Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Die gesetzliche Tarifbestimmungspflicht wie auch die gesetzliche Verpflichtung zur Tarifabsenkung ergibt sich unmittelbar aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Für Sonderverträge gilt die gesetzliche Tarifbestimmungspflicht überhaupt nicht.
--- Ende Zitat ---
Das gesetzliche Preisanpassungsrecht kann aber durch vertragliche Einbeziehung des § 5 GVV in Sonderverträge mit übernommen werden (BGH, VIII ZR 246/08 Leitsatz). Das würde nicht funktionieren, wenn die Pflicht gar nicht auf § 5 GVV sondern auf § 36 EnWG beruhte.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Die gesetzliche Tarifbestimmungspflicht wie auch die gesetzliche Verpflichtung zur Tarifabsenkung ergibt sich unmittelbar aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG.
Auch der BGH spricht eindeutig von einer gesetzlichen Tarifanpassungspflicht zugunsten der Kunden (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 225/07 Rn. 28, VIII ZR 320/07 Rn. 29, VIII ZR 81/08 Rn. 18], ebenso wie von der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Tarife an den Maßstab der Billigkeit die Rede ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 225/07 Rn. 28].
--- Ende Zitat ---
Bei BGH BGH KZR 2/07 Rn. 26 spricht der BGH von einem Preisänderungsrecht und nicht von einer Preisänderungspflicht. Zudem wird dort auch keineswegs vom BGH gesagt, dass die Bindung an den Maßstab der Billigkeit aus § 36, 1, 2 EnWG folgt.
Das Gleiche gilt für BGH VIII ZR 225/07 Rn. 28. und VIII ZR 320/07 Rn. 29 Auch dort spricht der BGH allgemein nur von einer Bindung an billiges Ermessen, ohne Bezug auf § 36 EnWG zu nehmen.
RR-E-ft:
@Black
Sie labern heute aber.
Von Sonderverträgen reden wir jetzt mal gar nicht, sondern nur von der gesetzlichen Tarifbestimmungspflicht des Grundversorgers als solchem.
Die Sache mit den Sonderverträgen wird der EuGH erledigen. Das funktioniert sowieso nicht.
Lesen Sie bitte genau.
Der BGH spricht jedenfalls von einer gesetzlichen Regelung, die den Versorger zur Anpassung der Tarife zugunsten der betroffenen Kunden verpflichtet.
Es gibt eine gesetzliche Tarifbestimmungspflicht gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, die den betroffenen Kunden eine möglichst preisgünstige Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen gewährleisten muss.
Die so getroffene Tarifbestimmung steht sicher nicht für alle Zeiten unveränderbar fest, so dass die Tarifbestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG durch den Grundversorger von Zeit zu Zeit neu getroffen werden muss.
Und diese rechtsgestaltende Neubestimmung (des Preises, zu dem er jeden Haushaltskunden beliefern muss) kann er zutreffend treffen oder aber unzutreffend treffen.
Soviel Auswahl war selten, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB kennt genau zwei Alternativen und nichts dazwischen, so wie bei schwanger/ nicht schwanger.
Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Tarifanpassung zugunsten der betroffenen Kunden, soweit dem Versorger eine solche Anpassung möglich ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßtstab der Billigkeit gebunden ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26)
Auch bei der Tarifneufestsetzung hat der Versorger die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1Abs. 1 EnWG zu berücksichtigen (BGH VIII ZR 240/90 unter III.1, VIII ZR 138/07 Rn. 43).
Die getroffene Tariffestsetzung unterliegt der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, ohne dass es dafür auf die Frage ankommt, ob Wettbewerber vorhanden sind (BGH VIII ZR 36/06).
Es besteht ein Spielraum. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung, die der Versorger eigenverantwortlich zu treffen hat, § 2 Abs. 1 EnWG.
Diese Ermessensentscheidung muss intern kontrolliert werden und muss sich auch gerichtlich überprüfen lassen, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
Wie kontrolliert der Versorger, ob seine getroffene Tarifbestimmung der Billigkeit entspricht und somit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für die betroffenen Kunden überhaupt nur verbindlich ist?!
Wie kontrolliert der Versorger, ob seine zuletzt gem. § 36 Abs. 1 EnWG getroffene Tarifbestimmung (noch) zutreffend ist, (noch) der Billigkeit entspricht und somit für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB überhaupt nur (noch) verbindlich ist?!
Oder meinetwegen für Sie mit Reuse:
Wie kontrolliert der Grundversorger dasjenige, was er jedenfalls kontrollieren muss und was auch einer gerichtlichen Kontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterzogen werden kann?!
Und was ergibt sich dabei aus § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, wenn er einen zu Lasten der betroffenen Kunden bestehenden Fehler der von ihm selbst getroffenen rechtsgestaltenden Leistungsbestimmung feststellt?!
Der Grundversorger und dessen Berater selbst müssen doch die Kriterien, Maßstäbe und Richtlinien zumindest selbst nachvollziehen können, anhand derer der Grundversorger die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung immer wieder neu trifft und deren Richtigkeit kontrolliert, kontrollieren muss!
Frage an den Experten aus dem Versorgerlager:
Welche Kriterien, Maßstäbe und Richtlinien sind das konkret?!
Oder haben Sie in Wahrheit gar keine Ahnung davon?!
Haben Sie sich bis heute nur durchgeaalt?!
--- Zitat ---Original von Black
Niemand bestreitet die Pflicht zur Tarifsenkung bei sinkenden Kosten.
--- Ende Zitat ---
Schön. Wer kontrolliert wie die Einhaltung dieser vollkommen unbestrittenen Pflicht und wie wird ein Verstoß sanktioniert?!
Get the blues.
Lothar Gutsche:
Als Mathematiker erlaube ich mir, einen Vorschlag zur Messung der Billigkeit zu unterbreiten. Was halten die Volljuristen von einem konkreten Betrag in Cent/kWh oder eine konkrete Prozentzahl, um die ein Preis für Strom oder Gas nicht überhöht sein darf?
In der internen Rechnungslegung je Geschäftssparte sollte nach § 10 EnWG für jedes Geschäftsjahr ein Gewinn in Cent/kWh ablesbar sein. Wenn dieser Gewinn die ebenfalls nach § 10 EnWG bekannten Kosten um einen bestimmten, prozentualen Wert überschreitet, dann ist der Preis nicht mehr mit der Forderung nach Preisgünstigkeit aus § 1, § 2 EnWG zu vereinbaren. Die übrigen Ziele aus § 1 EnWG wie Umweltverträglichkeit und Sicherheit wären überhaupt nicht beeinträchtigt, wenn dieser Gewinn begrenzt würde. Als Grenzwert würde ich in Anlehnung an § 7 Abs. 6 S. 2 StromNEV und § 7 Abs. 6 S. 2 GasNEV eine Rendite von maximal 10 % für akzeptabel halten.
Einem Verbraucher sind diese Daten als interne Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Versorgungsunternehmens nicht bekannt. Doch ersatzweise kann der Verbraucher bei publizitätspflichtigen Unternehmen die Eigenkapitalrendite des Energieversorgers über alle Produkte heranziehen. Wenn die Eigenkapitalrendite 10% übersteigt, dann sollte der Preis unbillig sein. Falls es sich bei dem Energieversorger sogar um ein Kommunalunternehmen handelt, können auch niedrigere Eigenkapitalrenditen als 10 % aus Kommunalvorschriften wie Gemeindeordnungen oder aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen zur Kommunalfinanzierung abgeleitet werden.
Mit einem solchen Messverfahren für die Billigkeit spielt die Diskussion um ein Ermessen des Versorgers keine Rolle mehr. Die äußerste Grenze des Ermessens wäre bei Überschreiten des Referenzwertes von z. B. 10 % Eigenkapitalrendite überschritten.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de
tangocharly:
Das fälllt durch:
Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von Lothar Gutsche
Als Mathematiker erlaube ich mir, einen Vorschlag zur Messung der Billigkeit zu unterbreiten. Was halten die Volljuristen von einem konkreten Betrag in Cent/kWh oder eine konkrete Prozentzahl, um die ein Preis für Strom oder Gas nicht überhöht sein darf?
--- Ende Zitat ---
Auch Mathematiker bräuchten für einen solchen Vergleich wohl zunächst den richtigen Preis. Woher nimmt man den? Wo ruft man an?
Der Volljurist würde meinen, wenn man schon den richtigen Preis kennt, dann sollte man doch gleich den nehmen.
Es ist doch nicht wie bei der Fleischersfrau mit dem Daumen auf der Wagge und der Frage \"Darf´s ein bisschen mehr sein?\".
Wüsste der Metzger, dass 10 % Aufschlag in Ordnung gehen, eicht er die Waage gleich entsprechend um.
Möglicherweise hat er schon umgeeicht und seine Frau drückt immer noch mit dem Daumen.
Wir denken da ein bisschen anders. ;)
So einfach ist es wirklich nicht. Es gibt keine einfache Messlatte.
Es geht um teilweise sehr unternehmensindividuelle Kosten, Spielräume und Ermessensentscheidungen, auch Prognosen (in Bezug auf den grundversorgungsspezifischen angemessenen Risikoaufschlag).
Entweder Black benennt jetzt mal die konkreten Kriterien, Maßstäbe und Richtlinien, nach denen die Versorger sich und ihre zu treffenden Entscheidungen selbt kontrollieren oder er outet sich als aalglatter Laberkopp, der eigentlich keine Ahnung von dem hat, was er den ganzen Tag schreibt, weil auch gar keine Kontrollen bei den Versorgern stattfinden.
Diese konkreten Kriterien, Maßstäbe und Richtlinien ließen sich dann auf ihre Tauglichkeit abklopfen.
Meine bisherige Arbeitshypothese:
Jeder Grundversorger macht unkontrolliert, was er will.
Insbesondere kontrollfähige Tarifabsenkungen sind in deren Gedankenwelt gar nicht vorgesehen.
Jeder Grundversorger trachtet danach, von den betroffenen Kunden das absolut Maximale zu ergattern ohne Rücksicht auf gesetzliche Verpflichtungen. Auch rechtlich nicht geschuldete Beträge werden munter zur Abrechnung gestellt und die betroffenen Kunden werden insoweit darüber getäuscht, die Tarifkalkulationen würden ordnungsgemäß erfolgen und getroffen.
§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB regelt gesetzlich, wann etwas unverbindlich und deshalb vertraglich nicht geschuldet ist.
Darüber darf man niemanden täuschen.
Wer darüber enttäuschend täuscht, der enttäuscht nicht nur.
Die jedenfalls bestehende gesetzliche Verpflichtung des Grundversorgers, den Tarif abzusenken, sobald und soweit es ihm möglich ist (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18] dient jedenfalls dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden. Diese gesetzliche Verpflichtung trifft jedenfalls den Grundversorger. Und dessen Abrechnungen enthalten auch jedenfalls stillschweigend die Erklärung, dass der Tarif ordnungsgemäß kalkuliert, seine Forderung deshalb verbindlich und auch seine Abrechnung deshalb ordnungsgemäß sei. Das ist vollkommen unstrittig. Ist eine der mit der Abrechnung stillschweigend verbundenen Tatsachenerklärungen des Versorgers falsch, kann eine Betrugsstrafbarkeit begründet sein, BGH Az. 5 StR 394/908.
Kommt es erst ans Licht, dann gibt es den Blues.
Viele Verbraucher fühlen sich nicht nur betrogen.
Irgendwann ist dann Schluss.
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