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Autor Thema: Billigkeit von Strompreisen  (Gelesen 70357 mal)

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Offline Didakt

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #135 am: 17. Februar 2012, 13:21:28 »
@ RR-E-ft

Zunächst wollte ich die Zeit aufwenden und Ihnen auf Ihre Nachfrage doch noch weiter Rede und Antwort stehen. Das lasse ich nun dahin gestellt sein, nachdem Sie Ihren Textbeitrag hierzu zwischenzeitlich erweitert haben.
Von Ihnen habe ich in der Tat erwartet, dass Sie mich bei dieser Diskussion der Anwendung von Totschlagargumenten bezichtigen. In diese Ecke lasse ich mich von Ihnen nicht drängen. Sie haben Pech, es gelingt Ihnen nicht, mich hier vorführen zu wollen. Diese Taktik nehme ich Ihnen aber übel. Sie ist unseriös.

Zitat
von Ihnen:
Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig. Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Auch darauf habe ich gewartet. Ich muss mir das nicht vorhalten lassen. Es ist in meinem Fall geschehen. Und stellen Sie sich vor, Sie kennen sogar das niederschmetternde Ergebnis des Beschlusses hierzu, der dem erkennenden Richter nicht gut zu Gesicht stand.

Und nun auch noch auf die ach so erfolgversprechende Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde abzuheben, halte ich für absoluten Hohn. Es soll vorkommen, dass das BVG sogar Strafen für solche nichtsnutzigen Vorlagen verhängt.

Ich stelle fest, mein Beitrag passt nicht in Ihr Gefüge. Ich lösche ihn deshalb zwar nicht. Ihnen sei es aber vergönnt, dies vornehmen zu lassen.

Trotzdem begrüße ich, wenn Sie so weitermachen wie bisher. ;)

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #136 am: 17. Februar 2012, 13:22:11 »
Zur Unterstützung \"seiner Bodentruppen in umkämpften Gebieten\" sollte der Verein vielleicht bei einem renommierten Verfassungsrechtler, zum Beispiel bei einem, der jetzt als zukünftiger Bundespräsident gehandelt wird, kurzfristig ein Rechtsgutachten in Auftrag geben zu der Frage, ob die Verweigerung eines beantragten Rechtsmittels (Berufung/ Revision) in der konkreten Fallkonstellation gegen das Willkürverbot verstößt.

Bestätigt ein solches Rechtsgutachten einen Verstoß gegen das Willkürverbot, sollte es veröffentlicht werden und kann sodann von allen Betroffenen sowohl für die Beantragung der Zulassung eines Rechtsmittels (Berufung/ Revision) als auch im Rahmen einer Gehörsrüge als auch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde leicht Verwendung finden.

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #137 am: 17. Februar 2012, 13:25:12 »
Zitat
Original von Didakt
@ RR-E-ft

Zunächst wollte ich die Zeit aufwenden und Ihnen auf Ihre Nachfrage doch noch weiter Rede und Antwort stehen. Das lasse ich nun dahin gestellt sein, nachdem Sie Ihren Textbeitrag hierzu zwischenzeitlich erweitert haben.
Von Ihnen habe ich in der Tat erwartet, dass Sie mich bei dieser Diskussion der Anwendung von Totschlagargumenten bezichtigen. In diese Ecke lasse ich mich von Ihnen nicht drängen. Sie haben Pech, es gelingt Ihnen nicht, mich hier vorführen zu wollen. Diese Taktik nehme ich Ihnen aber übel. Sie ist unseriös.

Zitat
von Ihnen:
Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig. Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Auch darauf habe ich gewartet. Ich muss mir das nicht vorhalten lassen. Es ist in meinem Fall geschehen. Und stellen Sie sich vor, Sie kennen sogar das niederschmetternde Ergebnis des Beschlusses hierzu, der dem erkennenden Richter nicht gut zu Gesicht stand.

Und nun auch noch auf die ach so erfolgversprechende Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde abzuheben, halte ich für absoluten Hohn. Es soll vorkommen, dass das BVG sogar Strafen für solche nichtsnutzigen Vorlagen verhängt.

Ich stelle fest, mein Beitrag passt nicht in Ihr Gefüge. Ich lösche ihn deshalb zwar nicht. Ihnen sei es aber vergönnt, dies vornehmen zu lassen.

Trotzdem begrüße ich, wenn Sie so weitermachen wie bisher. ;)

@Didakt

Sie haben wohl etwas deutlich missverstanden.
Wer hat Ihnen denn etwas vorgehalten?!
Das war doch keine an Sie persönlich gerichtete Ansage!

Auch kenne ich weder Ihren Fall noch die anderen Fälle, von denen Sie aufgrund eigener Erfahrung aus 2010 berichtet haben.
Sonst hätte ich schon nicht nachgefragt!

Schließlich habe ich Sie nicht der Verwendung von Totschlagargumenten bezichtigt, auch wenn Sie dies von mir - aus welchen Gründen auch immer - erwartet haben möchten.
Ich hoffe sehr, Sie finden schnell wieder raus aus ihrer Ecke, sonst nehme ich Ihnen noch etwas übel.

Das Folgende war doch wohl eindeutig auf die jetzige, aktuelle Situation in 2012 gemünzt:


Zitat
Original von RR-E-ft

Fraglich erscheint zudem,
- ob sich das Ergebnis derselben noch auf die aktuelle Situation übertragen lässt, nachdem sich die Zulassung von Rechtsmitteln nunmehr auch mit Rücksicht auf BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 jedenfalls vertiefter begründen lässt.


Zitat
aus: OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 Az. VI- 2 U (Kart) 13/08

Die Revision war zuzulassen, weil der Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung i. S. des § 543 Abs. 2 ZPO zukommt.

Eine gesicherte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Europarechtskonformität von § 4 Abs. 1 AVBGasV bzw. § 5 GasGVV besteht noch nicht.

Auch die Frage, ob die von dem Gasversorger vorgenommenen und angegriffenen Preiserhöhungen durch einen entsprechenden Anstieg der Bezugskosten im jeweiligen Gaswirtschaftsjahr gedeckt sein müssen oder für die Billigkeitsprüfung der gesamte Zeitraum, in dem die angegriffenen Erhöhungen stattgefunden haben, maßgeblich ist bzw. jede Preiserhöhung für sich durch entsprechende Bezugskostensteigerungen gerechtfertigt sein muss, hat der Bundesgerichtshof bislang noch nicht ausdrücklich entschieden.
Zudem weicht der Senat mit der Annahme, es sei auf das Gaswirtschaftsjahr abzustellen, von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab (vgl. OLG Celle, Urteil v. 19.08. 2010 13 U 82/07; OLG München, Urteile v. 01. 10 2009 - U (K) 3772/08 und v. 28. 01.2010 - U (K) 4211/09; OLG Koblenz, Urteil vom 12. April 2010 - 12 U 18/08].

Wollte ein Gericht etwa  bei einer Strompreisklage die Erheblichkeit der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts oder der Unbilligkeitseinrede verneinen und dabei u.a. von der Entscheidungen des BGH vom 18.05.11 Az. 71/10 und B. v.  29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 sowie der Rechtsprechung des OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 abweichen, so hätte es auf entsprechenden substantiierten Antrag nach den Vorschriften der ZPO Berufung oder Revision jedenfalls  zuzulassen.

Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig.

Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Wenn man so will, geht es um die zwischenzeitlich eingetretene argumentative Aufrüstung betroffener Verbraucher.


Zitat
Original von RR-E-ft
Ob meine veröffentlichten Darlegungen nun jederzeit und für jeden nachvollziehbar sind, vermag ich naturgemäß nicht zu beurteilen. Ich trage mich diesbezüglich jedoch mit einer gewissen Hoffnung.  ;)

Offline marten

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #138 am: 17. Februar 2012, 13:57:16 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Zur Unterstützung \"seiner Bodentruppen in umkämpften Gebieten\" sollte der Verein vielleicht bei einem renommierten Verfassungsrechtler, zum Beispiel bei einem, der jetzt als zukünftiger Bundespräsident gehandelt wird, kurzfristig bein Rechtsgutachten in Auftrag geben zu der Frage, ob die Verweigerung eines beantragten Rechtsmittels (Berufung/ Revision) in der konkreten Fallkonstellation gegen das Willkürverbotr verstößt.

Bestätigt ein solches Rechtsgutachten einen Verstoß gegen das Willkürverbot, sollte es veröffentlicht werden und kann sodann von allen Betroffenen sowohl für die Beantragung der Zulassung eines Rechtsmittels als auch im Rahmen einer Gehörsrüge als auch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde Verwendung finden.

Das ist sicher ein guter Vorschlag, denn das von einem einzelnen Protestler
( Bodentruppe )zu erwarten ist zuviel verlangt. Mit einer starken Gemeinschaft kann man sicherlich wesentlich mehr Erfolg haben, als dieses als Einzelkämpfer zu erreichen wäre.

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #139 am: 17. Februar 2012, 14:40:33 »
Nochmals zum Verständnis:

Wenn ein Gericht aus eigener Rechtsüberzeugung von bestehender höchstrichterlicher oder obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, ist dies nicht automatisch Rechtsbeugung oder Willkür, wie einige vielleicht meinen.

In vorliegender Sache besteht nunmehr jedenfalls mit BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 sowie OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 einschlägige höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung,
der ein anderes Gericht entweder folgen oder aber von dieser abweichen kann.

Ein Verstoß gegen das Willkürverbot kann jedoch dann vorliegen, wenn ein Gericht davon abweicht und sodann die deshalb - gerade wegen dieser Abweichung -  beantragte Zulassung eines Rechtmittels (Berufung/ Revision) ablehnt.

Wird ein Rechtsmittel zugelassen, ist es Sache des Betroffenen, dieses Rechtsmittel auch auszuschöpfen, wenn er zu einer anderen Entscheidung in seiner Sache gelangen möchte.

Das sind die Spielregeln der ZPO, an die man sich im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu halten hat, quasi unsere Gefechtsordnung.
Diese Regeln müssen eingehalten werden, damit das Verfahren der Rechtsfindung fair vonstatten gehen kann.

Das Unterliegen in einer unteren Instanz ist regelmäßig nicht gleichbedeutend mit einem endgültig verlorenen Prozess, sondern vielmehr  nur dann, wenn man vorzeitig aufgibt.
Es dauert dann eben länger und das Verfahren kostet durch den Instanzenzug mehr.

Zur Wahrheit gehört deshalb schließlich auch, dass das Obsiegen in einer unteren Instanz noch keinen endgültig gewonnen Prozess bedeutet, wenn der unterlegene Gegner einen in die nächste Instanz zieht.
Dann dauert es ebenso länger und das Verfahren kostet durch den Instanzenzug mehr.  

Abweichende Rechtsprechung allein ist deshalb kein Beinbruch.
Es muss sie sogar geben können, damit sich das Recht fortentwickeln kann.

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #140 am: 17. Februar 2012, 16:32:41 »
Meine Meinung, wenn ich nach dieser gefragt werde,  ist nach wie vor Folgende:

Weil die bestehende höchstrichterliche  und obergerichtliche Rechtsprechung der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts zugunsten des Energieversorgers  und der Unbilligkeitseinrede des betroffenen Kunden unter den genannten Voraussetzungen auch im Zahlungsprozess des Energieversorgers gegen den Kunden streitenscheidende Bedeutung  beimisst (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 und  BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 sowie BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, davon abweichende unterinstanzliche Rechtsprechung deshalb auf Antrag regelgemäß Rechtsmittel zulassen muss, müssen die Empfehlungen grundsätzlich auf der Grundlage der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgen, soweit keine alsbaldige und nachhaltige Änderung derselben absehbar ist.

Die insoweit bestehende höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung nimmt insbesondere auf die Fallgestaltung Bezug, bei denen  der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann (siehe insbesondere auch BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f., 17; Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36; Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f.)

Zunächst ist betroffenen Kunden deshalb zu empfehlen, allen einseitigen Preisänderungen des EVU im laufenden Vertragsverhältnis wie auch darauf basierenden Abschlägen und Verbrauchsabrechnungen jeweils in angemessener Frist zu widersprechen. Betroffenen Kunden, die einseitigen Preisänderungen des Energieversorgers  jeweils in angemessener Frist widersprochen hatten, ist deshalb regelmäßig zu empfehlen, die Abschlags- und Rechnungsbeträge entsprechend  zu kürzen. Es ist weiter  darauf hinzuweisen, dass untere Instanzgerichte abweichend von der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung entscheiden können, woraus sich entsprechende Risiken ergeben können.

Eine Zahlung unter Vorbehalt ist betroffenen Kunden dabei eher nicht zu empfehlen, da sich mit solchen der Streit nur für den Zeitraum der kurzen regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren aufschieben lässt, innerhalb dessen dann ein Rückforderungsprozess ggf. geführt werden muss, der mindestens mit den gleichen Risiken behaftet ist.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass auch im Falle von Vorbehaltszahlungen dem Versorger Anlass zu einer eigenen Leistungs- oder Feststellungsklage gegen den betroffenen Kunden gegeben sein kann, weil ihm die Rechtsprechung die Ungewissheit, ob er die so erlangten Beträge schlussendlich behalten darf, nicht zumutet. Da die Vorbehaltszahlung nicht als Erfüllung zu betrachten ist, kann der Versorger unter Umständen sogar ebenso noch Leistungsklage gegen den Kunden auf Zahlung erheben  wie bei einer Zahlungskürzung durch den Kunden.

Wo Anhaltspunkte dafür bestehen, dass untere Instanzen von der bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung nachhaltig abweichen und gleichwohl deshalb mindestens ebenso nachhaltig keine Rechtsmittel zulassen, sind betroffene Verbraucher darauf hinzuweisen, damit sie sich mit ihrem eigenen Vorgehen darauf einrichten können.

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #141 am: 17. Februar 2012, 17:49:53 »
Bestehende Beschwerdemöglichkeiten (Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und Verfassungsbeschwerde) gegen die willkürliche Nichtzulassung eines Rechtsmittels (Berufung/ Revision) sind auszuschöpfen.


BVerfG, 1 BvR 172/04 vom 26.5.2004


Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die entscheidungserheblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind vom Bundesverfassungsgericht schon entschieden (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor.


1. Das angegriffene Urteil ist, soweit das Amtsgericht darin die Berufung nicht zugelassen hat, mit Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot nicht vereinbar.


a) Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung allerdings nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>).


b) Nach diesem Maßstab steht die Nichtzulassung der Berufung im angegriffenen Urteil des Amtsgerichts mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht im Einklang.


Der Beschwerdeführer beantragte vor Erlass dieses Urteils die Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO). Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung, dem nicht zu entsprechen, diesen Zulassungsgrund nicht erwähnt und ihn auch in dem weiter angegriffenen Beschluss nicht erörtert. Es hat in diesem Beschluss vielmehr ausgeführt, die Berufung sei beim Vorliegen eines berufungsunfähigen Urteils nur zuzulassen, wenn eine für den Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage durch das Berufungsgericht noch nicht geklärt sei (vgl. § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO), und diese Voraussetzung für das Ausgangsverfahren mit der Begründung verneint, das Berufungsgericht habe die maßgebliche Rechtsfrage - wenn auch abweichend vom Amtsgericht - schon entschieden.


Damit wird der Zulassungsgrund des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO übergangen. Dieser war im Ausgangsverfahren einschlägig. Danach ist die Berufung durch das Gericht des ersten Rechtszugs zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93 i.V.m. S. 104; vgl. auch Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Aktualisierungsband ZPO-Reform 2002, 2. Aufl. 2002, § 511 Rn. 73). Von solchen Unterschieden ist bei Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage nach überwiegender Auffassung auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93; Rimmelspacher, a.a.O., § 511 Rn. 74 ff. i.V.m. Rn. 68; enger, soweit ersichtlich nur, Reichold, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2003, § 511 Rn. 21: nur bei Abweichung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts).


Hier hat das Amtsgericht mit der Frage nach den Anforderungen an die Aufschlüsselung einer Kraftfahrzeugsachverständigenrechnung eine Rechtsfrage entschieden, die eine Vielzahl von Verkehrsunfallsachen betrifft und äußerst umstritten sowie höchstrichterlich offensichtlich noch nicht geklärt ist (vgl. dazu Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl. 2004, § 315 Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist es von der ihm erklärtermaßen bekannten Rechtsprechung des zuständigen Berufungsgerichts abgewichen. Indem es die Berufung nicht zugelassen hat, hat es damit eine Sicherung der Rechtseinheitlichkeit im Zuständigkeitsbereich dieses Berufungsgerichts vereitelt.


Mit der vom Amtsgericht im angegriffenen Beschluss erörterten sachlichen Unabhängigkeit des Gerichts (Art. 97 Abs. 1 GG) hat die Frage der Zulassung der Berufung nichts zu tun. Der Amtsrichter war unbeschadet der Pflicht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO die Berufung zuzulassen (\"lässt ... zu\"; vgl. auch Rimmelspacher, a.a.O., § 511 Rn. 79; Albers, in: Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 62. Aufl. 2004, § 511 Rn. 25) nicht gehindert, von der Rechtsauffassung des übergeordneten Berufungsgerichts inhaltlich abzuweichen.


2. Da die Nichtzulassung der Berufung durch das Amtsgericht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß beruht, ist das angegriffene Urteil insoweit gemäß § 93 c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Gerichts wird damit gegenstandslos.

Siehe auch:

BVerfG 1 BvR 1991/09 vom 26.04.10



Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. nur BVerfGE 74, 228 <234>; 96, 189 <203>; BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; 12, 298 <300 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

1. Das angegriffene Urteil verstößt gegen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.


a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes, das für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten ist (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 80, 103 <107>; 85, 337 <345>; stRspr), beeinflusst die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Hat der Gesetzgeber sich für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 69, 381 <385>; 74, 228 <234>; 77, 275 <284>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar sind die den Zugang zum Rechtsmittel erschwerende Auslegung und Anwendung der einschlägigen zivilprozessualen Vorschriften dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen sind, sich damit als objektiv willkürlich erweisen und dadurch den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar einschränken (vgl. zu § 522 Abs. 2 ZPO: BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 -, NJW 2009, S. 572 <573>).

b) Dies ist hier bei der (unterlassenen) Anwendung des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alt. 3 ZPO der Fall. Nach dieser Vorschrift lässt das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung zu, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93, 104). Von solchen Unterschieden ist bei Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage insbesondere dann auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004 - 1 BvR 172/04 -, NJW 2004, S. 2584 <2585> m.w.N.). Die willkürliche Nichtzulassung der Berufung in solchen Fällen verletzt Grundrechte des im Ausgangsverfahren Unterliegenden (vgl. BVerfGK 12, 298 <301 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004, a.a.O. [jeweils: Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 21. Januar 2009 - 1 BvR 2524/06 -, NVwZ 2009, S. 515 <516>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris [jeweils: Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG im Verwaltungsrechtsstreit]; BVerfGK 2, 202 <204> [Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch willkürliche Nichtzulassung der Revision]; vgl. auch BerlVerfGH, Beschluss vom 1. April 2008 - VerfGH 203/06 -, NJW 2008, S. 3420 [Verletzung der mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG übereinstimmenden Vorschrift der Landesverfassung]).

Diese Rechtslage hat das Amtsgericht verkannt. Trotz Ausführungen der Beschwerdeführerin im Replikschriftsatz zur Rechtsprechung mehrerer Landgerichte zu § 19a UrhG hat sich das Amtsgericht einer hiervon abweichenden Auffassung einer Kammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 2. Oktober 2007 - 15 S 1/07 -, GRUR-RR 2008, S. 387) angeschlossen. Dabei hat es offensichtlich auch übersehen, dass das unmittelbar übergeordnete Landgericht Hamburg sich mit Urteil vom 17. April 2009 - 308 O 612/08 - (n.v.) ebenfalls ausdrücklich gegen die Meinung der Kammer des Landgerichts Berlin und für die herrschende Meinung entschieden hatte. Auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hatte in seinem im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschluss vom 23. November 2006 (- 5 W 168/06 -, ZUM 2007, S. 917 <918>), den das Amtsgericht selbst zitiert, festgehalten, urheberrechtlich geschützte Kartografien seien weiterhin öffentlich zugänglich, auch wenn die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung oder Kenntnisnahme durch Dritte deswegen äußerst gering sei, weil die Kartografie im Zeitpunkt der Abmahnung nicht (mehr) in eine Homepage eingebunden gewesen sei. Letzteres schließt nach dieser Rechtsprechung die Dringlichkeit aus, also den Anordnungsgrund im Sinne von § 935 ZPO, nicht jedoch den Tatbestand des § 19a UrhG (so jüngst noch einmal klarstellend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 8. Februar 2010 - 5 W 5/10 -, juris). Hinsichtlich der Hamburger Gerichte ist insoweit von einer ständigen Rechtsprechung auszugehen (vgl. noch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteile vom 9. April 2008 - 5 U 151/07 -, BeckRS 2008, 21349, und - 5 U 124/07 -, GRUR-RR 2008, S. 383 <384>; ebenso jetzt auch LG Berlin, Urteil vom 30. März 2010 - 15 O 341/09 -, n.v.).


Es stand dem Amtsgericht frei, wie geschehen zu entscheiden; es hätte dann allerdings von Amts wegen die Berufung zulassen müssen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage betrifft eine Vielzahl von Urheberrechtsstreitigkeiten der hier fraglichen Art, wie schon die von der Beschwerdeführerin teilweise bereits im Ausgangsverfahren zitierten Urteile in Parallelfällen zeigen.
c) Es kann offen bleiben, ob die Berufung auch deswegen hätte zugelassen werden müssen, weil das Amtsgericht in der Frage der Störerhaftung des Beklagten eine nach Darstellung der Beschwerdeführerin von der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 180, 134) abweichende Position eingenommen hat.

2. Nachdem das angegriffene Urteil jedenfalls die Rechtsschutzgarantie verletzt, bedürfen die weiteren von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen keiner Entscheidung.


3. Das Urteil des Amtsgerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss wird damit gegenstandslos.

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« Antwort #142 am: 17. Februar 2012, 18:26:27 »
Vor einer Zersplitterung der bundesweiten  Rechtsprechung schützen das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht.


Zitat
Original von RR-E-ft
Weil die bestehende höchstrichterliche  und obergerichtliche Rechtsprechung der Einwendung der nicht wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts zugunsten des Energieversorgers  und der Unbilligkeitseinrede des betroffenen Kunden unter den genannten Voraussetzungen auch im Zahlungsprozess des Energieversorgers gegen den Kunden streitenscheidende Bedeutung  beimisst (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.12.10 Az. 2 U 94/10 und  BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 sowie BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, davon abweichende unterinstanzliche Rechtsprechung deshalb auf Antrag regelgemäß Rechtsmittel zulassen muss, müssen die Empfehlungen grundsätzlich auf der Grundlage der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgen, soweit keine alsbaldige und nachhaltige Änderung derselben absehbar ist.

Die insoweit bestehende höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung nimmt insbesondere auf die Fallgestaltung Bezug, bei denen  der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann (siehe insbesondere auch BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 6 f., 17; Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36; Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f.)

Allen Unkenrufen zum Trotz macht die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung deutlich, dass es - wie bei Sondervertragskunden- auch für mit Strom und Gas grundversorgte Kunden streitentscheidend darauf ankommt, ob dem Energieversorger überhaupt wirksam ein Preisänderungsrecht eingeräumt wurde und wenn es denn wirksam eingeräumt wurde, dass es dann bei Widerspruchskunden streitentscheidend auf eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB der einseitigen Preisänderungen des Energieversorgers ankommt, insbesondere auch dann, wenn der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann (BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn, 6 f., 9, 17).

Bezeichnenderweise besteht hingegen  bisher ersichtlich keine obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Billigkeitskontrolle ausgeschlossen sei, wenn der betroffene Kunde den Anbieter leicht wechseln kann.

Untere Instanzen können von dieser bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen,
müssen dann jedoch insbesondere auf entsprechenden substantiierten Antrag hin ein Rechtsmittel zulassen (Berufung/ Revision),
da es sich andernfalls um eine durch das Grundgesetz verbotene Willkürentscheidung handelt.

Ich bekenne, ein Rechthaber zu sein.

Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn es die zu einem Dilemma führenden örtlichen Rechtsprechungslagen geben sollte, dann muss wohl jemand das Entstehen solcher zugelassen haben, indem er bestehende weitere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat.
Er müsste sie zudem in zukünftig zur Entscheidung stehenden Fällen weiter zulassen.

Und dann stelle ich noch fest, dass andere nicht immer Rechthaber sind.

Zitat
Original von Didakt


Zitat
von Ihnen:
Die Nichtzulassung könnte dabei gegen das Willkürverbot verstoßen, was zunächst mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann mit Verfassungsbeschwerde geltend zu machen wäre.
Eine Verfassungsbeschwerde ohne vorherige Gehörsrüge wäre unzulässig. Wer letztgenannte Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausschöpft, sollte deshalb auch nicht auf den gesamten Rechtsstaat schimpfen.

Auch darauf habe ich gewartet. Ich muss mir das nicht vorhalten lassen. Es ist in meinem Fall geschehen. Und stellen Sie sich vor, Sie kennen sogar das niederschmetternde Ergebnis des Beschlusses hierzu, der dem erkennenden Richter nicht gut zu Gesicht stand.

Und nun auch noch auf die ach so erfolgversprechende Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde abzuheben, halte ich für absoluten Hohn.


Man muss in solchen Fällen, bei denen man aufgrund eines  Abweichens von einer bestehenden höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung bei Gericht unterliegt und das Gericht zudem selbst  auf substantiierten Antrag hin dagegen kein Rechtsmittel zulässt,  dagegen zuerst und entsprechend begründet Gehörsrüge gem. § 321a ZPO und bei Nichtabhilfe derselben sodann fristgemäß und entsprechend begründet Verfassungsbeschwerde erheben, um zur Aufhebung des Urteils und zur Zulassung der Berufung/ der Revision zu gelangen.

Wenn man ein solches Urteil bestehen lassen und in Rechtskraft erwachsen lassen möchte, muss man das freilich nicht tun.

Die Begründung einer solchen Verfassungsbeschwerde scheint denkbar einfach:

Man muss u.a. geltend machen, durch die willkürliche Entscheidung des Gerichts in seinen Rechten verletzt zu sein, weil ein Rechtsmittel entgegen der Vorschriften der ZPO nicht zugelassen wurde, obschon das Urteil von bestehender höherrangiger obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht, zuvor der Rechtsweg einschließlich Gehörsrüge erfolglos ausgeschöpft wurde.

Gleichwohl sollte man sie von einem Anwalt fertigen und einlegen  lassen.
Die Anwaltskosten dafür sind nicht eben gering.

Zitat
Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beträgt, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Entscheidung einer Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8.000,00 € (vgl. Kunze, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 34 a Rn. 82; zuletzt BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 18. April 2006 - 2 BvR 1019/01 -). Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen hier Besonderheiten auf, die eine Abweichung veranlassen würden.\"

Die dadurch entstehenden notwendigen Kosten des Beschwerdeführers
hat bei Erfolg der Verfassungsbeschwerde die Staatskasse zu tragen.
Bleibt der Verfassungsbeschwerde hingegen der Erfolg versagt,
lag es wohl im Zweifel an der Leistung des Anwalts.
Irgendwer hat schließlich immer schuld.

Der Rechtsstaat steht dem Bürger bei, der sich wegen Rechtsschutz an ihn wendet.
Der arg Betroffene aus tiefster Provinz muss also u.U. auch mal \"nach Karlsruhe gehen\" oder zumindest einen substantiierten  Schriftsatz nebst Anlagen dort fristgerecht anbringen.
Wer sich deshalb mit entsprechenden Beschwerden nicht an ihn wendet und statt dessen nur auf ihn schimpft, dem kann dieser Rechtsstaat dann auch nicht mehr helfen [Verfristung].

Offline Kampfzwerg

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #143 am: 17. Februar 2012, 21:01:21 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Vor einer Zersplitterung der bundesweiten  Rechtsprechung schützen uns das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht.

Untere Instanzen können von dieser bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen, müssen dann jedoch insbesondere auf entsprechenden substantiierten Antrag ein Rechtsmittel (Berufung/ Revision) zulassen, da es sich andernfalls um eine durch das Grundgesetz verbotene Willkürentscheidung handelt.

Ich bekenne, ein Rechthaber zu sein.

Original von RR-E-ft
Wenn es die zu einem Dilemma führenden örtlichen Rechtsprechungslagen geben sollte, dann muss wohl jemand das Entstehen solcher zugelassen haben, indem er bestehende weitere Rechtsschutzmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Er müsste sie zudem in zukünftig zur Entscheidung stehenden Fällen weiter zulassen[/B].

Unabhängig davon, dass Sie ein bekennender Rechthaber sind [manchmal wohl auch einhergehend mit einer gewissen Neigung zum Sarkasmus Ich aber sage Euch mutet schon etwas merkwürdig an], haben Sie einen nicht unwesentlichen Faktor leider wieder einmal unberücksichtigt gelassen, auch wenn Ihnen der Einwand nicht gefällt: zur Durchsetzung seiner Rechte benötigt der Verbraucher einen Anwalt.
Das Thema hatten wir bereits an anderer Stelle im Forum.
Nicht alle Anwälte sind willens oder fähig, oder auch beides, um dem Verbraucher zu seinem Recht zu verhelfen. Und eine wahrscheinlich nicht unbeträchtliche Anzahl der Verbraucher, die ihr Recht gerne durchsetzen möchten, könnte bereits an dieser Hürde scheitern.

Fraglich, Wer hier Was zulässt!

Das nenne ich dann ein echtes Dilemma. Für die Mandanten!
Machen Sie also nicht den Mandanten für eine vermeintliche \"örtliche\" Rechtslage verantwortlich, falls es eine solche überhaupt geben sollte und es sich nicht nur um eine Chimäre handelt.
Ihren letzten von mir zitierten Absatz interpretiere ich daher, und diesmal hoffentlich direkt für jeden ersichtlich, völlig anders.


Betroffene nicht wehrlos bei abweichender Rechtsprechung und Nichtzulassung eines Rechtsmittels
Zitat
Betroffene Kunden in solchen Regionen sollen sich deshalb in einem Dilemma wähnen,
da sie besorgen, ihnen würde bei Gericht ihr Recht aller Voraussicht nach abgeschnitten werden,
weshalb einige Betroffene von einer gewissen Verzweiflung berichten und sogar davon,
deshalb zu erwägen, von ihrem langjährigen Preisprotest für die Zukunft Abstand zu nehmen/ diesen aufzugeben.

Ich aber sage Euch:

Dass Betroffene dagegen wehrlos seien, ist eine fürchterliche Illusion.
Bei Lichte betrachtet muss man sich so etwas auf keinen Fall gefallen lassen,
sondern man kann sich dagegen erfolgreich beschweren,
was die Aufhebung entsprechender Urteile zur Folge haben kann.  

Nicht die Kunden wähnen sich in einem Dilemma!
Aber in Einem gebe ich Ihnen Recht: die Betroffenen sind nicht wehrlos den mächtigen Kräften der Finsternis ausgesetzt und für alle Zeiten zur Verzweiflung verdammt.
Sie können sich einen anderen Anwalt nehmen.  :D

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #144 am: 17. Februar 2012, 21:35:37 »
Bitte um Entschuldigung,
wenn der Eindruck  entstanden sei,
es wäre vom Berge herab gepredigt worden.  

Bei Lichte betrachtet verhält es sich wohl wie folgt.

Bisher war es immer noch so, dass die betroffenen Kunden ohne Anwalt
einfach Widerspruch beim Versorger einlegen
und hiernach Rechnungsbeträge entsprechend kürzen können.
Daran hat sich nichts geändert.

Es genügt dafür wohl regelmäßig ein von Verbraucherverbänden
publizierter Muterbrief und ein durchschnittlicher Schulabschluss.

Betroffene Verbraucher kürzen jeweils nach Widerspruch  
entsprechend ihre Abschlags-und Rechnungsbeträge selbst.

Gegen gerichtliche Manbescheide des Versorgers wird zumeist
mit Kreuzchen und Unterschrift selbst Widerspruch eingelegt.
Das ist wohl regelmäßig der ganze zuweilen heroisierte persönliche Kampf.

Wer danach nicht verklagt wird, braucht wohl auch keinen Anwalt.

Und so geht es immer noch vielen.
Viele, die seit Jahren selbst  widersprechen und Zahlungen entsprechend kürzen,
brauchten deshalb bisher keinen Anwalt.  

Wenn man deshalb dann doch verklagt werden sollte,
was oft gar nicht passiert,
dann sollte man sich als betroffener Verbraucher vor Gericht anwaltlich vertreten lassen,
auch wenn dies vor dem Amtsgericht nach der Zivilprozessordnung nicht erforderlich ist.
Denn zumeist kennt der betroffene Kunde schon den Inhalt der Zivilprozessordnung nicht.

Spielt das Verfahren erstinstanzlich vor dem Landgericht oder wird ein Rechtsmittel zugelassen
und will man dieses einlegen, dann muss man sich anwaltlich vertreten lassen, § 78 ZPO.

Der betroffene Kunde auch als Prozesspartei entscheidet allein (auch wenn ggf. anwaltlich beraten) darüber,
ob er es überhaupt zu einem Streit mit dem Versorger  kommen lässt,
ob und ggf. durch wen vertreten er sich gegen eine Klage verteidigt,
ob er gegen die Nichtzulassung eines beantragten Rechtsmittels Gehörsrüge einlegt,
ob er bei Nichtabhilfe einer solchen Verfassungsbeschwerde erhebt,
ob er ein zulässiges Rechtsmittel einlegt...

Die Partei ist Herr des Verfahrens und keiner sonst.

Und es wird wohl auch betroffene Verbraucher geben,
die in den bezeichneten Fällen zwar noch Gehörsrüge einlegten/ einlegen ließen,
sich bei deren Nichtabhilfe jedoch ausdrücklich gegen eine ihnen noch mögliche Verfassungsbeschwerde entschieden,
womöglich weil sie die Möglichkeit der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde - warum auch immer -
als absoluten Hohn empfanden.

Wer dann sagt, die Gerichte seien schuld,
dass man nicht zu seinem Recht fand,
der hat damit wohl nicht recht.

Richterschelte, auch pauschale, ist oft allzuschnell parat.  

In Deutschland gibt es wohl längst mehr als genug Anwälte,
aus denen betroffene Verbraucher sich einen oder auch mehrere wählen können,
mit Ausnahme desjenigen, der bereits den Prozessgegner vertritt.

Manche Rechtsschutzversicherer geben entsprechende Empfehlungen ab.  

Zudem gibt es eine gar nicht so kurze Anwaltsliste des Vereins.


Die Lage ist für betroffene Kunden nicht schlechter geworden, sondern deutlich besser!

Offline Kampfzwerg

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #145 am: 19. Februar 2012, 17:22:49 »
@RR-E-ft
Angesichts der Jahreszeit entstand vielleicht auch nur der Eindruck, Sie übten für eine Büttenrede  ;)



Nun zu den Schatten:

Zitat
Original von berghaus
Frau RA Holling macht Angst:
hier den Sonderkunden (09/11): „Doch inzwischen hat die Versorgungswirtschaft „argumentativ aufgerüstet\".
und nun auch den Tarifkunden mit der “örtlichen Rechtslage“.

Zitat
Original von RR-E-ft @berghaus
Der Artikel über gestiegenes Risiko der Sondervertragskunden betrifft m. E. Fälle, wo Sondervertragskunden nie Preisänderungen widersprochen hatten, später aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückfzahlung klagten und dabei den bei Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Preis zu Grunde legten, zB. einen 1980 vereinbarten Gaspreis.

Leider muss ich berghaus zustimmen und RR-E-ft widersprechen, paradoxerweise obwohl seine Einschätzung die einzig richtige ist!

Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass Frau RAin Holling im Fall der Sondervertragskunden; und offensichtlich auch im Fall der Tarifkunden, wie hier von @marten anschaulich beschrieben; eine andere Rechtsauffassung vertritt, und das obiter dictum des VIII. Senats des BGH Urteil v. 14.07.10 VIII ZR 246/08 ihren Rechtsauffassungen in Bezug auf Sondervertragskunden wohl grundsätzlich zugrunde legt.

 

Zitat
Original von RR-E-ft
...
Wenn man deshalb dann doch verklagt werden sollte, []...
Spielt das Verfahren erstinstanzlich vor dem Landgericht [] dann muss man sich anwaltlich vertreten lassen, § 78 ZPO.
Der betroffene Kunde auch als Prozesspartei entscheidet allein (auch wenn ggf. anwaltlich beraten) darüber, []
Die Partei ist Herr des Verfahrens und keiner sonst.

GGf. sollte man die Empfehlungen und die Rechtsauffassung der eigenen Anwältin also besser ignorieren!


Zitat
Die Lage ist für betroffene Kunden nicht schlechter geworden, sondern deutlich besser!
Vielleicht ist es RR-E-ft möglich, bei passender Gelegenheit auch seine Kollegin Frau RAin Holling von dieser Rechtsauffasung zu überzeugen!

Obwohl doch angeblich schon Einigkeit besteht.


Und schon wieder ein DILEMMA:
Zitat
RR-E-ft an @Kampfzwerg
Die eigene Auffassung, im Recht zu sein, trägt am Ende nicht weiter, wenn man kein Recht bekommt.
trotz SV, LG sieht Anerkenntnis bzw. Neuvereinbarung des Preises 2004 durch Musterbrief!
LG rät mir \"dringend\" zu einem Vergleich!
.
.
.
Edit:
siehe Betroffene nicht wehrlos bei abweichender Rechtsprechung und Nichtzulassung eines Rechtsmittels
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Risiken beim Preisprotest hätten sich erhöht.
Nicht nur für Sondervertragskunden,sondern auch für grundversorgte Kunden.
Es soll wohl Regionen, insbesondere in tiefer Provinz geben,wo Gerichte einfach von der bestehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen,
Ich würde es wirklich nicht wagen, NRW als tiefe Provinz zu bezeichnen, nur weil RAin Holling hier eine vermeintlich \"örtliche\" Rechtslage ausgemacht haben will.  ;)
.
.
.

Offline Didakt

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #146 am: 19. Februar 2012, 18:33:54 »
@ Kampfzwerg

Zitat
von Ihnen:
Ich würde es wirklich nicht wagen, NRW als tiefe Provinz zu bezeichnen, nur weil RAin Holling hier eine vermeintlich \"örtliche\" Rechtslage ausgemacht haben will.

Na, na, ich bin mir da nicht ganz sicher. Vielleicht Teile von NRW.  ;)  ;)

Offline Kampfzwerg

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #147 am: 19. Februar 2012, 19:49:48 »
Zitat
Original von Didakt
Na, na, ich bin mir da nicht ganz sicher. Vielleicht Teile von NRW.  ;)  ;)
Die Kanzlei von Frau RAin Holling liegt jedenfalls in der Landeshauptstadt Düsseldorf   :D




Zitat
Orginal von RR-E-ft
Wer dann sagt, die Gerichte seien schuld,dass man nicht zu seinem Recht fand,der hat damit wohl nicht recht. Richterschelte, auch pauschale, ist oft allzuschnell parat.
Die vorstehende, und ggf. durchaus richtige Bemerkung von RR-E-ft, möchte ich gerne durch eine andere mögliche, aber keinesfalls bessere, Variante ergänzen:
Es sind wahrlich nicht immer die Gerichte schuld, dass man nicht zu seinem Recht findet, manchmal sind es dummerweise die eigenen Anwälte.

Zitat
Original von Kampfzwerg
Man lernt doch niemals aus!
Unter der Berücksichtigung der folgenden Informationen von Lothar Gutsche und Wikipedia muss ich wahrscheinlich für meine womöglich vorschnellen Vermutungen in Bezug auf das LG um Entschuldigung bitten.Jedenfalls danke ich Lothar Gutsche für diesen Beitrag.

\"Feuerpause im Energiekrieg\"?
Zitat:
Original von Lothar Gutsche
Daraufhin musste mein Anwalt das Gericht mit Schriftsatz vom 25.10.2011 eindringlich an einige Verfahrensgrundsätze für das deutsche Zivilrecht erinnern, namentlich an die Dispositionsmaxime und den Verhandlungsgrundsatz. Das Verfahren, nach dem ein zivilrechtlicher Rechtsstreit vor Gericht ausgetragen wird, und insbesondere die Tatsachen, die das Gericht bei seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, werden ausschließlich durch die Parteien bestimmt. Nach dem Verhandlungsgrundsatz, auch Beibringungsgrundsatz genannt, ermittelt das Gericht nicht von sich aus, was im Einzelnen passiert ist. Vielmehr legt das Gericht nur diejenigen Tatsachen zugrunde, die von den Parteien vorgetragen werden. Das bedeutet namentlich, dass das Gericht seiner Entscheidung in jedem Fall jene Tatsachen zugrunde legen muss, die zwischen den Parteien unstreitig sind. Ihren Niederschlag im Gesetz findet diese Vorgabe in § 138 Abs. 3 ZPO: Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen.
Original hier: LG rät mir \"dringend\" zu einem Vergleich!

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Herrn Dr. Lothar Gutsche noch einmal ausdrücklich für diesen Beitrag danken, dem ich - neben den Ausführungen von RR-E-ft - ausgesprochen wichtige Erkenntnisse verdanke!

Offline Kampfzwerg

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #148 am: 21. Februar 2012, 19:48:15 »
...wohl eher schon wieder zum Thema einer vermeintlich ausgemachten \"örtlichen\" Rechtslage in NRW:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.11 VI-2 U (Kart) 3/09 zur Abgrenzung Tarifkunde/ Billigkeitskontrolle

Offline RR-E-ft

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Billigkeit von Strompreisen
« Antwort #149 am: 28. Februar 2012, 16:20:26 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Bekanntermaßen der letzte Stand beim BGH:

BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 236/10 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur EuGH- Entscheidung


Zitat
BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10, juris:

Die Klägerin bezieht von der Beklagten, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen, seit 1998 leitungsgebunden Erdgas für ihren privaten Haushalt und wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen mehrere Gaspreisanpassungen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - die Klägerin als Tarifkundin qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Beklagten ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zugestanden habe. Eine Billigkeitskontrolle der angegriffenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht abgelehnt, da die Klägerin den einseitigen Preisanpassungen der Beklagten nicht innerhalb angemessener Zeit widersprochen habe.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin zunächst unter verschiedenen Gesichtspunkten gegen die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Tarifkundenvertrag und bezweifelt ferner, ob die im Tarifkundenverhältnis geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechte des § 4 AVBGasV beziehungsweise § 5 GasGVV den europarechtlichen Transparenzvorgaben genügen.


Das vorliegende Verfahren ist gemäß § 148 ZPO analog bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem dort anhängigen Verfahren C-359/11 auszusetzen.

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht belie-fert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.


BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 158/11 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur Entscheidung des EuGH


Zitat
BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 158/11, juris:

Die Klägerin, ein regionales Gasversorgungsunternehmen, beliefert den Beklagten seit 2002 leitungsgebunden mit Erdgas. Sie änderte den Arbeitspreis für das von ihr gelieferte Gas zwischen Oktober 2004 und April 2007 mehrfach; der Beklagte erhob hiergegen Widerspruch. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Zahlung des rückständigen Betrags aus den Jahresabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2008 begehrt. Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - den Beklagten als Tarifkunden qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Klägerin ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zugestanden habe.

Die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme als billig im Sinne des § 315 BGB angesehen.

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.

Der BGH hält die Frage der wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts und für den Fall der wirksamen Einräumung eines solchen bei Widerspruchskunden die Frage der Billigkeit jedenfalls für entscheidungserheblich, bei Gas- und bei Stromkunden (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10 deutet gar darauf hin, dass es auf Preiswidersprüche in angemessener Frist für die Wirksamkeit der einseitigen Preisänderungen des Versorgers gegenüber Tarifkunden dann nicht ankommt, wenn das gesetzliche Preisänderungsrecht europarechtwidrig und unwirksam ist.

 

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