Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB  (Gelesen 109526 mal)

0 Mitglieder und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #90 am: 04. Dezember 2010, 16:41:32 »
@jagni

Ihre Gedankengänge sind gut und richtig.

Welche Interpretationsmöglichkeiten die Bestimmungen des § 315 BGB aufweisen, kann man der sogenannten \"Monopolrechtsprechung\" abgreifen. Selbst dort schon hat der VIII. BGH-Senat, allerdings später erkannt, welches \"Fass dort aufgemacht\" wurde. Schnell wurde zurück gerudert und das Fass wieder zugemacht.

Aber, und das muß bei der Exegese eben auch beachtet werden, als der Gesetzgeber die Bestimmungen gem. §§ 36 Abs. 1 , 1 Abs.1 und 2 Abs. 1 EnWG 2005 im Kreisssaal der Politik das Licht der Welt erblicken ließ, war ihm bekannt, dass die Rechtsprechung auf das Leistungsbestimmungsrecht in der Energieversorgung die Bestimmungen gem. § 315 BGB anwendet, d.h. dem Unwesen ein Fass ohne Boden zu verwenden, sollte nichts Anderes und/oder Wirksameres entgegen gestellt werden.

Und als festzustellen gewesen war, dass in Bezug auf den Unbilligkeitseinwand in der Rechtsprechung der unteren Instanzen immer noch heftig diskutiert wurde, ob selbiger unter § 30 AVBGasV falle oder ob nicht, wurde schnell noch in § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV \"eins-oben-drauf\" gesetzt, indem man dort den § 315 BGB in den Verordnungstext explizierte (was aber auch dringend erforderlich war, weil dies einige unterinstanzliche Richter immer noch nicht kapieren können).

Dass der Gesetzgeber also bei der Neukodifizierung des EnWG in einem \"Dornröschenschlaf\" gesteckt sein und zu §§ 1 u. 2 EnWG vergessen haben könnte,  weitergehenden Merkmale zu kodifizieren, insbesondere auf Rechtsfolgenseite , kann somit nicht unterstellt werden.

Der Gesetzgeber hätte durchaus in § 1 Abs. 3 EnWG einen Hinweis auf § 134 BGB setzen können, ähnlich dem § 1 GWB. Dies impliziert, dass dem Gesetzgeber die \"weiche Federung\" der Versorgungswirtschaft gegenüber einer Meute von zahlungsunwilligen Verbrauchern als ausreichend erschien.

Nur, und dies scheint wohl auch sonst Niemanden ernsthaft zu interessieren, beruhen die Neuregelungen gem. §§ 36 Abs. 1 , 1 Abs.1 und 2 Abs. 1 EnWG 2005 in der jetzigen Fassung auf Gemeinschaftsrecht und sind deshalb auch europarechtskonform anzuwenden und auszulegen (!).

Die genannten Normen beruhen einerseits auf der Gasrichtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2003 und andererseits auf Art. 81, 82, 86 EG-V.

Insbesonder mit § 1 Abs. 1 EnWG wurden die energiewirtschaftsrechtlichen Grundsätze präzisiert und konkretisiert.

Vor dem Hintergrund dieser europäischen Normen erschließt sich auch der Zweck der bundesdeutschen Norm. § 2 Abs. 1 EnWG regelt nunmehr, dass die energiewirtschaftsrechtlichen Grundsätze (im Wege einer gesetzten Verpflichtung) kraft Gesetzes Geltung haben.

Die Norm sichert daher (für den gesamten Energiewirtschaftsbereich !) dass auch jedenfalls dort, wo sich die Parteien auf gleicher Augenhöhe autonom gegenüber stehen, diese Grundsätze zu berücksichtigen sind.

Für die Grundversorgung (§ 36 EnWG) geht diese Verpflichtung allerdings noch viel tiefer, weil dort der Grundversorger zur Versorgung mit Allg. Bedingungen und zu Allg. Tarifen verpflichtet wurde.

Dies - und da hat @RR-E-ft völlig Recht - hindert jedenfalls Vereinbarungen zwischen den Parteien über den Leistungspreis, was auch nur dann möglich wäre, wenn sich zwei Vertragsparteien im Wege der Parteiautonomie gegenüber stehen ( - auf Augenhöhe - ).

Die Auslegung, welche der VIII. BGH-Senat in der Grundversorgung praktiziert, ist mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, jedenfalls dann, wenn sich in diesem Bereich ein \"als vereinbart geltender Anfangspreis\" einstellen soll, um diesen dann wiederum der Kontrolle über § 315 BGB zu entziehen.

In der Grundversorgung wurde die Frage der Allg. Bedingungen vom Gesetzgeber beantwortet und gem. § 39 EnWG i.V.m der GasGVV geregelt. Die Frage der Allg. Tarife hat der Gesetzgeber nach der Neukodifizerung des EnWG nicht beantwortet bzw. nur dahin, dass diese zu veröffentlichen sind.

Diese Frage, d.h. was genau Allg. Tarife sein sollen, war auch nicht zwingend zu beantworten. Denn  zeitens der BTO-Gas war diese Frage bereits beantwortet worden und fand daher mit den dort statuierten Begriffsmerkmalen ihre Ausprägung. Immerhin werden vom VIII. BGH-Senat auch in seinen Entscheidungen die Kriterien genannt (BGH, 15.07.2009, Az.: VIII 225/07, Tz. 15; ).

Einigkeit besteht allseits, dass Tarife, welche nicht der Allg. Versorgung dienen, nicht veröffentlicht werden müssen (BGH, 12.12.1984, Az.: VIII ZR 295/83; ).

Dass Tarife gebildet werden dürfen und wer dazu befugt ist, dies ist nicht die entscheidende Frage.

Die entscheidende Frage ist - vornehmlich für die Grundversorgung - die, welche Tarife, die von der Versorgungswirtschaft gebildet wurden, das Merkmal \"Allgemeiner Tarif\" erfüllen .

Diese Frage wurde nun in BGH, 15.07.2009, Az.: VIII 225/07, allerdings abgehandelt, gestützt auf Auslegungsmerkmale, welche der BGH aus der BTO-Gas abgeleitet hatte.  

Allgemeine Tarife sind demnach nämlich der \"Kleinverbrauchertarif\" und der \"Grundpreistarif\" (VIII ZR 225/07, Tz. 15; ).

Siehe hierzu auch BFH, 31.07.1990, Az.: I R 171/87 (BStBl. 1991 II, S. 315).

Allerdings wissen wir, dass die Versorger, weil es halt besser passt, alle veröffentlichten Tarife als Allg. Tarife ansehen, also auch die sog. \"Bestpreistarife\".

Und dies ist, sagen wir mal einfach so, zumindest fraglich.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Jagni

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 74
  • Karma: +0/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #91 am: 08. Dezember 2010, 15:20:17 »
@tangocharly

mit diesem Tiefgang, wie Sie ihn hier gedanklich ausbreiten, bin ich die Thematik bisher noch nicht angegangen, sondern habe mehr an der Oberfläche gekratzt, was mir allerdings auch schon völlig ausgereicht hat.

Steigt man aber auf Ihren Gedanken ein, dass das Gemeinschaftsrecht ( EU-Klauselrichtlinie 93/13/EWG vom 5. April 1993 sowie die EU-Gasrichtlinie 2003/55/EG vom 26.06.2003) schon die Grundversorgung dirigiert, was nachvollziehbar ist, dann hätte dies auch Auswirkungen hinsichtlich der Transparenzanforderungen an das gesetzliche Preisbestimmungsrecht.

Es wäre dann nämlich zu fragen, ob es richtig ist, dass das gesetzliche Preisänderungsrecht in AGB von der Ausnahme des § 307 Abs 3 erfasst und damit der Transparenzkontrolle entzogen wird, weil es mit der Regelung in einer Rechtsvorschrift (GasGVV § 5 Abs 2) übereinstimmt. Wenn die Klauselrichtlinie 93/13/EWG fordert, dass alle preisbestimmenden und leistungsbestimmenden Klauseln dem Transparenzgebot unterfallen, muss dies auch Auswirkungen auf die Gesetzlichkeit schon in der Grundversorgung eines nationalen Gesetzes haben.

Die Überprüfung beim EuGH könnte daher zu tiefgreifenden Umwälzungen bereits in der Grundversorgung führen.

Hinsichtlich des „Allgemeinen Preises“ so wie er von § 36 EnWG vorgegeben wird, sehe ich es als vordringlich an, dass der Bedeutungsinhalt dieses Rechtsbegriffs festgezurrt wird. Wenn sich das Gesetz in Abstraktheit ergeht, ist es eine Aufgabe für die Rechtslehre oder der Gerichte,  Klarheit zu schaffen. RR-E-ft hat damit einen Anfang gemacht. Offenbar gibt es solche Folgerungen aber noch nicht im Schrifttum.

Der Bedeutungsinhalt könnte sogar so weit geführt werden, dass er auch eine Bindungswirkung für die bisher völlig ungebundene und nur nach innen,  in das Versorgungsunternehmen hinein gerichtete Kostenrechnung erzeugt.

Bisher wird allenthalben darüber geklagt, dass solche aussagekräftigen Kostenkalkulationen, auf die es zwingend ankommt, nicht existieren oder dass die Gerichte nicht in der Lage sind, die Kostenkalkulationen der Versorger nachzuvollziehen. Offenbar regiert im Rechnungswesen der Versorger derzeit nur die Fantasie der Kostenrechner, gesteuert durch die Unternehmenszielsetzungen. Wir haben es aber hier mit gesetzlichen Anforderungen zu tun.

Solange der Bedeutungsinhalt des „Allgemeinen Preises“ nicht verbindlich umschrieben ist, bleibt es bei einer Veranstaltung für Freischwimmer.

Der Bedeutungsinhalt wird zukünftig um so bedeutsamer, weil nach dem neuen Recht des VIII. Senats bei einer unveränderten Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechts der „Allgemeine Preis“ auch in einem Sondervertrag auftaucht, der sich dann aber Normsondervertrag nennt.

Darüber wird noch reichlich nachzudenken sein.

Gruß
Jagni

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #92 am: 08. Dezember 2010, 16:23:44 »
@Jagni

Der obige Praxistest betrifft wieder Fälle, wo in die Sonderabkommen gar keine Preisänderungsklauseln einbezogen wurden.

@tangocharly

Ich habe Schwierigkeiten mit der Formulierung \"auf Augenhöhe\".
Es gibt viele große und kleine Energieversorger und noch mehr große und kleine Leute, die Energie beziehen.
Auf die Größe des einen wie des anderen kommt es jedoch überhaupt nicht an:

§§ 2, 1 EnWG schafft eine klare gesetzliche Verpflichtung für alle Energieversorgungsunternehmen im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas.

Diese kann jedoch nur dort zum Tragen kommen, wo dem Versorger ein Preisbestimmungsrecht und die Pflicht zur Preisbestimmung zufällt.
Dies ist wie oben aufgezeigt aufgrund der gesetzlichen Regelung nur bei §§ 36, 38 EnWG der Fall.

Lässt sich der Versorger bei Abschluss eines Energielieferungsvertrages - im Rahmen der Vertragsfreiheit - vertraglich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in Bezug auf die zu zahlenden Preise einräumen, kommt auch auf die vertraglich geschuldete einseitige Preisbestimmung die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG voll zum Tragen.

Wichtig ist, dass sich der Kunde gegenüber der gesetzlich oder vertraglich vom Versorger geschuldeten einseitigen Preisbestimmung problemlos auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen kann, zudem im Falle verzögerter Preisbestimmung, unstreitig unbilliger Preisbestimmung oder nachweislich unbilliger Preisbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB eine gerichtliche Ersatzbestimmung beantragen kann.

Nachdem es Herrn Kollegen Dr. Hempel als Vertreter für VDEW/ BGW zunächst gelungen war, im Gesetzgebungsverfahren für § 17 GVV eine missverständliche Formulierung einzubringen, schreibe ich mir auf die Fahne, dass es nach mächtigem Trommeln und vielen Anrufen meinerseits unter anderem in den Wirtschaftsministerien der Länder über den Bundesrat doch noch zu der deutlichen Formulierung in § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV kam, wie man sie heute dort vorfindet.  


Bei Abschluss eines Sondervertrages wird jedoch in der Regel ein (zunächst) feststehender Preis vereinbart (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46), was die vertragliche Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts bereits ausschließt (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Im Rahmen der Vertragsfreiheit  vereinbarte Preise gelten kraft vertraglicher Einigung. Da kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, stellt sich auch nicht die Frage, warum Energieversorger wie Teldafax, Lichtblick, Monatana Gas.... für den Vertragsabschluss seinerzeit keine günstigeren Preise angeboten hatten, obschon sie es vielleicht gekonnt hätten.

Im Gegensatz zum VIII. Zivilsenat des BGH gehe ich davon aus, dass keine Rechtfertigung dafür besteht, an die Transparenzkontrolle hinsichtlich Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen geringere Anforderungen zu stellen sind, als sie die Rechtsprechung anderer Senate des BGH regelmäßig fordert.

Ist eine Klausel unwirksam, gilt der bei Vertragsabschluss im Rahmen der Vertragsfreiheit  vereinbarte Preis, § 433 BGB.
Der Versorger ist demgegenüber weder zu einseitigen Preiserhöhungen berechtigt, noch zu Preisherabsetzungen verpflichtet, so dass Chancen und Risiken aus sich während der Vertragslaufzeit ändernden Kosten zwischen Versorger und Kunden gleichverteilt sind (vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11. 2008  Az. 2 HK O 95/08].

Einen Sockel braucht wohl niemand.
Ich brauche jedenfalls keinen.

(Für alle die, wo noch Sockel nötig haben). ;)

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #93 am: 08. Dezember 2010, 17:24:17 »
\"Wieviele Gedanken passen auf eine Nadelspitze\"

Der VIII. BGH-Senat denkt, der Gesetzgeber wolle keine umfassende staatliche Preiskontrolle.

Der bundesdeutsche Gesetzgeber denkt, er habe die gemeinschaftsrechtlichen Rechtssätze des europäischen Normgebers vollständig umgesetzt.

Der Europäische Normgeber denkt, dass sein Modell zum Verbraucherschutz perfekt und dass der Wettbewerb im Energiesektor gesichert sei.

Deutsche Energieversorger denken, dass seit dem 13.06.2007 alles für sie von Interesse Grundsätzliche höchstrichterlich entschieden sei.

Deutsche (Energie-)Verbraucher denken, dass ihr Recht billig und vom bundesdeutschen Gesetzgeber verbürgt sei.

Kurzum: die Nadel könnte beliebig erweitert werden, wie ein Schaschlikstab.

Der Kern des Übels liegt darin, dass immer da, wo das Prinzip regiert \"Keiner weiß von was\", eine totale Verunsicherung herrscht.

Mag der VIII. Senat lobenswerterweise versucht haben, hier für Klarheit zu sorgen, dann bleibt immer noch die Frage offen, warum diese Klarheit bei einem sogenannten \"vereinbarten Anfangpreis\" enden konnte.

Der sogenannte Anfangspreis segnet alles ab, was §§ 1 u. 2 EnWG gerade nicht wollen (und dies gilt ja nicht nur für die Grundversorgung, sondern beispielsweise auch für den Netzzugang, etc.).

Gesehen hat dies der VIII. Senat ja wohl schon, aber dann wieder nur auf die dem Vertragsschluß folgenden, späteren Anpassungen bezogen.

Diesen Ansatz für die hiermit gebildete Barriere findet man in §§ 1 u. 2 EnWG nicht und auch nicht im Gemeinschaftsrecht. Wenn diese durch die bundesdeutsche Gerichtsbarkeit gebildete Barriere rangmäßig vor dem Gemeinschaftsrecht steht, dann ist der BGH stärker als der Europäische Normgeber (Art. 234 EG-V).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #94 am: 08. Dezember 2010, 18:09:49 »
Schade, wenn wir monologisieren.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #95 am: 08. Dezember 2010, 19:39:49 »
Zitat
Einen Sockel braucht wohl niemand. Ich brauche jedenfalls keinen.  (Für alle die, wo noch Sockel nötig haben). Augenzwinkern

.... oder wie wär\'s denn mit diesem Sockel
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #96 am: 08. Dezember 2010, 19:58:46 »
Naja, ich dachte - aus Verbrauchersicht - eher an einen möglichst preiswerten und nicht so hohen Sockel.  :D
(Bitte schleppe hier nun niemand weitere Sockel heran.)

=============

In der Sache meine ich, dass sich die Rechtslage eindeutig aus dem Gesetz ergibt und der VIII.Zivilsenat des BGH diese vom Gesetzgeber geschaffene wie gewollte Rechtslage verkennt, wohl weil einfach noch keiner dorthin kam, der die einschlägigen Normen laut und deutlich mit hinreichender Betonung vorgelesen hätte. Möglicherweise ist es so trivial.

Das gesetzliche Preisbestimmungspflicht ergibt sich unmittelbar aus § 36 Abs. 1 EnWG. § 5 Abs. 2 GVV regelt nur - in Abweichung zu § 315 Abs. 2 BGB - die Ausübung des gesetzlichen Preisbestimmungsrechts. Auf den mit Beweisschwierigkeiten verbundenen Zugang einer entsprechenden unwiderruflichen Willenserklärung wird zugunsten einer leichter nachweisbaren öffentlichen Bekanntgabe verzichtet.


Da zum Beispiel bei den Grundversorgern durchaus unterschiedliche Kostenstrukturen bestehen, ist die gesetzliche Regelung, wie ich sie herausgearbeitet haben wollte, die bestmögliche Regelung, da über § 315 BGB in jedem Falle gewährleistet wird, dass die objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragsteile unter umfassender Würdigung des Vertragszwecks (vorliegend einer einer möglichst sicheren, preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas) Berücksichtigung finden (so schon BGH, Urt. v. 02.10.1991 VIII ZR 240/90 = NJW-RR 92, 183, 184).

Statt die Rechtslage durch einen Blick in das Gesetz zu ergründen, versucht der Senat wohl anscheinend, die Rechtslage  aus seinen eigenen bisherigen Entscheidungen herauslesen zu wollen.
Und eine solche  Vorgesehensweise birgt immanent die Gefahr, dass sich unter anderem Denkfehler als Selbstläufer fortschreiben.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #97 am: 09. Dezember 2010, 19:13:24 »
Zitat
Statt die Rechtslage durch einen Blick in das Gesetz zu ergründen, versucht der Senat wohl anscheinend, die Rechtslage aus seinen eigenen bisherigen Entscheidungen herauslesen zu wollen. Und eine solche Vorgesehensweise birgt immanent die Gefahr, dass sich unter anderem Denkfehler als Selbstläufer fortschreiben.

Das was Sie hier beschreiben stellt ein \"institutionelles Versagen des Systems\" dar.

Im Sozialrecht hat das Bundessozialgericht für den Fall des Systemsversagens einen \"sozialrechtlichen Herstellungsanspruch\" geschaffen, wodurch dem Bürger die Teilhabe am System der sozialen Absicherung gewährleistet werden soll.

Daseinsvorsorge ist halt nicht Sozialrecht.

Und der Bundesgerichtshof ist halt nicht das Bundessozialgericht.


N.B.: Was auf einem Sockel steht, kann auch von selbigem stürzen. Und dann liegt es nicht mehr darauf, sondern daneben.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #98 am: 10. Dezember 2010, 00:01:23 »
Nach der gesetzlichen Regelung des § 36 Abs. 2 EnWG ist jeder Grundversorger im jeweiligen räumlich beschränkten Netzgebiet hinsichtlich der Grundversorgung kraft Gesetzes Monopolist. Nach der gesetzlichen Regelung des § 36 Abs. 1 EnWG ist der Grundversorger gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung unter Beachtung von §§ 2, 1 EnWG autonom festzusetzen, zu denen er jeden Haushaltskunden beliefern muss. Darüber hinaus ergeben sich die Allgemeinen Bedingungen der Grundversorgung zwingend aus den Grundversorgungsverordnungen. Da sollte eigentlich jeder erkennen, dass in diesem Bereich für Privatautonomie und Vertragsfreiheit keinerlei Raum ist, erst recht nicht für individuelle Preisvereinbarungen oder einen irgendwie gearteten geschützten Sockel.

Die betroffenen Kunden jedenfalls haben keinerlei Einfluss auf diese Allgemeinen Preise.

Einfluss darauf haben bei Konzerntöchtern die zentralen Vertriebsgesellschaften wie bei E.ON, RWE und EnBW. Bei Stadtwerken haben wohl die Kämmerer Einfluss, wenn das Dach des Hallenbades undicht ist und saniert werden muss oder aber der öffentliche Personennahverkehr auszugleichende Defizite vor sich herschiebt.
Wer sonst noch?

Der sog. \"Wettbewerb\"? Nö!

Führte der Wettbewerb zu bereits um 70 % gefallenen Großhandelspreisen bei Erdgas, die weiter nach unten gehen, werden die Allgemeinen Preise für Gas weiter munter erhöht. Führt der Wettbewerb zu drastisch gesunkenen Großhandelspreisen für Elektrizität, werden die Allgemeinen Preise für Strom nicht entsprechend abgesenkt, sondern munter erhöht, im Sprachgebrauch der hauseigenen Propagandaabteilung freilich \"moderat\" und \"eigentlich hätte es ja noch viel mehr sein können\"... EWE (bzw. Herrr Waschnow?)etwa dichtet, die EEG- Umlage steige um 70 % pro kWh, der Strompreis aber bei weitem nicht so stark.

Wettbewerb bei den Allgemeinen Preisen allenfalls um Preiserhöhungen (höher, schneller, weiter).

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #99 am: 10. Dezember 2010, 08:47:11 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Nach der gesetzlichen Regelung des § 36 Abs. 2 EnWG ist jeder Grundversorger im jeweiligen räumlich beschränkten Netzgebiet hinsichtlich der Grundversorgung kraft Gesetzes Monopolist. Nach der gesetzlichen Regelung des § 36 Abs. 1 EnWG ist der Grundversorger gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung unter Beachtung von §§ 2, 1 EnWG autonom festzusetzen, zu denen er jeden Haushaltskunden beliefern muss.
Das ist ja das, was ich schon seit einiger Zeit sage: Wenn der Versorger in Bezug auf die Grundversorgung Monopolist ist, kann man mich als Verbraucher eben nicht auf die vereinbarten Preise und die Möglichkeit eines Vertragsabschlusses mit einem anderen Versorger verweisen. In der Grundversorgung gibt es keinen anderen Versorger für mein Gebiet und ich möchte unbedingt in die Grundversorgung, weil ich nur dort die Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen für die Preisfindung (angemessene, verbraucherfreundliche Preise) verlangen und ggf. bei Nichteinhalten mittels Unbilligkeitseinrede Gem. § 135 BGB angreifen kann.

Daher bleibt mir die (meines Wissens bisher nicht ausreichend gegebene) Argumentation des VIII.  BGH-Senats für den Sockelpreis weiterhin verschlossen.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #100 am: 10. Dezember 2010, 11:48:07 »
Na Sie werden sich noch wundern, wenn demnächst der BGH am Ende noch die Anwendung des § 315 BGB in Frage stellen wird.

War es doch schon ein schöner Clou, den Grundversorgungskunden in die Falle des Sockelpreises zu führen.

Der nächste Clou ist dann der, nun auch noch den Sonderkunden in die Falle des § 315 BGB zu locken, um auch den in dieser Falle Sitzenden wiederum auf einen Sockel zu setzen.

Und dann, das Sahnehäubchen zuletzt - der übernächste Clou -, all denen die auf dem Sockel sitzen schlußendlich die Billigkeitsprüfung wegzunehmen.

Angesichts dessen, was alles in die Struktur des § 315 BGB hinein interpretiert werden können soll, fürcht mich da vorerst nix mehr.

Apropos: heute ist Tag der Menschenrechte. Man müßte mal einen Blick in die UN-Menschenrechtscharta werfen, ob da nicht irgendwo ein Rechtssatz mit dem Inhalt steht: Alle haben ein Recht auf alles was einem Teuer ist - Gas, Strom, Heizöl, Benzin und Medikamente........
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #101 am: 10. Dezember 2010, 12:01:09 »
@tangocharly

Etwas mehr Sachlichkeit scheint angezeigt.

@bolli

Ich möchte nicht  missverstanden werden.
Der Grundversorger hat für die Grundversorgung eine Monopolstellung, was nicht heißt, dass nicht auch andere Anbieter im selben Netzgebiet Haushaltskunden im Rahmen der Vertragsfreiheit beliefern, für die jedoch - wie aufgezeigt - andere Regeln gelten.  Es wurde bereits ausgeführt, dass die Allgemneinen Preise der Grundversorgung höher liegen müssen, als die im Rahmen der Vertragsfreiheit angebotenen Preise, im Gasbereich schon wegen der unterschiedlich hohen KA (vgl. auch KG, Urt. v. 28.10.08 Az. 21 U 160/06).

Die Monopolstellung der Grundversorger hat Einfluss auf die Vergleichbarkeit von Preisen, wobei die Versorger gemeinhin auf das angeblich maßgebliche  Marktübliche verweisen.


Zitat
Der Inhalt des Anlagenkonvoluts K ... [Preisvergleiche mit den Allgemeinen Preisen anderer Grundversorger] wird vollinhaltlich in prozessual zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten (BGH, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 6/08 Rn. 20, juris).

Die Kl. führt ersichtlich Preise von Unternehmen auf, mit denen sie nicht auf einem gemeinsamen Markt tätig ist. Während die Kl. als Grundversorger im Niederdrucknetz ihres Schwesterunternehmens ... Netze GmbH tätig ist, sind alle anderen aufgeführten Unternehmen jedenfalls als Grundversorger ausschließlich in anderen Niederdruckverteilnetzen tätig, wo die Kl. wiederum nicht tätig ist.

Jeder Grundversorger ist in seinem Niederdruckverteilnetzgebiet kraft Gesetzes Monopolist (§ 36 Abs. 2 EnWG) und bestimmt als solcher die Allgemeinen Preise der Grundversorgung vollkommen autonom (§ 36 Abs. 1 EnWG).    

Weil die inhaltlich  bestrittene Preisaufstellung schon unterschiedliche regional abgegrenzte Märkte betrifft, so lässt sich hieraus schon nichts über die Marktüblichkeit auf dem räumlich maßgeblichen Markt, der durch das Niederdrucknetz der .... Netze GmbH gebildet wird, herleiten.

Keiner der genannten und vollständig bestrittenen Preise hat sich in einem untereinander bestehenden wirksamen Wettbewerb gebildet.

Nach den bestrittenen Behauptungen der Kl. handelt es sich um jeweils gem. § 36 Abs. 1 EnWG vom jeweiligen örtlichen Grundversorger einseitig festgesetzte Grundversorgungspreise, die allesamt keinerlei Gewähr dafür bieten, dass sie entsprechend gesetzlicher Verpflichtung unter Berücksichtigung der Verpflichtung aus  §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung gebildet wurden.

Ferner sind die Preise verschiedener Grundversorger schon deshalb nicht miteinander vergleichbar, weil mit ihnen vollkommen verschiedene  Kosten abzudecken sind.

 
So unterscheiden sich allein die gem. § 40 Abs. 2 EnWG in Verbrauchsabrechnungen gegenüber Letztverbrauchern auszuweisenden (in die Kalkulation Allgemeiner Preise der Grundversorgung einfließenden) Netznutzungsentgelte, Kosten des Messstellenbetriebs und der Messung von Netzbetreiber zu Netzbetreiber erheblich, ferner die zwischen Gemeinde und Netzbetreiber vereinbarte Höhe der Konzessionsabgaben.

Beweis:   Sachverständigengutachten

Schließlich unterscheiden sich die Kunden- und Abnehmerstrukturen der Grundversorger erheblich voneinander, ferner auch die Bezugspreise, welche sich zudem von Versorger zu Versorger auch uneinheitlich entwickeln.

Beweis:   Sachverständigengutachten

Kurzum: Die Kl. versucht etwas zu vergleich, was sich nicht vergleichen lässt.

Offline bolli

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 2.396
  • Karma: +23/-11
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #102 am: 10. Dezember 2010, 13:51:16 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Es wurde bereits ausgeführt, dass die Allgemneinen Preise der Grundversorgung höher liegen müssen, als die im Rahmen der Vertragsfreiheit angebotenen Preise, im Gasbereich schon wegen der unterschiedlich hohen KA (vgl. auch KG, Urt. v. 28.10.08 Az. 21 U 160/06).
Wo nehmen Sie diese Erkenntnis her? Dieses würde nur dann zutreffen, wenn beide auf der gleichen Basis angemessener Preise (gem. EnWG) kalkuliert worden sind. Dieses MUSS aber nicht zwangsläufig so sein, da, wie Sie ja selbst sagen, die beiden Vertragsarten nicht direkt miteinander vergleichbar sind.

Im Rahmen der freien Preisvereinbarung im SV kann der Versorger von mir als Kunden durchaus einen Preis verlangen (mit mir eineinbaren  ;)) der DEUTLICH höher liegt als der der Grundversorgung, selbst unter Berücksichtigung von höherer KA sowie sonstiger Risiken, die bewertet und in die Kalkulation einbezogen werden (müssen). Eine konkrete Bindung bzw. Höchstgrenze sehe ich da erstmal nicht (mal abgesehen von sittenwidrig hohen Preisen). Ob der Wettbewerb ihn da unbegrenzt ziehen lässt, lassen wir mal ebenfalls unbeachtet.

Im Bereich der Grundversorgung hat der Versorger aber ja einen allgemeinen Preis festzusetzen, der den Maßgaben des EnWG folgen muss UND der im Rahmen der Billigkeitskontrolle in gewissem Rahmen überprüfbar ist (sein soll  X( ). Das dieser Preis derzeit in der Regel immer über dem Preis im SV festgesetzt ist, liegt wohl in der Natur der Sache, da der Versorger sonst wohl seine SVe mit individuellen Vertragsbedingungen ja nicht mehr verkauft bekäme.  :D
Das bedeutet aber nicht, dass diese Grundversorgungstarife in der vorliegenden Form tatsächlich vollständig der Billigkeit entsprechen und somit deren höherer Preis gegenüber dem SV-Preis gerechtfertigt wäre.

Da der VIII. BGH-Senat aber ja mit der Sockelpreis-Theorie elegant (für die Versorger  ;)) eine vollständige Preisüberprüfung in der Grundversorgung verhindert, und immer nur kleine Bröckchen zur Überprüfung freigibt (nur die Preisänderungen unterliegen der Billigkeitsüberprüfung), werden wir wohl so schnell auch nicht aus der Situation heraus kommen.

Offline Jagni

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 74
  • Karma: +0/-0
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #103 am: 10. Dezember 2010, 14:15:40 »
@ bolli

Zitat
Daher bleibt mir die ....Argumentation des VIII. BGH-Senats für den Sockelpreis weiterhin verschlossen.


Hilfreich wäre es daher schon, wenn zu jeder Entscheidung ein Kommentar mitgeliefert würde.

Bolli, machen Sie sich keine Mühe mehr; es gibt nichts aufzuschließen. Sehen Sie es einfach wie im Handwerk: Wenn ein Schreiner einen Tisch bei seinem Kunden abliefert, bei dem jedes Tischbein eine andere Länge hat, macht es auch  keinen Sinn,  danach zu forschen, warum der Schreiner so etwas kreiert hat. Es reicht die Erkenntnis, dass man auf diesem Tisch keine Suppe essen kann.

Der Tisch geht zurück und wird noch einmal neu gemacht.

Gruß
Jagni

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #104 am: 10. Dezember 2010, 14:19:50 »
@Jagni

Vortreffliches Bild. :D


@bolli

Womöglich habe ich mich falsch ausgedrückt.
Verständlich erklären ist nicht gerade meine Stärke.

Im Gasbereich jedenfalls liegen die Konzessionsabagben (die über die Netzentgelte in die Preise einfließen) und damit die Kosten der Belieferung höher als im SV- Bereich.

Folglich können - unter sonst gleichen Bedingungen - die etwa vom selben Versorger im selben Netzgebiet im Rahmen der Vertragfreiheit angebotenen Preise niedriger liegen als die allgemeinen Preise der Grundversorgung.
Anders gewendet bedeutet dies, dass die Allgemeinen Preise der Grundversorgung kostenbasiert höher kalkuliert sein müssen, als die Sondervertragspreise.

Zudem ist die Grundversorgung mit spezifischen Risiken allein dadurch behaftet, dass sich der Versorger die Kunden nicht aussuchen kann, sondern jeden Haushaltskunden, der dies möchte, zu den Allgemeinen Preisen beliefern muss.

Der Grundversorger hat zB. keinen Einfluss darauf, wieviele Haushaltskunden er tatsächlich in der Grundversorgung beliefern wird, wieviele etwa zu anderen Lieferanten abwandern.
Er muss sogar darauf eingestellt sein, dass alle Haushaltskunden im Netzgebiet (zurück) zu ihm in die Grundversorgung kommen.
Sicher verhindern kann er dies jedenfalls nicht.

Er ist immerhin gesetzlich verpflichtet, möglichst sicher, preisgünstig und effizient zu liefern.

Dementsprechend unsicher kann seine Prognose hinsichtlich der Entscheidung sein, welche Gasmenge er wo zu welchem Preis bezieht, um die Grundversorgung in einer bestimmten Periode zu bewerkstelligen.

Der im Rahmen der Vertragsfreiheit agierende Gashändler hat weniger Probleme. Hat dieser etwa am Spotmarkt für eine Periode eine Gasmenge zu einem besonders günstigen Preis (derzeit 18 €/ MWh bzw. 1,8 Ct/ kWh) erstanden, kann er diese Menge  nach freiem Belieben zu höchstmöglichen Preisen wo er will auf den Markt werfen. Ist seine verfügbare Gasmenge (Kontingent) auf der Absatzseite erschöpft, schließt er keine weiteren Verträge zu den darauf basierenden Angeboten mehr ab. Hat er sich beim Einkauf verkalkuliert, ist sein wirtschaftliches Risiko begrenzt, weil er sich auf der Absatzseite alsbald durch ordnungsgemäße Kündigung aus allen betroffenen Vertragsverhältnissen lösen kann, möglicherweise sogar mit einer vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von einem Monat auf das Monatsende.

Während der Gaslieferant im Rahmen der Vertragsfreiheit selbst entscheiden kann, wieviele Kunden er zu welchen Bedingungen und Preisen wo beliefern will, ja selbst entscheiden kann, sich von einem Markt vollständig zurückzuziehen, kann ein Grundversorger dies grundsätzlich nicht.

Hat sich demgegenüber der Grundversorger verkalkuliert, kann er sich jedenfalls nicht aus den betroffenen Vertragsverhältnissen durch ordnungsgemäße Kündigung befreien, § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV. Dem Grundversorger verbleibt einzig und allein die Möglichkeit einer Anpassung der Allgemeinen Preise, zu denen er alle Haushaltskunden im Netzgebiet (die dies wünschen) beliefern muss.

In der genannten Entscheidung des Kammergerichts vom 28.10.08 Az. 21 U 160/06 ist einiges Erhellendes dazu ausgeführt, warum spezifische Risiken der Grundversorgung dazu führen, dass der Allgemeine Preis kostenabsiert höher kalkuliert sein muss als ein Preis, der im Rahmen der Vertragsfreiheit vom Versorger angeboten werden kann.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz