Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH  (Gelesen 98689 mal)

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Offline RR-E-ft

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High Noon

Der BGH legt dem EuGH Rechtsfragen zur Klärung vor.

BGH PM Nr. 26/2011  vom 09.02.11

Anmerkung:

Die Bestimmungen der AVBGasV/ GasGVV bilden für Sondervertragskunden keine zwingenden gesetzlichen Regelungen, § 1 AVBGasV/ GasGVV.

Binsenweisheit. Immer wieder kommt ein neuer Frühling.

Offline jofri46

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Es geht um eine dem Verbraucher zumutbare (um nicht zu sagen verbraucherfreundliche) Durchsetzbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf eine der Billigkeit entsprechende Preisbestimmung. Dafür ist gegenwärtig unverhältnismäßig hoher Prozeßaufwand erforderlich und ein hohes Prozeßkostenrisiko einzugehen. Der Gesetzgeber hat hier seine Möglichkeiten nach dem EnWG längst nicht ausgeschöpft.

Offline Black

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Zitat
Original von jofri46
Es geht um eine dem Verbraucher zumutbare (um nicht zu sagen verbraucherfreundliche) Durchsetzbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf eine der Billigkeit entsprechende Preisbestimmung. Dafür ist gegenwärtig unverhältnismäßig hoher Prozeßaufwand erforderlich und ein hohes Prozeßkostenrisiko einzugehen. Der Gesetzgeber hat hier seine Möglichkeiten nach dem EnWG längst nicht ausgeschöpft.

Der Anspruch ist genauso schwer oder leicht durchzusetzen, wie jeder andere Anspruch in unserem Rechtssystem. Und das erfordert nun einmal \"Prozessaufwand\" wenn zwischen den Parteien unterschiedliche Rechtsauffassungen bestehen.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Jagni

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Resümee:
In der Grundversorgung kein Verbraucherschutz erforderlich, da nur Daseinsvorsorge. Verweis auf den Rechtsweg ausreichend. Wer dort nicht mithalten  kann, kann  zumindest dem positiv stimulierenden Gedanken nachhängen, dass er überhaupt Energie bekommen muss.

Belehrung durch den EuGH,
gerichtet: Egal an wen,
ist hoffnungsvoll entgegenzuseh\'n,
egal von wem.

Gruß
Jagni

Offline Black

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Zitat
Original von Jagni
Resümee:
In der Grundversorgung kein Verbraucherschutz erforderlich, da nur Daseinsvorsorge. Verweis auf den Rechtsweg ausreichend.

Das ist doch Unsinn. Auch Verbraucherschutz kann nur auf dem Rechtsweg durchgesetzt werden. Wie denn auch sonst?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Jagni

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Zitat
Von Black
Auch Verbraucherschutz kann nur auf dem Rechtsweg durchgesetzt werden. Wie denn auch sonst?

Man muss sich zunächst darauf verständigen, dass der Verbraucherschutz in der Grundversorgung zwingend geboten ist, um Vertragsgerechtigkeit herzustellen. Davon sind wir hier im Forum noch weit entfernt.
Dann kommt es darauf an, den Verbraucherschutz im Gesetz unterzubringen. Und erst danach kommt es auf den Rechtsweg an.

Zitat
Mein eigener Gedanke:
Den Verbraucher schon aus seiner schwachen, unterlegenen Position heraus auf den Rechtsweg zu verweisen, ist wegen der unverhältnismäßigen Risiken makaber.


Lesen Sie eigentlich hier mit, bevor Sie schreiben?

Offline Black

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Zitat
Original von Jagni
Man muss sich zunächst darauf verständigen, dass der Verbraucherschutz in der Grundversorgung zwingend geboten ist, um Vertragsgerechtigkeit herzustellen. Davon sind wir hier im Forum noch weit entfernt.
Dann kommt es darauf an, den Verbraucherschutz im Gesetz unterzubringen. Und erst danach kommt es auf den Rechtsweg an.

Was stellen Sie sich da denn so vor?

Zitat
Original von Jagni
Mein eigener Gedanke:
Den Verbraucher schon aus seiner schwachen, unterlegenen Position heraus auf den Rechtsweg zu verweisen, ist wegen der unverhältnismäßigen Risiken makaber.

Es ist makaber jemanden auf den normalen Rechtsweg zu verweisen, weil die Möglichkeit besteht, dass er verlieren könnte?


Zitat
Original von Jagni
Lesen Sie eigentlich hier mit, bevor Sie schreiben?

Um Gottes Willen!
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Jagni

Ihre Beiträge erscheinen inhaltlich nicht mehr recht nachvollziehbar.

Wenn den Grundversorger im Vertragsverhältnis eine besondere Preisbestimmungspflicht trifft, deren Erfüllung er dem Kunden schuldet, dann können sich der betroffene Kunde und sein Versorger darum bzw. darüber vor Gericht streiten, ob der Versorger seine gesetzlichen wie vertraglich implementierten Pflichten tatsächlich erfüllt hat.
Wo auch sonst.

Für die Billigkeit der Preisbestimmung des Versorgers trifft diesen im Prozess die Darlegungs- und Beweislast, gleichviel ob der Kunde auf Feststellung klagt, dass die Preisbestimmung des Versorgers nicht der Billigkeit entspricht und deshalb unwirksam ist, oder ob es sich um eine Leistungsklage (Zahlungsklage) des Versorgers handelt, nachdem der Kunde die Preisbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB als unbillig gerügt und deshalb seine Zahlungen gekürzt hat. Der Kunde darf sich regelmäßig darauf beschränken, den maßgeblichen Vortrag des Versorgers zu den preisbildenden Kostenfaktoren  und deren Entwicklung mit Nichtwissen zu bestreiten (BGH VIII ZR 6/08 Rn. 20).

Weshalb es ein unverhältnismäßiger Aufwand sein soll, die Preisbestimmung des Versorgers gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB einfach als unbillig zu rügen, die Zahlungen zu kürzen und sodann im Zahlungsprozess an der Unbilligkeitseinrede festzuhalten und den entsprechenden Tatsachenvortrag des Versorgers mit Nichtwissen zu bestreiten, erschließt sich nicht auf Anhieb. Lässt sich der Kunde auf Zahlung verklagen, verbleibt ihm unter Umständen § 93 ZPO.

Er kann auch Bestreiten und es auf eine Beweisaufnahme und innerhalb einer solchen ggf. auch zum Schwur kommen lassen.
Dass ein Prozess, wie jeder Zivilprozess, mit Risiken verbunden ist, für Verbraucher wie für Versorger gleichermaßen, versteht sich von selbst.

Black weiß, wovon wir reden, denn wir treffen uns zuweilen vor Gericht, um die entsprechenden Sträuße zu fechten.

Offline jofri46

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Was ich mir so vorstelle, steht schon in § 39 Abs. 1 EnWG. Eine Verordnung mit Regelungen über die Gestaltung, den Inhalt und Aufbau der allgemeinen Preise. Darunter verstehe ich zumindest die Vorgabe von Kalkulationsgrundlagen anhand derer ich schon im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Billigkeit einer Preisbestimmung wenigstens im Ansatz nachvollziehen und damit mein Prozeß(Kosten-)risiko besser einschätzen und abwägen kann.
Denkbar ist auch eine unabhängige, neutrale Schiedsstelle, wie in anderen Bereichen schon gang und gäbe, an die sich der Verbraucher wenden kann ohne gleich den Rechtsweg beschreiten zu müssen.

Offline RR-E-ft

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Wir finden einen jweiligen Großhandelspreis für Strom (EEX) und Gas (EGIX) und wir finden den vom Grundversorger festgelegten Verbrauchspreis.
Die Großhandelspreise kann der Grundversorger selbst schlecht beinflussen, sondern muss diese wohl als Datum hinnehmen.

Die Differenz zwischen diesen Großhandelspreisen und dem Preis der Grundversorgung muss sich durch die Kosten einer effzienten Leistungserbringung des Versorgers rechtfertigen lassen.
Dies ergibt sich unmittelbar aus § 2 Abs. 1 EnWG.

Die Netzentgelte findet der Grundversorger regelmäßig als vom Netzbetreiber anhand regulierter und veröffentlichter Entgelte als Datum vor, ebenso Steuern und Abgaben.

Soll es so schwierig sein, kaufmännisch einen Strich drunterzuziehen und zu sehen, ob die Differenz anhand der konkret preisbildenden Kosten gerechtfertigt ist oder nicht?
Ich frage mich zuweilen, welchen Film man davon noch machen will.

Offline Black

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Zitat
Original von jofri46
Darunter verstehe ich zumindest die Vorgabe von Kalkulationsgrundlagen anhand derer ich schon im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Billigkeit einer Preisbestimmung wenigstens im Ansatz nachvollziehen und damit mein Prozeß(Kosten-)risiko besser einschätzen und abwägen kann.

Vorgaben wie ein billiger Preis zu kalkulieren ist, gibt es doch bereits anhand der BGH Rechtsprechung. Und selbst wenn es per rechtsverordnug noch genauere Vorgaben gäbe, würde der Kunde doch - wie bereits jetzt schon - im Zweifel auf dem Rechtsweg darüber streiten müssen, ob diese Vorgaben eingehalten wurden oder nicht.


Zitat
Original von jofri46
Denkbar ist auch eine unabhängige, neutrale Schiedsstelle, wie in anderen Bereichen schon gang und gäbe, an die sich der Verbraucher wenden kann ohne gleich den Rechtsweg beschreiten zu müssen.

Was ist denn an einer \"neutralen unabhängigen Schiedsstelle\" besser als an einem neutralen unanhängigen Gericht? Wer sollte dort Schiedsrichter sein? Und was passiert, wenn der Schiedsspruch einer Partei nicht passt? Dann doch das Gericht noch hinterher?

Oder verbinden sie mit einer Schiedsstelle (nur) die Idee eines kostenlosen Verfahrens, auch wenn man verliert?
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline courage

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Original von RR-E-ft
... Dass ein Prozess, wie jeder Zivilprozess, mit Risiken verbunden ist, für Verbraucher wie für Versorger gleichermaßen, versteht sich von selbst. ...
Nein, nicht unbedingt. Das Risiko ist jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht schon deshalb ungleich verteilt, weil der Verbraucher das Risiko aus eigener Tasche trägt, während der Vorstand des Versorgers lediglich ein wenig in die Portokasse seines Unternehmens greifen muss.

Offline RR-E-ft

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@courage

Wenn sich die Frage der Billigkeit eines Allgemeinen Preises grundsätzlich für alle betroffenen Kunden gleichermaßen beurteilen lassen muss, redet man vielleicht doch nicht von der Portokasse des Unternehmens, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Bei der Unwirksamkeit eineseitiger Preisfestsetzungen in Sonderverträgen redet schließlich bei Verwendung unwirksamer Preisänderungsklauseln auch niemand mehr von der Portokasse.
Fragt mal bei EWE oder der Main-Kinzig-Gas Gelnhausen nach.

In beiden Fällen der Unwirksamkeit einer Preisbestimmung geht es um erhebliche wirtschaftliche Risiken für die Unternehmen infolge von Rechtsverstößen.
Die Risiken aus der Rechtsprechung des BGH zur Strafbarkeit der Abrechnung unbilliger Tarife treten noch hinzu.
Davon kann sich wohl niemand aus der Portokasse freikaufen.

Offline Black

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@courage

Für den Versorger geht es wirtschaftlich doch um viel mehr, als die paar 100 oder vielleicht 1000 Euro, um die mit dem einzelnen Kunden gestritten wird.

Das Kostenrisiko im Einzelfall ist übrigens das Gleiche wie für den Kunden, nur das der Versorger im Zweifel davon weniger hart getroffen ist. Das Problem haben Sie aber immer, wenn ihr Prozessgegner mehr Geld hat als Sie. Wenn Sie mit einem Zahnarzt über einen Schadenersatzanspruch gerichtlich streiten, dann zahlt der vermutlich die Kosten auch \"aus der Portokasse\".

Dafür kann der Kunde PKH beantragen oder eine Rechtschutzversicherung abschließen um sein Risiko zu senken. Das kann der Versorger nicht.
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Offline RR-E-ft

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@Black

Der Versorger kann auch eine Rechtsschutzversicherung abschließen, wenn sich eine findet.
Schließlich geht es wohl um vorsätzliche Rechtsverstöße, die zumindest billigend in Kauf genommen werden.  
PKH beantragen kann er auch, wenn es soweit ist.
Die Bewilligung von PKH hat bekanntlich immer zwei Voraussetzungen.

 

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