen.

Offline Kampfzwerg

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.041
  • Karma: +0/-0
@h`berger

Die Meinungsumfrage bzw. der Aufruf hat doch letztendlich funktioniert  :)

Wobei ich ebenfalls denke, dass derartige \"Fallkonstruktionen mit Datenüberfrachtung\" den Leser, insbesondere die Nicht-Juristen unter uns, eher verwirren als für Klarheit zu sorgen.  ;)

Fraglich erscheint mir ebenfalls, ob tatsächlich alle Richter bei Sonderverträgen die wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel und die notwendigerweise vorliegenden Voraussetzungen zur Ergänzenden Vertragsauslegung vorrangig prüfen werden.

Auch Verbraucheranwälte könnten sich versucht fühlen, aufgrund dieser BGH-Entscheidungen den Mandanten vorschnell zu Entscheidungen zu raten, die letztendlich dann nur dazu verhelfen würden, ihnen, also den Anwälten, sowohl einerseits höchst komplizierte und in vielen Stunden fein erarbeitete Schriftsätze bzw. Argumentationen zu ersparen, und andererseits dennoch ein gewisses, gesichertes Honorar zu bescheren.

Alles in allem brechen wohl definitiv und grundsätzlich schwierigere Zeiten für die Verbaucher, insbesonderer für die Sondervertragskunden, an.
Und nur, weil der BGH versuchte, die Eierlegende Wollmichsau neu zu erfinden. Das aber ist anderen ebenfalls schon misslungen.
Gelungen ist ihm aber wohl, den Versorgern den Pelz zu waschen, ohne sie nass zu machen.   :evil:

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von Kampfzwerg
Alles in allem brechen wohl definitiv und grundsätzlich schwierigere Zeiten für die Verbaucher, insbesonderer für die Sondervertragskunden, an.
Und nur, weil der BGH versuchte, die Eierlegende Wollmichsau neu zu erfinden. Das aber ist anderen ebenfalls schon misslungen.
Gelungen ist ihm aber wohl, den Versorgern den Pelz zu waschen, ohne sie nass zu machen.   :evil:

Was für ein Terz.

Könnte doch sein, der BGH sah sich zu dieser Beschränkung veranlasst, weil bestimmte Verbraucher meinten, sie hätten die eierlegende Wollmilchsau gefunden, insbesondere, da auf Grund von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Verjährungsfrist möglicherweise 10 Jahre betragen könnte. Womöglich hatten tatsächlich welche die Vorstellung, sie könnten sich bisher in die Furche ducken und abwarten, um dann nunmehr, nachdem  die Verjährungsfrist eventuell nicht vor 2008 zu laufen beginnen konnte, den Jackpot aus Überzahlungen seit 2001 auf der Grundlage der Preise aus den 1980er - Jahren zu heben.  

Für Sondervertragskunden, in deren Vertrag eine unwirksame Preisänderungsklausel einbezogen wurde, ist es schwerer geworden, gerichtlich sehr hohe Rückforderungsansprüche auf der Grundlage eines aus heutiger Sicht sehr günstigen Preises etwa aus den - längst verflossenen - 1980er Jahren durchzusetzen, oder die Weiterbelieferung auf der Grundlage eines solch günstigen Preises aus jenen Zeiten zu verlangen, wenn sie jahrelang Preiserhöhungen hingenommen und beanstandungslos ohne Vorbehalt bezahlt hatten. Die Aufforderung der Verbraucherverbände zum Preisprotest gibt es ja auch erst seit fast acht Jahren.

Im Übrigen ist es leichter geworden, weil der BGH erstmals mit durchaus überzeugender Begründung Rückforderungsansprüche betroffener Kunden gem. § 812 Abs. 1 Alt 1 BGB dem Grunde nach anerkannt hat. Das könnte man ja auch mal herausstellen.

Offline courage

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 116
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von h\'berger
... es gilt der Anfangspreis ...

edit: Falls kein Widerspruch kommt, gehe ich davon aus, dass meine \"Übersetzung\" korrekt ist!

Ihre Übersetzung ist unzutreffend (gottseidank ;)).

Sie müssen sich gedanklich von ihrem „Anfangspreis“ lösen. Ihnen steckt vermutlich der Sockelpreis des BGH aus der Grundversorgung in den Knochen. Es gibt einen solchen Sockelpreis in Sonderverträgen mit unwirksamer Preisanpassungsklausel aber nicht. Das geht aus den Urteilen vom 14.03.2012 eindeutig hervor.

Es gibt laut BGH nur die unwirksamen Preiserhöhungen, die allerdings innerhalb des Widerspruchszeitraumes liegen müssen; alle Preiserhöhungen, die Betonung liegt auf Erhöhungen, sind dann unwirksam.

Beispiel:
Angenommen, der Widerspruchszeitraum beginne am 01.01.2007:

Arbeitspreis am 01.01.2007: 5,0 Cent,
Preiserhöhung zum 01.04.2007 auf 5,5 Cent: d.h. Erhöhung um 0,5 Cent ist unwirksam.
Preissenkung zum 01.07.2007 auf 4,0 Cent,
Preissenkung zum 01.10.2007 auf 3,8 Cent,
Preiserhöhung zum 01.01.2008 auf 4,5 Cent, d.h. Erhöhung um 0,7 Cent ist unwirksam,
Preissenkung zum 01.04.2008 auf 3,5 Cent,
Preiserhöhung zum 01.07.2008 auf 4,1 Cent, d.h. Erhöhung um 0,6 Cent ist unwirksam,
Preiserhöhung zum 01.10. 2008 auf 5,3 Cent, d.h. Erhöhung um 1,2 Cent ist unwirksam, es gilt weiter der Preis von 3,5 Cent,
Preissenkung zum 01.01. 2009 auf 4,0 Cent, es gilt weiter der Preis von 3,5 Cent,
usw.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wirklich schwer vorstellbar, dass und wie sich der Versorger auf die Unwirksamkeit seiner innerhalb der Dreijahresfrist etwaig erfolgten zwischenzeitlichen Preissenkungen berufen wollte. Es ist jedenfalls wohl kein Fall einer Falschberechnung iSv. § 18 GasGVV.

Offline userD0003

  • Gelöschte User
  • Forenmitglied
  • Beiträge: 527
  • Karma: +0/-0
Zitat
Original von courage
Sie müssen sich gedanklich von ihrem „Anfangspreis“ lösen. Ihnen steckt vermutlich der Sockelpreis des BGH aus der Grundversorgung in den Knochen. Es gibt einen solchen Sockelpreis in Sonderverträgen mit unwirksamer Preisanpassungsklausel aber nicht. Das geht aus den Urteilen vom 14.03.2012 eindeutig hervor.
Es gibt laut BGH nur die unwirksamen Preiserhöhungen, die allerdings innerhalb des Widerspruchszeitraumes liegen müssen; alle Preiserhöhungen, die Betonung liegt auf Erhöhungen, sind dann unwirksam.
@courage, danke für Ihre wichtige Ergänzung/Richtigstellung.

Mir war das schon klar und mein so bezeichneter \"Anfangspreis\" sollte keineswegs eine Art \"Sockelpreis\" sein. Ich war nur zu sehr auf mein \"Praxisbeispiel\" fixiert, bei dem es sich um einen Stromlieferungsvertrag handelt und eine Preissenkung gab es da noch nie!  ;)

Offline berghaus

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 710
  • Karma: +6/-4
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
von h\'berger
Mir war das schon klar und mein so bezeichneter \"Anfangspreis\" sollte keineswegs eine Art \"Sockelpreis\" sein.

Das heißt also, zum Berechnen der (noch nicht verjährten) Rückforderungen oder der bei zu hohen Einbehaltungen möglichen (noch nicht verjährten) Nachforderungen des Versorgers nimmt man den Preis, der 3 Jahre vor dem ersten Widerspruch galt. Man könnte ihn „Sondersockelpreis“ nennen, der sich mit jeder Preissenkung unter sein Niveau ermäßigt, wobei der „ abgesenkte Sondersockelpreis“ natürlich erst ab dem Zeitpunkt der Gültigkeit der Preissenkung in die Berechnung eingeführt werden kann.

berghaus 26.04.12

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz