Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Verjährungsbeginn der Rückforderung: Abrechnung oder Abschlagszahlungen maßgeblich?

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RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von reblaus


@RR-E-ft

Ist Ihrer Ansicht nach die Verjährung der Abschlagszahlungen beim Energieliefervertrag, sowie der Anspruch auf Bezahlung der Energielieferung solange gehemmt, bis Abschläge mit Kaufpreis verrechnet wurden? Und was passiert Ihrer Ansicht nach mit den Abschlägen, wenn der Versorger die Abrechnung einfach nicht erstellt? Hat der Verbraucher bei Verzug mit der Abrechnungspflicht einen Anspruch darauf, bezahlte Abschläge zurückfordern zu dürfen?
--- Ende Zitat ---

@reblaus

Clifford Chance hatten vor dem Landgericht Potsdam damit offensichtlich keine Chance,
weil es vollkommen abwegig ist, nachdem es bereits an den Grundvoraussetzungen mangelt,
wie auch das Gericht attestierte.

Es besteht regelmäßig schon keine vertragliche Vereinbarung über Imechnungstellung, Verrechnung und Saldofeststellung (vgL BaumbachlHueck, HGB-Komm., 32. AufI., § 355 Rn. 5).

Clifford Chance konnte deshalb wohl auch keine solche vertragliche Vereinbarung vortragen, ohne einen Prozessbetrug zu versuchen.  

Auch der einzeln klagbare  Anspruch auf Zahlung
eines vertraglich vereinbarten Abschlages
unterliegt der regelmäßigen Verjährung.
Diese Verjährung wird nicht gehemmt.

In der Regel kommt es nicht zur Verjährung dieses Anspruchs
auf Zahlung eines vertraglich vereinbarten Abschlags,
weil dieser bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist anderweitig erlischt.

Bei den vertraglich vereinbarten Abschägen handelt es sich um eigenständige, einzeln klagbare Ansprüche.
Wenn der Kunde auf diese vereinbarten Abschläge Zahlungen leistet,
so erfolgt diese Zahlung mit Rechtsgrund
und führt zur Erfüllung gerade dieser vertraglichen Ansprüche (Tilgung).

Wenn der Versorger keine Jahresrechnung erstellt,
hat der Kunde daraus regelmäßig keinen Nachteil,
jedenfalls soweit die Abschläge nicht zu hoch bemessen waren.

Nur aufgrund der Jahresrechnung kann der Versorger weitere Abschläge bestimmen, (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 GVV).
Er muss jedoch keine weiteren Abschläge bestimmen.

Bestimmt er keine weiteren Abschläge, erfolgen die weiteren Energielieferungen eben ohne entsprechende Abschlagszahlungen.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Abrechnung ergibt sich aus § 40 Abs. 3 und 4 EnWG
undzwar vollkommen unabhängig davon, ob Abschlagszahlungen vertraglich vereinbart wurden.

reblaus:
Sie drücken sich nicht ganz klar aus. Hat der Verbraucher nach Ihrer Ansicht kein Rückforderungsrecht auf bezahlte Abschläge, wenn der Versorger entgegen seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht nicht abrechnet? Bei Wasserlieferungen gilt z. B. das EnWG nicht, dennoch ist die Abrechnungsweise in der Regel dieselbe wie bei den Energielieferverträgen.

Dies würde z. B. in folgendem Fall zu großen Problemen führen. Der Verbraucher ist neu in eine Wohnung eingezogen, die er im Gegensatz zum Vormieter aber nur wenig nutzt, und somit viel weniger Energie verbraucht, als er nach den Abschlägen bezahlt. Nach einem Jahr zieht er wieder aus, und kann somit nicht von den wegfallenden Abschlägen profitieren.

Was passiert, wenn der Versorger für das Folgejahr zum Jahresende einfach eine Rechnung für die verbrauchte Energie verschickt? Kann der Verbraucher dann mit seinen Abschlägen aus dem Vorjahr mit dem Rechnungsbetrag für das Folgejahr aufrechnen, oder muss er die Abrechnung für das Vorjahr weiter abwarten, und die Rechnung für das Folgejahr bezahlen?

RR-E-ft:
Zunächst möchten wir bitte festhalten,
dass der vertraglich vereinbarte Anspruch auf Abschlagszahlung,
einen einzeln klagbaren (!) Anspruch begründet,
Zahlungen darauf mit Rechtsgrund erfolgen
und allein deshalb als solche jedenfalls
noch keinen Rückforderungsanspruch begründen können.

Die gezahlten Abschläge als solche können nur dann
zurückverlangt werden, wenn die vertragliche Abrede
über die Vorauszahlungen nichtig war.

Wenn der Versorger abrechnet und in dieser Abrechnung
vereinnahmte Abschlagszahlungen unterschlägt,
dann ist diese Abrechnung jedenfalls fehlerhaft.

Der Versorger hat keinen Anspruch auf Zahlung
des fehlerhaft abgerechneten Rechnungsbetrages.

Im Rahmen der Zahlungsklage des Versorgers
kann sich der betroffene Kunde darauf berufen,
dass infolge der vertraglichen Abrede über Vorauszahlungen
und die erfolgte Zahlung derselben
im Umfange geleisteter Abschläge bereits Erfüllung
eingetreten ist undzwar ohne,
dass der Kunde dafür erst eine Aufrechnung erklären kann und muss.

Eine Aufrechnungslage liegt dabei gerade nicht vor.


--- Zitat ---BGH, Urt. v. 07.12.10 Az. KZR 41/09 Rn. 3 f.
Entgegen der Revision steht dem Kläger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB i.V.m. § 315 BGB kein Anspruch auf anteilige Rückzahlung der einzelnen Vorauszahlungen zu.
Die Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB bezieht sich auf die (einheitliche) Forderung der Beklagten aus der Netznutzung für das Jahr 2002.

Nach dem Netznutzungsvertrag der Parteien war jeweils eine Jahresabrechnung über die erbrachten Durchleitungsleistungen zu erstellen, auf die monatliche Abschlagszahlungen zu erbringen waren.

Bei den Vorauszahlungen der Schuldnerin handelt es sich lediglich um (unselbständige) Rechnungsposten, die nicht auf einzelne Teilleistungen der Beklagten bezogen werden können (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2002 - X ZR 125/00, WM 2002, 2257, 2259 und vom 15. April 2004 - VII ZR 471/01, ZIP 2004, 1507, 1508]. Rechtsgrund der Zahlungen war die vertragliche Abrede der Parteien über die Vorauszahlungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2002- X ZR 125/00, WM 2002, 2257, 2259). Soweit sich die Revision auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2007 (VII ZR 268/05, BGHZ 171, 364 Rn. 19, 31) stützt, kann sie damit keinen Erfolg haben, weil dieser Entscheidung ein anders gelagerter Sachverhalt, nämlich die Nichtigkeit der Abrede über die Vorauszahlungen, zugrunde lag. Ebenfalls geht der Hinweis der Revision auf § 95 Abs. 1 Satz 3, § 96 Abs. 1 Satz 3 InsO fehl; diese Vorschriften setzen eine Aufrechnungslage voraus, die bei der Berücksichtigung von Abschlagszahlungen wegen deren Charakter als (unselbständige) Rechnungsposten nicht vorliegt.

Dem Kläger kann daher nur ein auf das Gesamtjahr bezogener Rückzahlungsanspruch zustehen.
--- Ende Zitat ---

PLUS:

--- Zitat ---Original von reblaus
@Plus
Bei Ihrem Fall handelt es sich einfach um drei unterschiedliche Abrechnungen, die auf einem Stück Papier abgedruckt wurden. Den Lieferungen liegen auch drei unterschiedliche Verträge zugrunde. Die Abwassergebühr ist zwar eine öffentlich-rechtliche Gebühr wird aber von einem zivilrechtlich organisierten Versorger in Rechnung gestellt. Das ist so ähnlich wie mit der Mehrwertsteuer. Die treibt auch der Lieferant für das Finanzamt ein.
--- Ende Zitat ---
@reblaus, wirklich so einfach?  Es ist eine Ab-Rechnung und der Versorger fordert den Saldo (Unsere Forderung Rechnungsbeispiel )
und keine einzelnen unterschiedliche Abrechnungsbeträge.  Auch Ihr Vergleich mit der Mehrwertsteuer hinkt.[/list]

userD0003:

--- Zitat ---Original von reblaus
... Wenn Sie die damalige Diskussion verfolgt haben, so habe ich argumentiert, dass in einem üblichen Gasliefervertrag alle drei Anforderungen vereinbart und enthalten sind. Die Inrechnungstellung erfolgt durch die Anforderung der Abschläge durch den Versorger. Der Gasverbrauch wird dem Kunden durch den Zähler in Rechnung gestellt. Die Verrechnung ist vereinbart, weil der Gasversorger entweder durch GasGVV oder mittels Sondervertrag verpflichtet ist, den Verbrauch mit den Abschlägen zu verrechnen. Zur Überprüfung des Saldos wird dem Verbraucher entweder durch GasGVV oder Sondervertrag eine 14tägige Prüfungsfrist eingeräumt. Erst danach wird der Saldo zur Zahlung fällig.  Dieses Energieabrechnungsrechtsinstitut ist einem Kontokorrent dann aber derart ähnlich, dass ich nicht die geringsten Skrupel hätte, die für das Kontokorrent entwickelten Theorien ebenso auf das Energieabrechnungsrechtsinstitut anzuwenden. ...
--- Ende Zitat ---
Diese (m.E. sehr konstruierte) Argumentation entspricht interessanterweise ziemlich genau der Auffassung, die EWE mir im Herbst letzten Jahres aufgetischt hat.
Als juristischer Laie frage ich Sie, wo in einem \"üblichen\" Gasliefervertrag ist bzgl. der Ihrer Ansicht nach eingeräumten 14tägigen Prüfungsfrist zur Überprüfung des Saldos eine entsprechende Erklärungs- bzw. Anerkennungsfiktion vereinbart?
Ähnlichkeiten zu einem Kontokorrent ersetzen doch wohl kaum die Grundvoraussetzung für eine Kontokorrentabrechnung, nämlich eine Kontokorrentabrede zwischen den Parteien.

Und tatsächlich wird die nach Ihrer Interpretation vereinbarte Verrechnung von den Versorgern doch ganz anders praktiziert: Zahlungen, auch eindeutig zweckgebundene (siehe auch dazu Urteil LG Potsdam), werden mit behaupteten Alt-Forderungen aus vorherigen Abrechnungsperioden verrechnet und Salden werden ohne Saldoanerkenntnis über mehrere Abrechnungsperioden fortgeschrieben. Das Ganze offensichtlich mit dem Ziel, die Verjährung angeblich noch offener Forderungen zu vermeiden!

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