Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus
nomos:
--- Zitat ---Original von Black
Nein, Ronny hat Recht.
--- Ende Zitat ---
Klar hat Ronny Recht - siehe hier:
Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus
Da man wohl überwiegend nur solche verbraucherfeindlichen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, will man bei der gegebenen Entwicklung von Versorgerseite jetzt die Billigkeitsprüfung. Das ist doch immerhin eine interessante Entwicklung!
Man könnte das fair und offen regeln, wenn man nur wollte. Man muss sich dann halt uneingeschränkt in alle Bücher blicken lassen.[/list]
reblaus:
@RR-E-ft
Ihrer Idee könnte ich dann etwas abgewinnen, wenn der Versorger diese Rechtsauslegung bei Vertragsschluss offengelegt hätte. Dann wäre ein solches beiliegendes Schreiben Vertragsbestandteil geworden, mit der Folge, dass eben kein einseitiges Preisänderungsrecht nach billigem Ermessen vereinbart worden wäre. Aber eine Rechtsauslegung die erst im Streitfall vorgetragen wird, ist doch von jedermann als Parteimeinung zu identifizieren und kann bei Unrichtigkeit keinen Vertrauenstatbestand begründen. Haben Sie diese Ansicht schon mal abstrahiert, und überlegt, wo das hinführen würde. Schnurstracks ins juristische Chaos.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Dieser Senat sagt u.a. , dass die Zeitpunkte für Preisrevisionen bereits im Sondervertrag festgelegt sein müssen.
--- Ende Zitat ---
Warum liegt in dieser Auffassung zwingenderweise ein Widerspruch zum 8. Zivilsenat?
Ein solcher wäre doch nur dann gegeben, wenn die Billigkeit einer Preisänderung keinen fixierten Zeitpunkt für die Preisanpassung erfordern würde. Diese Frage ist vom BGH aber noch gar nicht entschieden worden. Ich meine ein solch zwingender Zeitpunkt ergibt sich aus der Rechtsprechung zum Sockelpreis.
Das LG Köln Hinweisbeschl. v. 7.01.2009 Az. 90 O 41/07 hat bereits entschieden, dass ein Vorziehen von bereits bekannten aber erst später wirksamen Bezugskostensteigerungen unbillig ist, da dadurch Verbraucher benachteiligt werden, die ihren Vertrag vor der Wirksamkeit der Bezugskostensteigerung beenden. Das gleiche muss im Umkehrschluss auch für das Ansparen von bereits erfolgten Bezugskostensteigerungen für eine spätere hohe Preiserhöhung gelten. Hierdurch werden Neukunden ungerechtfertigt benachteiligt. Diese vereinbaren mit Vertragsbeginn einen Preis mit dem die gesamte Kostenstruktur des Versorgers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgegolten wird. Dem Neukunden dürfen daher sämtliche Kostensteigerungen, die vor seinem Vertragsschluss entstanden sind, nicht mehr entgegen gehalten werden. Da die allgemeinen Tarife für Jedermann gelten, bedeutet dies, dass wegen der Rücksichtnahme auf Neukunden und abwandernde Kunden Kostensteigerungen nur zeitgleich mit ihrem Entstehen weitergereicht werden dürfen. Ansonsten verfällt der Anspruch.
Wird die Rechtsauffassung des 8. Zivilsenats mit der Auffassung des Kartellsenats verbunden, ergibt die Kombination dieser Auffassungen eine weitere Begründung dafür, dass eine Preisanpassung nur dann der Billigkeit entspricht, wenn die Preissteigerung zeitgleich mit der Kostensteigerung erfolgt. Das ist transparent und leicht überprüfbar.
Einzuräumen ist natürlich, dass dies für frühere Preiserhöhungen auch gelten würde. Aber Black hat ja fest versprochen, dass Versorger nicht weinen :D
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von reblaus
Wird die Rechtsauffassung des 8. Zivilsenats mit der Auffassung des Kartellsenats verbunden, ergibt die Kombination dieser Auffassungen eine weitere Begründung dafür, dass eine Preisanpassung nur dann der Billigkeit entspricht, wenn die Preissteigerung zeitgleich mit der Kostensteigerung erfolgt. Das ist transparent und leicht überprüfbar.
--- Ende Zitat ---
@reblaus
Ihre Aussage kann ich nicht nachvollziehen, was nichts heißen will.
Ich habe die Entscheidung des Kartellsenats des BGH so verstanden, dass die Zeitpunkte der Preisrevisionen bei Sondervertragskunden im Vornherein feststehen müssen, damit sichergestellt ist, dass bei sinkenden Kosten die Preise tatsächlich unverzüglich zugunsten der entsprechenden Kunden angepasst werden, kein Spielraum hinsichtlich des Zeitpunktes der Preiswirksamkeit von Kostensenkungen und somit zur Margenerhöhung besteht.
Zugleich sagt der Kartellsenat dabei auch, warum das bei der Belieferung von Tarifkunden innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht nicht möglich sei. Ausdrücklich soll der Versorger nicht dazu verpflichtet sein, Kostensteigerungen sofort preiswirksam an seine Tarifkunden weiterzugeben, weil dies (unbestreitbar) nicht im Interesse der Tarifkunden läge.
Waren die Kosten der Tarifkundenbelieferung seit der letzten Anpassung zum 01.01. am 01.04. gestiegen, musste dem Versorger deshalb eine Erhöhung der Allgemeinen Tarife zum 01.05. möglich sein undzwar auch gegenüber solchen Tarifkunden, die den Vertrag erst am 28.04. abgeschlossen hatten, und bei denen nach deren Vertragsabschluss keine Kostensteigerungen aufgetreten waren. Der Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses spielt dabei innerhalb der Betrachtung gerade keine Rolle und kann keine Rolle spielen. Bei Tarifkunden gibt es deshalb keinen individuellen Maßstab der Billigkeit.
Der genannte Hinweisbeschluss des LG Köln bezieht sich auf Tarifkunden.
Anders verhält es sich bei Sondervertragskunden, bei denen über eine Preisänderungsklausel tatsächlich nur nach dem individuellen Vertragsabschluss gestiegene Kosten über Preiserhöhungen weitergegeben werden dürfen. Bei Sonderverträgen kommt es also gerade auf den Zeitpunkt des individuellen Vertragsabschlusses und die Kostenentwicklung danach an. Eine bereits am 01.04. eingetretene Kostensteigerung berechtigt demnach nicht zur Preiserhöhung aufgrund einer Preisänderungsklausel in einem Sondervertrag, der erst am 28.04. abgeschlossen wurde. Dies führt dazu, dass Sondervertragskunden mit sonst gleichen Verträgen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen wurden, zu verschieden hohen Preisen beliefert werden müssen, weil eingetretene Kostensteigerungen über Preisänderungsklauseln nicht auf alle Sondervertragskunden gleichermaßen weitergewälzt werden können. Spiegelbildlich verhält es sich bei Preisanpassungen wegen gesunkener Kosten zu Gunsten der Sondervertragskunden ebenso. Der Sondervertragskunde, der am 28.04. seinen Vertrag abgeschlossen hat, kann keine Preisanpassung zu seinen Gunsten verlangen, wenn die Kosten zum 01.04. rückläufig waren. Ein Sondervertragskunde, der seinen Vertrag am 15.03. abgeschlossen hatte, hingegen schon. Bei Sondervertragskunden gäbe es mithin einen individuellen Maßstab der Billigkeit. Dem einzelnen Sondervertragskunden darf es völlig egal sein, ob andere Neu- oder Bestandskunden benachteiligt werden oder nicht. Er hat sich schließlich durch den Vertragsabschluss in keine Schicksalsgemeinschaft eingekauft, sondern ein bestimmtes Äquivalenzverhältnis bei Vertragsabschluss vereinbart, das im konkreten Vertragsverhältnis zu wahren ist.
Wurde bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt (VIII ZR 138/07 Tz. 16), sieht es noch einmal anders aus.
reblaus:
@RR-E-ft
Sie kommen einfach nicht davon los, bestehende Sonderverträge mit zukünftig den Vorgaben des 8. Zivilsenats entsprechenden Sonderverträgen zu vermischen.
Bei Altverträgen mögen Ihre Ausführungen vollständig zutreffen. Nur bei Altverträgen sind diese Ausführungen überflüssig, da diese in aller Regel keine den Vorgaben des 8. Zivilsenats entsprechenden Preisänderungsklauseln beinhalten. Die dort vorliegenden Klauseln dürften größtenteils wegen § 307 BGB unwirksam sein.
Eine für jeden Sonderkunden individuelle Preisfestsetzung ist mit den Vorgaben des BGH an Preisänderungsklauseln nicht vereinbar. Das gesetzliche Preisänderungsrecht wird nur dann unverändert in Sonderverträge übernommen, wenn ihm auch dort ein allgemeines für Jedermann gültiges Preissystem zugrunde liegt. Eine unveränderte Übernahme liegt dann nicht vor, wenn die Klausel zwar wortgleich aber in ihrer Auslegung ungleich übernommen werden soll. Dadurch ist die Rechtsprechung zu den Grundversorgungsverhältnissen auf die Sonderverträge 1 : 1 übertragbar.
courage:
--- Zitat ---Original von nomos
Da man wohl überwiegend nur solche verbraucherfeindlichen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat, will man bei der gegebenen Entwicklung von Versorgerseite jetzt die Billigkeitsprüfung. Das ist doch immerhin eine interessante Entwicklung!
Man könnte das fair und offen regeln, wenn man nur wollte. Man muss sich dann halt uneingeschränkt in alle Bücher blicken lassen.
--- Ende Zitat ---
@ nomos: finde ich auch, eine sehr interessante Entwicklung.
Nehmen wir mal an, ein Versorger hat vier Tarifvarianten im Angebot und die Tarifpreise müssten alle billigkeitshalber mindestens monatlich den schwankenden Kosten angepasst werden. Nehmen wir weiter an, die Verbraucher bleiben vorerst misstrauisch. Dann wären vom Versorger jährlich 4 mal 12 = 48 nachprüfbare Billigkeitsnachweise zu erbringen.
Ich kann mir vorstellen, dass den Versorgern dann doch eine Preisanpassugsklausel angenehmer wäre, selbst wenn sie ausgewogen, klar und verständlich ist.
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