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Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 100451 mal)

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Offline reblaus

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@RR-E-ft
Da haben Sie offensichtlich beim falschen Unternehmen gearbeitet. Hätten Sie bei den Stadtwerken Konstanz angeheuert, wüssten Sie, dass es Rumpfvertragsjahre gibt. Die Stadtwerke Konstanz bieten Erdgassonderverträge an, die jeweils zum 30.09. eines Jahres beidseitig gekündigt werden können. Zu diesem Zeitpunkt kann der Versorger die Preise anpassen. Wird nicht gekündigt, verlängert sich der Vertrag um ein Jahr.

Wo soll denn das überhaupt geregelt sein, dass solche Zeitkonstruktionen unwirksam sind? Und warum dürfen Warentermingeschäfte plötzlich nur noch über 12 Monate abgeschlossen werden?

Zitat
Original von reblaus Wer nicht in der Lage ist, seine Preise nach billigem Ermessen zu erhöhen, ist dauerhaft nicht in der Lage sein Geschäft zu betreiben und wird früher oder später aus dem Markt austreten müssen. So einfach kann Kapitalismus sein, wenn man ihn lässt.
Das war die Antwort auf diese These:

Zitat
Original von RR-E-ft Erfasst der Lieferant den Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses und die nachfolgende Entwicklung der spezifischen Kosten nicht exakt, ist er von Anfang an nicht in der Lage, das konkrete Äquivalenzverhältnis zu wahren, obschon er dazu (nicht nur pro forma) vertraglich verpflichtet ist. Die Wahrung des konkreten Äquivalenzverhältnisses ist dabei wesentliche Vertragspflicht des Lieferanten.

Wer den Nachweis der Billigkeit nicht erbringen kann, kann seine Preise nicht gerichtsfest erhöhen, und wird früher oder später solche Verluste anhäufen, dass er aus dem Markt ausscheiden muss. Es sei denn er wird von Politikern im Wahlkampf gerettet.

Ob der Kapitalismus an der derzeitigen Krise schuld ist, oder ob es sich um gigantisches Regulierungsversagen handelt, ist natürlich ebenfalls hoch umstritten, aber nicht in diesem Thread. Sie dürfen aber annehmen, dass ich letzterer Alternative zustimme.

Offline nomos

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Zitat
Original von reblaus
Wer den Nachweis der Billigkeit nicht erbringen kann, kann seine Preise nicht gerichtsfest erhöhen, und wird früher oder später solche Verluste anhäufen, dass er aus dem Markt ausscheiden muss.
    @reblaus, wie soll man das verstehen? Warum kann der Versorger den Nachweis nicht erbringen? Aus welchen Gründen ist er nicht in der Lage dazu?
  • Fehlt eine ordentliche Rechnungslegung?
  • Fehlt es an fachlicher, sachlicher oder personeller Kompetenz?
  • Fehlt es grundsätzlich an der Wettbewerbsfähigkeit?
    Dann ist  das Ausscheiden in einer Marktwirtschaft eine logische Folge und  
nicht mehr als recht und billig  ;)

Sie plädieren doch jetzt nicht gegen den § 315 BGB?
Soll die Leistung einseitig ohne Nachweis der Billigkeit bestimmt werden können, damit das Überleben  jedes Versorgers bedingunglos gesichert ist?
Ich hatte den Eindruck, das aktuelle BGH-Urteil ermöglicht künftig eine Vertragsgestaltung die den Nachweis der Billigkeit mit einbezieht und das mindestens von Versorgerseite (und von Ihnen?) jetzt für gut befunden wurde.
[/list]

Offline reblaus

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@nomos
Auch für Sie: RR-E-ft stellte folgende These auf.

Zitat
Original von RR-E-ft Erfasst der Lieferant den Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses und die nachfolgende Entwicklung der spezifischen Kosten nicht exakt, ist er von Anfang an nicht in der Lage, das konkrete Äquivalenzverhältnis zu wahren, obschon er dazu (nicht nur pro forma) vertraglich verpflichtet ist. Die Wahrung des konkreten Äquivalenzverhältnisses ist dabei wesentliche Vertragspflicht des Lieferanten.
Eine solche Fehlleistung führt für mich, wie auch für Sie schlussendlich zum Marktaustritt, was recht und billig ist.

Auf welchen Gründen die administrative Fehlfunktion beruht, müssen Sie RR-E-ft fragen. Er hat scheinbar jahrelang bei Versorgern gearbeitet, und scheint sich mit den Unzulänglichkeiten dort bestens auszukennen. Lediglich die Fähigkeiten der Rechtsabteilung von E.on überschätzt er kollosal :D. Die haben dort aber soviel Geld, dass sie noch ein paar Jahrzehnte üben können. GM hat auch Jahrzehnte bis zum Bankrott gebraucht. Gut Ding will schließlich Weile haben.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Mag sein, dass ich mich zuweilen nicht klar genug ausdrücke.

Bei unbefristeten Sonderverträgen, die ordnungsgemäß durch den Lieferanten gekündigt werden können, besteht für diesen kein wirtschaftliches Risiko, bestehende Sonderverträge bei gestiegenen Kosten zu unveränderten Preisen weiterbedienen zu müssen, selbst wenn keine Preisänderungsklausel im Vertrag enthalten ist. Wenn das schon für den Fall einer gänzlich fehlenden Preisänderungsklausel gilt, dann gilt das erst recht für den Fall, wo die Billigkeit nicht nachgewiesen werden kann.

Ich habe nicht in Abrede gestellt, dass das EWI Preismodell zulässig ist. Ich habe nur aufgezeigt, dass die vertragliche Verpflichtung zur Preisabsenkung durch das Recht zur ordnungsgemäßen Kündigung durch EWI regelmäßig leerlaufen wird und dass es sich deshalb um eine einseitig begünstigende, unausgewogene Vertragskonstruktion handelt.

Preisänderunsklauseln müssen das Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis der Parteien wahren.

Durch den Abschluss eines Vertrages mit Preisänderungsklausel begibt man sich nicht etwa in eine Fahrensgemeinschaft mit anderen Kunden, die einen solchen Vertrag zu einem anderen Zeitpunkt bei anderer Kostenlage  abgeschlossen haben.

Bestehen denn in den Erdgas- Verträgen der Stdtwerke Konstanz GmbH für Gaslieferungen außerhalb der Grundversorgung überhaupt Preisänderungsklauseln? Und wenn ja, wie lauten diese denn?

Wenn SWK in Verträgen geregelt haben sollte, dass die Preise jeweils zum 01.09. eines Jahres angepasst werden können und müssen, so ändert dies nichts daran, dass die zum 01.09. vorzunehmende Preisänderung gegenüber den Kunden, bei denen die spezifischen Kosten nach individuellem  Vertragsabschluss gesunken sind, eine Preisabsenkung sein muss und dass hingegen gegenüber denjenigen Kunden, bei denen die spezifischen Kosten nach individuellem Vertragsabschluss gestiegen sind, die Preise erhöht werden können, so dass die Preisänderung zum 01.09. gegenüber verschiedenen Kunden im gleichen Vertragstyp je nachdem, wie sich die spezifischn Kosten nach individuellem Vertragsabschluss entwickelt haben (nach oben oder nach unten) unterschiedlich ausfallen können und müssen.

Möglicherweise wurde folgendes nicht verstanden:

Preisänderungsklauseln müssen das Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis der Parteien wahren.

Eine  Preisänderungsklausel darf nur Preiserhöhungen im Umfang nach Vertragsabschluss eingetretener Kostensteigerungen ermöglichen und muss zum Ausgleich spiegelbildlich zur Weitergabe nach Vertragsabschluss gesunkener Kosten verpflichten.

Wird eine Preisänderungsklausel vertraglich vereinbart, die den Lieferanten verpflichtet, das konkrete Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis zu wahren, dann besteht darin insbesondere bei einseitigem Leistungsbestimmungsrecht eine wesentliche Vertragspflicht des Lieferanten (vgl. Palandt, BGB, § 315 Rn. 12).

Zitat
Original von RR- E- ft
Erfasst der Lieferant den Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses und die nachfolgende Entwicklung der spezifischen Kosten nicht exakt, ist er von Anfang an nicht in der Lage, das konkrete Äquivalenzverhältnis zu wahren, obschon er dazu (nicht nur pro forma) vertraglich verpflichtet ist. Die Wahrung des konkreten Äquivalenzverhältnisses ist dabei wesentliche Vertragspflicht des Lieferanten.

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Dass einseitige Preisänderungsklauseln durch eine ordentliche Kündigung vom Versorger unterlaufen werden können, ist Folge der Freiheit Verträge zu schließen und zu kündigen. Diese Möglichkeit besteht aber unabhängig davon, ob das Preisänderungsrecht auf der unveränderten Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechtes oder auf einer nach Ihren Kriterien wirksamen Preisänderungsklausel beruht. Es dürfen sogar Verträge, in denen überhaupt kein Preisänderungsrecht vereinbart wurde, ordentlich gekündigt werden, um danach neue Verträge mit höheren Preisen anzubieten.

Lediglich bei der Grundversorgung ist das ordentliche Kündigungsrecht des Versorgers ausgeschlossen.

Wer diese Möglichkeit der Preisänderung ablehnt, muss das Recht der Vertragsparteien Sonderverträge abzuschließen in Frage stellen. Das geht mir aber entschieden zu weit.

Die von Ihnen aufgezeigte Möglichkeit, die abgeschlossenen Preisänderungsklauseln zu unterlaufen, beruht aber nicht auf der Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechtes in Sonderverträge, sondern besteht unabhängig davon, so dass dieses Argument zur Ablehnung der Rechtsprechung des BGH nicht taugt.

Zitat
Eine Preisänderungsklausel darf nur Preiserhöhungen im Umfang nach Vertragsabschluss eingetretener Kostensteigerungen ermöglichen und muss zum Ausgleich spiegelbildlich zur Weitergabe nach Vertragsabschluss gesunkener Kosten verpflichten.

Als ich die gleiche These vorgestellt habe, haben Sie diese Idee zumindest für die Grundversorgung vehement abgelehnt. Heißt das etwa, dass Sie meiner Ansicht beigetreten sind?

Auf einen berechtigten Einwand von Black hin, habe ich meine These insoweit modifiziert, dass eine spätere Abwälzung von Kostensteigerungen auch bei Neukunden dann unbedenklich ist, wenn sie bei Vertragsschluss erkennen können, dass der anfängliche Vertragspreis aufgrund bereits entstandener aber noch nicht weitergereichter Kostensteigerungen günstiger ist, da auch Neukunden von dieser Praxis profitieren. Ein Neukunde kann das erkennen, wenn der Versorger feste regelmäßige Termine für seine Preisanpassungen im voraus bestimmt hat.

Für diese These beanspruche ich im übrigen auch Gültigkeit auf Bestandsverträge der Grundversorgung. Allein daraus folgt für mich, dass die allermeisten Preisfestsetzungen der Vergangenheit nicht der Billigkeit entsprachen, weil sie die Kostensteigerungen weder zeitgleich noch zu festen im voraus bestimmten Terminen weiterreichten.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Wie lautet denn nun die Preisanpassungsklausel der gut beratenen Stadtwerke Konstanz GmbH, die in die Lieferververträge für Lieferungen außerhalb der Grundversorgung einbezogen werden?

Warum bei Preisanpassungen in der Grundversorgung nicht auf den Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses abgestellt werden kann, bei Sonderverträgen mit Preisänderungsklausel aber auf den Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und die danach eingetretene Entwicklung der Kostenlage abgetellt werden muss, habe ich mehrfach ausgeführt.

Zitat
Original von reblaus

Wer diese Möglichkeit der Preisänderung ablehnt, muss das Recht der Vertragsparteien Sonderverträge abzuschließen in Frage stellen. Das geht mir aber entschieden zu weit.

Warum sollten denn Sonderverträge mit fester Laufzeit ohne Preisänderungsklauseln unzulässig sein?

Offline reblaus

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@RR-E-ft

Es ging mir bei den Stadtwerken Konstanz nicht um die Vereinbarkeit ihrer Preisanpassungsklausel mit § 307 BGB. Ich wollte lediglich das Prinzip des einheitlichen Kündigungszeitpunktes für alle Verträge vorstellen.

Zitat
Original von RR-E-ft Warum bei Preisanpassungen in der Grundversorgung nicht auf den Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses abgestellt werden kann, bei Sonderverträgen mit Preisänderungsklausel aber auf den Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und die danach eingetretene Entwicklung der Kostenlage abgetellt werden muss, habe ich mehrfach ausgeführt.

Sie mögen das dargelegt haben. Dabei haben Sie aber eines vergessen. Wenn das gesetzliche Preisanpassungsrecht unverändert in Sonderverträge übernommen werden kann, gelten nicht nur die im Bereich der Grundversorgung für § 315 BGB aufgestellten höchstrichterlichen Anforderungen auch bei Sonderverträgen mit gleicher Klausel, sondern die höchstrichterlichen Anforderungen an Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen müssen umgekehrt auch bei der Grundversorgung gelten. Dadurch ist eine Unterscheidung Sondervertrag zu Grundversorgung obsolet.

Langjährige Bezugsverträge ohne Preisanpassungsklausel sind zulässig. Eine kartellrechtliche Problematik könnte sich nur dann ergeben wenn solche Verträge massenhaft abgeschlossen würden, und ein kritischer Marktanteil überschritten würde.

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von reblaus
Sie mögen das dargelegt haben. Dabei haben Sie aber eines vergessen. Wenn das gesetzliche Preisanpassungsrecht unverändert in Sonderverträge übernommen werden kann, gelten nicht nur die im Bereich der Grundversorgung für § 315 BGB aufgestellten höchstrichterlichen Anforderungen auch bei Sonderverträgen mit gleicher Klausel, sondern die höchstrichterlichen Anforderungen an Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen müssen umgekehrt auch bei der Grundversorgung gelten. Dadurch ist eine Unterscheidung Sondervertrag zu Grundversorgung obsolet.

Wie kommen Sie denn darauf?

Das wäre wohl ein sog. Zirkelschluss.

Die Unterscheidung wird in  BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26 deutlich aufgezeigt. Ein gesetzliches Preisbestimmungsrecht ist immer noch etwas anderes als ein vertraglich vereinbartes Preisanpassungsrecht vermittels Preisänderungsklausel.

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Es wäre nur dann ein Zirkelschluss, wenn sich die Rechtsprechung zu beiden Vertragstypen offen widersprechen würde. Tut sie aber nicht. BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07 Tz. 26 stützt meine These nicht ihre.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

In der Grundversorgung müssen die Kunden unabhängig vom individuellen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu ausdrücklich gleichen Allgemeinen Preisen und Bedingungen beliefert werden. Diese Verpflichtung des Beliefernmüssens zu einheitlichen Preisen und Bedingungen wird in der dortigen BGH- Entscheidung ausdrücklich erwähnt.

Außerhalb der Grundversorgung besteht eine solche Verpflichtung schon nicht. Es ist außerhalb der Grundversorgung typisch, dass Verträge abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu unterschiedlichen Preisen abgeschlossen werden, unterschiedlichste Preise und Bedingungen angeboten werden.

Die Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag muss das konkrete Äquivalenzverhältnis zwischen den Parteien abhängig von der Kostenentwicklung nach Vertragsabschluss wahren.

Bei den gut beratenen Stadtwerken Konstanz GmbH habe ich immer noch keine Preisanpassungsklausel für Gaslieferungen außerhalb der Grundversorgung entdecken können. Möglicherweise können deshalb die dortigen Verträge nur jeweils zum Ablauf des 31.08. eines jeden Jahres gekündigt werden.

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Sobald mir die Klausel der Stadtwerke Konstanz unter die Finger kommt, werde ich sie veröffentlichen. Tatsächlich sind die Vertragsbedingungen auf der Internetseite nicht zu finden.

Der Anschlusszwang steht in keinem Zusammenhang zu den Anforderungen an eine Preisfestsetzung nach billigem Ermessen. Weshalb sich aus dem Anschlusszwang zwingend ergeben soll, dass Grundversorgungskunden schlechter behandelt werden müssen als Sonderkunden, müssten Sie mir erklären.

Zitat
Zitat
Original von RR-E-ft
Es ist außerhalb der Grundversorgung typisch, dass Verträge abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu unterschiedlichen Preisen abgeschlossen werden, unterschiedlichste Preise und Bedingungen angeboten werden.

Es kommt außerhalb der Grundversorgung zwar vor, dass meist historisch bedingt verschiedene Vertragsmodelleund verschiedene Tarife in Verwendung sind. Dies ist aber nicht zu verwechseln mit einer individuellen Preisgestaltung separat für jeden Einzelkunden. Wenn Sie ein stadtbekannter Industriekapitän sind, mögen Sie solches bei Ihrem Versorger aushandeln können, der normale Sondervertragskunde wird aber zu jedermann offenstehenden Tarifen und Bedingungen beliefert. Die Problematik der Preisanpassung ist mit derjenigen in der Grundversorgung identisch.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

In der Grundversorgung wie zuvor bei § 10 Abs. 1 EnWG 1998  ist der Allgemeine Tarif gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden. Wenn zum 01.04. die Kosten gestiegen waren, so konnten deshalb zum 01.05. die Allgemeinen Tarife erhöht werden, auch gegenüber demjenigen Kunden, der erst am 28.04. den Vertrag abgeschlossen hat, da es sich ja ausdrücklich um Allgemeine Tarife handelt, die für alle Kunden unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gleichermaßen gelten müssen (vgl. auch BGH, Urt. v. 18.10.2005 - KZR 36/04 Tz. 9 ff.) Öffentliche Bekanntgabe am 30.04. genügte gem. § 4 II AVBV für die Tarifneufestsetzung zum 01.05., auch gegenüber dem Kunden, der den Vertrag erst am 28.04. abgeschlosen hatte.

Außerhalb der Grundversorgung findet man neben den verschiedensten Preismodellen der \"örtlichen\" Lieferanten auch die verschiedensten Angebote etwa von E wie einfach, Lichtblick usw. usf., die sich alle sowohl im Preis als auch hinsichtlich der weiteren Bedingungen sehr deutlich voneinander unterscheiden. Das ist auch nicht historisch, sondern eher durch Wettbewerb bedingt. Diesen allen gemeinsam ist, dass keine gesetzliche Verpflichtung besteht, zu diesen Preisen und Bedingungen überhaupt jemanden zu beliefern. Sie können also unter Einhaltung der Kündigungsfristen gegenüber Bestandskunden jederzeit vollständig vom Markt genommen werden.

Wenn ich es recht überblicke, haben E wie einfach, Lichtblick etc. auch keine individuellen Preisgestaltungen für jeden einzelnen Kunden, die seperat vereinbart werden. Gleichwohl handelt es sich um keine Allgemeinen Tarife, die gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, sondern um bei Vertragsabschluss besonders vereinbarte Preise.

Typischerweise werden entsprechende Preisänderungsklauseln in AGB dort verwandt, wo keine individuell oder seperat ausgehandelte Preise vertraglich vereinbart werden (Kabel Deutschland, Primiere, Abo- Verträge. Findet sich in einem solchen Vertrag eine Preisänderungsklausel, dann muss diese das Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis entsprechend der Kostenentwicklung nach Vertragsabschluss wahren.

P.S.:

Dann war wohl Ihre Behauptung zu EWI gegenüber den Stadtwerken Konstanz und der Kompetenz der entsprechenden Juristen wohl eher gewagt, nachdem Sie ggf. noch nicht einmal sicher  wissen, ob es dort überhaupt eine Preisanpassungsklausel gibt. ;)

Offline Black

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RR-E-ft hält trotz gegenteiliger Rechtsprechung hartnäckig an seiner These fest, dass es ein gleichzeitiges Nebeneinander von vertraglicher Vereinbarung eines (zunächst) konkreten Preises bei gleichzeitiger Vereinbarung eines einseitigen (Neu)bestimmungsrechtes nicht geben kann, da § 315 BGB und ein vereinbarter Preis sich ausschließen würden.

Das ist keine sonderlich neue Aussage von ihm.

Nun hat der BGH aber für die Grundversorgung trotz des einseitigen Tarifbestimmungsrechts des Versorgers entschieden, dass der Anfangspreis für den Einzelkunden nicht als einseitig vom Versorger festgesetzt sondern vertraglich mit dem Kunden vereinbart anzusehen ist. Das Leistungsbestimmungsrecht wirkt erst bei Veränderungen dieses Anfangspreises (Stichwort Preissockel).

Dort haben wir also bereits die Kombination Vereinbarung + einseitige Neufestsetzung.

Wenn nun die Übernahme dieser Konstruktion auch auf Sonderverträge für zulässig erklärt wurde, gilt dies auch dort.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Den Preissockel bildet der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis.

Bei Vereinbarung einer Preisänderungsklausel, die das Äquivalenzverhältnis im konkreten Vertragsverhältnis anhand der Kostenentwicklung nach Vertragsabschluss sichern soll und  muss, müssen Kostenänderungen nach Vertragsabschluss - egal in welche Richtung - nach gleichen Maßstäben weitergegeben werden, was bei rückläufigen Kosten nach Vertragsabschluss auch eine Verpflichtung zur Preisabsenkung (Preisanpassung zugunsten des Kunden)  einschließt, zur Wirksamkeit der Klausel ausdrücklich einschließen muss (VIII ZR 56/08, VIII ZR 225/07).

Ohne wirksame Preisänderungsklausel ist der Preissockel in einem Sondervertrag hingegen einseitig  nicht veränderlich (KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07).

Offline reblaus

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Das ist die Crux. Das Urteil vom 15.07.2009 wird nicht beachtet, weil nicht sein kann, was nach Ansicht von RR-E-ft nicht sein darf. Da läuft man gegen eine Wand, die sich hartnäckig gegen jedes Argument damit wehrt, dass es diese Rechtsprechung des BGH gar nicht gebe und nie geben werde.

 

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