@Regina
Es ist wirklich nicht einfach, mit Ihrer Meinung zu dem sechs Punkte Entwurf zurechtzukommen. Ich will es dennoch einmal versuchen, denn auch Sie haben sich engagiert.
Vorweg Grundsätzliches:
Es ist zu entscheiden, ob man überhaupt einem Vergleich näher treten will oder nicht. „Ei mer wases net!“ sagen wohl die Hessen und in nur wenig dialektischer Abwandlung auch wir aus Rheinhessen.
Will man es nicht, dann ist jeder Gedanke daran mit verschwendeter Zeit gleichzusetzen. Die Entscheidung ist allerdings, das spürt man im Inneren, nicht so einfach: „Halb zog es Ihn, halb sank er hin.“
Hier wird beispielsweise die Meinung vertreten, dass bei einem Sondervertragshintergrund die Rechtslage klar ist „und deshalb dürfte ein Vergleich nicht in Betracht kommen.“ Ich selbst hätte diese Sicherheit allerdings nur, wenn auch noch eine unwirksame Preisklausel hinzukommt. Die Aussage „dürfte“ macht dann aber hellhörig. Es könnte also doch, auch bei einer so klaren Rechtslage Gründe geben, die einen Vergleich ins Blickfeld rücken. Diese Gründe müssen aber letztlich in einem selbst reifen.
Rückt man dann einem Vergleich tatsächlich näher, dann wird er immer nur gelingen, wenn man den Gedanken vom Geben und Nehmen in Hinterkopf behält. Will man nur nehmen, kann man sich sämtliche Gedankengänge im Hinblick auf einen Vergleich ersparen. Man hat dann das Wesen eines Vergleichs noch nicht verstanden.
In Ziff 1 des
sechs Punkte Entwurfs geht es um die Forderungen des Versorgers, die er aus seiner Sicht hat. Diese Forderungen nennt der Versorger mit jeder Jahresrechnung. Es sind die Beträge, die der Widerspruchskunde regelmäßig an der Jahresrechnung gekürzt hat.
Aus Sicht des Widerspruchskunden hat der Versorger keine Forderungen geltend zu machen, weil bei einer unwirksamen Preisklausel auch die Preiserhöhungen unwirksam sind. Dem Versorger ist somit nichts geschuldet und wem nichts geschuldet ist, der hat auch nichts zu fordern. Ziffer 1 soll also nur der Rechtslage zum Durchbruch verhelfen.
In Ziffer 2 geht es um Forderungen, die der Widerspruchskunde möglicherweise hat, z.B. weil seine Abschläge zu hoch bemessen waren, oder weil er Guthaben aus anderen Versorgungsverträgen hat, die der Versorger, obwohl es ihm ausdrücklich untersagt war, mit seinen vermeintlichen Forderungen beim Gas aufgerechnet hat. Mit diesen Beträgen ist der Versorger bereichert. Das weiß der Versorger auch. Bisher wollte er es nur nicht hergeben, dieses Geld, das ihm gar nicht zusteht. Er will es so lange behalten, bis die Verjährung greift.
Auch diese Ziffer 2 orientiert sich nur an der Rechtslage.
Vermutlich Juristen haben hierzu einen Spruch entwickelt:
„Ein Schuft,
der sich auf die Verjährung beruft“
Deswegen bin ich der Meinung, dass ein ordentlicher Geschäftspartner auch in dieser Hinsicht bereit ist, reinen Tisch zu machen.
Ziffer 1 und 2 stellen somit Minimalanforderungen dar, die an eine Geschäftsbeziehung zu stellen sind. Nämlich, dass Vertragsparteien die Rechtslage respektieren.
Die zu Ziff 4 vertretene Meinung kann ich nachvollziehen. Die Wettbewerbsfähigkeit kann sehr unterschiedlich beurteilt werden. Das ist ein Gesichtspunkt, der dann bei der konkreten Ausgestaltung abzuwägen wäre. Der Entwurf einer Vergleichskonzeption in Form einer solchen Punktesammlung ist zwangsläufig „ungenau“. Es bedarf eines Spielraums für jede Partei.
Zu Ziffer 5 verstehe ich ihren Einwand. Das ist eigentlich der Knackpunkt, der dem Widerspruchskunden beträchtliches abverlangt. Er verlangt ein völliges Umdenken, wenn man auf einen Vergleich zusteuert. Es mag schmerzen, eine solche vom BGH verordnete und dann implantierte Preisklausel, die jetzt nicht mehr anzugreifen ist, hinzunehmen. So ist aber derzeit die Rechtslage. Wenn es gelingt, mit Punkt 1 und 2 den Versorger von der dortigen Rechtslage zu überzeugen, dann lässt sich die Rechtslage hinsichtlich der vom § 5 Abs 2 der GasGVV abgeschriebenen Wortansammlung, die eine Preisanpassungsklausel darstellen soll, nicht ignorieren. Rosinenpicker haben in einem Vergleichsverfahren schlechte Karten.
Und was die Zukunft in dieser Sache bringt, das würde ich sie einfach einmal bringen lassen.
Über den Gedanken der Billigkeit, der sich in die neuen Entega-AGB eingeschlichen hat und der behauptet, dass Preisänderungen ausschließlich nach Maßgabe der Billigkeit erfolgen, müsste nochmals besonders nachgedacht werden. Hierzu wird juristische Hilfe erforderlich sein, um zu erkennen, ob überhaupt und wenn ja, welche Rechtsfolgen mit einem solchen Anlauf zur weiteren Verbraucherknebelung einhergehen.
Stellt man sich in die Schuhe eines Versorgers, und blick durch dessen Brille, dann wird es verständlich, dass jetzt, nachdem der BGH schon die Klauselkontrolle eliminiert hat, nur noch die Billigkeitskontrolle ein Ärgernis darstellt. Sie klebt noch immer verdammt zäh an der einseitigen Preisbestimmung. Die Überlegungen, wie man sie lösen und wegschaffen kann, sind längst angelaufen. Was fehlt ist eigentlich nur noch ein weiterer „Orbiter dicta“ der aus seiner Umlaufbahn entlassen, bei uns Verbrauchern im Energiekontor einschlägt. Vielleicht ist er dann folgendermaßen formuliert: „Die Billigkeit einer Preiserhöhung ist immer dann gegeben, wenn sie zwischen den Parteien wirksam vereinbart wurde.“ Diesen Anlauf, so scheint es, nimmt die Entega gerade in ihren neuen AGB.
Zu Ziffer 6: Meinen Sie wirklich, es passt zu irgendeiner Logik, einem Geschäftspartner zu erklärt, man würde ihn sowieso an den Pranger stellen, wenn man sich mit Vergleichsabsichten trägt? Denken Sie darüber doch noch einmal nach.
Und mit Ihrem Abbinder zum Schluss spielen Sie wohl „alles oder nichts“. Spätestens jetzt dürfte der hier mitlesende Versorger in wilder Hatz, und genervt das Spielfeld verlassen haben. Wenn er dann auch noch das, was Sie zu der Ziffer 3 gesagt haben, in sein Gedächtnis zurückruft, dann wird er wohl völlig seinen Glauben an die Vergleichswelt verlieren.
Gruß
Jagni