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Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 100362 mal)

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Offline nomos

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Original von reblaus
@nomos
Ihr Bild mit der Sonderausstattung ist schon richtig. Nur Ihre Einordnung des Grundversorgungstarifes als Standardausstattung ist falsch.

Es ist nämlich ein großer Vorteil für den Kunden, dass dem Grundversorger ein Kontrahierungszwang auferlegt wird, und er in seiner Vertragsfreiheit zu Gunsten des Kunden eingeschränkt wird. Für diese Garantie ist ein Preiszuschlag durchaus gerechtfertigt.
    @reblaus, der Meinung bin ich nicht. Es gibt keinen Kostenunterschied bei gleichen Verhältnissen (Verbrauch, Kunde ..). Man könnte darin genauso einen Vorteil sehen, dass einem Grundversorger so automatisch Kunden zufallen.  Den \"Kontrahierungszwang\" sehe ich ausreichend bei den teueren Kleinstpreistarifen berücksichtigt.  Aber das geht mir jetzt zu weit, über Sinn und Unsinn der Tarifgestaltung wurde an anderer Stelle schon diskutiert.

Offline Black

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Konzessionen sind nicht das Gegenteil von Wettbewerb - zumindest nicht in der vorliegenden Form.

Würde die Gemeinde einem einzigen Lieferanten die Lieferkonzession erteilen, hätten Sie recht. Dann gäbe es maximal einen Wettbewerb um die Konzession, aber keinen Lieferwettbewerb.

Tatsächlich erteilt die Gemeinde keine Lieferkonzession sondern die Konzession zum Betrieb eines Netzes. Aufgrund der Entflechtung liefert der Konzessionär selbst überhaupt nichts, sondern betreibt nur das Netz.

Jeder Wettbewerber kann dieses Netz nun nutzen und zahlt entsprechende Netzentgelte (in denen die Konzession eingerechnet ist). Die KA hält also niemandem vom Lieferwettbewerb ab.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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Original von Black
Konzessionen sind nicht das Gegenteil von Wettbewerb - zumindest nicht in der vorliegenden Form.
.........
    So eindeutig wird das nicht überall gesehen:

Konzessionsabgabe

Fallbericht des BKartA[/list]

Offline Ronny

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@ nomos

Das BKartAmt geht doch aber nur gegen die Erhebung einer überhöhten Konzessionsabgabe ggü. Drittlieferanten vor. Gegen die Erhebung der KA oder der Höhe der KA an sich hat das BKartAmt doch nichts einzuwenden.

Gerade als Forumsteilnehmer, der sich intensiv mit der KA beschäftigt, sollten Sie hier wirklich etwas sorgfältiger sein.

So ist eine sachliche Auseinandersetzung wirklich sehr schwer.

Offline nomos

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Original von Ronny
Das BKartAmt geht doch aber nur gegen die Erhebung einer überhöhten Konzessionsabgabe ggü. Drittlieferanten vor. Gegen die Erhebung der KA oder der Höhe der KA an sich hat das BKartAmt doch nichts einzuwenden.

Gerade als Forumsteilnehmer, der sich intensiv mit der KA beschäftigt, sollten Sie hier wirklich etwas sorgfältiger sein.

So ist eine sachliche Auseinandersetzung wirklich sehr schwer.
    @Ronny, habe ich geschrieben, dass das BKartAmt gegen die Erhebung der KA vorgeht?  

    Sie sollten sorgfältiger lesen. Black hatte geschrieben: \"Die KA hält also niemandem vom Lieferwettbewerb ab.\"  Es ging bei diesem Verfahren um die Behinderung von Gaslieferungen durch das Fordern überhöhter Konzessionsabgaben.

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Original von Black
Was sich damit einige hier wünschen (Abschaffung der KA, Preiskontrolle durch eine spezielle Behörde, Grundversorgung billiger als Sonderverträge etc.) würde eine Rückkehr in die Zeiten vor der Liberalisierung darstellen. Diese Rückkehr kann aber nicht unter Berufung auf § 1 EnWG gefordert werden, da das neuere EnWG ja gerade das Wettbewerbsmodell zum Ziel hat.
Black schrieb hier u.a. von einer \"Rückkehr in die Zeiten vor der Liberalisierung\" wenn die KA abgeschafft würde. Was hat die KA denn nun  mit der Liberalisierung und dem Wettbewerb zu tun?
 
Konzessionen und die Liberalisierung sind geradezu Gegensätze.  Bemerkenswert bleibt, dass man diesen Begriff für diese sogenannte privatrechtliche \"Abgabe\" weiter verwendet.

Wo bleibt bei dieser privatrechtlich vereinbarten \"Abgabe\" die Liberalisierung denn? Hier gibt es keinerlei Wettbewerb! Im Gegensatz zu den Gewerbesteuersätzen werden hier zu 99,9  Prozent  die Höchstsätze zu Lasten der Verbraucher vereinbart. [/list]

Offline reblaus

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@nomos
Sie müssen den Mitbürger Ihrer Gemeinde nur mitteilen, welche Leistungen eingeschränkt oder welche Steuern und Abgaben erhöht werden sollen, damit die Konzessionsabgabe abgeschafft werden kann.

Das Zahlen von Steuern und Abgaben ist eine lästige um nicht zu sagen belästigende Pflicht. Es steht aber zu fürchten, dass wir ihr auch in Zukunft nicht entgehen werden.

Offline nomos

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Original von reblaus
@nomos
Sie müssen den Mitbürger Ihrer Gemeinde nur mitteilen, welche Leistungen eingeschränkt oder welche Steuern und Abgaben erhöht werden sollen, damit die Konzessionsabgabe abgeschafft werden kann.

Das Zahlen von Steuern und Abgaben ist eine lästige um nicht zu sagen belästigende Pflicht. Es steht aber zu fürchten, dass wir ihr auch in Zukunft nicht entgehen werden.
    @reblaus, das übliche Argument \"Wir brauchen das Geld\".  Es ist von jedem Kommunalverband so zu hören und die Verflechtung und Doppelmandate und Funktionen (Kommune-Land-Bund) macht das Ganze erst möglich. Etwas wenig für eine plausible Begründung.  

    Diese  chaotisch \"Abgabe\" ist schon in ihrer Regelung fragwürdig. Sie ist aber grundsätzlich unberechtigt, da wer z.B. mit ÖL-, Flüssiggas- Braunkohle- oder Pellets heizt auch nichts zusätzlich zum allgemeinen Haushalt beiträgt. Dazu kommt, dass mancher Hauseigentümer zur Gasheizung angeblich aus Umweltgründen verpflichtet wurde.

    Ich muss daher den Mitbürgern überhaupt nichts mitteilen. Aber wenn die niedrigsten Gewerbesteuersätze  bei den höchsten \"Konzessionsabgaben\" die die Verordnung hergibt berechnet werden, dann fällt mir gegebenenfalls schon etwas dazu ein.

    Schön, dass Sie dieses \"privatrechtliche Entgelt\" wenigstens zu den Steuern und Abgaben zählen. Da gehört diese KA auch hin. Ich vermisse nur noch den Steuer- oder Abgabenbescheid um dagegen einen Einspruch einzulegen.

Offline reblaus

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@nomos
Fragen Sie bei Ihrem Versorger nach, ob er Ihnen eine Kopie seines Bescheides zukommen lässt. Vermutlich wird der das zwar nicht tun, er wird aber mit Sicherheit einen Bescheid erhalten haben.

Es gibt viele fragwürdige Gesetze. Hat man eigentlich die Salzsteuer zwischenzeitlich abgeschafft, oder bezahlen wir dieses Relikt aus dem Mittelalter immer noch?

Offline Ronny

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@ nomos

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@Ronny, habe ich geschrieben, dass das BKartAmt gegen die Erhebung der KA vorgeht?

Sie sollten sorgfältiger lesen. Black hatte geschrieben: \"Die KA hält also niemandem vom Lieferwettbewerb ab.\" Es ging bei diesem Verfahren um die Behinderung von Gaslieferungen durch das Fordern überhöhter Konzessionsabgaben.
Die Konzessionsagabe hält ja auch niemanden vom Lieferwettbewerb ab. Allenfalls deren missbräuchlich überhöhte Erhebung ggü. Drittlieferanten tut dies.

Ich klink mich hier aus - beim Thema KA kommen wir nicht weiter ...

Offline nomos

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Original von reblaus
@nomos
Fragen Sie bei Ihrem Versorger nach, ob er Ihnen eine Kopie seines Bescheides zukommen lässt. Vermutlich wird der das zwar nicht tun, er wird aber mit Sicherheit einen Bescheid erhalten haben.

Es gibt viele fragwürdige Gesetze. Hat man eigentlich die Salzsteuer zwischenzeitlich abgeschafft, oder bezahlen wir dieses Relikt aus dem Mittelalter immer noch?
    @reblaus, Sie sind aktuell nicht auf dem Laufenden. Einen Bescheid gibt es mit Sicherheit nicht.
    Lesen Sie mal im EnWG:
    \"Konzessionsabgaben sind in der
vertraglich vereinbarten Höhe von dem Energieversorgungsunternehmen zu zahlen.\"
Es gibt einen Vertrag aber keinen Bescheid!

Salz-, Sekt-, Zündholzsteuer etc.(?); wir wollen doch bei der Sache bleiben!

Wenn Sie wollen, die aktuelle  Bundesregierung wollte 360 Gesetze  u.a. Steuergesetze abschaffen.
Die Bundesregierung plante im Rahmen eines \"Großen Rechtsbereinigungsgesetzes\" Gesetze und Verordnungen abzuschaffen.  Bürokratieabbau war noch das Thema. Ein bayerischer MP a.D. wurde extra dafür noch nach Brüssel geschickt um von Europa aus den Rest zu besorgen.

In verschiedenen Ministerien wurden Verordnungen gefunden, die noch für Kaiser Wilhelm II. galten. Auch die deutsche Kolonialzeit sollte durch die Streichung eines Gesetzes beendet werden.

Vielleicht wird ja jetzt in der Wahlzeit wieder so einiges versprochen:

lesen Sie vielleicht hier weiter[/list]

Offline courage

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Lässt man den juristischen Ballast mal beiseite, sind die folgenden Extrakte aus dem BGH-Urteil vom 15.07.2009, VIII ZR 255/08 für uns Verbraucher sehr bemerkenswert:

Wir lernen zum einen:

Zitat
Tz 23 bb) Eine § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel genügt allerdings nicht den Anforderungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt ... .

Aber nicht zu früh freuen, denn wir lernen zum anderen:

Zitat
Tz 24 Dies steht der unveränderten Übernahme von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV in einen Sonderkundenvertrag unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteilung des Sonderkunden (§ 307 Abs. 1 BGB) indes nicht entgegen. ...

Denn das Ziel des Gesetzgebers ist laut BGH:

Zitat
Tz 24 ... soll der Schutz der Sonderabnehmer nicht weitergehen als derjenige der Tarifabnehmer. ...

Zum Trost für die Sonder- und Tarifkunden sagt der BGH:

Zitat
Tz 24 ... Dem Sonderkunden steht ebenso wie dem Tarifkunden eine Überprüfung von einseitigen Preisänderungen nach § 315 BGB offen. ...

Ist es nicht verdienstvoll, wenn unser höchstes Zivilgericht dafür sorgt, dass künftig alle Kunden von den Versorgern mit einer intransparenten und unverständlichen Preisanpassungsklausel gleich ungerecht behandelt und abkassiert werden müssen. Solche Rechtsprechung brauchen wir.

Ich verlange dann aber Gleichbehandlung konsequent: Kontrahierungszwang auch bei Sonderverträgen, d.h. grundsätzlich kein Kündigungsrecht durch den Versorger (wie in der Grundversorgung). Sonst tritt genau das ein, was RR-E-ft bereits klar erkannt und formuliert hat:

Zitat
Original von RR-E-ft vom 04.08.2009, 21:36

Und deshalb ist ein Preisänderungsrecht entsprechend § 5 GVV ohne gleichzeitigen  Ausschluss des Rechts zur ordnungegemäßen Kündigung durch den Lieferanten gem. § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV m. E. immer eine einseitige Konstruktion zu Lasten des Kunden.  

Und nochmals, weil es womöglich untergegangen ist.

Mit den Worten des BGH gesprochen:

BGH, Urt. v. 21.04.2009 - XI ZR 78/08 Tz. 38

Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer.

Offline reblaus

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@courage
Der BGH legt da den Finger in die Wunde. Das Problem ist die intransparente Gestaltung des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes. Das private Individuum muss keine strengeren Maßstäbe an seine Klauseln anlegen als der schlampige Gesetzgeber. Der Gesetzgeber fungiert als Vorbild auch wenn er schlecht arbeitet.

Offline Pedro

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@ Reblaus:
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Das Problem ist die intransparente Gestaltung des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes Das private Individuum muss keine strengeren Maßstäbe an seine Klauseln anlegen als der schlampige Gesetzgeber. Der Gesetzgeber fungiert als Vorbild auch wenn er schlecht arbeitet.

Was heißt hier  GESETZGEBER ? Die Branche gibt sich die Gesetze doch selber! Und dass diese nicht zum Vorteil der Kunden ausfallen, ist doch selbstredend.
Siehe nach wie vor den aktuellen  Beitrag von Xtra3  \'\'Energieriesen\'\' bei you tube. Wird ja immer aktueller, wie man neulich aus dem Wirtschaftsministerium hören konnte. Da wundert doch gar nichts mehr !!

Offline reblaus

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@Pedro
In sechs Wochen wird der hier entscheidende Gesetzgeber neu gewählt. In diesem Land geschieht nichts, was das Wahlvolk gegen seinen Willen dulden müsste.

Offline Black

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Original von reblaus
@Pedro
In sechs Wochen wird der hier entscheidende Gesetzgeber neu gewählt. In diesem Land geschieht nichts, was das Wahlvolk gegen seinen Willen dulden müsste.

Wem muss der Wähler denn seine Stimme geben um ein geändertes Preisanpassungsrecht zu erreichen?
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

 

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