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Autor Thema: Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB  (Gelesen 109726 mal)

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Offline Black

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #75 am: 24. November 2010, 10:37:08 »
@RR-E-ft

Was verschwenden Sie denn dann noch Zeit in diesem Forum? Reichen Sie Klage ein, fordern Sie die umfassende Preiskontrolle ohne Preissockel und schaffen Sie ein Grundsatzurteil.

Warum haben Sie überhaupt schon diese 3 Jahre ins Land gehen lassen. Wie Sie selbst ja ständig betonen, muss sich ihre Logik ja jedem halbwegs gebildeten Juristen erschliessen? Und an den Gerichten in Ihrer Gegend arbeiten doch Juristen?

Wenn Sie kein geeignetes Mandat finden, dann wechseln Sie in die Grundversorgung und klagen in eigener Sache (kostet Sie ja nicht einmal die Anwaltskosten). Wobei ich mir das gar nicht vorstellen kann. Wenn ich als normaler Kunde in Ihrer Region ihre Ausführungen hier lesen würde, dann stände ich eher heute als morgen bei Ihnen auf der Matte um endlich den Gesamtpreis ohne Preissockel kontrollieren zu lassen.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline ESG-Rebell

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #76 am: 24. November 2010, 11:13:17 »
Zitat
Original von Black
Wenn Sie kein geeignetes Mandat finden, dann wechseln Sie in die Grundversorgung und klagen in eigener Sache (kostet Sie ja nicht einmal die Anwaltskosten).
Das wäre vielleicht sogar einen Versuch wert.

Zu einem Prozess gehören aber immer noch zwei.

Äußerst fraglich ist aus meiner Sicht daher, ob die Stadtwerke Jena sich in einer Feststellungsklage ausgerechnet von Herrn Fricke bis vor den BGH zerren lassen. Eher würden sie wohl im Ergebnis diesen einen Kunden bis ultimo kostenlos beliefern.

Möglicherweise befindet sich sein Lieferverhältnis nach außergerichtlichen Verhandlungen bereits in diesem Zustand ;)

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #77 am: 24. November 2010, 11:33:25 »
Zitat
Original von Black
@RR-E-ft

Was verschwenden Sie denn dann noch Zeit in diesem Forum? Reichen Sie Klage ein, fordern Sie die umfassende Preiskontrolle ohne Preissockel und schaffen Sie ein Grundsatzurteil.

Warum haben Sie überhaupt schon diese 3 Jahre ins Land gehen lassen. Wie Sie selbst ja ständig betonen, muss sich ihre Logik ja jedem halbwegs gebildeten Juristen erschliessen? Und an den Gerichten in Ihrer Gegend arbeiten doch Juristen?

Wenn Sie kein geeignetes Mandat finden, dann wechseln Sie in die Grundversorgung und klagen in eigener Sache (kostet Sie ja nicht einmal die Anwaltskosten). Wobei ich mir das gar nicht vorstellen kann. Wenn ich als normaler Kunde in Ihrer Region ihre Ausführungen hier lesen würde, dann stände ich eher heute als morgen bei Ihnen auf der Matte um endlich den Gesamtpreis ohne Preissockel kontrollieren zu lassen.


@Black

Hier geht es uns um Grundsatzfragen und nicht um Einzelfälle oder Einzelschicksale und deshalb  auch nicht etwa um ein eingeschränktes/ beschränktes Vorstellungsvermögen einzelner.  

Ich selbst werde in der Grundversorgung beliefert, habe dabei selbst keinen Grund zum klagen, weil ich wohl garantiert keine unbillig überhöhten jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung gezahlt habe.

Darüber, was mich insoweit so sicher macht, wurde unter anderem hier im Forum mehrmals berichtet. Ich habe mich bereits seit 2004 und somit seit sechs Jahren immer, gegen jede Abrechnung,  auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen und die Zahlung überhöhter Strom- und Gaspreise eingestellt. Darüber berichten bundesweit unter anderem auch ZDF Frontal 21, Report Mainz in der ARD, auch dass ich im Übrigen zuverlässig mit Energie beliefert werde.... Ich sah deshalb keinen Grund zum Klagen.
 
Möglicherweise hätten Sie - an meiner Stelle - ein Grund zum Klagen gesehen. Der Rheinländer aber weiß: Man muss auch mal jönne könne.
Will wohl heißen: Man darf sich nicht ständig ärgern, sondern muss auch mal mit bisher Erreichtem zufrieden sein.

Nicht zufrieden waren scheinbar andere. Ich wurde deshalb - nachdem einige Jahre ins Land gegangen waren - schließlich vom Versorger auf Zahlung verklagt. Es ist das gute Recht des Versorgers zu klagen und streitige Ansprüche gerichtlich klären zu lassen.  Auch bei der Verteidigung gegen die Leistungsklage des Versorgers habe ich mich dann auf § 315 Abs. 3 BGB berufen und die zur Abrechnung gestellten Entgelte als unbillig gerügt, § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV. Weder konnte ein Gericht daraufhin feststellen, dass die zur Abrechnung gestellte - bestrittene - Forderung vertragsgemäß war, noch konnte das Gericht die vertragsgemäße Leistung selbst bestimmen. Es war so, dass am Ende das, was mir zur Abrechnung gestellt worden war und in dem Verfahren im Streit stand, jedenfalls nicht meiner Schuld entsprach. Es fand sich kein Gericht, dass die eingeklagte Geldforderung dem Energieversorger durch Urteil auch nur zum Teil zugesprochen hat.  Das spricht doch wohl für unsere Juristen hier in Lichtstadt und der Denkfabrik.

Richtig ist auch, dass das klagende Energieversorgungsunternehmen  deshalb die Prozesskosten zu tragen und mir meine eigenen Anwaltskosten zu erstatten hat. Auch wenn ich mich anwaltlich selbst vertrete, fordere ich dafür ein Honorar. Das klagende Energieversorgungsunternehmen hat selbstredend die eigenen Anwaltskosten auch selbst zu tragen.  Zutreffend ist ferner, dass ich weiter in der Grundversorgung beliefert werde. Sollte ich darüber klagen?

Zutreffend ist ferner, dass es mir andere Kunden gleich getan hatten, dass einige von diesen auch auf Zahlung verklagt wurden und sich auch dabei kein Gericht fand, welches die Klageforderung nach Unbilligkeitseinrede auch nur zum Teil durch Urteil zusprach. Ich werbe nicht damit und berichte auch nicht öffentlich über die Beweggründe des Versorgers zu dessen Prozessverhalten. Letztere kenne ich auch gar nicht. Mehr lässt sich dazu nicht sagen.

Aber um diesen Einzelfall geht es hier gar nicht.
 
Was haben Sie denn sachlich zu dem Thema grundsätzlich weiter beizutragen?

Von Interesse ist hier  die vom Gesetzgeber vorgesehene klare Abgrenzung der Inhaltskontrolle gem. § 315 BGB (Vertragsgerechtigkeitskontrolle) einerseits und der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB (Tranparenz- und Äquivalenzkontrolle) andererseits.

Wenn es darum geht, ob die einseitig festgesetzten jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung unter Beachtung von §§ 1, 2 EnWG in conreto überhaupt vertragsgemäß sind, dann besteht meines Erachtens dafür nach der gesetzlichen Regelung eine ausschließliche Zuständigkeit gem. §§ 108, 102 EnWG. Sowohl das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht und damit verbundene Leistungsbestimmungspflicht  als auch die gesetzliche  Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas wurzeln unmittelbar im Energiewirtschaftsgesetz selbst. Der Streit hierüber betrifft deshalb auch immer den Streit über Rechte und Pflichten aus dem Energiewirtschaftsgesetz.    

(Bisher empfand ich die hiesige Diskussion - auch mit Ihnen - nicht als Zeitverschwendung, sondern eher als Bereicherung undzwar eine gerechtfertigte Bereicherung. Ich werde auch für meine Beiträge hier im Forum bezahlt. Sie auch?)

Offline Black

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #78 am: 24. November 2010, 17:45:56 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Hier geht es uns um Grundsatzfragen und nicht um Einzelfälle oder Einzelschicksale und deshalb  auch nicht etwa um ein eingeschränktes/ beschränktes Vorstellungsvermögen einzelner.

Mir ging es auch nicht um ihr persönliches Einzelschicksal oder Ihr eingeschränktes Vorstellungsvermögen, sondern um die Frage, warum Sie mit ihren tollen Argumenten keine Änderung der Rechtsprechung erstreiten.

Denn nur Abhandlungen im Elfenbeinturm dieses Forums zu schreiben, wärend die Gerichte draussen in der realen Welt anders entscheiden bringt ihre Sache ja nicht weiter.



Zitat
Original von RR-E-ft
Ich selbst werde in der Grundversorgung beliefert, habe dabei selbst keinen Grund zum klagen, weil ich wohl garantiert keine unbillig überhöhten jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung gezahlt habe.

Darüber, was mich insoweit so sicher macht, wurde unter anderem hier im Forum mehrmals berichtet. Ich habe mich bereits seit 2004 und somit seit sechs Jahren immer, gegen jede Abrechnung,  auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen und die Zahlung überhöhter Strom- und Gaspreise eingestellt. Darüber berichten bundesweit unter anderem auch ZDF Frontal 21, Report Mainz in der ARD, auch dass ich im Übrigen zuverlässig mit Energie beliefert werde.... Ich sah deshalb keinen Grund zum Klagen.
 
Möglicherweise hätten Sie - an meiner Stelle - ein Grund zum Klagen gesehen. Der Rheinländer aber weiß: Man muss auch mal jönne könne.
Will wohl heißen: Man darf sich nicht ständig ärgern, sondern muss auch mal mit bisher Erreichtem zufrieden sein.

Schön schön. Aber wie gesagt, um ihre Rechtsauffassung durchzusetzen hätten Sie ja z.B. statt zu kürzen selbst auf Feststellung der Unbilligkeit des Gesamtpreises klagen können. Dann wäre nämlich diese Frage zu diskutieren gewesen. Zwar hätte sich ihr Versorger dem auch verweigern können, aber dann wäre ihr Gaspreis wohl Null.

Wenn Sie also von Ihrer Rechtsmeinung so überzeugt gewesen wären, wie Sie es hier vermitteln,  hätten Sie entweder Rechtsgeschichte schreiben können oder zumindest ihre Energie zum Nulltarif beziehen können.



Alternativ könnten Sie das ganze ja auch für einen ihrer Mandanten statt in eigener Sache erstreiten. Auch daran sollte es ja nicht mangeln.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #79 am: 24. November 2010, 17:55:01 »
@Black

Ihr letzter Beitrag ist einfach nur drollig.
Ich habe jahrelang Strom und Gas auf NULL gekürzt.
Und damit war ich zufrieden.

Mag sein, dass ein anderer an meiner statt damit nicht zufrieden gewesen wäre,
statt dessen Zeit und Geld aufgewandt hätte, um darüber hinaus selbst eine Klage anzustrengen.
Wozu es die brauchen sollte, vermag ich nicht zu erkennen.

Schließlich gegen die Rechtsprechung vor Ort habe ich ja auch nichts zu beklagen.

Offline Black

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #80 am: 24. November 2010, 18:14:57 »
Meine Frage war eigentlich nur, wie Sie die Differenz zwischen \"gefühlter\" Rechtslage hier im Forum und realer Rechtslage vor den deutschen Gerichten erklären.

Und warum Sie einerseits sehr viel Energie in lange Ausführungen hier im Forum investieren ohne ihre Thesen gleichzeitig der gerichtlichen Realität zu stellen.

Aber jetzt habe ich es verstanden.

Zitat
Original von RR-E-ft
Ich werde auch für meine Beiträge hier im Forum bezahlt. Sie auch?)

 ;)
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #81 am: 24. November 2010, 18:23:34 »
Mögen andere für Gotteslohn streiten, ich mach es für den Broterwerb ausschließlich gegen gute Bezahlung.

Als bundesweit tätiger Anwalt, genieße ich zumeist das Leben in vollen Zügen,  und stelle insbesondere auch meine Thesen fortlaufend landauf landab der gerichtlichen Realität, dabei auch den skurrilsten Ausführungen meiner geschätzten Kollegen auf der Gegenseite.  Wenn daraufhin die Versorger ihre Klagen zurücknehmen und dann die Verfahrenskosten zu tragen haben, die Mandanten damit zufrieden sind, dann kann ich mich als deren Bevollmächtigter doch wohl schwerlich hinstellen und damit nicht zufrieden sein. Nicht anders verhält es sich, wenn sich Mandanten auf einen Vergleich einlassen wollen. Man kann sich durchaus auch noch über die kleinen Dinge des Lebens freuen, etwa OLG Dresden, Urt. v. 13.07.10 Az. 9 U 93/10.

Nun aber ganz schnell zurück zu den wirklichen Grundsatzfragen.

Zitat
Original von RR-E-ft

Von Interesse ist hier  die vom Gesetzgeber vorgesehene klare Abgrenzung der Inhaltskontrolle gem. § 315 BGB (Vertragsgerechtigkeitskontrolle) einerseits und der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB (Tranparenz- und Äquivalenzkontrolle) andererseits.

Wenn es darum geht, ob die einseitig festgesetzten jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung unter Beachtung von §§ 1, 2 EnWG in conreto überhaupt vertragsgemäß sind, dann besteht meines Erachtens dafür nach der gesetzlichen Regelung eine ausschließliche Zuständigkeit gem. §§ 108, 102 EnWG. Sowohl das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht und damit verbundene Leistungsbestimmungspflicht  als auch die gesetzliche  Verpflichtung zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas wurzeln unmittelbar im Energiewirtschaftsgesetz selbst. Der Streit hierüber betrifft deshalb auch immer den Streit über Rechte und Pflichten aus dem Energiewirtschaftsgesetz.

Offline Jagni

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #82 am: 24. November 2010, 19:04:04 »
Zitat
Zitat von RR-E-ft


Die gesetzliche Regelung weist dem Grundversorger die Kompetenz zu, die jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung einseitig festzulegen und zu bestimmen, nur eben etwas anders verortet, als vom VIII. Zivilsenat des BGH angenommen.

Nach der gesetzlichen Regelung ist der Grundversorger sogar zur Festlegung der jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung verpflichtet.

Er muss sie nämlich denknotwendig erst festlegen, bevor er sie öffentlich bekannt geben kann und bekannt gibt.

§ 36 Abs. 1 EnWG bestimmt eindeutig, dass Grundversorger Allgemeine Preise öffentlich bekannt zu geben und zu jenen jeweiligen Allgemeinen Preisen Haushaltskunden beliefern müssen.







Deutlicher geht es wohl nicht mehr. Damit ist klar: Das einseitige Leistungsbestimmungsrecht ist im Gesetz verankert. Es ist das Recht und die Pflicht, den Preis zu bestimmen.

Immer, wenn von Allgemeinen Preisen gesprochen wird, steht ein fließendes Preisbestimmungssystem dahinter, das vom Versorger zu handhaben ist. Dieses Preissystem nennt dem grundversorgten Kunden eben keinen feststehenden, absoluten Preis, sondern nur das zu einem bestimmten Zeitpunkt festgestellte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, – das sich in einem Preis ausdrückt, der nach § 1 EnWG eine möglichst preisgünstige Versorgung herbeiführen soll.

Der grundversorgte Kunde wird daher auch niemals den Preis, den er vom Versorger bei Vertragsschluss genannt bekommt, vereinbaren, und zwar im Sinne der §§ 145 ff. BGB, weil er diesen bei Vertragsabschluss genannten Preis überhaupt nicht als den richtigen Preis anerkennen kann. Er wird diesen Preis nur deswegen zahlen, weil er weiß, dass er für die Gasentnahme etwas zu bezahlen hat.

Damit ist auch gleichzeitig der Inhalt des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts umschrieben. Die Leistung liegt bei Vertragsabschluss eben nicht fest. Sie muss in festgelegten Intervallen bestimmt werden. Das ist die Voraussetzung, damit § 315 BGB Anwendung finden kann. § 315 ist nur auf die Ausnahmen anwendbar, bei denen bei Vertragsabschluss die Leistung noch nicht bestimmt ist. Auch in solchen Fällen muss es schon möglich sein, einen Vertrag zu schließen.

Wie kommt aber das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht jetzt in den Grundversorgungsvertrag hinein? Dort muss es ja wirken, damit in dem praktischen Anwendungsfall das billige Ermessen seine Kontrollfunktion entfalten kann.
M.E. kann dieser Weg nur über die Verordnung gehen. Denn gesetzestechnisch ist die Verordnung der Transmissionsriemen, um den Gedanken des Gesetzes in die Praxis zu überführen. Wo finden wir also das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht in der GasGVV?

RR-E-ft sagt, ganz bestimmt nicht im § 5 Abs 2. Und hier scheiden sich unsere Gedanken.

„ Immer, wenn von Allgemeinen Preisen gesprochen wird, steht ein fließendes Preisbestimmungssystem dahinter“ habe ich vorstehend schon gesagt. Wo könnte das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht noch in der Verordnung auftauchen? Richtig, im § 1 der GasGVV: Dort haben wir den § 36 Abs 1 des EnWG und dort haben wir auch die Aussage, dass die Gasversorgungsunternehmen die Haushaltskunden zu Allgemeinen Preisen mit Gas zu beliefern haben. Von dort holt § 5 Abs 2 das Leistungsbestimmungsrecht ab. Der Abs 2 beinhaltet daher nicht nur das Recht, Preise zu ändern, sondern auch das Recht und die Pflicht, die Leistung zu bestimmen. Wenn § 5 Abs 2 dann über die AGB in den Vertrag einzieht, sind beide Rechte im Vertrag verankert. Damit ist auch die Voraussetzung für die unmittelbare Anwendung des § 315 Abs 1 und Abs 2 geschaffen. Das sagt aber gleichzeitig auch aus, dass der bei Vertragsabschluss vom Versorger genannte Preis von Anfang an der Billigkeit unterliegen muss.

Bisher habe ich mich mit den Überlegungen nur in der Grundversorgung bewegt. Wie das unter Anwendung der neuen Rechtsetzung des VIII. Senats aussieht, wenn das gesetzliche Preisbestimmungsrecht unverändert in einen Normsondervertrag übernommen, oder wenn sogar die Verordnung in ihrer Gesamtheit einbezogen wird, muss noch an den Gedankengang anschließen.


Gruß
Jagni

Offline RR-E-ft

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #83 am: 24. November 2010, 19:15:55 »
Ich versuche es mit einem Mantra.

Sollen die vom Grundversorger öffentlich bekannt zu gebenden Allgemeinen Preise, zu denen er Haushaltskunden jeweils beliefern muss, der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen, effizienten leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas entsprechen und sind die Kosten, welche durch die Belieferung dieser Haushaltskunden entstehen und mit den Allgemeinen Preisen jeweils abzudecken sind, nicht feststehend, sondern schwankend, dann bedarf es immer wieder einer Neubestimmung, zu welcher eine gesetzliche Verpflichtung besteht (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18; VIII ZR 56/08 Rn. 19 ff.).

Der Grundversorger selbst ist nach der gesetzlichen Regelung verpflichtet, diejenigen jeweiligen (zulässigen) Allgemeinen Preise (entsprechend sich ändernder Kosten) immer wieder neu zu bestimmen, zu denen er die Haushaltskunden in der Grundversorgung beliefern muss.

Der Vertragsabschluss erfolgt dabei gerade nicht über eine Preisvereinbarung gem. § 145 ff. BGB , sondern von Anfang an über § 315 BGB (BGH KZR 36/04 Rn. 9 ff.).

Nach der gesetzlichen Regelung soll und darf der Grundversorger mit den grundversorgten Kunden keine Preise vereinbaren, vielmehr ist er gesetzlich verpflichtet, die jeweiligen (zulässigen) Allgemeinen Preise der Grundversorgung einseitig festzusetzen, öffentlich bekannt zu geben und grundversorgte Kunden ausschließlich nur zu diesen - einseitig festgsetzten - Preisen zu beliefern. Deshalb schimpfen sich diese Preise schonn nach der gesetzlichen Regelung \"Allgemeine Preise\" !!!


(Preisvereinbarung und einseitiges Leistungsbestimmungsrecht sind für den Vertragsabschluss zwei gleichwertige, sich jedoch einander ausschließende Alternativen [BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16, KZR 36/04 Rn. 9 ff.].

Anders als bei Sonderabkommen wird bei Grundversorgungsverträgen zu Beginn kein feststehender Preis vertraglich vereinbart. Eine Preisvereinbarung  ist für den Vertragsabschluss auch schon  gar nicht erforderlich, wenn nur Klarheit darüber besteht, dass der Versorger (auch) nach Vertragsabschluss die jeweiligen Allgemeinen Preise, die der grundversorgte Kunde vertraglich nur schulden kann, einseitig festzusetzen hat, diesen zur einseitigen Festsetzung sogar eine Rechtspflicht trifft (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Diese Klarheit besteht jedoch, weil sie sich ja schon aus der gesetzlichen Regelung des § 36 Abs. 1 EnWG selbst ergibt, welche zudem auch gar keine Abweichung zulässt.

Denn schon nach der gesetzlichen Regelung soll der Grundversorger (auch) nach Vertragsabschluss die von ihm zu erbringende und vom grundversorgten Kunden nur beanspruchbare vertragliche Leistung bestimmen, zur Bestimmung der vertragsgemäßen Leistung verpflichtet sein.

Die Belieferung der grundversorgten Kunden soll von Anfang an nicht zu einem feststehenden Preis erfolgen, sondern zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen, die der Grundversorger entsprechend gesetzlicher Verpflichtung festsetzt und festzusetzen verpflichtet ist.  

Vertragsgemäß ist die derart einseitig festgesetzte Leistung indes tatsächlich nur, wenn sie der gesetzlichen Verpflichtung des EVU aus §§ 2, 1 EnWG entspricht (BGH VIII ZR 240/90 unter III 2 a).

Nach der gesetzlichen Regelung soll und darf der Grundversorger grundversorgte Kunden nicht zu einem vereinbarten Preis beliefern.

Vielmehr ist er gesetzlich verpflichtet, die jeweiligen (zulässigen) Allgemeinen Preise festzusetzen, sodann öffentlich bekannt zu geben und hiernach grundversorgte Kunden ausschließlich  zu diesen jeweiligen Allgemeinen Preisen der Grundversorgung zu beliefern. Deshalb schimpfen sich diese Preise bereits nach der gesetzlichen Regelung \"Allgemeine Preise\" !!!

Am Anfang stand das Wort.

Lese uns doch bitte noch einmal einer, vielleicht Black die gesetzliche Regelung des § 36 Abs. 1 EnWG langsam laut und deutlich, ggf. mit Betonung vor, damit wir uns anhand des Wortlauts erschließen mögen, was der Gesetzgeber tatsächlich gewollt hat.

Zitat
Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen.

Energieversorger sind gesetzlich verpflichtet (unter Beachtung  ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG) Allgemeine Preise festzusetzen, diese sodann öffentlich bekannt zu geben und sodann ausnahmslos jeden grundversorgten Kunden ausschließlich zu diesen (immer noch einseitig festgesetzten) Allgemeinen Preisen zu versorgen.

Jede Auslegung findet am Wortlaut einer Gesetzesnorm ihre Grenze.
Und der klare Wortlaut lässt es nun einmal nicht zu, dass grundversorgte Kunden mit dem Grundversorger Preise vereinbaren, zu anderen als zu den vom Versorger unter Beachtung von §§ 2, 1 EnWG einseitig festgesetzten Allgemeinen Preisen versorgt werden, zu deren Festsetzung der Grundversorger gesetzlich verpflichtet ist.

Ich meine, der Gesetzgeber habe es so klar und eindeutig formuliert, dass es auch Nicht- Juristen ohne weiteres erkennen und verstehen können.

Die Rechtslage ergibt sich immer noch aus dem Willen des Gesetzgebers, den auch die Gerichte bis hin zum BGH zu beachten haben.
Und diesen maßgeblichen Willen des Gesetzgebers erfahren wir aus den vom Gesetzgeber gesetzten Rechtsnormen selbst, aus deren Wortlaut.

Alles andere mag sich gut anhören, ist aber nichts als mehr oder weniger gut fabrizierter  Hokuspokus, gleichviel, wie er sich auch anfühlen mag.  

Preisvereinbarungen mit einzelnen Kunden sind in diesem Bereich gesetzlich ausgeschlossen. Sie stehen auch nicht etwa vor der der Festsetzung der Allgemeinen Preise und deren öffentlicher Bekanntgabe!

Fraglich, wer den Juristen das Denken verhext hat.
Herr, bring uns Licht in diese Tage!

Offline bolli

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #84 am: 25. November 2010, 08:39:50 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Ich meine, der Gesetzgeber habe es so klar und eindeutig formuliert, dass es auch Nicht- Juristen ohne weiteres erkennen und verstehen können.

Die Rechtslage ergibt sich immer noch aus dem Willen des Gesetzgebers, den auch die Gerichte bis hin zum BGH zu beachten haben.
Und diesen maßgeblichen Willen des Gesetzgebers erfahren wir aus den vom Gesetzgeber gesetzten Rechtsnormen selbst, aus deren Wortlaut.
Wenn das alles so klar und einfach ist, dass es sogar Nichtjuristen verstehen, dann muss man sich doch ernsthaft fragen, warum denn den Juristen des VIII. Senats des BGH diese Einsicht fehlt. Und wer ganz böse denkt, muss ja fast schon einen Vorsatz dahinter vermuten.  
Aber das tun WIR natürlich nicht.  :D

Zitat
Original von RR-E-ft
Fraglich, wer den Juristen das Denken verhext hat.
!!! :D

Offline RR-E-ft

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« Antwort #85 am: 25. November 2010, 11:24:52 »
Es kann sein, dass sich der Senat die Rechtslage durch einen Blick in seine eigene bisherige Rechtsprechung zu erschließen suchte und dabei den eigentlich maßgeblichen Blick in das Gesetz vergessen hat.

Das scheint nicht nur § 10 Abs. 1 EnWG 1998 und § 36 Abs. 1 EnWG 2005 zu betreffen (VIII ZR 144/06, VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07), sondern auch § 307 BGB und § 310 Abs. 2 BGB (VIII ZR 225/07, VIII ZR 56/08, ...,VIII ZR 246/08].  

Bei einer solchen Vorgehensweise besteht leicht die Gefahr, dass sich auch Denkfehler immer weiter fortpflanzen, quasi als Selbstläufer perpetuieren

Ein Blick in das Gesetz erleichtet die Rechtsfindung.

In Bezug auf das gesetzliche  Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers hat sich über § 6 EnWiG 1935, § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 36 Abs. 1 EnWG 2005 nie etwas geändert.
Es bestand insbesondere in § 6 Abs. 1 EnWiG 1935 längst schon vor Inkrafttreten der AVBGasV/ AVBEltV.

Offline bolli

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« Antwort #86 am: 25. November 2010, 12:51:04 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Es kann sein, dass sich der Senat die Rechtslage durch einen Blick in seine bisherige Rechtsprechung zu erschließen suchte und dabei den eigentlich maßgeblichen Blick in das Gesetz vergessen hat.
Dann bleibt ja nur zu hoffen, dass man dort irgendwann auch mal wieder (vielleicht zufällig) einen Blick in die entsprechenden Gesetze wirft, auf deren Basis man Entscheidungen treffen soll.  :D

Offline RR-E-ft

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« Antwort #87 am: 25. November 2010, 12:52:40 »
Man könnte ja zu Weihnachten Gesetzestexte mit entsprechender Widmung und Hinweis auf Art. 20 GG dorthin übersenden. Die Zeit zum Jahresende ist immer auch Besinnungszeit.  ;)

Fraglich nur, wo etwa Black nun die tatsächliche Rechtslage ersehen wollte.

Wenn Energieversorger ihren Haushaltskunden etwa formularmäßig Verträge anbieten, die keine Preisänderungsklausel enthalten (Fixpreis), so würde sich bei Anwendung von BGH VIII ZR 246/08 Rn. 41 ja wohl ergeben können, dass auch ein solcher Formularvertrag gem. § 307 BGB insoweit unwirksam sei, soweit er für den betroffenen Haushaltskunden die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB  entgegen der gesetzlichen Regelung ausschließt. Eben solches ergäbe sich aus dem Vertragsformular des Verwenders. Dann aber stünden wir wohl mit § 315 BGB in Bezug auf Formularsonderverträge erst ganz am Anfang.
Das nenne ich verhextes Denken.
 

Wie sich die Rechtslage m. E. zutreffend tatsächlich verhält, habe ich oben umfangreich ausgeführt.

Die jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung sind von Anfang an gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden.
Es besteht eine Rechtspflicht, nicht zuletzt mit Rücksicht auf §§ 1, 2 EnWG, Preissenkungsspielräume  an die grundversorgten Kunden weiterzugeben, auch beim Strom.

Zitat
Den Konzernen verblieben bei einem durchschnittlichen Strompreis von 23,42 Cent pro Kilowattstunde abzüglich Steuern, Abgaben und Netzentgelten 8,11 Cent, erläuterte Kurth weiter. Bei Energiebeschaffungskosten von rund 5 Cent pro Kilowattstunde, die angesichts der aktuellen Börsenpreise jedem Versorger möglich seien, blieben also rund 3 Cent Spielraum für Preissenkungen.

Fraglich, ob es nicht hie und da angezeigt ist, die Staatsanwaltschaften einzuschalten. BGH, B. v. 09.06.2009 - 5 StR 394/08 - Betrug durch überhöht kalkulierte Tarife

Offline RR-E-ft

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« Antwort #88 am: 26. November 2010, 23:21:34 »
@Black

Es wurden auch in dieser Woche an mehren Gerichten wieder zig ähnliche Schriftsätze angebracht in Sachen Praxistest.
Erfreulich ist dabei heute nicht mehr soviel Papier zu bewegen wie früher.

Zitat
Es wird beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen,

bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gegen die Kl. im Wege eines Versäumnis- oder Verzichtsurteils zu erkennen.

Die Beklagten behalten sich ein sofortiges Anerkenntnis für den Fall vor, dass die Kl. im Prozess erstmals ihr einseitiges Leistungsbestimmungsrecht und die Billigkeit der zur Abrechnung gestellten Preise nachweist.
 
Begründung:

Der Anspruch wird insgesamt dem Grunde und der Höhe nach bestritten.

Die Kl. trägt schon zu dem betroffenen Vertragsverhältnis unzutreffend vor.
Mit den streitgegenständlichen Verbrauchsabrechnungen stellt die Kl. für Energielieferungen Entgelte zur Abrechnung, welche die Parteien vertraglich nicht vereinbart haben und auf welche die Kl. auch aus sonstigem Recht keinen Anspruch hat.

Die Kl. ist ein Energieversorgungsunternehmen iSv. § 3 Nr. 18 EnWG. Als solches ist die Kl. zuvörderst gem. §§ 2, 1 EnWG zu einer möglichst preisgünstigen effizienten leitungsgebunenden Versorgung mit Elektrizität und Gas verpflichtet.

Soweit sie Grundversorger im Sinne des § 36 Abs. 2 EnWG ist, ist die Kl. ferner gesetzlich verpflichtet, unter Beachtung von §§ 1, 2 EnWG Allgemeine Preise für die leitungsgebundene Versorgung von Haushaltskunden mit Elektrizität und Gas einseitig festzusetzen, hiernach öffentlich bekannt zu geben und sodann ausnahmslos  jeden Haushaltskunden ausschließlich zu diesen einseitig festgesetzten Allgemeinen Preisen zu versorgen. Nach der gesetzlichen Regelung legt der Grundversorger selbst die jeweiligen Allgemeinen Preise fest, zu denen er ausnahmslos jeden Haushaltskunden versorgen muss. Preisvereinbarungen mit einzelnen Haushaltskunden sind nach der gesetzlichen Regelung im Bereich der Grundversorgung unzulässig.
 
Die gesetzliche Regelung des § 36 Abs. 1 EnWG entspricht den Vorgängerregelungen in § 10 Abs. 1 EnWG 1998 und § 6 Abs. 1 EnWiG 1935, mit dem Unterschied, dass sich die gesetzliche Versorgungspflicht nur noch auf Haushaltskunden im Sinne des § 3 Nr. 22 EnWG bezieht. Diese Allgemeinen Preise sind ferner von Anfang an gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden, was die Rechtspflicht des Versorgers einschließt, nach Vertragsabschluss  soweit als nur möglich Preisanpassungen zugunsten der Kunden vorzunehmen (BGH, Urt. v. 13.01.10  VIII ZR 81/08 Rn. 18, juris).  

Auf entsprechende Unbilligkeitseinrede trägt der Versorger, der die jeweiligen Allgemeinen Preise gemäß gesetzlicher Verpflichtung aus § 36 Abs. 1 EnWG einseitig festgsetzt hat, die vollständige Darlegungs- und Beweislast dafür, dass diese in Anbetracht seiner gesetzlichen Rechtspflicht  aus §§ 2, 1 EnWG in gesetzlich zulässiger Weise  gebildet wurden, entsprechend der Rechtspflicht aus § 315 BGB  der Billigkeit entsprechen.

Es handelt sich um ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht, auf welches § 315 BGB unmittelbare Anwendung findet (BGH VIII ZR 56/08 Rn. 15, 20; KZR 29/06 Rn. 20; KZR 2/07 Rn. 26, 29; KZR 36/04 Rn. 9 f.; juris).

Diese entsprechend gesetzlicher Verpflichtung einseitig festgesetzten Allgemeinen Preise  unterliegen deshalb der Inhaltskontrolle gem. § 315 BGB, wobei es um die Frage der Vertragsgemäßheit/ Vertragsgerechtigkeit im konkreten Vertragsverhältnis im Verhältnis der Parteien zueinander geht (BGH III ZR 277/06 Rn. 19; juris). Vertragsgemäß sind sie dabei nur dann, wenn sie tatsächlich eine möglichst preisgünstige, effiziente Versorgung gem. §§ 1, 2 EnWG gewährleisten (vgl. nur BGH NJW-RR 92, 183, 184 unter III 2 a). Der grundversorgte Haushaltskunde kann sich entsprechend der gesetzlichen Regelung auch gegenüber der Leistungsklage des Versorgers auf § 315 BGB berufen, § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV.  

Der Bundesgerichtshof hält die gesetzliche Regelung zur Billigkeitskontrolle der jeweiligen Grundversorgungstarife gem. § 315 BGB, wie sie auch in § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV zum Ausdruck kommt, für so entscheidend, dass er selbst Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen, welche entgegen der gesetzlichen Regelung die Möglichkeit zur gerichtlichen Billigkeitskontrolle beschränken, für unwirksam erklärt hat (BGH, Urt. v. 14.07.10  VIII ZR 246/08 Rn. 41; juris).

Wie sich aus der von der Kl. selbst vorgelegten Anlage K 3 ergibt, ist diese ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 36 Abs. 1 EnWG jedenfalls insoweit nachgekommen, als  dass sie selbst diejenigen Allgemeinen Preise für die leitungsgebundene Versorgung mit Erdgas einseitig festgsetzt und  öffentlich bekannt gegeben hat, zu denen sie Haushaltskunden im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht beliefern muss.  
 
So hatte sie etwa als Allgemeine Tarife für die Grund- und Ersatzversorgung mit Erdgas einen Kleinverbrauchstarif und einen Grundpreistarif einseitig festgesetzt, die ab dem 01.01.07 Geltung beanspruchen sollten. Ferner hatte sie einen einheitlichen Allgemeinen Preis der Grund- und Ersatzversorgung mit Erdgas einseitig festgesetzt, der für alle grundversorgten Kunden  ab 01.01.08 Geltung beanspruchen sollte. Nicht anders verhielt es sich mit dem Allgemeinen Preis der Grund- und Ersatzversorgung mit Erdgas, der jeweils ab 01.10.08 bzw. 01.01.09 Geltung beanspruchen sollte.

Daneben bot die Kl. – ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein -  und deshalb im Rahmen der Vertragsfreiheit für Kunden mit hohem Jahresverbrauch günstigere Sonderabkommen- Gaspreise an, die den Abschluss von Sonderverträgen voraussetzten. Teilweise knüpfte sie die Gewährung entsprechend günstigerer Preise an weitere Bedingungen.

Wir verweisen insoweit insbesondere auf die von der Kl. mit der Anlage K 3 vorgelegte „Öffentliche Bekanntgabe“ hinsichtlich der Erdgaspreise ab 01.Januar 2008.

Zwar ist es zutreffend, dass die Bekl. von der Kl. an der genannten Abnahmestelle seit Mitte der 90er Jahre leitungsgebunden mit Erdgas beliefert werden.

Die Bekl. waren und sind jedoch keine Tarifkunden der Kl. und werden von dieser auch nicht im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht zu deren einseitig festgesetzten und öffentlich bekannt gemachten Allgemeinen Preisen der Grundversorgung mit Gas beliefert, sondern aufgrund eines Sondervertrages nämlich zu einem von der Kl. im Rahmen der Vertragsfreiheit freiwillig angebotenen Sonderabkommen- Gaspreis.

Bei den von der Kl.  im Rahmen der Vertragsfreiheit freiwillig  nur für Kunden mit hoher Jahresverbrauchsmenge angebotenen günstigeren „Sonderabkommen“ – Gaspreise  handelte es sich nicht um Allgemeine Tarife iSv. § 6 Abs. 1 EnWG 1935 bzw. § 10 Abs. 1 EnWG 1998, sondern um Sondertarife (vgl. BFH v. 31.07.1990 Az. I R 171/87 [BStBl. 1991 II S. 315]; Kammergericht, Urt. v. 28.10.08 Az. 21 U 160/06; OLG Hamm, Urt. v. 29.05.09 Az. I-19 U 52/08 = RdE 09, 261, 263; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.09 Az. VI-2 U (Kart) 14/08; OLG Frankfurt, Urt. v. 13.10.09 Az. 11 U 28/09 (Kart); OLG Dresden, Urt. v. 26.01.10 Az. 14 U 983/08; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.02.10 Az. 6 U 164/09 Rn. 52; OLG Dresden, Urt. v. 13.07.10 Az. 9 U 93/10, juris).

Die von der Kl. im Rahmen der Vertragsfreiheit bereits Mitte der 90er Jahre angebotene Gasbelieferung zu einem Sonderabkommen – Gaspreis haben die Bekl. angenommen und somit die Belieferung zu einem Sonderabkommen- Gaspreis mit der Kl. vereinbart.

Eine Belieferung als Tarifkunde zu den jeweiligen von der Kl. einseitig festgesetzten und öffentlich bekannt gemachten jeweiligen Allgemeinen Tarifen bzw. Allgemeinen Preisen der Grundversorgung war hingegen nicht vereinbart worden.

Vertraglich nicht vereinbart wurde ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Kl., sondern ein bei Vertragsabschluss bereits feststehender Sonderabkommen- Gaspreis (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16, VIII ZR 320/07 Rn. 46; juris).

Der  bei Vertragsabschluss vereinbarte Sonderabkommen- Gaspreis setzt sich aus einem Arbeitspreis in Höhe von 4,520 Pf/ kWh (netto) und einem verbrauchsunabhängigen Verrechnungspreis in Höhe von 264,00 DM/ Jahr (netto), jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer zusammen. Zu diesem vereinbarten Sonderabkommen- Gaspreis erfolgten zunächst  auch die Verbrauchsabrechnungen der Kl. für deren Gaslieferungen den Bekl. gegenüber, so etwa mit der Verbrauchsabrechnung der Kl. vom 13.04.2000 für Gaslieferungen bis einschließlich 31.10.1999.

Beweis:     Verbrauchsabrechnung der Kl. v. 13.04.2000  
zu Kundennummer ..., Vorlage im Bestreitensfall  

Das Gericht kann sich vorliegend allein anhand der von der Kl. vorgelegten Anlage K 3 zu den Öffentlichen Bekanntgaben der jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung mit Erdgas und den mit den Anlagen K 5 bis K 8 vorgelegten streitgegenständlichen Verbrauchsabrechnungen zutreffend ein Bild davon machen, dass die Kl. die Gaslieferungen auch dabei nicht zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen der Grundversorgung, die für alle grundversorgten Haushaltskunden Geltung beanspruchen sollen, abrechnet, sondern zu Sonderabkommen- Gaspreisen unter ausdrücklicher  Nennung des Vertragsgegenstandes „Sonderabkommen Vertrag“.

Insoweit kann es keinem Zweifel unterliegen, dass aus verständiger Verbrauchersicht der Bekl. die Parteien seit Anfang an über einen Sondervertrag zur Gasbelieferung zu einem vereinbarten, den Bekl. günstigen Sonderabkommen- Gaspreis verbunden sind (BGH, Urt. v. 15.07.09 VIII ZR 225/07 Rn. 14ff.; juris).

Zutreffend ist, dass die Kl. den Gaspreis im Laufe der Vertragsbeziehung mehrfach einseitig abgeändert hat und die Bekl. erstmals mit Schreiben vom 27.01.07 das Preisänderungsrecht der Kl. bestritten hatten und sich auch auf die Unbilligkeit gem. § 315 BGB berufen haben.

Der Widerspruch richtete sich – entgegen dem Vortrag der Kl. für dieser ersichtlich -  auch bereits gegen die Verbrauchsabrechnung vom 18.12.2006 und die für die Bekl. daraus erstmals ersichtliche Gaspreisänderung zum 01.01.06. Selbst eine Unbilligkeitseinrede ist nach Ablauf von fünfeinhalb Monaten jedenfalls noch nicht verwirkt (BGH Urt. v. 21.04.10 VIII ZR 97/09 Rn. 18; juris].

Schlussendlich kommt es auf die Frage, wann die Bekl. erstmals das Preisänderungsrecht der Kl. bestritten hatten, jedoch nicht entscheidend  an:

Die Kl. war gegenüber den Bekl. nicht berechtigt, nach Vertragsabschluss den vereinbarten Sonderabkommen- Gaspreis einseitig abzuändern. Ein Preisänderungsrecht zugunsten der Kl. wurde vertraglich nicht vereinbart.

Ein solches ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Die Bestimmungen der AVBGasV/ GasGVV finden auf das Vertragsverhältnis der Parteien keine unmittelbare Anwendung (BGH, Urt. v. 29.04.08 KZR 2/07, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 246/08].

Sie wurden auch nicht etwa im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen der Kl. wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB iVm. § 305 Abs. 2 BGB. Weder kannten die Bekl. entsprechende Bedingungen vor Vertragsabschluss, noch hatten sie sich bei oder nach Vertragsabschluss mit der Einbeziehung einverstanden erklärt. Solche Bedingungen waren ihnen von der Kl. auch nicht ausgehändigt worden (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 29.05.09 Az. I-19 U 52/08 = RdE 09, 261, 263; OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.09 Az. VI-2 U (Kart) 14/08; OLG Dresden, Urt. v. 26.01.10 Az. 14 U 983/08; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.02.10 Az. 6 U 164/09 Rn. 52; OLG Dresden, Urt. v. 13.07.10 Az. 9 U 93/10, juris).

Wurde – wie vorliegend – keine Preisänderungsklausel wirksam in einen Gasliefervertrag einbezogen oder erweist sich eine wirksam einbezogene Preisänderungsklausel als unwirksam, so kommen Preisneuvereinbarungen auch durch widerspruchslose Hinnahme einseitiger Preisänderungen und vorbehaltlose Zahlung darauf basierender Verbrauchsabrechnungen nicht zustande (BGH, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 246/08 Rn. 57 ff., juris).

Die Kl. war auch im streitgegenständlichen Zeitraum verpflichtet, die Bekl. zu dem bei Vertragsabschluss vereinbarten Gaspreis zu beliefern, § 433 Abs. 2 BGB. Die Vertragsfreiheit der Kl. reicht auch nach der Liberalisierung nicht soweit, dass sie an vereinbarte Preise nicht mehr gebunden wäre, pacta sunt servanda.  Sie kann deshalb auch nur den so vereinbarten Gaspreis für ihre Lieferungen beanspruchen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v.02.09.10 Az. U 1200/09 Kart.; LG Konstanz, Urt. v 17.09.10, Az. 61 S 27/10 B; LG Köln, Urt. v. 07.10.10 Az. 8 O 302/09; LG Bonn, Urt. v. 03.11.10 Az. 5 S 218/09 und 5 S 3/10; juris)

Es ist selbstverständlich, dass sich eine entsprechende Schuld der Bekl. insbesondere nicht daraus ergibt, dass die Kl. ihren streitgegenständlichen Abrechnungen vertraglich  nicht geschuldete Entgelte zugrunde legte.
Die streitgegenständlichen Verbrauchsabrechnungen sind zudem nicht nachvollziehbar.


Die Bekl. sind mit der Kl. der Auffassung, dass vorliegend für eine Billigkeitskontrolle der zur Abrechnung gestellten Entgelte kein Raum ist, weil es schon am einseitigen Leistungsbestimmungsrecht der Kl. fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.08 KZR 2/07; Urt. v. 17.12.08 VIII ZR 274/06; Urt. v.  28.10.09 VIII ZR 320/07; Urt. v. 13.01.10 VIII ZR 81/08; Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 246/08; juris).

Rein vorsorglich und hilfsweise werden die von der Kl. zur Abrechnung gestellten Entgelte nochmals als als unbillig gerügt unter Berufung auf deren Unverbindlichkeit (vgl. BGH X ZR 60/04 unter II 1 b).

Der Vortrag der Kl. zur Kosten- und Erlöslage sowie -entwicklung und sämtliches Zahlenwerk werden vollinhaltlich in prozessual zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Dies betrifft auch den gesamten kl. Vortrag im Zusammenhang mit einem angeblich erstellten Gutachten (Anlage K 4) wie auch dessen sämtlichen Inhalt einschließlich aller Zahlen, Zeichen, Graphiken und Interpunktionszeichen (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 6/08 Rn. 20).

Mit Nichtwissen bestritten  wird insbesondere, dass die Kosten, die der Kl. durch die Belieferung der Bekl. mit Gas konkret entstanden, nach Vertragsabschluss gestiegen waren,
- insbesondere die Bezugspreise der Kl. gestiegen waren,
- hilfsweise dass ein Anstieg derselben den Vorlieferanten vertraglich geschuldet war,
-hilfsweise dass ein solcher Anstieg für die Anpassung an die Marktverhältnisse im Vorlieferantenverhältnis angemessen und erforderlich war (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43),
- ferner ein solcher nicht durch rückläufige Kosten bei anderen preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Gaspreises (bestehend aus Grund- und Arbeitspreis) jeweils vollständig kompensiert werden konnte (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39),
- ferner rückläufige Kosten bei preisbildenden Kostenfaktoren unverzögert und umfassend durch Preisanpassungen weitergegeben wurden (BGH, Urt. v. 13.01.10 VIII ZR 81/08 Rn. 18],
- die einseitig festgesetzten Entgelte der gesetzlichen Verpflichtung der Kl. aus §§ 2, 1 EnWG entsprachen und vertragsgemäß waren (BGH NJW-RR 1992, 183, 184 unter III. 2 a) .

Mit Nichtwissen bestritten wird insbesondere, dass die Kl. Gas so günstig wie möglich auf dem Markt beschafft hat,hierfür  ihren Gasbezug im Wettbewerb ausgeschrieben hatte.

Rein vorsorglich wird darauf verwiesen, dass Gaslieferverträge mit automatisch wirkender HEL- Preisbindungsklausel weder zur Anpassung an die tatsächlichen Kosten der Gasversorgung noch an die Marktpreise für Gas taugen (BGH, Urt. v. 24.03.10 VIII ZR 178/08 Rn. 31; VIII ZR 304/07; juris).

Mit Nichtwissen bestritten wird insbesondere, dass die Kl. in der Zeit, in welcher sie über eine Monopolstellung verfügte, weil den Bekl. ein anderer Lieferant für die leitungsgebundene Gasversorgung nicht zur Verfügung stand (BGH, Urt. v. 28.10.09 VIII ZR 320/07 Rn. 35; juris), Kostensenkungspotentiale soweit als möglich ausgeschöpft hatte (LG Dortmund, Urt. v.  20.08.09 Az. 13 O 179/08 Kart; juris).

Der vollständig bestrittene kl. Vortrag ist für eine Billigkeitskontrolle zudem völlig untauglich (OLG Celle, Urt. v. 19.08.10 Az. 13 U 82/07 Kart.; LG Köln, Urt. v. 14.08.09 Az. 90 O 41/07 und Az. 90 O 50/07; juris).

Nach alldem erscheint die Klage abweisungsreif.
Erfolg kann ihr nicht beschieden sein.

Sollte das Gericht weiteren Vortrag für notwendig erachten, wird ausdrücklich um einen gerichtlichen Hinweis gem. § 139 ZPO gebeten.

Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.

Für die Beklagten:


Rechtsanwalt


Offline Jagni

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Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB
« Antwort #89 am: 04. Dezember 2010, 12:33:17 »
Die vorstehende Klageerwiderung ist eine große Hilfe für jeden der sich wehren muss und gemeinsam mit seiner professionellen Vertretung bei Gericht antritt.

Dem vorliegenden Fall liegt wohl aber auch wieder eine im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit gestaltete Preisänderungsklausel zugrunde, die unwirksam ist. Der Richter wird daher sehr schnell diese Klage auf der Grundlage der herkömmlichen Rechtsprechung von seinem Tisch räumen.

Offenbar wird es jetzt aber in dieser Sache nicht mehr zu einem Zwiegespräch zwischen RR-E-ft und Black kommen, wie man es schon so oft mitlesen konnte.

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Ich komme daher nochmals zum dem von tangocharly angestoßenen Thema zurück, und zwar zu seiner Frage: \"Wo findet sich der verfassungskonforme Ansatz für einen auf § 315 BGB gestützten \"Anfangspreis\" oder die sog. \"Sockelpreistheorie?\"  Diese Antwort bin ich noch schuldig.

Wenn RR-E-ft schon hinreichend herausgearbeitet und auch noch einmal vorgebetet hat, dass Preisvereinbarungen in der Grundversorgung gesetzlich unzulässig sind, will ich daran dennoch einen Gedanken hängen, der vielleicht auch als Blockadelöser bei Black dienen kann:

Würde man von einem vereinbarten Preis ausgehen, so wie der VIII. Senat es vorgibt, und Black es meint, würde der Versorger sowohl die Leistung (Gaslieferung) als auch die Gegenleistung (Entgelt für den Gasbezug) bestimmen. Dies ist jedoch nicht denkbar,  wenn nicht zugleich der Weg zur Billigkeitskontrolle offen steht. Denn der § 315 BGB sagt auch aus, dass der Versorger nur dann ein Leistungsbestimmungsrecht hat, wenn er sich an die Regeln der Billigkeit hält. Die Leistungsbestimmung muss nachprüfbar sein und das von Anfang an. Das billige Ermessen als Kontrollmöglichkeit ist daher untrennbar mit dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht verbunden.
Wäre die verliehene Rechtsmacht des Versorgers nicht nachprüfbar, würde eine wesentliche Voraussetzung für das Bestehen des Vertrages fehlen.

Die Rechtsprechung hätte außerdem ein Gewinnschöpfungssystem zu Gunsten der Versorger installiert.


Sowohl der vereinbarte Anfangspreis, als auch die Sockeltheorie ist daher nicht zu rechtfertigen. Um beide umzuwerfen bedarf es aber noch nicht der schweren Geschütze aus der Verfassung. Sowohl die öffentlich rechtliche Gesetzmäßigkeit aus dem Energierecht heraus sowie die bestehenden Grundsätze, die sich aus dem bürgerlichen Recht des § 315 BGB entwickeln, reichen aus, damit in den Instanzen richtiges Recht erkannt werden kann. Was hat dies aber dann für eine Auswirkung auf die Rechtssicherheit, die nach dem Rechtsstaatsprinzip gewährleistet sein muss, wenn sich eine Rechtsprechung aus den Instanzen heraus entwickeln würde, die der des VIII. Senats diametral gegenüber steht?

Damit wäre dann auch die Frage von tangocharly beantwortet, zumindest aus meiner Sicht.
Die Antwort muss also lauten: Es besteht kein verfassungskonformer Ansatz. Im Gegenteil, dieses neue Recht des VIII. Senats kollidiert mit dem Rechtsstaatsprinzip, weil es sich gegen Gesetz und Recht wendet und eine massive Rechtsunsicherheit hinterlässt.

Black, der auch ein Versteher des Senats ist, sieht dagegen keine verfassungsmäßigen Bedenken. Warum trägt er dann aber nichts Näheres zu den Gedankengängen des VIII. Senats bei?


Gruß
Jagni

 

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