Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Verjährungsbeginn der Rückforderung: Abrechnung oder Abschlagszahlungen maßgeblich?

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RR-E-ft:
Mit der Überschrift des Threads Rückforderung: Verjährungsbeginn Jahresrechnung oder Abschlagszahlungen? wollte ich folgendes Problem verschlagwortet  bezeichnen:

Kommt es für die Verjährung von Rückforderungsansprüchen auf die Zahlung auf Abschlagsanforderungen oder aber auf die nachfolgende Verbrauchsabrechnung an?

Es ging mir weder um die Verjährung von Abschlagsanforderungen noch um die Verjährung von Rechnungsbeträgen.

Ich habe das jetzt mal geändert, damit es hoffentlich klarer wird.

Die Abschläge stellen - wie aufgezeigt - nicht die Gegenleistung für die verbrauchte Energie dar. Die Gegenleistung (Schuld des Kunden) wird erst mit der nachfolgenden Verbrauchsabrechnung festgestellt. Mit dieser erst festzustellenden Schuld sind die ggf. geleisteten Abschlagszahlungen sodann zu verrechnen, wobei denknotwendig erst die Schuld festgestellt werden muss, bevor eine Verrechnung der geleisteten Abschäge mit dieser erfolgen kann. Die Verbrauchsabrechnung stellt also erst die Schuld des Kunden fest, darauf erfolgt hiernach (ggf. innerhalb einer sog. logischen Sekunde) die Verrechnung ggf. bereits geleisteter Abschläge und erst danach verbleibt dann ggf. noch eine Restschuld, die ihrerseits erst mit der Verbrauchsabrechnung zur Zahlung fällig werden kann. Es kann sich jedoch nach der Verbrauchsabrechnung auch ein Guthaben des Kunden und somit eine Schuld des Versorgers diesem gegenüber ergeben.

Gerade weil die Schuld des Kunden (Gegenleistung) erst später festgestellt wird, der Versorger bis dahin vorleistungspflichtig ist, wird ihm zur Minimierung des daraus resultierenden wirtschaftlichen Risikos für die Grund- und Ersatzversorgung gesetzlich und im Übrigen oft vertraglich das Recht eingeräumt, Abschlagszahlungen zu fordern, deren Höhe einseitig festzusetzen und deren Fälligkeit zu bestimmen. Der Versorger hat dann das Recht dazu, muss von diesem Recht jedoch keinen Gebrauch machen. Macht er von diesem Recht Gebrauch, sind die geforderten Abschläge vertraglich geschuldet, undzwar grundsätzlich unabhängig davon, ob überhaupt Energie verbraucht wird.

Die geforderten Abschläge selbst haben auch nichts mit einer (vorweggenommenen) Abrechnung zu tun. Man kann zum 1.Mai einen Gasversorgungsvertrag abgeschlossen haben, für die Monate Mai bis September zu recht vom Versorger geforderte Abschläge gezahlt haben, ohne auch nur eine Kilowattstunde zu verbrauchen, bevor man zum nachfolgenden 01.Oktober wirksam den Versorger gewechselt hat. Mit der Schlussabrechnung bekommt man dann - bis auf den anteiligen Grundpreis, sofern ein solcher vereinbart war - alle während der Vertragslaufzeit geleisteten Abschlagszahlungen zurückerstattet. Die vom Versorger einseitig festgesetzten und geforderten Abschläge für die Monate Mai bis September waren dabei zu den vom Versorger einseitig bestimmten Terminen vertraglich geschuldet, ohne dass nach der späteren Abrechnung je eine entsprechende Schuld (für verbrauchte Energie) entstanden war bzw. bestand. Und deshalb sind geforderte Abschläge eben keine Gegenleistung für verbrauchte Energie. Mit der Abrechnung erst entsteht der Erstattungsanspruch des Kunden  gem. § 13 III GasGVV, wobei der Kunde einen Anspruch auf Abrechnung hat, so dass der Versorger den Erstattungsanspruch nicht durch Unterlassen der Abrechnung vereiteln kann. Bis dahin waren die geforderten Abschläge in diesem Fall jedoch vollständig vertraglich geschuldet.

berghaus:

--- Zitat ---von RR-E-ft
Die vom Versorger einseitig festgesetzten und geforderten Abschläge für die Monate Mai bis September waren dabei zu den vom Versorger einseitig bestimmten Terminen vertraglich geschuldet
--- Ende Zitat ---

So einseitig wie die Gaspreise bei Tarifkunden muss die Festsetzung doch gar nicht sein, wenn in dem Vertrag oder den AGBs z.B.die Formel stehen würde:
Die am 1. eine Monats zu zahlenden Abschläge errechnen sich aus dem Grund- und Verbrauchspreis am Tag der Vorjahresabrechnung und dem Verbrauch des Vorjahres geteilt durch 12.

Praxis ist allerdings die einseitige Festsetzung mit -noch nicht bekannten-, Preiserhöhungen und Verbrauchssteigerungen.

berghaus 08.12.09

Christian Guhl:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Von der Rechtskraft einer Entscheidung über die Unwirksamkeit einer Preisänderungsklausel (möglicherweise nach langjährigem Instanzenzug bis zum BGH) hängt der Beginn des Laufs der Verjährung nicht ab.
--- Ende Zitat ---
Nach § 199 Abs.1 Satz 2 beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den Anspruch begründeten Umständen Kenntnis erlangt. Der den Rückzahlungsanspruch begründende
Umstand ist die Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel. Klar, ohne Unwirksamkeit kein Anspruch. Diese Unwirksamkeit muss doch aber erst mal rechtskräftig festgestellt werden, vorher besteht kein Rückzahlungsanspruch. Die Verjährungsfrist kann doch nicht schon beginnen, weil der Verdacht der Unwirksamkeit besteht. Oder wirkt sich hier der zweite Teil von Satz 2 aus :\"...oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.\" ? Wird es als grobe Fahrlässigkeit angesehen, wenn der Verdacht der Unwirksamkeit besteht und man keine Klage erhebt ?

Black:
@ christian guhl

Die notwendige Kenntnis bezieht sich auf Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht auf Rechtsfragen. Die Nichtigkeit einer Preisklausel ist keine Tatsache, sondern eine Rechtsfrage.

Zudem ist eine nichtige klausel auch schon vor der Feststellung der Nichtigkeit durch ein Gericht nichtig.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von Christian Guhl
 Diese Unwirksamkeit muss doch aber erst mal rechtskräftig festgestellt werden, vorher besteht kein Rückzahlungsanspruch.
--- Ende Zitat ---

Der Rückerstattungsanspruch des Kunden gem. § 812 BGB ist bereits mit der Überzahlung entstanden und besteht bereits, auch wenn der Kunde von der Unwirksamkeit der Klausel und der Rechtsgrundlosigkeit seiner Zahlung nichts weiß. Dieser bestehende Anspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährung, deren Beginn hier problematisiert wird und für den es auf die Kenntnis ankommen kann.

BGH EnZR 49/08 Tz. 6



--- Zitat ---Die dreijährige Verjährung begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2002. Die Rückzahlungsansprüche waren im Laufe des Jahres 2002 entstanden, und die jetzige Insolvenzschuldnerin kannte die anspruchsbegründenden Umstände sowie die Person des Schuldners oder hätte diese Umstände jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit kennen müssen. Dabei reicht eine Kenntnis, aufgrund deren es ihr zumutbar ist, eine - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben (BGHZ 102, 246, 248; BGH, Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 395/07, ZIP 2008, 2167 Tz. 12). Danach ist das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung davon ausgegangen, dass D. Kenntnis von einer etwaigen Überhöhung der von E. verlangten Preise hatte.
--- Ende Zitat ---

Gerade wer die Musterbriefe verwendet hat, hat doch zu erkennen gegeben, dass er nicht nur Zweifel an der Billigkeit, sondern schon am einseitigen Preisänderungsrecht im konkreten Vertragsverhältnis hat, sei es nun wegen nicht wirksam einbezogener oder wirksam einbezogener aber unwirksamer Preisänderungsklausel. Er hat damit Zweifel an der Berechtigung der Preisforderung, die er nur unter Vorbehalt weiter leisten wollte, zum Ausdruck gebracht, denen er hätte nachgehen können und müssen. Man kann nicht damit gehört werden, man wollte abwarten, bis man es ganz sicher weiß [Rechtskraft/ Entscheidung des BGH].

Dann kann man doch nicht zuwarten, ob irgendwann mal in einem Parallelfall ein Gericht zu Gunsten eines Kunden entscheidet. Erst recht darf man nach einem ersten Urteil zu Gunsten eines Kunden in einem Parallelfall nicht das Ende eines weiteren Instanzenzuges abwarten.

Verjährung bedeutet auch, jeder Zug fährt einmal ab und wer zu lange wartet, dem bleibt nur, hinterherzuwinken.
Das gilt vor allem für alle abseits wartenden Auf- Nummer- sicher- Gänger wie sich aus BGH EnZR 49/08 Tz. 6 ergibt.

Die Verbraucherzentralen und -verbände trommeln nicht umsonst, dass es nun höchste Eisenbahn ist für die gerichtliche Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen gegen E.ON, RWE, GASAG.....

Nicht entschieden ist, wie es sich mit der Verjährung von Rückforderungsansprüchen verhält, wenn zwischen den Parteien bereits eine Feststellungsklage wegen der Unwirksamkeit von einseitigen Preisänderungen rechtshängig ist.

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