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Autor Thema: Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?  (Gelesen 148625 mal)

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Offline userD0010

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #45 am: 16. März 2011, 18:02:27 »
Man darf jetzt zumindest beruhigt darüber sein, dass der Frau Bundeskanzlerin ihr stetiges Bemühen, Gefahren von dieser unserer Republik abzuwenden oder gar sie davor zu schützen, von kompetenter Seite bestätigt wird!

Übrigens, aus den Agenturen schon gehört, dass es Mißverständnisse um den Begriff Moratorium gibt ? Herr Doktor Röttgen hat zumindest die nächste Korrektur zur eventuellen Gefährdung deutscher AKW vorzunehmen versucht.

Offline RR-E-ft

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #46 am: 16. März 2011, 18:11:57 »
Es geht nicht um die Gefährdung von AKW, sondern um drohende Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter, die von Kernkraftwerken (mittelbar) ausgehen.

Man muss unterscheiden zwischen dem sog. Moratorium einerseits, welches wohl einer Rechtsgrundlage entbehrt und laut FAZ \"Freiwillig, nicht verbindlich\" ist und den Stillegungsbeschlüssen für sieben plus ein Altmeiler, welche laut Bundeskanzlerin ihre Rechtfertigung und Ermächtigungsgrundlage in § 19 AtG finden sollen, was die Annahme nahe legt, dass die Bundesregierung durch den Weiterbetrieb dieser Anlagen derzeit drohende Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter sehen muss.

Wäre dies nicht der Fall, würde die Bundesregierung verfassungs- und gesetzwidrig handeln und die Bundesrepublik hierdurch zugleich erheblichen Schadensersatzansprüchen der Kernkraftwerksbetreiber aussetzen.

Offline RR-E-ft

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #47 am: 16. März 2011, 19:20:52 »
Bürger, Betreiber und Politiker verunsichert

Ein Abschalt- Gesetz muss her, weil die Regierung Gesetze umsetzen muss, aber nicht aussetzen kann und darf. Das im Herbst novellierte Atomgesetz gilt bisher unverändert. Die Regierung kann sich nicht aussuchen, ob sie es anwendet.

Wer dies ändern will (wie die Regierungskoalition für die Dauer von drei Monaten), braucht eine Gesetzänderung über das Parlament.

Offline Kampfzwerg

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #48 am: 16. März 2011, 19:23:19 »
Und Rettung für das umstrittene Kohlekraftwerk der E.ON in Datteln?!
Man muss kein Prophet sein, um auf Basis der aktuellen Geschehnisse zu vermuten, dass das schon totgesagte E.ON Kraftwerk in Datteln jetzt wieder eine neue Chance erhält! Gutachten und Genehmigungsverfahren hin oder (auch) mehrfache Rechtsbeugung her.
Auf die prognostizierte Leistung von 1.050 Megawatt wird die Regierung nun mit Sicherheit nicht verzichten wollen.
Und E.On muss um seine 1,2 Millarden Investition, zzgl. ev. anfallender Rückbaukosten, nicht mehr bangen.

Zitat
Das Kohlekraftwerk des Energiekonzerns E.ON in Datteln bei Dortmund ist durch eine neues behördliches Genehmigungsverfahren nicht zu retten. Das ist das Resultat eines am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellten Rechtsgutachtens des Dresdner Universitätsprofessors Martin Schulte, das er im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) anfertigte
...
Das OVG in Münster hatte im September 2009 den Bebauungsplan des E.ON-Projekts für unwirksam erklärt.
...
Nach seiner Fertigstellung sollte das Kraftwerk mit einer Leistung von rund 1.050 Megawatt eines der größten Steinkohlekraftwerke Europas werden. Die Gesamtinvestition beträgt rund 1,2 Milliarden Euro
http://www.verivox.de/nachrichten/gutachten-keine-chance-fuer-eon-kraftwerk-datteln-65973.aspx

Offline RR-E-ft

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #49 am: 16. März 2011, 19:45:56 »
E.ON will Unterweser nur auf Weisung der Atomaufsicht runterfahren

Aus der Merkel-Show am Dienstag hätte man entnehmen können, dass die Stillgeungsverfügung schon rausgegangen sei, statt dessen bisher nur  ein Wunsch-Zettel des Ministerpräsidenten.

Dass E.ON auch guten Freunden nicht jeden Wunsch erfüllt, liegt auf der Hand.

E.ON hat Isar 1 doch nicht vom Netz genommen, sondern wartet auf Weisung der Atomaufsicht

Mal sehen, welcher Altmeiler nun überhaupt noch vom Netz geht.

Offline Wolfgang_AW

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #50 am: 16. März 2011, 20:18:55 »
@h.terbeck

Es ist doch, salopp ausgedrückt völlig wurscht, wem oder was die Überprüfung der KKws geschuldet ist. Wichtig ist, dass sie überhaupt stattfindet!

Offen bleibt, auf welcher Basis diese Überprüfung stattfindet. Welche Sicherheitsrichtlinien zu Grunde gelegt werden. Anscheinend gibt es ja zwei, einmal diejenige nach der Herr Röttgen verfährt und diejenige mit erhöhten Anforderungen, die zwar vorliegt, aber von Herrn Röttgen nicht in Kraft gesetzt wurde.

Eine Überprüfung nach dem alten Standard dürfte keinen neuen Erkenntnisse bringen, denn dieser Maßstab wird ja bereits angewandt.
Daran gemessen wäre auch keine Abschaltung gerechtfertigt, dann sonst hätte ja auch die Laufzeitverlängerung von 8 Jahren der alten KKWs nicht erfolgen dürfen.

Die Frage, nach welchen Kriterien die Bundesregierung nun zusätzlich überprüfen will, ohne dass das Moratorium als Wahlkampfgeplänkel abgetan wird, ist noch zu klären.

Jedenfalls ist die Volte der Bundesregierung schwer erklärbar, wenn man nicht die in einem Schwachstellenbericht aufgezeigten Basismängel oder die ungenügende Auslegung gegen Flugzeugaufschläge mit berücksichtigt.

Aus dem Schwachstellenbericht
Zitat
Das Gefährdungspotenzial der älteren deutschen Kernkraftwerke beruht vor allem darauf, dass „eine Sicherheitsbewertung der deutschen Atomkraftwerke einschließlich einer Überprüfung der alten Sicherheitsnachweise nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik nicht vorliegt“ [RENNEBERG 2010]. Der von der deutschen Bundesregierung beschworene weltweit höchste Sicherheitsstandard mag daher für die Regelwerke in Anspruch genommen werden, aber nicht notwendigerweise für alle real existierenden Anlagen.

Ebenso finde ich die Hinweise, dass unsere Reaktion der Abschaltung nicht sinnvoll sei, da die französischen Meiler gleich über dem Rhein liegen schon langsam mehr als \"Banane\". Eine Nachrüstung oder Abschaltung der gemeinten französischen Meiler kann nur gefordert werden, wenn wir hier unser Haus bestellt haben.
Zudem die Rücknahme der Laufzeitverlängerung/Abschaltung unsere Energiesicherheit nicht gefährdet - sie gefährdet nur die zusätzlichen Milliardengewinne der Energieriesen!
Außerdem, die meisten der in Rede stehenden Meiler waren in letzter Zeit gar nicht bzw. eher weniger als mehr am Netz.

Weder Zynismus noch das Fingerzeigen auf fremde Meiler hilft hier weiter, sondern das Denken des bislang nicht Gedachten, um das vorhandene Restrisiko so klein als irgend möglich zu gestalten.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

Offline userD0010

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #51 am: 16. März 2011, 20:38:17 »
Zitat
Ebenso finde ich die Hinweise, dass unsere Reaktion der Abschaltung nicht sinnvoll sei, da die französischen Meiler gleich über dem Rhein liegen schon langsam mehr als \"Banane\". Eine Nachrüstung oder Abschaltung der gemeinten französischen Meiler kann nur gefordert werden, wenn wir hier unser Haus bestellt haben.

Wenn die Abschaltung deutscher AKW wegen des Gefährdungspotentials gefordert oder (vermutlich nicht) umgesetzt wird, ist dies vor dem Hintergrund der auf der anderen Rheinseite befindlichen französischen AKW und deren ähnlichen Gefährdungspotentials eben nicht Banane.
Fakt ist doch, dass ein deutsches Fordern von Abschaltung der französischen Kernkraftwerke, die immerhin 80 Prozent des französischen Stromverbrauchs liefern, in Frankreich nur Kopfschütteln oder ein müdes Lächeln hervorrufen, auch wenn \"wir unser Haus bestellt haben\".

Wenn natürlich ein sog. Experte darauf verweist, dass ein belgisches AKW in der Region betrieben wird, in der um das Jahr 1600 ein größeres Erdbeben stattgefunden hat, muss man sich um das entsprechende Gefährdungspotential schon erhebliche Sorgen machen.

Warten wir´s ab.  Unser sog. Regierungsteam ist doch schon heute wegen der unbedachten Beruhigungspillen gekniffen. Schäuble hat die finanziellen Forderungen an die Energiekonzerne doch bereits in seine Haushaltsplanung einbezogen und die plötzliche Idee, dass die Energiekonzerne die Frechheit besitzen könnten, Schadenersatzansprüche anzumelden, wird diese Haushaltsplanung ganz schön durcheinander bringen.

Und eON wird sich garantiert jedes Zugeständnis zur AKW-Abschaltung teuer erkaufen, siehe Datteln.

Offline RR-E-ft

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #52 am: 16. März 2011, 22:07:11 »
Man kann wohl davon ausgehen, dass die Bundesregierung die Öffentlichkeit getäuscht hat.

Teil I Das Moratorium der Laufzeitverlängerung

Zum Moratorium heißt es heute, dass die Regierung ein vom Parlament beschlossenes Gesetz zur Laufzeitverlängerung weder aussetzen könne, noch die Absicht dazu gehabt habe.

Wenn die Bundesregierung meint, eine Denk- oder Atempause zu einem Thema zu brauchen, so kann sie deshalb nicht vorübergehend Parlamentsgesetze außer Kraft setzen. Sie bleibt an die geltenden Gesetze gebunden und hat diese umzusetzen. Welche Gesetze angewendet werden und welche nicht, steht nicht zur Disposition der Bundesregierung und erst recht nicht der Bundeskanzlerin allein, mag man darüber auch Einvernehmen mit einzelnen Landesregierungen hergestellt haben.  

Teil II Die Abschaltanordnungen für sieben plus ein Altmeiler

Man hatte wohl gehofft, die Kraftwerksbetreiber würden sich nach der öffentlichen Verlautbarung der Bundeskanzlerin am Dienstag freiwillig dem öffentlichen Druck beugen und die betroffenen Anlagen unverzüglich vom Netz nehmen. Es deutet einiges auf einen solchen Poker hin. Es wäre ein reiner Poker um öffentliche Meinung mit dem Risiko des totalen Glaubwürdigkeitsverlustes.

Die Stromkonzerne beugen sich nun aber nicht freiwillig.

E.ON weigert sich zum Beispiel, Isar 1 und Unterweser ohne Anweisung der Atomaufsicht vorübergehend vom Netz zu nehmen. RWE zB. bei Biblis nicht minder. Auch EnBW wartet auf behördliche Abschaltanweisungen.

Niedersachsen hat die Atomaufsicht über Unterweser, hat jedoch keine Stillegungsanordnung getroffen, wohl um das Land nicht den Schadensersatzrisiken auszusetzen. Statt dessen verweist Niedersachsen darauf, man warte selbst auf eine (für das Land bindende) Anweisung des Bundes, eine Stillegungsverfügung zu treffen.
Na klar doch, um die Schadensersatzrisiken beim Bund zu belassen.

Eine solche verbindliche Weisung kann der Bund eigentlich wohl nur dann geben, wenn das Land selbst sich  unter Verstoß gegen das Atomgesetz weigert, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 AtG die Betriebsunterbrechung anzuordnen, insbesondere bei Gefahr im Verzug.

Der Bund selbst hat entsprechende verbindliche Weisungen an die entsprechenden Landesbehörden der betreffenden Bundesländer, denen jeweils die Atomaufsicht gegenüber den Betreibern obliegt, wohl noch gar nicht auf den Weg gebracht.

Mit anderen Worten:

Die Stillegungsverfügungen nach § 19 AtG, von denen die Bundeskanzlerin sprach, existieren wohl tatsächlich noch gar nicht.
Sie lassen sich allein deshalb auch nicht gerichtlich überprüfen.

Wenn sich das zu diesem sensiblen Thema bewahrheiten sollte, steht wohl alsbald wieder ein großer Zapfenstreich an, möglicherweise mit dem \"Lied von der unruhevollen Jugend\".  

Thema Brennelementesteuer:

Die fällt seit 01.01. an, wenn Brennelemente ausgetauscht werden.
Die Stromer haben deshalb noch letztes Jahr Brennelemente bis zum Abwinken ausgetauscht. Nun steht deshalb erst mal kein Austausch an.
Und wenn die Anlagen vom Netz sind und nicht produzieren, gibt es  natürlich auch nichts auszutauschen....

Offline RR-E-ft

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #53 am: 16. März 2011, 22:37:34 »
Politischer Poker geht nicht auf. E.ON sperrt sich.

AKW- Abschaltung auf wackeligen Füßen

Schwierigkeiten beim Herunterfahren der AKW

AKW-Wende ausgebremst?

Mappus sei der einzige Ministerpräsident, dessen Landesregierung selbst entsprechende atombehördliche Weisungen zum Abschalten gegeben habe. Saulus wurde auch nach seinem Damaskus- Erlebnis zum Paulus.

Offline Wolfgang_AW

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Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
« Antwort #54 am: 16. März 2011, 22:56:43 »
Fukujima ist ein Siederwasserreaktor. Hier noch ein Auszug aus dem Schwachstellenbericht, der ältere Siedewasserreaktoren betrifft.

Er beschreibt in erschreckender Ähnlichkeit, was derzeit wohl in Japan in oder an den Sicherheitsbehältern (Containment) geschieht.

http://www.risk.boku.ac.at/Schwachstellenbericht_SWR_69.pdf

Zitat
4. Sicherheitsbehälter

Der Sicherheitsbehälter (Containment) ist die wichtigste Schutzbarriere im Fall eines
Lecks an der druckführenden Umschließung (Rohrleitungen und Reaktordruckbehälter)
und soll den Radionuklidaustrag in die Reaktorhalle und in der Folge in die 26
Umgebung verhindern. Das Versagen des Sicherheitsbehälters würde Freisetzungen
von radioaktiven Stoffen in die Umgebung zur Folge haben.
In Abbildung 6 ist der rot eingefärbte Bereich der Reaktordruckbehälter, der blaue
Bereich die toroidale Kondensationskammer. Unter dem Reaktordruckbehälter sind
im Steuerstabantriebsraum die Steuerstabantriebe zu erkennen. Der Sicherheitsbehälter
eines SWR 69 hat am Boden eine Stahlschale. Darunter befindet sich ein
Betonboden, der Splitterschutz und Abschirmfunktion hat.
Entsprechend der Studie der GRS [LÖFFLER 2006] zur PSA-Level 2 von Anlagen
der SWR 69-Baulinie erfolgt im Fall eines schweren Unfalls ein Kernversagen typischerweise
bei niedrigen Drucken. Die Wahrscheinlichkeit der Rückhaltung eines
teilweise geschmolzenen Kerns im RDB ist äußerst gering (f<2%). Kurz nach dem
RDB-Versagen erfolgt das Durchschmelzen des Stahlbodens des Sicherheitsbehälters
in den Steuerstabantriebsraum (CRDR: control rod driving room): Durch
den Druckanstieg versagt das Containment noch vor dem Einleiten der gefilterten
Druckentlastung des Sicherheitsbehälters: Es kann zur schlagartigen Wasserstoffverbrennung
außerhalb der Sicherheitsbehälters kommen, wodurch neue Freisetzungspfade
entstehen. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine frühe
Radionuklidfreisetzung in die Umgebung. Bei der Diskussion der SAM (severe accident
management)-Maßnahmen, wie z.B. der Flutung des CRDR zum Schutz gegen
RDB-Versagen könnte der entstehende Dampf sogar die Kühlwirkung des Wassers
beeinträchtigen und dadurch ein großflächiges Versagen des RDB auslösen. Die resultierenden
Folgen für die Freisetzung von Radionukliden wären noch katastrophaler
[SCHEIB 2009].
(...)
Ein zusätzliches Problem ist das kastenförmige Reaktorgebäude, das im Vergleich
zu kugelförmigen Konstruktionen verwundbarer ist, was insbesondere in Zusammenhang
mit äußeren Einwirkungen an vielen Stellen diskutiert wird.

Man muss daher bei dem Sicherheitsbehälter der SWR 69 - Baulinie von einer
schwerwiegenden konstruktiven Schwachstelle sprechen, die auch durch Ertüchtigungsmaßnahmen
nicht wesentlich zu entschärfen sein wird.
Anzumerken ist weiterhin die Problematik von Betonstrukturen, wie z.B. der Bodenwanne,
die neben thermomechanischen Beanspruchungen auch Witterungseffekten,
chemischen Angriffen und gegebenenfalls hohen Strahlungsdosen ausgesetzt sein
können.
(...)

Eine umfassende Studie über die Alterung französischer Kühltürme ergab, dass zwar
ein Erreichen der projektierten Lebensdauer von 40 Jahren möglich ist, die Sicherheitsmargen
aber deutlich geringer sind, als vorgesehen [BOLVIN 1993]. Für ältere
Anlagen wurde 1992 eine verstärkte Überwachung angeordnet. In der Schweiz wurde
1991 ein systematisches Alterungsüberwachungsprogramm für die Baustrukturen
in KKWs eingeleitet [ZWICKY 1993]. Weitgehend nicht beachtet wird bisher die erforderliche
Berücksichtigung der durch Alterungsphänomene verursachten Schwächung
der Strukturen bei der seismischen Absicherung, die mit Auslegungs-
Materialkennwerten erfolgt7.
Der Bericht des TÜV-Süd zur Sicherheit des Kernkraftwerkes KKI 1 vom Juli 2010
zieht im Kapitel „Einwirkungen von außen aus sehr seltenen Ereignissen“ nur einen
Flugzeugabsturz (zufälliger Absturz einer Militärmaschine) und die von einer chemischen
Explosion hervorgerufene Explosionsdruckwelle in Betracht, behandelt jedoch
nicht die Erdbebensicherheit der Kraftwerksanlage.

Zu der deutschen Erdbebensicherheit sagt der Bericht

Zitat
Die IAEA empfiehlt deshalb in ihren Richtlinien für die Standortauswahl nuklearer Anlagen
nicht nur eine Mindestbemessung mit einer Intensität von 7°MSK für seismisch
nicht aktive Gebiete, sondern darüber hinaus die Bestimmung eines maximal möglichen
Bebens nach dem Stand der Wissenschaft, wobei moderne Untersuchungsmethoden
(Paläoseismologie, Geomorphologie, trenching an Bruchlinien) angewendet
werden sollen, um die seismotektonische Aktivität von Störungszonen
besser beurteilen zu können. Dies ist bislang in Deutschland nur in der Niederrheinbucht
erfolgt und hatte für das KKW Mühlheim-Kärlich einschneidende Konsequenzen.

(...)

Zitat
6. Sicherheitsanalysen
Es gibt zwei komplementäre Methoden für die Sicherheitsanalyse von Kernkraftwerken.
Bei der deterministischen Sicherheitsanalyse, die normalerweise für das
Genehmigungsverfahren verwendet wird, wird das Verhalten der Anlage für den Fall
ausgewählter und vermuteter, die Auslegung begrenzender Typen von Unfallszenarien
bewertet, wobei typischerweise ein Einzelfehler einer aktiven Komponente in einem
der Sicherheitssysteme angenommen wird, das bei dem auslösenden Störfall
ansprechen muss.
Dieses Verfahren berücksichtigt aber nicht, wie wahrscheinlich es ist, dass mehrfaches
Komponentenversagen nach dem auslösenden Störfall auftritt, mit welcher
Wahrscheinlichkeit menschliche Fehler geschehen und wie wahrscheinlich es ist,
dass das Auftreten eines menschlichen Fehlers entdeckt und erfolgreich korrigiert
werden kann, bevor eine massive Kernschädigung eintritt.
Hervorhebung durch den Autor


Die Wirklichkeit hat diesen Bericht innerhalb kürzester Zeit nicht nur ein- sondern sogar überholt.


Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
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(Alfred Polgar)

Offline RR-E-ft

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« Antwort #55 am: 16. März 2011, 23:05:40 »
Einem namentlich nicht genannten Fatalisten aus dem Münsterland braucht man das wohl nicht sagen. Schließlich strebt man ja sowieso ab der Geburt dem Grabe zu und jeder Lebenstag lässt die Wahrscheinlichkeit steigen, dass es alsbald soweit ist. Bis dahin kann man es getrost auch einmal krachen lassen. Dann hat man wenigstens etwas erlebt.

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« Antwort #56 am: 17. März 2011, 07:32:52 »
E.ON will gegen Abschaltung klagen


Wenn die Konzerne Zweifel an der Rechtmäßigkeit aufsichtsrechtlicher Abschaltverfügungen haben, müssen sie entsprechend ihrer Verpflichtung gegenüber den eigenen Aktionären dagegen gerichtlich vorgehen.

Siegfried Kauder als Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestages verweist darauf, dass nach dem geltenden Atomgesetz eine Abschaltverfügung wegen Gefahr gem. § 19 AtG nur dann zulässig ist, wenn tatsächlich aus einem Meiler Radioaktivität austritt. Dann ist es jedoch bekanntlich schon zu spät. Denn der unkontrollierte Austritt von Radioaktivität setzt den GAU voraus.

Also müssten die gesetzlichen Grundlagen geändert werden.
Wenn es der Bundesregierung mit der Abschaltung ernst ist, kommt sie um ein Abschaltgesetz nicht herum.

Offline Cremer

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« Antwort #57 am: 17. März 2011, 07:41:40 »
Und der RWE Vorstandsvorsitzende hatte gestern bereits in der Presse angekündigt, dass aufgrund der Abschaltungen von Kernkraftwerken die Strompreise steigen werden.

@H. Fricke
Insofern bestärkt dies meine Aussage von gestern morgen ;)
Es mag ja zwar sein, das dies nicht der grund sein kann, aber es ist nun mal so. Die Oligopole nehmen doch jede Chance war, die Preise anzuheben und damit Ihren Gewinn weiter zu steigern.

Wo bitte schön bleibt die Politik; die müßte dringend mal in die Preispolitik der Konzerne endlich eingreifen.

Malzeit
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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« Antwort #58 am: 17. März 2011, 07:53:15 »
Zitat
Einem namentlich nicht genannten Fatalisten aus dem Münsterland braucht man das wohl nicht sagen. Schließlich strebt man ja sowieso ab der Geburt dem Grabe zu und jeder Lebenstag lässt die Wahrscheinlichkeit steigen, dass es alsbald soweit ist.

Äußerst beruhigend ist, dass Gleiches auch für Nicht-Fatalisten uneingeschränkt Gültigkeit besitzt !
Außer Kraft setzen können Nicht-Fatal-isten dies nur durch Verhindern der Wahrscheinlichkeit weiterer Lebenstage.

Fatal war und ist sicherlich der Bau und Betrieb von AKW in Gebieten, in denen -wie Japan- tektonische Verwerfungen in höchstem Maße anzunehmen sind.

Vielleicht verwechselt der Hinweisgeber jedoch Fatalismus mit Determinismus.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #59 am: 17. März 2011, 07:59:02 »
@Cremer

Bisher gehen alle davon aus, dass sich die Großhandelspreise an der Börse aufgrund der merit-order-Preisbildung bilden. Das kann bei Abschalten der Atomkraftwerke zu einer Verschiebung hin zu teureren Erzeugungsanlagen führen und zudem kann sich die Erzeugung in Kohlekraftwerken durch steigende Preise für Verschmutzungsrechte (Zertifikate) erhöhen.

Auf die Verbraucherpreise wirken sich jedoch steigende ebenso wie sinkende Großhandelspreise nicht unmittelbar aus.
Dass sich um 40 Prozent gesunkene Großhandelspreise unmittelbar bei den Verbrauchern ausgewirkt hatten, ist jedenfalls nicht bekannt geworden.

Im Gegenteil verwies der BDEW im April 2009 darauf, dass sich sinkende Großhandelspreise nicht unmittelbar auf die Verbraucherpreise auswirken. Das soll daran liegen, dass der Strom von den Stromlieferanten bereits lange in der Vergangenheit zu seinerzeit geltenden Großhandelspreisen vertraglich gebunden wurden.

Erinnerung:

Drastisch gesunkene Großhandelspreise für Strom, aber steigende Strompreise für Verbraucher

Das kann heute nicht anders sein.

Die Konzerne verweisen zurecht darauf, dass das staatlich angeordnete Abschalten von Kernkraftwerken den größten Eingriff der Politik in ihre Preispolitik darstelle.

Die Stadtwerke haben immer darauf verwiesen, dass der Ausstieg aus der Kernkraftnutzung zu mehr Angebotsvielfalt auf dem Stromerzeugungsmarkt und somit Wettbewerb und in dessen Zuge zu günstigeren Strompreisen führen würde. Deshalb hatten die Stadtwerke gegen die beschlossene Laufzeitverlängerung protestiert. Näheres bei der VKU- Buschtrommel.

 

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