Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Wirksame Einbeziehung von AGB?

<< < (3/11) > >>

Gas-Rebell:

--- Zitat ---Original von reblaus
@Heinrich
Man sollte sein Prozessrisiko kennen, bevor die Klage eingereicht ist.
--- Ende Zitat ---
Um sein Prozessrisiko zu kennen, wird man alle denkbaren Facetten des Falls beleuchten müssen. Ich persönlich würde das Prozessrisiko hier prima vista als nicht besonders hoch einschätzen. Denn im beschriebenen Fall kommt m.E. kein Richter daran vorbei, von einem Sondervertrag auszugehen. Dies insbesondere auch nicht, weil seitens des Versorgers ausdrücklich betont wurde, dass im Fall der Nichtzustimmung zum angebotenen \"Sonderabkommen\" nach den \"Allgemeinen Tarifen\" abgerechnet werde. Deutlicher kann man m.E. wohl kaum ausdrücken, dass hier ein Vertrag zu besonderen Bedingungen abgeschlossen werden sollte. (Oder sehen Sie, reblaus, Argumente, die zu einem anderen Ergebnis führen würden?)

Zu prüfen wäre allerdings, ob ggf. durch eine Formulierung, dass die \"Versorgung auf der Basis der Allgemeinen Tarife, Preise und Bedingungen\" vereinbart wurde, möglicherweise das gesetzliche Preisänderungsrecht als AGB unverändert in den Vertrag übernommen worden sein könnte. Dies würde jedoch voraussetzen, dass der Kunde die Bedingungen vor Vertragsabschluss kannte und bei Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden war. Beides kann ich hier nicht erkennen.

Ob man aber letztlich klagt oder nicht, ist natürlich auch eine Frage von Aufwand und Ertrag, wie ich schon im Thread \"Wann lohnt eine Klage und wann nicht?\" angesprochen habe. reblaus ist gern eingeladen, sich dort ebenfalls an der Diskussion zu beteiligen.

reblaus:
Der Vertragspassus, dass bei Nichtannahme des Vertragsangebots nach allgemeinen Tarifen abgerechnet würde, habe ich bisher überlesen. Dieser spricht für einen Sondervertrag.

Wenn allgemeine Geschäftsbedingungen einem schriftlichen Vertrag bei Vertragsschluss nicht beiliegen, werden sie nach ständiger Rechtsprechung nicht Vertragsbestandteil. Es ist nicht davon auszugehen, dass der BGH dies kippt.

Allerdings handelt es sich hier nicht um den Standardfall, an den sich die Amtsrichter zwischenzeitlich gewöhnt haben, und mit dem sie umzugehen wissen. Selbst wenn auch ich der Auffassung bin, dass gute Chancen bestehen, diesen Rechtsstreit zu gewinnen, muss doch damit gerechnet werden, dass dies ein Zug durch die Instanzen werden könnte. Amtsgerichte sind einfach nicht dazu da, solche Fälle sachkundig zu entscheiden. Mit einem Augenleiden geht man auch besser zum Augenarzt als zum Allgemeinmediziner.

Soweit ein Sondervertrag mit unwirksamer oder fehlender Preisanpassungsklausel vorliegt, ist das Prozessrisiko gut einzuschätzen. Bei Streitwerten unter 600 € gibt es in der Regel keine Berufungsmöglichkeit, so dass man dort auf Gedeih und Verderb der Sachkunde des Amtsrichters ausgeliefert ist.

In der Grundversorgung oder bei Sonderverträgen mit wirksamer Preisanpassungsklausel ist das Risiko weit höher. Kein Verbraucher kann mit letzter Sicherheit sagen, dass die Preiserhöhungen unbillig waren. Ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage kann daher immer eine böse Überraschung hervorrufen. In solchen Fällen ist es dringend geraten, sich mit anderen Verbrauchern zusammen zu schließen, und den Versorger auf Feststellung der Unbilligkeit in Anspruch zu nehmen. Dann tragen im Falle einer Niederlage alle Verbraucher gemeinsam die entstehenden Kosten.

In jedem Fall ist in solchen Rechtsverhältnissen unverzichtbar, sich rechtzeitig der Mithilfe eines versierten Bilanzbuchhalters oder Steuerberaters zu sichern, um den Vortrag des Versorger sachkundig überprüfen zu können.

Gas-Rebell:
@ reblaus

Na, na, überlesen? Sie sind doch kein Amtsrichter, oder? ;)

Wenn eine Sache zunächst beim Amtsgericht landet, ist tatsächlich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen \"Zug durch die Instanzen\" gegeben. Allerdings landet die Angelegenheit jedenfalls auch dann irgendwann in kompeteren Händen.

Dass bei einem Altvertrag aus den 90-ern lediglich ein Streitwert von unter 600 Euro bestehen könnte, kann ich mir nicht vorstellen.

Hinsichtlich des hohen Prozessrisikos bei Billigkeitsfragen bin ich Ihrer Meinung. Deshalb käme ich auch nie auf die Idee, in wackligen Sondervertragssachen hilfsweise auch auf Feststellung der Preisunbilligkeit zu klagen.

reblaus:
@Gas-Rebell

--- Zitat ---Original von Gas-Rebell Hinsichtlich des hohen Prozessrisikos bei Billigkeitsfragen bin ich Ihrer Meinung. Deshalb käme ich auch nie auf die Idee, in wackligen Sondervertragssachen hilfsweise auch auf Feststellung der Preisunbilligkeit zu klagen.
--- Ende Zitat ---

Wenn Sie bei Altverträgen aus den Neunzigern der Auffassung sind, dass die Streitwerte dort kaum unter 600 € liegen können, so zielen Sie wohl auf ein ordentliches Rückforderungssümmchen. Da könnten Sie sich umkucken, wie schnell Sie bei der Überprüfung der Kostensituation des Versorgers landen. Im Rahmen der Entreicherungseinrede wird dieser geltend machen, dass er die Beträge für jede entnommene kWh direkt an seinen Vorlieferanten weitergeleitet hat, da ihm von dieser Seite Preissteigerungen belastet wurden, die er ohne die Gasentnahme des Verbrauchers nicht hätte bezahlen müssen.

Wer im Bilanzrecht fit ist, oder über kompetente Hilfe verfügt, kann einen solchen Rechtsstreit schon wagen. Es empfiehlt sich aber unbedingt, die Jahresabschlüsse vor einer Klage daraufhin zu überprüfen, ob der Vorwurf, dass der Versorger überhöhte Preise verlangt, auch plausibel ist.

Wer Deutchlands günstigsten Gasanbieter wegen unbilliger Gaspreise in Anspruch nimmt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich dieser Vorwurf später als unhaltbar erweisen sollte.

Gas-Rebell:

--- Zitat ---Original von reblaus
qqqIm Rahmen der Entreicherungseinrede wird dieser geltend machen, dass er die Beträge für jede entnommene kWh direkt an seinen Vorlieferanten weitergeleitet hat, da ihm von dieser Seite Preissteigerungen belastet wurden, die er ohne die Gasentnahme des Verbrauchers nicht hätte bezahlen müssen.
--- Ende Zitat ---

Wie will der Versorger mit so einem Argument, dass er quasi nichts für sich behalten hat bzw. nichts mehr von den vereinnahmten Beträgen besitzt, durchdringen? Ist für mich kaum vorstellbar. Kennen Sie etwa Fälle, wo einem Versorger gelungen ist, sich mit einer solchen Entreicherungsrede Rückforderungen zu entziehen?

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln