@RR-E-ft:
Diese von Ihnen recht treffend dargestellte Problematik besteht in der Tat.
Das ist auch eine Art von Dilemma.
Wenn man nun in Deutschland schlussfolgert, dass man die PV-Förderung sofort komplett einstellt, und diesem Beispiel dann höchstwahrscheinlich viele andere Länder gleich folgen, dann ist auch nichts erreicht, wenn der PV-Markt dann praktisch auf einen Schlag komplett zusammenbricht und die Weiterentwicklung und auch Kostensenkung endet.
Wie kommt man nun über die nächsten paar Jahre, bis die weitere Entwicklung und Kostensenkung in der PV-Industrie eine ausreichende Wettbewerbsfähigkeit für einen ausreichend großen ungeförderten Markt erreicht hat?
Original von RR-E-ft
Die Frage ist doch, welchen Zweck man noch sinnvoll fördern kann, wenn infolge der weltweiten Überkapazitäten die Modulpreise jetzt bereits deutlich unter den Herstellungskosten liegen, wie allenthalben zu lesen ist.
Die Förderung bewirkt dann ja nicht mehr, dass durch den geförderten Absatz und Skaleneffekte die Herstellungskosten und somit die Marktpreise sinken, wenn die Marktpreise infolge der Überkapazitäten bereits deutlich unter den Herstellungskosten liegen.
Diese Schlussfolgerung ist m.E. nicht ganz richtig.
In der jetzigen Phase gibt es ein große Menge an Überkapazität, die wohl hauptsächlich durch die agressive Expansionspolitik der Chinese verursacht ist und dazu geführt hat, dass teilweise die Hersteller unter den eigenen Herstellungskosten abverkaufen und Teile der Produktion stilllegen.
Insbesondere betrifft das Produktionsanlagen älterer Technik, die teurer produzieren. Meines Wissens gibt es aber durchaus auch in Europa (z.B. Centrosolar) moderne Modulfabriken, die auch auf dem jetzigen Preisniveau noch nicht unter den Herstellungskosten verkaufen müssen.
Hersteller der Produktionsanlagen forschen und entwickeln ständig an der Effizienzsteigerung und somit Kostensenkung.
Es ist nun sicherlich so, dass etliche Produktionsanlagen älterer Technik aufgrund des Preisdrucks wohl in ihrer jetzigen Form nicht mehr in Betrieb gehen können. Umrüstungen sind manchmal möglich, um wieder wettbewerbsföhig zu werden, manchmal hilft auch wohl nur noch die endgültige Stilllegung und Abschreibung.
Andererseits kommen immer wieder weiter verbesserte Produktionsanlagen auf den Markt, so dass die PV-Herstellungskosten immer weiter sinken werden.
Natürlich nur, sofern nicht alle Investitionen komplett eingestellt werden, weil weltweit alle ihre Förderprogramme schlagartig beenden, so dass der Absatzmarkt komplett einbricht.
Die jetzige Situation scheint eine Art politische Industrieschlacht zu sein, die - so der Vorwurf der europäischen und amerikanischen Solarindustrie - von den Chinesen geführt wird, um eine Vormachtstellung zu erreichen und die europäische und amerikanische Konkurrenz in den Ruin zu treiben.
Dass in dieser Phase sowohl europäische als auch chinesische PV-Hersteller \"draufgehen\" werden, ist allen klar.
Wenn Produktionsanlagen in der Kosteneffizienz nicht mehr mithalten können und der besitzende Hersteller aufgrund mangelnder finanzieller Mittel nicht nachrüsten oder in kosteneffizienteren Erstatz investieren kann, weil er schon eine immense Schuldenlast vor sich her schiebt und nicht mehr kreditwürdig ist, dann geht er pleite.
Das heißt aber z.B. nicht, dass die bestehenden Fertigungsstätten für alle Zeit vom Markt verschwunden sind.
Die Anlagen oder ganze Produktionsstätten können auch von einem Konkurrenten ohne die Schuldenlast aus der Konkursmasse herausgekauft werden und stehen dadurch für eine weitere Modernisierung und einen weiteren Betrieb wieder zur Verfügung - ohne finaziellen Ballast und somit wieder kostengünstiger.
Damit ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer weiteren Förderung grundsätzlich schon beantwortet:
Sie kann sinnvoll sein, weil mit weiteren Kostensenkungen zu rechnen ist, auch wenn derzeit eine große Überkapazität an nicht mehr wettbewerbsfähigen PV-Produktionsanlagen im Weltmarkt vorhanden ist.
Die Kostensenkung ergibt sich dadurch, dass die ineffizienten Anlagen durch effizientere verdrängt werden, wobei auch vorübergehend zeitweise ein Abbau von Produktionkapazitäten erfolgen kann.
Ebenso wie in der Automobilindustrie wird sich in der PV-Industrie bei weiter sinkenden Modulkosten zunehmend auch eine Produktion vor Ort rechnen, im Vergleich zu einem Transport der Produkte um die halbe Welt. Ansätze in dieser Richtung sind schon zu erkennen.
Es ist sicher sehr, sehr schwierig, in der jetzigen Phase des Umbruchs und der extremen Marktsituation die richtige Politik zu machen.
Für mich ist es aber ganz offensichtlich, dass eine sofortige komplette Beendigung der deutschen EEG-Förderung der PV als
alleinige Maßnahme nicht zum Ziel führt, das da heißt: Die PV soll zu einer wettbewerbsfähigen Stromquelle gemacht werden.
Eine starke Senkung der PV-Einspeisevergütungen, wie jetzt geplant, zur Kostendämpfung und zum Verlangsamen des deutschen Zubaus halte ich allerdings für unumgänglich.
Der deutsche Markt für Freilandanlagen scheint ja angesichts der geplanten EEG-Novelle nahezu komplett zu Erliegen zu kommen, was man so hört. Ich begrüße das.
Flankierend sollte aber m.E. kurzfristig über Unterstützung oder Schutzmaßnahmen (z.B. Zölle, noch niedrigere Einspeisevergütungen für nicht-europäische PV-Produkte nach dem Vorbild Italiens) der einheimischen PV-Industrie entschieden werden, wenn man denn eine europäische Sparte dieser Zukunftstechnik über die kritischen nächsten paar Jahre stärken will.
Ich glaube aber nicht, dass alle europäischen Hersteller vom Markt verschwinden werden, auch wenn man keine Schutzzölle einführt.
Außerdem ist zu bedenken, dass PV-Modulhersteller nur ein Glied in einer langen Kette sind. Die Hersteller von PV-Produktionsanlagen kommen z.B. weiterhin nicht aus China, sondern aus Europa. Die chinesischen PV-Modulhersteller oder Zellenhersteller kaufen also durchaus wieder in Europa ein. Ebenso ist ein erheblicher (und aufgrund des Modulpreisverfalls auch zunehmnder) Teil der Wertschöpfung dann auch wieder vor Ort bei Installationsbetrieben und bei den Anlagenbetreibern zu sehen, die hier dann Steuern zahlen. Auch dieser Teil der Kosten wird über das EEG gefördert.
Selbst wenn also alle PV-Module zukünftig nur noch aus China kämen, hieße das nicht, dass das gesamte EEG-Geld nach China fließt und nur noch chinesische Modulhersteller damit gefördert würden.
ciao,
sh