Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Verjährungsbeginn der Rückforderung: Abrechnung oder Abschlagszahlungen maßgeblich?

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RR-E-ft:
Sie drehen sich gedanklich im Kreis.


--- Zitat ---Original von RR-E-ft

Schon § 27 Abs. 1 AVBV hatte nichts mit einer Einwendungsfrist zu tun. Der Einwendungsausschluss gem. § 30 AVBV ließ Rückforderungsansprüche - nämlich die anderweitige Geltendmachung der mangelnden Berechtigung einer Forderung - vollkommen unberührt. An die Stelle der zweijährigen Einwendungsfrist gem.  § 30 Nr. 2 AVBV traten ausdrücklich die gesetzlichen Verjährungsvorschriften gem. § 199 BGB.

Lesen Sie bitte die amtliche Begründung zu § 27 AVBV.
Um eine Einwendungsfrist konnte es sich dabei nicht handeln, wie allein die amtliche Begründung zu § 30 Nr. 2 AVBV zeigt.

Dass der Gesetzgeber nunmehr durch die Novellierung erst eine kurze Einwendungsfrist einführen wollte, ist nicht ersichtlich. Die amtliche Begründung spricht klar dagegen.
--- Ende Zitat ---

Bereits § 27 Abs. 1 AVBV diente den Interessen der Versorger, die  dadurch  den Beginn der Verjährung ihrer Forderungen selbst in der Hand hatten und so vor der Verjährung von Ansprüchen geschützt wurden. Nach BGH, Urt. v. 22.10.1986 - VIII ZR 242/85 musste der Gasversorger gegenüber dem Tarifkunden keine Abschläge erheben und konnte den Verbrauch auch erst nach fünf Jahren erstmals insgesamt abrechnen und zur Zahlung fällig stellen, wenn dies wegen betriebsinterner Nachlässigkeiten bis dahin vollständig unterblieben war.
Wer einen Zweck dieser Vorschrift bisher vermisst haben sollte, sollte ihn somit gefunden haben.


--- Zitat ---Hartmann, aaO., § 17 StromGVV Rn. 8

Absatz 1 Satz 1 lässt dem Grundversorger weiten Spielraum zur Bestimmung der Fälligkeit anstehender Zahlungen.
--- Ende Zitat ---

Weißte Bescheid. Mit Kontokorrent hat das wiederum nichts zu tun.


--- Zitat ---Original von reblaus
Nach dieser Vorschrift [Anm. § 30 AVBV] muss der Kunde binnen zwei Jahren mitteilen, dass die Zahlung deshalb unterblieben ist, weil offensichtliche Fehler vorliegen.
--- Ende Zitat ---

Der Kunde darf nur \"soweit\" die Zahlung der Rechnung verweigern wie \"offensichtliche Fehler\" vorliegen. Er kann mithin keinesfalls die gesamte Zahlung verweigern, wenn er denn Energie bezogen hatte, auch wenn die Rechnung offensichtlich fehlerhaft ist. Ein Fehler ist nach der Rechtsprechung nur dann  \"offensichtlich\", wenn er der Rechnung entsprechend der verwaltungsrechtlichen Spruchpraxis \"quasi auf die Stirn gestempelt\" ist, keinen ernsthaften Zweifel an der Fehlerhaftigkeit bestehen können, wenn also auf Bestreiten des Versorgers in einem Prozess  darüber Beweis erhoben werden muss. Auf den Grad der Substantiierung kommt es dabei grundsätzlich nicht an. Keiner Rechnung sieht in diesem Sinne an, dass unberechtigt einseitig erhöhte Preise zur Abrechnung gestellt wurden oder vom Kunden geleistete Abschläge unberücksichtigt bleiben. Der Kunde wird nur dadurch geschützt, dass er in einem Rückforderungsprozess sämtliche Einwendungen und Einreden hinsichtlich der mangelnden  Berechtigung der Forderung nachträglich geltend machen kann.

Für den Rückforderungsprozess des Kunden  besteht nach der gesetzlichen Regelung gerade keinerlei Einwendungsausschluss. Ein solcher wäre ja auch durch nichts zu rechtfertigen. (Jede gesetzliche Regelung bedarf nach unserer Verfassungslage einer Rechtfertigung.) Schließlich muss der Kunde seinen Rückforderungsanspruch darlegen und auf Bestreiten ganz normal beweisen. Ein Risiko aus falscher gerichtlicher Inanspruchnahme besteht für den Versorger überhaupt nicht. Wäre der Kunde auch noch im Rückerstattungsprozess mit irgendwelchen Einwendungen gesetzlich ausgeschlossen, so wäre auch schon der gesetzliche Einwendungsausschluss gem. § 30 AVBV/ 17 GVV nicht nur mit Rücksicht auf  Art. 19 IV GG verfassungswidrig.


Es kann immer mal vorkommen, dass man noch keine Antwort auf gestellte Fragen hat. Dann wartet man mit seiner Antwort noch zu. Es ist auch kein Makel, zu bekunden, dass die Antworten ggf. noch Zeit brauchen.

reblaus:
Auch BGH Urt. v. 22.10.1986 – VIII ZR 242/85 ist kein durchgreifendes Argument dafür, dass den Versorgern mit den Regelungen der AVBGasV/GasGVV besondere Vorteile zugeschanzt werden sollten, die anderen Gewerbetreibenden nicht zugestanden werden. Da der Versorger in diesem Fall keine Abschlagszahlungen erhoben hat, kann mangels gegenläufiger Leistungen keine Kontokorrentvereinbarung vorliegen. Einen Anspruch auf Abrechnung kann der Verbraucher in diesem Fall nicht geltend machen, somit kann ein solcher Anspruch und ein Anspruch auf Anerkenntnis der Abrechnung auch nicht verjähren. Das im Normalfall vorhandene Korrektiv der Verjährung des Anspruchs auf Abrechnung, fällt unter diesen besonderen Umständen weg.

Dieses Ergebnis erscheint mir jedoch durch besondere Umstände eher zufällig verursacht zu sein. Eine Absicht des Gesetzgebers, den Versorger in diesem sehr speziellen Fall besser zu stellen, kann ich nicht erkennen.

Auch die alte Zweijahresfrist aus § 30 AVBGasV steht der Annahme eines Kontokorrents nicht entgegen. Zuerst einmal ist festzuhalten, dass diese Regelung im Gasbereich mit Einführung der GasGVV ersatzlos weggefallen ist. Der Gesetzgeber scheint damit von der Sinnhaftigkeit dieser Frist nicht mehr überzeugt gewesen zu sein. Weiterhin ist festzuhalten, dass früher Ansprüche nach § 196 BGB-alt bereits nach 2 Jahren verjährten. Es war somit systematisch nachvollziehbar, dass das Recht eines Verbrauchers das Saldoanerkenntnis zu verweigern, ebenfalls der Verjährung unterlag. War dieser Anspruch verjährt, führte dies aber nicht dazu, dass der Verbraucher dadurch auf die Einwendungen verzichtete, da es hierbei nach wie vor an einem vertraglichen Willen fehlte, sondern nur dazu, dass das Anerkenntnis unter dem Vorbehalt dieser Einwendungen erfolgte. Durch den Wegfall der Regelung in der GasGVV obliegt es nun dem Versorger gegen eine vermeintlich unberechtigte Einwendung aus § 17 GasGVV gerichtlich vorzugehen, um die Verjährung seiner Ansprüche zu verhindern.

Nach Ihrer Ansicht müsste der Wegfall dieser Regelung bedeuten, dass der Versorger bis zum St. Nimmerleinstag berechtigt wäre, gegen unbezahlte Abrechnungen vorzugehen, indem er die Berechtigung zur Zahlungsverweigerung auch nach Jahrzehnten noch gerichtlich angreifen könnte, und bei Erfolg erst dann die Verjährung für den Abrechnungssaldo zu laufen begänne.

Welchen Sinn die Regelung des § 17 GasGVV Ihrer Ansicht nach haben sollte, haben Sie mit durchgreifenden Argumenten immer noch nicht dargelegt.

RR-E-ft:
Sie drehen sich weiter gedanklich im Kreis.


--- Zitat ---Original von reblaus
Da der Versorger in diesem Fall keine Abschlagszahlungen erhoben hat, kann mangels gegenläufiger Leistungen keine Kontokorrentvereinbarung vorliegen.
--- Ende Zitat ---

Bisher vertraten Sie wohl die Auffassung, die Kontokorrentvereinbarung ergäbe sich schon aus der gesetzlichen Regelung selbst?
Passt nun ersichtlich auch  nicht mehr.

Der Versorger kann gegenüber Tarifkunden und gegenüber Sondervertragskunden, jedoch nur soweit es mit solchen vertraglich vereinbart ist, einseitig bestimmte Abschläge fordern. Eine Kontokorrentabrede bzw. Kontokorrentvereinbarung, ohne dass eine solche ausdrücklich getroffen wurde, wollen Sie nunmehr nur noch dann annehmen, wenn gegenüber dem Tarifkunden Abschläge tatsächlich bestimmt und gefordert wurden?! Woraus soll sich das denn ergeben? Schließlich besteht keine vertragliche Abrede darüber, ob der Versorger von einem bestehenden Recht zur Bestimmung von Abschlagsforderungen Gebrauch macht oder nicht. Er macht es halt oder er macht es eben nicht. Eine Kontokorrentvereinbarung ist hingegen eine Vereinbarung, die entsprechender übereinstimmender Willenserklärungen gem. § 145 ff. BGB  bedarf und nicht nur vom Verhalten eines Vertragspartners abhängen kann.

Natürlich hatte der Versorger im Fall BGH VIII ZR 242/85 bereits seit über fünf Jahren vertragliche Leistungen erbracht und an den betroffenen Tarifkunden Gas geliefert. Sie behaupten nun, dabei habe keine Kontokorrentvereinbarung mit diesem Tarifkunden vorgelegen. Für diesen Fall einer fehlenden Kontokorrentvereinbarung  behaupten Sie weiter oben, die Zahlungsansprüche des Versorgers würden sofort mit der Gaslieferung fällig werden. BGH VIII ZR 242/85 widerlegt Ihre Thesen anschaulich.  

Die Versorger wurden bereits mit § 27 Abs. 1 AVBV wie aufgezeigt besser gestellt. Es handelt sich insbesondere um keine Einwendungsfrist.
§ 17 Abs. 1 Satz 1 GVV bezweckt, die Verjährung der Versorgeransprüche vor Rechnungszugang beim Kunden  zu hindern. Das ist wohl Zweck genug.


--- Zitat ---Hartmann, aaO., § 17 StromGVV Rn. 8

Absatz 1 Satz 1 lässt dem Grundversorger weiten Spielraum zur Bestimmung der Fälligkeit anstehender Zahlungen.
--- Ende Zitat ---

reblaus:
Ich habe noch nie behauptet, dass sich die Kontokorrentvereinbarung aus dem Gesetz ergebe. Ich behaupte, dass die gesetzlichen Regelungen darauf ausgelegt sind, dass die Zahlung im Kontokorrent erfolgt. Selbst § 355 HGB hat lediglich eine jahrhundertealte Kaufmannspraxis in Gesetzesform gegossen. Die Zahlung mittels Abschlägen und jährlicher Abrechnung sind der absolute Regelfall, und werden bis zur Einführung von mittels Internet ablesbarer Messgeräte der Regelfall bleiben, da andere Abrechnungsvarianten bei Privatkunden unwirtschaftlich sind.

Wenn der Kunde Gas entnimmt, schließt er dadurch einen Grundversorgungsvertrag ab. Damit vereinbart er mit dem Versorger, dass dieser bestimmen kann, ob Abschläge zu bezahlen sind oder nicht. Optiert der Versorger für Abschläge ist dies vom Vertragswillen des Verbrauchers umfasst. Das gleiche gilt, wenn in Sonderverträgen die Zahlung mittels Abschlägen vereinbart wird.

Bei BGH VIII ZR 242/85 kommt es gar nicht darauf an, ob die Parteien die Bezahlung im Kontokorrent vereinbart haben oder nicht. Wird eine Kontokorrentvereinbarung in der Praxis nicht umgesetzt, weil Abschlagszahlungen nicht geleistet oder nicht angefordert werden, so gibt es nichts abzurechnen. Der Anspruch auf Erstellung der Abrechnung entfällt, weil er objektiv nicht erfüllbar ist und nicht erfüllt werden muss.


--- Zitat ---Hartmann, aaO., § 17 StromGVV Rn. 8

Absatz 1 Satz 1 lässt dem Grundversorger weiten Spielraum zur Bestimmung der Fälligkeit anstehender Zahlungen.
--- Ende Zitat ---

Zutreffend ist, dass dem Versorger ein weiter Spielraum zur Bestimmung der Fälligkeit eröffnet wird. Nach Ihrer Ansicht wäre der Spielraum aber grenzenlos, da dem Kunden gar keine Möglichkeit eröffnet würde, die Erstellung der Abrechnung zu erzwingen. Tatsächlich ist dieser Spielraum aber mindestens durch die Verjährung des Anspruchs auf Anerkenntnis beschränkt. Da der Kunde einen Anspruch auf Erstellung der Abrechnung hat, kann er dessen Erfüllung erzwingen, wenn der Versorger die Abrechnung nicht binnen angemessener Zeit erfüllt.

Den Zweck der weiteren Regelungen des § 17 GasGVV haben Sie nach wie vor nicht erklärt.

Ungeklärt ist, warum eine Abrechnung frühestens 14 Tage nach Zugang fällig werden kann.

Es wird die Existenz von drei Typen von Einreden geregelt, bei deren Vorliegen drei unterschiedliche Rechtsfolgen eintreten. Zum einen die substantiierten Einwendungen gegen die Abrechnungsgrundlagen, die die Fälligkeit des Saldos hindern, daneben die unsubstantiierten Einwendungen gegen die Abrechnungsgrundlagen, die nur im Rahmen des Rückforderungsprozesses geltend gemacht werden können und schließlich die Einwendungen gegen die Leistungspflicht des Kunden, die zwar die Fälligkeit des Anspruchs nicht hindern, aber im Rahmen der Zahlungsklage geltend gemacht werden können.

Mit dem Kontokorrent ist die unterschiedliche Behandlung der Einreden zu erklären. Da Sie dieses jedoch ablehnen, sollten Sie alternative Gründe vorbringen, warum es diesen bunten Strauß benötigt.

RR-E-ft:
Wenn Sie die Gesetzesmaterialien zu §§ 27, 30 AVBV, 17 GVV nicht auswerten, dann werden Sie sich immer weiter gedanklich im Kreis drehen.

Die amtliche Begründung für § 30 Nr. 1 AVBV wischen Sie vom Tisch,  weil sie nicht ins Bild passt, ebenso dass § 27 AVBV keine Einwendungsfrist war, die Einwendungsfrist früher vielmehr in § 30 Nr. 2 AVBV geregelt war und durch die gesetzliche Novellierung ausdrücklich zugunsten des allgemeinen Verjährungsrechts abgeschafft wurde.

Der Einwendungsausschluss gilt nur vorübergehend, keinesfalls jedoch im Rückforderungsprozess. Beleg dafür ist wohl auch BGH VIII ZR 111/02.

Auch negieren Sie die amtliche Begründung zu § 27 AVBV und 17 GVV, wonach der Versorger die (für die Verjährung maßgebliche) Fälligkeit seiner Ansprüche selbst in der Hand haben soll.

Ein Kontokorrentverhältnis erfordert eine Kontokorrentvereinbarung. Darüber hinaus kann gem. §§ 305 ff. BGB unter engen Voraussetzungen vereinbart werden, dass ein bestimmtes Verhalten als (deklaratorisches) Saldoanerkenntnis gelten soll. So vereinbaren Banken etwa, dass der quartalsweise vorzunehmende Rechnungsabschluss als anerkannt gilt, wenn nicht innerhalb von sechs Wochen ein Widerspruch des Kunden erfolgt. Ein solches deklaratorisches Schuldanerkenntnis wirkt nicht konstitutiv. Es kann insbesondere auch selbst nach § 812 BGB kondiziert werden (BGH XI ZR 194/93). Vor allem jedoch ist kein Anspruch auf ein Anerkenntnis dabei ersichtlich. Der Bankkunde der jeweils innerhalb von sechs Wochen nach Rechnungsabschluss ohne weitere Begründung Widerspruch einlegt, gibt kein Saldoanerkenntnis ab. Er ist zu einem solchen wohl auch  nicht verpflichtet. Besteht eine Kontokorrentvereinbarung mit vereinbarten Terminen, zu denen der Rechnungsabschluss zu erfolgen hat, so hat der Rechnungsabschluss zu erfolgen unabhängig davon, ob etwa im Debet etwas zu verbuchen war oder nicht. Zu weiteren Anforderungen siehe auch KG, Urt. v. 22.03.04 Az. 8 U 268/03.

Kunde und EVU vereinbaren hingegen schon keine zwingenden Rechnungsabschlüsse zu bestimmten Terminen. Dies widerspräche wohl schon § 27 AVBV, 17 GVV, wonach der Versorger die Fälligkeit seiner Ansprüche selbst bestimmen können soll. Zudem besteht keinerlei vertragliche Abrede, unter welchen Voraussetzungen ein Saldoanerkenntnis abgegeben wird bzw. als abgegeben gilt, vgl. KG aaO.

Gegen Ihre Ansicht spricht m. E. auch BGH VIII ZR 334/07, wo vertraglich sogar eine Abrechnungsfrist vereinbart worden war.

Eine unschlüssige Argumentation kann beliebig oft wiederholt werden. Ein Anspruch darauf, dass diese von anderen anerkannt wird, besteht indes nicht.

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