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Autor Thema: Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?  (Gelesen 181270 mal)

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Offline RR-E-ft

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #150 am: 25. August 2009, 21:48:44 »
Der Theorienstreit stellt sich wohl wie folgt dar:

1.

Einige meinen, zum wirksamen Abschluss eines Grundversorgungsvertrag bedürfe es jedenfalls der Einigung auf den Anfangspreis, welche zugleich die Billigkeitskontrolle des vereinbarten Anfangspreises ausschließe. Ein vorsorglicher Widerspruch gegen die Allgemeinen Tarife vor oder bei Abschluss des Grundversorgungsvertrages hindere die zum wirksamen Abschluss eines Grundversorgungsvertrages erforderliche Einigung auf einen Preis. Ein Grundversorgungsvertrag könne deshalb dabei nicht wirksam zustande kommen (Dissens).

2.

Andere wiederum meinen, zum wirksamen Abschluss eines Grundversorgungsvertrages bedürfe es keiner Preisvereinbarung, wenn nur ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers besteht, gleichviel woraus sich dieses ergibt (Gesetz/ Vertrag). Dies folgern sie u.a. aus BGH KZR 36/04 Tz. 9 ff., BGH KZR 29/06 Tz. 20 (vgl. obige Beiträge). Die Parteien seien  sich demnach  bei Vertragsabschluss einig darüber, dass die Belieferung zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen des Grundversorgers erfolgen soll, die der Grundversorger am Maßstab der Billigkeit nach Vertragsabschluss einseitig festzusetzen gleichermaßen berechtigt und verpflichtet sein soll und die deshalb der Billigkeitskontrolle unterliegen. Eine vertragliche Preisvereinbarung und  eine gleichzeitig bestehende Leistungsbestimmungspflicht am Maßstab der Billigkeit nach Vertragsabschluss passen nicht recht zueinander und lassen sich logisch wenig miteinander in Übereinklang bringen, insbesondere wenn die Anpassungspflicht an Tatsachen anknüpfen soll, die zeitlich vor Vertragsabschluss begründet liegen sollen.

Für einen wirksamen Vertragsabschluss bedarf es entweder einer Preisvereinbarung oder eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts eines Vertragsteils.
Ist das eine oder das andere im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegeben, gibt es keinen Dissens (BGH KZR 24/04, KZR 8/05).

Sowohl die Vertreter von Meinung 1. wie auch von Meinung 2. gehen davon aus, dass der Grundversorgungsvertrag gem. § 2 Abs. 2 AVBV/ GVV allein durch Entnahme von Energie (durch einen Haushaltskunden) aus dem Netz zustande kommt. Sie messen nur den damit fingierten Erklärungen einen unterschiedlichen Gehalt bzw. Inhalt bei.

3.

Diejenigen, die meinen, der Abschluss eines Grundversorgungsvertrages scheitere bei einem Widerspruch gegen den Anfangspreis an der notwendigen Einigung auf einen Preis (siehe Punkt 1), sehen den Kunden hiernach in der zeitlich befristeten Ersatzversorgung (kein Vertrag, sondern gesetzliches Schuldverhältnis ), undzwar gerade nur weil infolge des Widerspruches keine Einigung auf den Anfangspreis erfolgt sei.

Folglich ist der Preis dabei nicht vertraglich vereinbart, sondern unterliegt wohl gem. §§ 3 Abs. 1 , 17 Abs. 1 Satz 3 GVV der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.  

Der Grundversorger legt die Preise der Ersatzversorgung einseitig fest. § 38 Abs. 1 Satz 3 EnWG bestimmt lediglich, dass für Haushaltskunden die Preise der Ersatzversorgung die Allgemeinen Preise der Grundversorgung  gem. § 36 Abs. 1 EnWG nicht übersteigen dürfen. Sie dürfen sie jedoch unterschreiten. In welcher Höhe der Grundversorger die Preise der Ersatzversorgung festsetzt, ist demnach dessen Ermessensentscheidung.

Bevor die gesetzliche Regelung über die Ersatzversorgung geschaffen wurde, behalf sich die Rechtsprechung bei einer fehlenden Einigung auf einen Preis bei Abschluss eines Energieliefervertrages bei bereits in Gang gesetzter Austauschbeziehung über eine ergänzende Vertragsauslegung, die zum einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers gem. §§ 316, 315 BGB und zur Gesamtpreiskontrolle gem. § 315 BGB führte, um eine Rückabwicklung der bestehenden Leistungsbeziehung allein nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu vermeiden, so z.B. bei BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90.

Es spricht nichts dagegen, Ersatzversorgungsfälle, die auf einem Preiswiderspruch beruhen sollen, ebenso zu behandeln, mithin Gesamtpreiskontrolle wegen fehlender vertraglicher Einigung auf einen vom Versorger einseitig festgesetzten Preis zu Beginn der Lieferbeziehung (also konkret zu Beginn der Ersatzversorgung).

Die Ersatzversorgung endet nach längstens drei Monaten.

4.

Wenn es zutreffen sollte, dass der Abschluss des Grundversorgungsvertrages im Falle eines vorsorglichen Widerspruches an der fehlenden Einigung auf einen Anfangspreis scheitere (siehe unter Punkt 1), dann gelte wohl das gleiche auch nach Ablauf der dreimonatigen Ersatzversorgung. Es muss deshalb wohl als ausgeschlossen angesehen werden, dass nach Ablauf der Ersatzversorgung, in die der betroffene Haushaltskunde  nur wegen fehlender Preisvereinbarung infolge eines Widerspruches geraten sein soll (siehe unter Punkt 3) , ohne Aufgabe des Widerspruches nach Ablauf der Ersatzversorgung dann plötzlich doch ein Grundversorgungsvertrag wirksam abgeschlossen werden könne, dann plötzlich eine wirksame Preisvereinbarung zustande käme, was noch drei Monate zuvor gerade nicht der Fall gewesen sein soll (siehe unter Punkt 1).


Es kann demnach durch Entnahme von Energie aus dem örtlichen Verteilnetz nach wirksamer Kündigung eines zuvor bestehenden Sondervertrages ohne Abschluss eines neuen Sondervertrages und bei vorsorglichem Widerspruch des Kunden gegen die Allgemeinen Tarife nur entweder

a) ein Grundversorgungsvertrag auch ohne Preisvereinbarung  wirksam zustande gekommen sein (vgl. unter Punkt 2)

b) kein Grundversorgungsvertrag wegen fehlender Einigung auf einen Preis wirksam zustande gekommen sein, was in die Ersatzversorgung führt (vgl. Punkte 1, 3 und 4) oder

c) ein Grundversorgungsvertrag mit Preisvereinbarung wirksam zustande gekommen sein, weil der Widerspruch als \"unbeachtlich\" verworfen wird.

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #151 am: 25. August 2009, 22:15:57 »
Eine gute Zusammenfassung von RR-E-ft.

Es bleibt aus meiner Sicht zu ergänzen, dass eine Billigkeitskontrolle der Ersatzversorgung abgelehnt werden könnte, da § 315 BGB nur auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbar ist.

Ein Widerspruch gegen die Grundversorgung nach Ablauf der Ersatzversorgungsfrist dürfte unbeachtlich sein, wenn die Leistung weiterhin in Anspruch genommen wird. Dies ist vergleichbar, als wenn jemand in eine Bahn einsteigt und mitfährt und dabei laut verkündet, die Verkehrsbedingungen und Preise nicht zu akzeptieren. Auch hier nimmt die h.M. einen Zahlungsanspruch der Bahn aus dem Beförderungsvertrag an.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #152 am: 25. August 2009, 23:54:53 »
Ein eindeutiger Widerspruch des Kunden gegen die Grundversorgung als solcher kann wohl nicht unbeachtlich sein.

Wenn der Kunde unzweifelhaft erklärt, dass er nach Ende der Ersatzversorgung keine Belieferung im Rahmen der Grundversorgung will, ist der Versorger wohl gehalten, für die Sperrung des Anschlusses zum Ende der Ersatzversorgung zu sorgen, wenn kein anderweitiger Vertragsabschluss nachgewiesen wird. Die weitere Leistung des Versorgers könnte sonst auf eine für den Versorger  ersichtliche Nichtschuld erfolgen, da der Kunde weder gesetzlich Anspruch auf weitere Ersatzversorgung hat, noch eine Grundversorgung auf vertraglicher Grundlage begehrt, eine solche sogar ausdrücklich ablehnt. Dies beinhaltet auch die Ablehnung, für die Leistungsbereitstellung verbrauchsunabhängige Grundpreise weiter zu zahlen.

Der Kunde könnte sich deshalb nach Ende der Ersatzversorgung ggf. auf § 814 BGB berufen.

Der Fall, wo der Kunde ausdrücklich keine Belieferung innerhalb der Grundversorgung will, ist ganz klar von dem Fall zu unterscheiden, wo der Kunde eine Grundversorgung begehrt, sich jedoch eine Billigkeitskontrolle der Allgemeinen Preise der Grundversorgung vorbehalten will, wodurch er einen bestehenden Anspruch auf Grundversorgung nicht verliert (§ 17 Abs. 1 Satz 3 GVV).

Der Versorger kann deshalb gehalten sein, den wahren Willen des Kunden durch entsprechende Nachfrage zu ergründen, um Missverständnisse zu vermeiden bzw. bestehende Missverständlichkeiten aufzuklären.

Wenn ein Zug der Bahn in den Bahnhof einfährt, Bahnchef Grube auf den Bahnsteig tritt und ein Bahnhofsbesucher diesen erkennt und an diesen mit der Erklärung  herantritt, ohne Bezahlung mit dem Zug mitfahren zu wollen und der Bahnchef dies nicht ablehnt, sondern nach dieser eindeutigen Erklärung sogar  den Zutritt in den Zug gewährt, um mitzureisen indem er dem Mann die Tür aufhält, liegt wohl kein entgeltlicher Beförderungsvertrag vor, unabhängig von der Frage, ob der Bahnchef sich etwaig zu Lasten seines Unternehmens einer Untreue schuldig gemacht hat.

Offline reblaus

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #153 am: 26. August 2009, 07:17:25 »
@RR-E-ft
Sie übersehen dabei das widersprüchliche Verhalten des Kunden. Zum einen verkündet er zwar sein fehlendes Einverständnis mit dem festgelegten Preis, zum anderen entnimmt er aber Gas aus dem Netz. Letzteres ist wohl unstreitig ein Vertragsschluss. Die Gasentnahme kann nach meiner Ansicht dahingehend interpretiert werden, dass der zuvor gegen den Preis erhobene Widerspruch zurückgenommen wird.

Offline bolli

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #154 am: 26. August 2009, 08:04:43 »
Zitat
Original von reblaus
Sie übersehen dabei das widersprüchliche Verhalten des Kunden. Zum einen verkündet er zwar sein fehlendes Einverständnis mit dem festgelegten Preis, zum anderen entnimmt er aber Gas aus dem Netz. Die Gasentnahme kann nach meiner Ansicht dahingehend interpretiert werden, dass der zuvor gegen den Preis erhobene Widerspruch zurückgenommen wird.
Da sind wir mal wieder bei den stillschweigenden Willenserklärungen, die sich jeder schön so auslegen kann, wie er möchte.
Ich für meinen Teil bestreite diese Auslegung und halte meine Widersprüche permanent aufrecht, auch wenn ich \'gezwungenermaßen\' weiterhin Gas entnehme. Auf dem monopoliserten Markt bleibt mir (leider) nichts anderes übrig (und Black, kommen Sie mir bitte nicht wieder mit dem Energieträgerwechsel.) Ich möchte auch gar nichts geschenkt, ich möchte nur mein gesetzliches Recht auf einen angemessenen (billigen) Preis gewahrt sehen.

@Black
Für mich ist es durchaus ein Unterschied, ob ich von einem Gut der Daseinsvorsorge, welches ich (zumindest in Winterszeiten) zwingend zum Heizen benötige, etwas entnehme und verlange, dass dem Gesetzgeberwillen nach einer billigen Preisfestsetzung dieses Gutes in monopolisierten Märkten und bei einseitigem Preisbestimmungsrecht Rechnung getragen wird oder ob ich z.B. wider besseres Wissen mit der Bahn fahre, ohne zu bezahlen, statt zu Fuß zu gehen oder den Bus zu benutzen. Schließlich hat der Gesetzgeber für die Benutzung der Bahn und deren Vergütung meines Wissens kein Gesetz erlassen, welches jedermann ein Recht auf Benutzung der Bahn zu angemessenen Preisen ermöglicht, und noch einige Rahmenbedingungen des Bahnverkehrs (ohne Netz) gleich mit regelt, oder ?

Offline Christian Guhl

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #155 am: 26. August 2009, 08:57:18 »
Zitat
Original von reblaus
Die Gasentnahme kann nach meiner Ansicht dahingehend interpretiert werden, dass der zuvor gegen den Preis erhobene Widerspruch zurückgenommen wird.
Oder, anders herum : Durch die weitere Belieferung mit Gas wird der Widerspruch konkludent anerkannt.
Der Widerspruch gegen den Anfangspreis muss natürlich so formuliert werden, dass eine weitere Gasentnahme nicht als Anerkenntnis der Preise ausgelegt werden kann.

Offline Opa Ete

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #156 am: 26. August 2009, 09:11:11 »
Moin zusammen

wie Black schon sagte, eine gute Zusammenfassung von RR-E-ft, sie hilft uns nur nicht viel weiter. Lösung c) scheidet meiner Meinung nach sofort aus, wenn der Kunde ganz klar zum Ausdruck bringt, dass, wenn er in die Grundversorgung kommen soll, er den Preis nicht anerkennt.
Lösung b) läuft praktisch nach 3 Monaten auf Lösung a) hinaus und wir stehen wieder am Anfang. Solange sich kein Gericht mit genau so einem Fall
beschäftigt hat, weiß weder der Verbraucher noch das EVU, ob Ersatz- oder Grundversorgung vorliegt.

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #157 am: 26. August 2009, 09:59:41 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Ein eindeutiger Widerspruch des Kunden gegen die Grundversorgung als solcher kann wohl nicht unbeachtlich sein.

Wenn der Kunde unzweifelhaft erklärt, dass er nach Ende der Ersatzversorgung keine Belieferung im Rahmen der Grundversorgung will, ist der Versorger wohl gehalten, für die Sperrung des Anschlusses zum Ende der Ersatzversorgung zu sorgen, wenn kein anderweitiger Vertragsabschluss nachgewiesen wird. Die weitere Leistung des Versorgers könnte sonst auf eine für den Versorger  ersichtliche Nichtschuld erfolgen, da der Kunde weder gesetzlich Anspruch auf weitere Ersatzversorgung hat, noch eine Grundversorgung auf vertraglicher Grundlage begehrt, eine solche sogar ausdrücklich ablehnt. .

Das denke ich nicht. Auch die Bahn - um bei diesem plastischen Beispiel zu bleiben - muss weder einen Zug stoppen noch einen Fahrgast gewaltsam aus dem Zug entfernen, nur weil dieser auf dem Bahnsteig laut ausruft zwar die Leistung in Anspruch nehmen zu wollen, aber keineswegs eine Beförderungsvertrag abschließen zu wollen.

Der Grundversorger unterliegt einem Kontrahierungszwang. Er bietet seine Leistung daher permanent an. Wenn der Kunde eine logische Sekunde nach seinem letzten Widerspruch dieses Angebot annimmt, kommt ein Vertrag zustande.
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Offline Opa Ete

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« Antwort #158 am: 26. August 2009, 10:10:20 »
@Black,
wenn der Kunde aber vor Antritt der Fahrt auf dem Bahnsteig zum Schaffner sagt, dass er schwarz fährt und die Bahn nimmt ihn trotzdem mit...

Offline Black

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #159 am: 26. August 2009, 10:52:09 »
Zitat
Original von Opa Ete
@Black,
wenn der Kunde aber vor Antritt der Fahrt auf dem Bahnsteig zum Schaffner sagt, dass er schwarz fährt und die Bahn nimmt ihn trotzdem mit...

Machen Sie doch den Praxistest. Ich denke nicht, dass der Schaffner Ihnen zusichert umsonst mitfahren zu können. Nur dass er Sie vielleicht nicht körperlich am Einstieg hindert ist noch keine Zustimmung.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?
« Antwort #160 am: 26. August 2009, 11:20:40 »
Zitat
Original von Black
Daher würde ich gerne wissen, sind Sie der Auffassung dass bei Energieabnahme:

a) gar kein Vertrag zustande kommt
oder
b) zwar ein Vertrag zustande kommt, aber ohne Preisvereinbarung

und warum?
    @Black ich will das trotz der vorhergehenden ausführlichen Beiträge noch für mich beantworten.

    a) Es kommt ein Vertrag zustande.

    b) Es gibt keine Preisvereinbarung! Nach  § 36 (1) EnWG bestimmt der Grundversorger die Preise von Anfang an. Wo ist da von einer Preisvereinbarung die Rede?

    Grundlage des Vertrages sind billige Preis im Sinne des § 315 BGB. Der Nachweis der Billigkeit der einseitigen Bestimmung ist selbstverständlich nachvollziehbar zu führen, ansonsten wäre die Verbindlichkeit nicht festzustellen.
PS:
Den Bahnvergleich halte ich für abstrus. Ich habe keinen DB-Gleisanschluss mit permanenter Zugverbindung im Haus.

Offline Münsteraner

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« Antwort #161 am: 26. August 2009, 11:26:57 »
@ bolli

Bleibt auch die Frage: Wann liegt ein Monopol vor und wann nicht mehr? Ist darauf abzustellen, dass es vielleicht nur 1 Leitungsnetzbetreiber gibt? Oder darauf, dass es z.B. 4 Tarifanbieter gibt, wovon 1 preisgünstiger ist als der aktuelle Anbieter und die anderen teurer?

@ nomos

Was käme dabei heraus, wenn man es wie folgt sehen würde?

Es kommt ein Vertrag mit Einigung über Leistung und Gegenleistung zustande. Hinsichtlich des Preises ist aber aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung, \"nach billigem Ermessen\" einen \"möglichst günstigen\" Preis zu bestimmen, eben auch genau dies mitvereinbart, mithin zugesichert, dass der Anfangspreis nach den Möglichkeiten und billigem Ermessen nicht günstiger zu bestimmen war. (Vielleicht ähnlich einem Autokauf, bei dem zugesichert wird, dass der Stand des Km-Zählers den real gefahren Km entspricht.)

Eröffnet sich dann über § 315 BGB nicht die Möglichkeit, die Billigkeit des Anfangspreises auch nachträglich zu rügen (gerade auch beim Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte)?

Offline Black

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« Antwort #162 am: 26. August 2009, 12:31:54 »
Zitat
Original von nomos
Es gibt keine Preisvereinbarung! Nach § 36 (1) EnWG bestimmt der Grundversorger die Preise von Anfang an. Wo ist da von einer Preisvereinbarung die Rede?

In § 36 EnWG steht nur, dass der Versorger entsprechende Tarife aufstellen und bekanntgeben muss. Nicht, das der Preis einseitig bestimmt wird.

Auch der Bäcker oder Supermarkt legt für die angebotene Ware vorher einen Preis fest. Dieser muss nach neuerer Rechtslage (im Supermarkt) sogar eindeutig ausgepreist sein.

Obwohl also der Supermarkt z.B. eine Packung Milch mit 0,55 ct ausgepreist hat und Ihnen die Ware (sehr wahrscheinlich) auch nur zu diesem Preis verkaufen wird, handelt es sich um kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Supermarktes. Sie können daher auch Lebensmittelpreise nicht der Billigkeitskontrolle unterziehen. Die Preisvereinbarung kommt beim Kauf zustande.

Genau so ist es beim Energiebezug. Auch hier wird vom EVU vorher ein Preis für die grundversorgung veröffentlicht. Aber ob Sie das Gas zu diesem Preis erwerben, entscheiden Sie selbst. Daher ist der Anfangspreis immer vereinbart.

Zitat
Original von nomos
PS:
Den Bahnvergleich halte ich für abstrus. Ich habe keinen DB-Gleisanschluss mit permanenter Zugverbindung im Haus.

Ob es sich um eine Leistung handelt, die in Ihrem Haus angeboten wird ist für die rechtliche Frage des konkludenten Vertragsschlusses unerheblich.

- auch die Bahn bietet eine Leistung an die Allgemeinheit an
- die Leistung der Bahn erfolgt entgeltlich auf Grundlage eines Vertrages
- durch die praktische Nutzung der Leistung durch den Kunden kommt ein Vertrag zustande
- eine parallel oder vorher geäußerte Vertragsverweigerung des Kunden ist unbeachtlich, wenn er gleichwohl die Leistung in Anspruch nimmt.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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« Antwort #163 am: 26. August 2009, 12:46:10 »
Zitat
Original von Münsteraner
@ nomos

Was käme dabei heraus, wenn man es wie folgt sehen würde?

Es kommt ein Vertrag mit Einigung über Leistung und Gegenleistung zustande. Hinsichtlich des Preises ist aber aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung, \"nach billigem Ermessen\" einen \"möglichst günstigen\" Preis zu bestimmen, eben auch genau dies mitvereinbart, mithin zugesichert, dass der Anfangspreis nach den Möglichkeiten und billigem Ermessen nicht günstiger zu bestimmen war. (Vielleicht ähnlich einem Autokauf, bei dem zugesichert wird, dass der Stand des Km-Zählers den real gefahren Km entspricht.)

Eröffnet sich dann über § 315 BGB nicht die Möglichkeit, die Billigkeit des Anfangspreises auch nachträglich zu rügen (gerade auch beim Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte)?
    @Münsteraner, ich gehe von einer einseitigen Preisbestimmung durch den Grundversorger von Anfang an aus. § 1(1) und § 2(1)EnWG sind gültig und eindeutig. Nur ein entsprechend einseitig bestimmter Preis kann nach meiner Überzeugung billig im Sinne des § 315 BGB sein.

    Die Billigkeit muss ebenso zutreffen wie die zugesicherte km-Leistung beim PKW-Kauf. Wenn nicht, ist der Preis nicht verbindlich. Eine \"Rüge\" (Widerspruch, Kürzung ...) bei Zweifel und nicht erfolgtem Nachweis ist immer möglich. Bei der Durchsetzung ist  dann wieder Verjährung & Co. zu beachten.

Offline Münsteraner

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« Antwort #164 am: 26. August 2009, 13:40:06 »
Zitat
Original von nomos
@Münsteraner, ich gehe von einer einseitigen Preisbestimmung durch den Grundversorger von Anfang an aus. § 1(1) und § 2(1)EnWG sind gültig und eindeutig. Nur ein entsprechend einseitig bestimmter Preis kann nach meiner Überzeugung billig im Sinne des § 315 BGB sein.

Gewiss, ich gehe dabei von nichts anderem aus:

1. Nach § 315 Abs. 1 BGB ist Voraussetzung, dass der Preis einseitig bestimmt werden soll. Dies ist nach dem EnWG der Fall (gesetzliches Preisbestimmungsrecht)

2. Das EVU bestimmt jetzt zunächst einseitig den Anfangspreis durch (Angebots-)Erklärung gegenüber dem Verbraucher (§ 315 Abs. 2 BGB), gleichzeitig implizit miterklärend/zusichernd, dass dieser der nach billigem Ermessen günstigstmögliche sei.

3. Explizit oder durch Entnahme von Gas nimmt der Verbraucher daraufhin dieses Versorgerangebot an (Vertragsschluss).

4. Anschließend beschleichen den Verbraucher erhebliche Zweifel, dass die vertragliche Zusicherung, der (bestimmte) Anfangspreis sei der nach billigem Ermessen günstigstmögliche, einer tatsächlichen Überprüfung standhalten könnte. Deshalb bestreitet er gegenüber dem EVU , dass der als \"billig\" vereinbarte Anfangspreis tatsächlich dieser zugesicherten Eigenschaft entsprach/entspricht und beruft sich nach § 315 Abs. 3 BGB auf dessen Unverbindlichkeit insoweit das EVU nicht nachvollziehbare Billigkeitsbelege beibringt.

 

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